deutsche Literatur.
Der Begriff »deutsche Literatur« umfasst im weitesten Sinne alles in deutscher Sprache Geschriebene; in diesem Sinne wird er jedoch nur für die Frühzeit der deutschen Literaturgeschichte verstanden, in der auch noch bescheidenste schriftliche Notizen von Interesse sind. Mit der Zunahme der literarischen Zeugnisse wird die Bedeutung des Begriffes mehr und mehr eingeschränkt auf die drei »klassischen« Gattungen schöngeistiger Literatur (Lyrik, Epik, Dramatik) und auf Sprachkunstwerke der nichtfiktionalen Literatur. Aus Theologie, Philosophie und Geisteswissenschaften werden nach dem Mittelalter meist nur noch jene Schriften herausgehoben, die in unmittelbarem oder mittelbarem Bezug zu dichterischen Werken oder deren Autoren stehen. In der mittelalterlichen deutschen Literaturgeschichte werden gelegentlich auch Werke aufgeführt, die von deutschen Verfassern in lateinischer Sprache geschrieben sind.
Für die Gliederung der mittelalterlichen Literatur finden sich in der Literaturgeschichtsschreibung verschiedene Kriterien, die sich häufig durchdringen: Neben einer Aufteilung entsprechend den sprachgeschichtlichen Epochen (althochdeutsch: 750-1050; frühmittelhochdeutsch: 1050-1200; mittelhochdeutsch [klassisch]: 1200-1250; spätmittelhochdeutsch: 1250-1350, wobei die zeitlichen Grenzen verschoben sein können) stehen Gliederungen im Anschluss an mittelalterliche Herrschergeschlechter (Karolinger: 750-900; Ottonen: 900-1050; Salier: 1050-1150; Staufer: 1150-1250), nach kulturellen Epochen (vorhöfische, hochhöfische, späthöfische Literatur) oder nach den Literaturträgern (Geistlichkeit, Adel, frühes Bürgertum). Häufig wird die neutrale Einteilung nach Jahrhunderten gewählt.
Eine Abgrenzung zur österreichischen Literatur ist nicht immer möglich, auch die deutschsprachige schweizerische Literatur wird teilweise in die deutsche Literaturgeschichtsschreibung einbezogen.
VORALTHOCHDEUTSCHE ZEUGNISSE
Von den germanischen Stämmen, die seit der Spätantike innerhalb der heutigen Sprachgrenzen siedelten, gibt es bis zum 8. Jahrhundert n. Chr. nur wenige direkte sprachliche Zeugnisse. Die frühesten germanischen Runeninschriften, z. B. die nur noch teilweise lesbare Ritzung auf einer versilberten Scheibe in Liebenau (Mittelweser), reichen auf deutschen Boden nicht über das 5. Jahrhundert n. Chr. zurück. Die ältesten deutschen Sprachzeugnisse im lateinischen Alphabet sind deutsche Rechtswörter in lateinischen Texten oder althochdeutschen Namen in lateinischen Urkunden. Mehr als aus diesen spärlichen Funden erfährt man über dichterische Formungen in der germanischen Frühzeit durch indirekte Widerspiegelungen in der antiken Literatur, so bei Tacitus, der in der »Germania« (u. Ä. auch in seinen »Annales«) von Mythen- und Heldenliedern sowie Schlachtgesängen der Germanen berichtete. Der byzantinische Geschichtsschreiber Priskos bezeugte den Vortrag von Preisliedern durch germanische Sänger am Hofe Attilas. Im selben Jahrhundert erwähnten Sidonius Apollinaris ein germanisches Hochzeitslied, Jordanes (* um 500, ✝ um 555/560) einen kulturellen Gesang und Venantius Fortunatus germanische Preislieder. Germanische Merkdichtung scheint sich in der Königsreihe in dem langobardischen Gesetzbuch »Edictus Rothari« (643) abzuzeichnen. Auf germanische Heldensagen könnten bestimmte Abschnitte bei Fredegar (fränkische Weltchronik, 7. Jahrhundert) und Paulus Diaconus (»Historia Langobardorum«, nach 787) basieren. Die germanischen Dichtungen wurden nur mündlich weitergegeben. Aus voralthochdeutscher Zeit findet sich als singuläre Literaturleistung in einer germanischen Sprache nur die Übersetzung der Bibel aus dem Griechischen ins Gotische durch den westgotischen Bischof Wulfila (4. Jahrhundert, noch vor der »Vulgata« des Hieronymus). Wulfilas Text hat wohl Theoderich der Große zu Beginn des 6. Jahrhunderts abschreiben lassen (»Codex argenteus«). Davon abgesehen war in den Reichen der Ostgoten und Merowinger das Lateinische die herrschende Literatursprache; auch in den Klöstern auf deutschen Boden (Sankt Gallen, Reichenau, Fulda) ist nur Lateinisch geschrieben worden.
KAROLINGERZEIT (750-900)
In der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts setzte durch die umfassende Bildungs- und Missionierungspolitik Karls des Grossen im Rahmen der von ihm angestrebten Renovatio imperii eine Änderung ein. Geistiges Zentrum dieser Bildungspolitik war die internationale Gelehrtenrunde um Karl den Großen mit Alkuin, dem Leiter der Hofschulen in Aachen und Tours, dem Geschichtsschreiber Paulus Diaconus, Karls Biographen Einhard u. a. Sie schrieben ihre Werke in lateinischer Sprache (karolingische Renaissance). Am Anfang der deutschen Literaturgeschichte steht ein deutsches glossiertes lateinisches Wörterbuch, das nach dem ersten Stichwort der »Abrogans« genannt wird. Für die kirchliche und praktische Schulung entstanden lateinisch-deutsche Realglossare (z. B. »Vocabularius Sancti Galli«), phraseologische Wörterbücher (»Kasseler Glossen«), Gesprächsbüchlein (»Pariser Glossen«) und Interlinearversionen (z. B. Benediktregel, Murbacher Hymnen). An selbstständigen Übersetzungen finden sich kürzere Texte für den Gottesdienst in den verschiedenen althochdeutschen Dialekten; längere Übersetzungen sind selten (z. B. die des Traktates »De fide catholica« des Bischofs Isidor von Sevilla, um 800). Als einziges Zeugnis der Dichtung ist aus dieser Zeit das zum ostgotischen Dietrichsagenkreis gehörende »Hildebrandslied« (aufgezeichnet Anfang des 9. Jahrhunderts von zwei Fuldaer Mönchen) überliefert, vermutlich ein Reflex der von Karl dem Großenselbst angeregten verlorenen Sammlung althochdeutscher Lieder (nach Einhards »Vita Karoli Magni«). - Nach Karls Tod gingen die literarischen Impulse vornehmlich von den Klöstern aus. Zentrum war Fulda, dessen Abt Hrabanus Maurus eine weit reichende gelehrte theologische Tätigkeit entfaltete. Er wurde zum »Praeceptor Germaniae« in der Zeit der Regierung Ludwigs I., des Frommen, auf dessen Anregung das altsächsische Epos »Heliand« in breit ausladenden Stabreimversen geschrieben worden sein soll. Aus Fulda soll auch die umfangreiche ostfränkische Prosaübersetzung der Evangelienharmonie des Syrers Tatian stammen. - Althochdeutsche Dichtungen mit christlichen Stoffen sind erst aus der Zeit des ostfränkischen Königs Ludwigs des Deutschen erhalten, dem das Hauptwerk dieser Epoche gewidmet ist, die »Evangelienharmonie« des Mönches Otfrid von Weissenburg. Die karolingisch lateinischen Autoren wie der Reichenauer Mönch Walahfrid Strabo dichteten in klassischen Versmaßen ohne Reim (abgesehen von dem Außenseiter Gottschalk von Orbais); dies gilt auch für den ersten Sequenzendichter, den Sankt Galler Notker Balbulus. Die Frage der Herkunft der althochdeutschen, altsächsischen, altenglischen Vers- und Reimformen ist wohl komplizierter als die übliche Reduktion auf den schematischen Gegensatz: germanische Stabreime - christlich-lateinischer Endreim, d. h., es hat vielleicht schon vor Otfrid Dichtungen mit Stabreim oder/und Endreim gegeben. Dafür sprechen auch kleinere althochdeutsche Dichtungen, in denen die Form meist nachlässiger behandelt ist: kleinere Reimdichtungen wie das »Petruslied«, das »Georgslied«, das »Preislied auf Ludwig III.«, der »138. Psalm« oder Stabreimdichtungen wie das »Muspilli«, das »Wessobrunner Schöpfungsgedicht« (in dem auch Reimformen begegnen) und die gnomischen Dichtungen, heidnische und christliche Zauber- und Segenssprüche (wie die »Merseburger Zaubersprüche«), in denen sich ebenfalls oft Alliteration und Reim mischen. - Mit dem Ende der Karolingerherrschaft (911) verebbte der Anstoß Karls des Großen, damit war die erste Epoche der deutschen Literatur beendet.
ZEIT DER OTTONEN (900-1050)
In der Zeit der Ottonen erscheint als alleinige Dichtersprache wieder das Latein, in Fortführung der anspruchsvolleren lateinisch-christlichen Klosterliteratur und mit betontem Rückgriff auf die Antike (»ottonische Renaissance«). So nahm sich die Nonne Hrotsvit von Gandersheim, von der auch Heiligenlegenden und das Epos »Carmen de gestis Oddonis I., imperatoris« erhalten sind, für ihre Märtyrerdramen den antiken Komödiendichter Terenz zum Vorbild. Volkssprachliche Stoffe bieten in lateinischen Hexameterepen der »Waltharius«, im Mittelalter dem Sankt Galler Mönch Ekkehart I. zugeschrieben, und der als erster mittelalterlicher Roman geltende, fragmentarisch überlieferte »Ruodlieb« (Mitte des 11. Jahrhunderts). In der Mitte dieser Epoche wirkte in Sankt Gallen Notker Labeo als Leiter der Klosterschule; er hat nicht nur lateinischen Schriften verfasst (eine Rhetorik, eine Logik u. a.), sondern elf Werke der lateinischen Schulliteratur ins Deutsche übertragen, was ihm den Beinamen »Teutonicus« einbrachte.
SALISCHE ZEIT (1050-1150)
Mit der salischen Epoche brach eine Zeit verstärkter religiöser Auseinandersetzungen an; eine führende Rolle kam dabei der von dem französischen Kloster Cluny ausgehenden klösterlich-kirchlichen Reformbewegung zu, die von dem schwäbischen Kloster Hirsau weitergetragen wurde. Der Investiturstreit führte die Klöster aus ihrer ottonischen Isolierung heraus. Die verschiedenen religiösen Impulse brachten eine frühmittelhochdeutsche volkssprachliche, geistlich-kirchliche Zweckliteratur hervor, meist anonym und (ähnlich den kleineren althochdeutschen Gedichten) in kunstlosen Reimversen und bisweilen eindrucksvoll lapidarer Sprachfügung. Diese kleineren Gedichte sind nun nicht mehr nur als Notierungen in lateinischen Handschriften erhalten, sondern zum Teil in eigenen Sammelhandschriften, wie z. B. der berühmten Vorauer Handschrift, überliefert. Das älteste dieser frühmittelhochdeutschen Gedichte ist ein Heilshymnus, das »Ezzolied«. Für Laienbelehrung und -erbauung entstanden dogmatischen Dichtungen wie die »Summa theologiae«, biblische Verserzählungen wie die »Wiener Genesis« oder das »Leben Jesu« der ältesten namentlich bekannten Dichterin deutscher Sprache, Frau Ava, weiter Verslegenden wie das »Annolied« und Mariendichtungen (»Melker Marienlied«). Die Weltfluchttendenzen der Zeit fanden v. a. ihren Ausdruck in Bußgedichten, in Sündenklagen und asketisch-weltfeindlicher Dichtung (Heinrich von Melk) sowie in gereimten Gebeten. Die Übersetzungsarbeit von Notker Labeo wurde fortgesetzt durch Abt Williram von Ebersberg. In dieser Zeit entstanden auch die ältesten deutschen naturkundlichen Werke in Prosa, so die deutsche Übersetzung des »Physiologus« und die nur in Bruchstücken überlieferte Schöpfungsgeschichte »Merigarto« mit einer primitiven Geographiedarstellung. - Den Abschluss dieser Epoche bilden größere Geschichtsdichtungen, die über ihre Zeit hinausweisen, wie die »Kaiserchronik« (um 1150, sie enthält auch die ältesten deutschsprachigen »Novellen«, z. B. »Lukrezia«); weiter das »Alexanderlied« (um 1150) des Pfaffen Lamprecht, das »Rolandslied« (um 1170) des Pfaffen Konrad. Während die bisherige Literatur meist an lateinischen Vorbildern orientiert war, tauchten mit dem »Rolandslied« und dem »Alexanderlied« zum ersten Mal Werke auf, die französischen Vorbildern folgten.
ZEIT DER STAUFER (1150-1250)
Bis zu dieser Zeit waren vornehmlich Klöster kulturelle Pflegestätten, Schul- und Bildungszentren; Mönche verwalteten und vermittelten die Bildungsgüter. Der erste Einbruch in diese Bildungswelt erfolgte in Frankreich: An der Universität in Paris und den geistlichen Höfen blühte eine weltliche Literatur auf. Für die Entstehung der volkssprachlichen Literatur spielt der von Frankreich geführte 1. Kreuzzug (1096-99) eine wichtige Rolle: durch die Begegnung mit der Welt des Orients erhielt das geistige Leben vielfältige Anregungen. Gleichzeitig entstand an den Höfen eine neue Kultur, die vom Kriegeradel getragen wurde. An provenzalischen Höfen entfaltete sich die weltliche Kunst der Troubadours, deren erster Vertreter Herzog Wilhelm IX. von Aquitanien war. In Nordfrankreich entstand mit der »Chanson de Roland« das erste schriftlich festgehaltene Heldenlied. - Ein vergleichbarer Prozess setzte auf deutschen Boden erst nach dem 2. Kreuzzug (1147-49) ein, an dem zum ersten Mal auch ein deutsches Heer teilnahm.
Die geistliche Literatur bestand das ganze Mittelalter hindurch neben der weltlichen fort; sie war aber seit dem Ende des 12. Jahrhunderts nicht mehr repräsentativ für die Adelskultur. Auch die Moral- und Lebenslehre löste sich aus dem geistlichen Bereich. Als symbolisches Datum für die Etablierung der Hofkultur gilt das Mainzer Pfingstfest von 1184. Im Minnesang schuf sich die adlige Gesellschaft zum ersten Mal einen eigenen literarischen Ausdruck. In der ersten Phase, dem »donauländischen Minnesang«, wurde diese Kunst vom Kürenberger, von Meinloh von Sevelingen und Dietmar von Aist gepflegt. Mit den rheinischen Minnesängern (Heinrich von Veldeke, Friedrich von Hausen u. a.) begann der eigentliche hohe Minnesang. Neben den Werbeliedern finden sich von Anfang an besonders Gattungen wie Wechsel, Tagelied, Kreuzlied, Leich.
Die Hochphase des Minnesangs wird repräsentiert durch die empfindsame, virtuose Spiritualität Heinrichs von Morungen und die stilistisch elegante elegische Reflexion Reinmars des Alten. Walther von der Vogelweide, der als Fahrender an den ober- und mitteldeutschen Höfen seine Minnelieder, politische Lyrik und Spruchdichtung vortrug, war der bedeutendste Rhetoriker unter den Sängern; er bereicherte durch Rückgriff auf Formen und Themen der lateinischen Vagantenlyrik das traditionelle Typenrepertoire. - Die Spätphase des Minnesangs begann um 1210 mit Neidhart, der die Minnethematik in seinen Winter- und Sommerliedern in bäuerlichem Kostüm präsentierte (und parodierte) und damit bis ins 16. Jahrhundert wirkte. - Überliefert ist die mittelhochdeutsche Minnelyrik erst aus der Zeit ihres Niedergangs: Um 1275 entstand die »Kleine Heidelberger Liederhandschrift«, nach 1300 die »Weingartner Liederhandschrift« und die miniaturengeschmückte »Große Heidelberger Liederhandschrift«. Die Vagantendichtung sammelte eine Benediktbeurer Handschrift (»Carmina Burana«); der bedeutendste mittellateinisch dichtende deutsche Lyriker, der Archipoeta, gehörte zum Umkreis Rainalds von Dassel, des Kanzlers Friedrichs I. Barbarossa.
Auch in der mittelhochdeutschen Epik nahm das Thema der Macht der Minne neben der ritterlichen Bewährung einen zentralen Platz ein. Als Begründer der höfischen Epik galt schon im Mittelalter der am Niederrhein geborene Heinrich von Veldeke, in dessen »Eneit« Vergils Epos »Äneis« nach dem Vorbild des französischen »Roman d'Énéas« (um 1060) zu einem ritterlichen Bewährungs- und Minneroman umgestaltet ist. Veldekes »Eneit« begründete die Hinwendung mitteldeutscher Dichter zu antiken und spätantiken Stoffen (Herbort von Fritzlar, »Liet von Troje«, um 1210; Albrecht von Halberstadt, Versübersetzung der »Metamorphosen« des Ovid, um 1215). Den Zugang zum Artussagenkreis eröffnete der alemannische Dichter Hartmann von Aue. Das große Vorbild war hierfür der Nordfranzose Chrétien de Troyes, der nach der Mitte des 12. Jahrhunderts die verschiedenen Heldengestalten der keltischen Artussagentradition zum Mittelpunkt mustergültiger Epen machte. Hartmann, der »gelêrte ritter«, stellt in seinen beiden Artusepen »Erec« und »Iwein« zwei Gestalten heraus, die sich vom gesellschaftlichen Ideal entfernen. Lehrhaften Charakter haben auch Hartmanns Legendenerzählungen »Der arme Heinrich« und »Gregorius«. - Höhepunkt der mittelhochdeutschen Epik ist der »Parzival« Wolframs von Eschenbach, das am reichsten überlieferte Epos aus dieser Zeit. Neben dem »Parzival« steht Gottfried von Strassburgs unvollendet gebliebenes Epos »Tristan und Isolt«, ein in ausgefeilter, rhetorisch glänzender Sprachform gestaltetes Hohes Lied von der magischen Gewalt der Minne. Ein weiterer epischer Höhepunkt der Zeit um 1200 ist das anonym überlieferte »Nibelungenlied«, in dem zum ersten Mal seit dem frühen »Hildebrandslied« (um 800) germanische Sagentraditionen aus der Zeit der Völkerwanderung literarisiert sind.
SPÄT- UND NACHHÖFISCHE ZEIT
In der Lyrik wurden die Modelle des hohen Minnesangs und der neidhartschen Typen weiter variiert (Ulrich von Singenberg, der Tannhäuser, Gottfried von Neifen, Burkhart von Hohenfels, Ulrich von Winterstetten u. a.); neue Töne finden sich in den Herbstliedern B. Steinmars von Klingnau und in den Ereignisliedern des Züricher Bürgers J. Hadlaub. Das didaktische Element emanzipierte sich in der Spruchdichtung des 13. Jahrhunderts (Reinmar von Zweter, der Marner, Bruder Wernher). Minnelyrik und Spruchdichtung vereinigten sich nochmals im Werk Heinrichs von Meissen (genannt Frauenlob), dessen Gedichte vorbildhaft für den Meistersang wurden. - In der Epik wurde die Tradition des höfischen Romans fortgeführt, indem man die Fragment gebliebenen Romane der Blütezeit vollendete: Gottfrieds »Tristan« schrieben weiter Ulrich von Türheim und Heinrich von Freiberg, Wolframs »Willehalm« vollendeten Ulrich von dem Türlin und Ulrich von Türheim. In der Nachfolge Wolframs von Eschenbach steht der strophische, zum Moralexempel tendierende Roman »Der Jüngere Titurel« Albrechts. In der Tradition der höfischen Romankunst schrieben Rudolf von Ems, der Stricker, Konrad von Würzburg u. a. Der erste deutsche Prosaroman (»Lanzelot«) wurde um 1230 aus dem Französischen übertragen. Die Heldenepik wurde im 13. Jahrhundert mit »Kudrun«, »Wolfdietrich« u. a. Dietrichepen fortgeführt. Die als Rahmen um Minnelieder konzipierte fiktive Selbstbiographie »Frauendienst« Ulrichs von Lichtenstein trägt schon parodistische Züge. Belehrendes bieten der »Meier Helmbrecht« von Wernher dem Gartenaere, die anonyme Zeitsatire »Seifried Helbling«, des Strickers Schwänke vom »Pfaffen Amis«, die älteste deutsche Schwanksammlung, sowie eine Fülle von Kleinepik, so z. B. die »Mären« des Strickers. Die Großform der Sitten- und Lebenslehre wird repräsentiert durch »Der wälsche Gast« des Thomasin von Zirklaere (1215/16); diesem folgten u. a. Freidanks Sprichwortsammlung »Bescheidenheit«; Abschluss und Höhepunkt war das pragmatische Moralkompendium »Der Renner« des Bamberger Schulmeisters Hugo von Trimberg (um 1300), eines der verbreitetsten Werke des Spätmittelalters - Eine eigene religiös-historische Literatur entwickelte im 13. und 14. Jahrhundert der Deutschen Orden, v. a. in Preußen (Deutschordensdichtung).
Einen beachtlichen Aufschwung nahmen nun auch allgemein belehrende Werke, meist in Prosa, Werke einer weltlichen Schulwissenschaft (Naturkunde: »Lucidarius«, um 1190; Recht: »Sachsenspiegel«, um 1224-31; »Schwabenspiegel«, um 1275/76; Geschichte: »Sächsische Weltchronik«, um 1230). - Geistliche Prosa entstand im Rahmen der bereits im 12. Jahrhundert sich ankündigenden geistlichen Bewegung der Mystik (Hildegard von Bingen, »Scivias«), v. a. durch die niederdeutsche Nonne Mechthild von Magdeburg (»Das fließende Licht der Gottheit«, 1250-80); eine wissenschaftlich-gelehrte deutsche Prosasprache haben der Dominikaner Meister Eckhart und sein Schüler, Heinrich Seuse, im Gefolge der Scholastik ausgebildet; einen eigenen Predigtstil prägten der Franziskaner Berthold von Regensburg und der Dominikaner Johannes Tauler. Aus dem 13. Jahrhundert ist auch das älteste deutsche Schauspiel bezeugt, das »Osterspiel von Muri«, in Reimpaaren und in höfischem Stil. Vorausgegangen war der lateinische »Ludus de Antichristo« (um 1160). Diese geistlichen Spiele (so noch aus dem 13. Jahrhundert das lateinische »Benediktbeurer Weihnachtsspiel«, das lateinisch-deutsche »Benediktbeurer Osterspiel«) hatten sich aus einem bereits im 10. Jahrhundert in die Ostermesse eingefügten Wechselgesang neu entwickelt, nachdem die Tradition des antiken Dramas im Frühmittelalter völlig abgebrochen war. Diese Anfänge führten dann im Spätmittelalter zu einer reichen Entwicklung (neben Oster- und Weihnachtsspielen v. a. Fronleichnams- und Legendenspiele u. a.).
SPÄTMITTELHOCHDEUTSCHE ZEIT
In spätmittelhochdeutschen Zeit wurden sowohl die höfischen Traditionen weitergeführt als auch aus älteren Ansätzen neue Formen weltlicher und geistlicher Literatur entwickelt. In der Nachfolge der höfischen Epik reichte die Palette von Minneallegorien (Hadamar von Laber, »Die Jagd«, um 1340), Reimreden usw. bis hin zu Abenteuerkompilationen wie Ulrich Füetrers »Buch der Abenteuer« (zwischen 1473 und 1478). Gleichzeitig erschien der erste Druck mittelhochdeutscher Epen (»Parzival« und »Jüngerer Titurel«, 1477). Einen Endpunkt der »Ritterrenaissance« bildete die Handschrift des »Ambraser Heldenbuchs«, das zehn zum Teil bedeutende mittelhochdeutsche Werke als Einziges bewahrte. In der Erzählliteratur ragen heraus: die Werke Heinrich Wittenwilers (»Der Ring«, nach 1400) und Hermanns von Sachsenheim (»Die Mörin«, 1453, geschaffen für den schwäbischen Musenhof der Erzherzogin Mechthild auf Rottenburg). Eine neue Form der Rezeption ritterlicher Literatur eröffneten die Übersetzungen der Prosafassungen französischer Chansons de geste durch Elisabeth von Nassau-Saarbrücken, die zur Grundlage für die nach Erfindung des Buchdrucks sich verbreitenden Volksbücher wurden, zu denen sich die im Spätmittelalter beliebten Schwanksammlungen (»Pfaffe vom Kalenberg«, »Eulenspiegel« u. a.) gesellten. - Die in der Lyrik immer stärker durchdringenden didaktisch-gelehrten Tendenzen (zum Teil schon bei dem Meister des geblümten Stils, Heinrich von Mügeln, Mitte des 14. Jahrhunderts am Prager Hof, und bei Hugo von Montfort) deuteten schon auf den Meistersang, der sich im 15. Jahrhundert in den Städten (Mainz, Nürnberg, Straßburg u. a.) voll entfaltete, er war gekennzeichnet durch Formschematismus und bürgerlicher Lehrhaftigkeit (Muskatplüt, M. Beheim, H. Folz). 1450 soll die erste meisterliche Singschule in Augsburg gegründet worden sein. Daneben stand die lyrische Gesellschaftskunst Hermanns von Salzburg. Oswald von Wolkenstein nutzte noch einmal die Formen des Minnesangs für seine leidenschaftlichen Liebeslieder, die in ihrer Lebensfreude schon auf die Renaissance weisen. - Bürgerlich-praktischem Denken kamen naturkundlich-medizinische Schriften aller Art, Erziehungsbücher (Tischzuchten) und Reisebeschreibungen entgegen. Im Spätmittelalter entstand überdies eine Flut von geistlicher und populärtehologischer Literatur in Vers und Prosa; bedeutsam sind v. a. die ersten Bibelübersetzungen in Prosa Ende des 14. Jahrhunderts, die die gereimten Weltchroniken und Historienbibeln verdrängten und mit der Erfindung des Buchdrucks verbreitet wurden. Das Erlebnis der Pest (Mitte des 14. Jahrhunderts) brachte neue Impulse für die seelsorgerische Gebrauchsliteratur (Geißlerlieder, Totentänze). Neben den geistlichen Spielen wurden seit dem Ende des 14. Jahrhunderts auch Fastnachtsspiele beliebt (H. Rosenplüt und H. Folz). - Als Höhepunkt der spätmittelalterlichen Prosa gilt das Streitgespräch des Ackermanns mit dem Tod (»Der Ackermann aus Böhmen«, um 1400) des Johannes von Tepl, in der Form der Disputation mit hoher rethorischer Kunst und existenziellem Gewicht. Er schöpfte aus der lateinischen Literatur wie auch andere Autoren der Zeit: Niklas von Wyle (»Translatzen«, 1478), Heinrich Steinhöwel (»Apollonius von Tyros«, 1471) und der Domherr Albrecht von Eyb (»Ehebüchlein«, 1472; »Spiegel der Sitten«, herausgegeben 1511).
HUMANISMUS UND REFORMATION
Die deutsche und lateinische Literatur des 16. Jahrhundert entsprach in ihrer Vielfalt den theologischen, politischen und gesellschaftlichen Konflikten, die bei der Loslösung aus mittelalterlichen Bindungen entstanden. Kräftige Impulse für neue Formen gingen vom Humanismus, von der Reformation, von den zunehmenden stadtbürgerlichen Leserschichten aus. - Das erste Drittel des Jahrhunderts war geprägt durch den Kampf der Humanisten gegen Scholastik und Mönchswesen, gipfelnd in den »Epistolae obscurorum virorum« (1515-17). Luther trug mit seiner Bibelübertragung, mit seinem Gemeindelied, in Predigten und Traktaten wesentlich zur Durchsetzung einer gemeindeutschen, regionale und ständische Grenzen durchbrechenden Sprache bei. Die deutsche Literatur ist bis in die Gegenwart von dieser Sprache geprägt. Dagegen blieb die Auswirkung des kosmopolitischen, ironisch-humanen Werkes des Erasmus von Rotterdam, der bedeutenden Lyrik und Dramatik von H. E. Hessus, E. Cordus, T. Naogeorgus oder N. Frischlin und der neuen polemischen Sprachkunst U. von Huttens auf die deutschsprachige Literatur gering. Die Humanisten erstrebten die Erneuerung der Antike, sie lenkten mit kulturpatriotischer Intention auch die Aufmerksamkeit auf die frühe deutsche Geschichte (1500 gab K. Celtis die Werke des Tacitus heraus). Mystische, gegen Luther opponierende Strömungen stützten sich auf Geschichtstheologie und -philosophie (S. Franck, »Chronica, Zeytbuch und Geschychtbibell«, 1531; »Germaniae Chronicon«, 1538).
Um die Mitte des Jahrhunderts dominierte in der Literatur das protestantische Bürgertum. Das Drama war als satirisches, theologisch-moralisches Spiel besonders öffentlichkeitswirksam und diente sowohl religiöser wie bürgerlicher Erziehung. H. Sachs machte für seine zahlreichen Fastnachtsspiele humanistische, reformatorische und volkstümlich-schwankhafte Stoffe fruchtbar. Das Wortdrama löste das mimische Spiel ab. Es ging allmählich in das Schuldrama über, das (Ausnahmen waren Naogeorgus und Frischlin) sich seit etwa 1535 vom Latein trennte (P. Rebhun, S. Birck u. a.). Die Stoffe wurden erweitert: Das religiös-moralische Thema wurde um genrehafte Milieudarstellung und gesellschaftskritischen Realismus (J. Stricker, »De düdesche Schlömer«, 1584; G. Rollenhagen, »Vom reichen Manne und armen Lazaro«, 1590) bereichert; Frischlin verfasste bereits historische Dramen. Gegen Ende des Jahrhunderts trat neben das Schuldrama das festlich-höfische Spiel mit Anregungen durch die englischen Komödianten und die Commedia dell'Arte. Die höfische Residenz (Heinrich Julius, Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel, mit elf eigenen Dramen) begann Träger der Literatur, des Theaters zu werden. Eine eigene dramatisch-theatralische lateinische Kultur, die auf Gehalt und Kunstform des barocken Dramas vorauswies, schufen die Jesuitenkollegs (seit 1567, besonders in München). Eine ähnlich intensive Ablösung von mittelalterlichen Formen zeigt sich auch in der Erzählliteratur. 1494 veröffentlichte S. Brant mit seinem »Narrenschiff« in Versen den letzten umfassenden Weltspiegel. Etwa gleichzeitig entstand ein eigenständiger Prosaroman, der »Fortunatus« (1509 veröffentlicht), in dem sich Märchenmotive mit praktisch-bürgerlichen Moral verknüpften. Die konfessionellen Streitigkeiten wurden in volkstümlicher, mit derb-komischer Sprachgut angefüllter Prosa ausgefochten. In Prosa abgefasst sind auch zwei allegorisch-fabulierende Heldenautobiographien Kaiser Maximilians I. (»Weißkunig«, entstanden um 1516, gedruckt 1775, und »Teuerdank«, 1517) sowie die v. a. von J. Fischart gepflegte humoristisch-grobianische Satire. Die Affinität von Prosa und bürgerlichem Denken zeigte sich in realistischer Menschen-, Milieu- und Konfliktdarstellung und in praktisch-lebensbezogener Moral deutlich in den Romanen von J. Wickram (u. a. »Der Jungen Knaben Spiegel«, 1554; »Der Goldtfaden«, 1557). Neben die alten Stoffe im Volksbuch trat die Eindeutschung des höfischen Amadisromans (deutsch 1569-94 in 24 Bänden), die Zusammenfassung volksläufiger Schwänke zu Zyklen (»Till Eulenspiegel«, 1515; »Die Schildbürger«, 1598) und endlich die aus vielen Quellen und Anekdoten, aus Legenden und Schwänken zusammengesetzte »Historia von D. Johann Fausten. ..« (1587). Auch in der beliebten Schwankliteratur löste die Prosa den Vers ab (J. Pauli, »Schimpf und Ernst. ..«, 1522; J. Wickram, »Rollwagenbüchlin«, 1555, u. a.). - Die größte lyrische Leistung des Jahrhunderts liegt in dem durch Luther geschaffenen protestantischen Kirchenlied. Daneben lebten bis gegen Ende des Jahrhunderts der Meistersang und das Gesellschaftslied, zum Teil auf volkstümlicher Grundlage, fort. Erst im letzten Viertel des Jahrhunderts wurde ein neuer Liedtypus, die so genannte Villanelle, durch J. Regnarts »Kurtzweilige teutsche Lieder« (1576-91) aus Italien eingeführt.
Für die Literatur des 17. Jahrhunderts hat sich die Bezeichnung Barock eingebürgert, ein Begriff des 18. Jahrhunderts, der zunächst in einem durchaus abwertenden Sinn auf die Kunst und den Geschmack angewendet wurde, um die Abweichung von der Norm, die Stilwidrigkeit und Unregelmäßigkeit zu bezeichnen. Die ältere Literatur- und Kulturgeschichtsschreibung (u. a. G. E. Lessing, J. Burckhardt, W. Scherer) sah in der Literatur des Barock eine Literatur des Schwulstes, des übertriebenen Zierrat- und Schnörkelwesens, der wuchernden Sprache, eine Literatur des Verfalls. Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts erfuhr sie eine historisch gerechtere Bewertung, die die künstlerische Eigenständigkeit dieser Epoche in ihrem spannungsreichen Miteinander von Gegensätzen anerkennt. Der politisch-geistige Raum ist bestimmt durch die Spaltung der Christenheit, die konfessionelle Dreiteilung Europas; der Zentralismus der französischen Entwicklung wird Modell, das kulturelle Leben versammelt sich an den Höfen, die höfische Kultur strahlt auf die bürgerliche aus. Die Ideologen des barocken Ordnungsgedankens waren die Gelehrten, die zunehmend die Volkssprache benutzten. Das Bewusstsein einer Spracherneuerung war Grundlage der vielen Verteidigungen der deutschen Sprache; der Wettstreit mit antiken Vorbildern wollte die als roh empfundene Volkssprache veredeln, die Dichtung wurde in Konkurrenz und als Weiterbildung der neulateinischen Literatursprache entwickelt. Diese Tatsache bestimmte zahlreiche Poetiken des Barock, wie sie u. a. von M. Opitz in seinem »Buch von der deutschen Poeterey« (1624), von J. G. Schottel (»Teutsche Sprachkunst«, 1641, erweitert 1651), P. von Zesen (»Deutsches Helikon. ..«, 1640) und G. P. Harsdörffer (»Poetischer Trichter. ..«, 3 Bände, 1647-53) dargestellt wurden. Die gesellschaftliche Wirkung von Opitz' Reformwerk lässt sich an den Bestrebungen der Sprachgesellschaften fassen: die »Fruchtbringende Gesellschaft« (gegründet 1617 in Weimar), die »Aufrichtige Gesellschaft von der Tannen« (gegründet 1633 in Straßburg), der »Elbschwanenorden« (gegründet 1658, vermutlich in Wedel, Holstein). Mit den Absichten der Sprachgesellschaften berührten sich die »Dichterkreise« oder »Dichterschulen«, die sich u. a. im Nürnberger Dichterkreis des »Pegnesischen Blumenordens« (mit Harsdörffer, J. Klaj und S. von Birken als wichtigsten Mitgliedern) und im Königsberger Dichterkreis (»Die musikalische Kürbishütte« mit S. Dach und H. Albert) zusammenfanden. Wichtig neben den Zielen Sprachreform, Spracherziehung, Schutz der Muttersprache vor fremden Einflüssen war v. a. die »Übersetzungskunst« als Vorschule selbstständiger Dichtung. Opitz schuf mit seinen Übersetzungen der »Trojanerinnen« von Seneca der Jüngere (1625) und der »Antigone« des Sophokles (1636) Muster für das Drama: Die Tragödie übernahm die führende Rolle in der Dichtkunst, ihr moralischer Zweck wurde betont; die Ständeklausel wurde von der Renaissancepoetik übernommen, der aus der französischen Tragödie entlehnte Alexandriner wurde zu ihrem Versmaß.
Im Drama suchte das Barockzeitalter seine poetische Repräsentation, das barocke Theater diente der Lustbarkeit, der Huldigung, der Glaubensverbreitung. Wichtigster Autor der deutschen Barockdramatik ist A. Gryphius mit seinen Tragödien, ein schlesischer Protestant, der eine eigene Form des Märtyrerdramas fand. Seine von protestantischer Glaubenszuversicht geprägten Trauerspiele leben aus dem »Vanitas«-Gedanken, der Klage über die Vergänglichkeit der Welt, aus der Dialektik des in seiner Hinfälligkeit eben deshalb so kostbaren Augenblicks: »Leo Armenius« (1650), »Cardenio und Celinde« (1657), »Catharina von Georgien« (1657), »Papinianus« (1659). Von der Dramatik Gryphius', der in seinen »Scherz- und Schimpfspielen« »Absurda comica oder Herr Peter Squentz« (1658) und »Horribilicribrifax« (1663) auch das neue deutsche Lustspiel begründete, hebt sich die höfische Dramatik D. C. von Lohensteins ab; sie entlarvt die Welt und ihr Treiben aus der Sicht des Zynikers, wie es die Dramen »Ibrahim Bassa« (entstanden 1650, gedruckt 1685), »Cleopatra« (1661), »Sophonisbe« (1680) zeigen. Unter dem Einfluss von Gryphius und Lohenstein stehen die Stücke von A. A. von Haugwitz; eine eher didaktisch ausgerichtete Linie des Barockdramas verfolgte C. Weise, auf Satire zielten die Komödien C. Reuters.
Die barocke Lyrik fußt auf der volkssprachlichen Lyrik des 16. Jahrhunderts: der Tradition des protestantischen Kirchenlieds, des Meistersangs, dem Komplex des Volksliedes, dem Gesellschaftslied, das auf italienische Quellen, besonders das Madrigal und italienische Tanzformen, zurückgeht. Die Übersetzung und lyrische Bearbeitung des »Hugenottenpsalters«, des Gesangbuchs des Kalvinismus, wirkte auf sie, ebenso die Formen des neulateinischen Dichtens, das die antiken Muster erfüllte: die Ode für gehobene, v. a. religiöse Gefühle; die Elegie als Raum für die erotische, auch geistliche Feier; die Ekloge für idyllische Stimmung; das Epigramm für die Polemik. Von größter Bedeutung war die Übernahme der Motive des Petrarkismus aus der italienischen Dichtung des 15. Jahrhunderts. Die Liebeslyrik P. Flemings nutzte den Formen- und Formelkanon des petrark. Systems mit den Elementen des Frauenpreises und der Klage über die Unerfüllbarkeit der Liebe bis zum Todeswunsch, dargestellt in gedanklicher Antithetik und metaphor. Sprache. Die Hirtendichtung wurde von Opitz eingeführt, von D. Czepko und G. Neumark variiert. G. R. Weckherlin brachte die französische Ode nach Deutschland (»Oden und Gesänge«, 2 Bände, 1618-19); er gilt als Schöpfer der deutschen Odenform. Folgenreich war auch die Lyrik der katholischen Ordensdichter; F. Spee von Langenfelds »Trutz Nachtigal« (herausgegeben 1649) verwendet die affektgeladene Symbolsprache der mittelalterlichen Brautmystik, die aus den erotischen Bildern des »Hohen Liedes« lebt, durchsetzt mit petrark. Formeln. Die geistliche Thematik und der Toposschatz eines spiritualisierten Petrarkismus, der »Jesusminne«, findet sich auch bei Angelus Silesius; er stand in der Tradition der eckhartschen Mystik, die mit den Vertretern der Pansophie (u. a. V. Weigel, J. Böhme) offen gegen das offizielle Luthertum kämpfte. Seine berühmte Gedichtsammlung »Cherubinischer Wanders-Mann. ..« (1657; vollständig 1675) hängt eng mit den »Monodisticha Sapientium« (entstanden 1640-47) des D. Czepko zusammen. Andere von der Mystik beeinflusste Dichter waren J. C. Knorr von Rosenroth (»Neuer Helicon«, 1684), Q. Kuhlmann (»Kühlpsalter«, 3 Teile, 1684-86) und Catarina Regina von Greiffenberg. Eine Sonderform barocker Lyrik ist die poetische Buchstaben-, Silben- und Zahlenmystik. Gryphius dichtete aus der barocken Grunderfahrung der Vergänglichkeit und der Hilflosigkeit des Menschen in seiner ungetrösteten zeitlichen Angst vor dem Tod. Er bediente sich des Sonetts als Idealform der antithetischen Aussage (»Son- undt Feyrtags-Sonnete«, 1639). Die eleganten Verse C. Hofmanns von Hofmannswaldau huldigen in der Tradition des Marinismus dem Ideal des weltlichen Genusses. Das protestantische Kirchenlied wurde außer durch M. Rinckart, V. Herberger u. a. durch P. Gerhardt repräsentiert. F. von Logau war der Meister des Epigramms (»Deutscher Sinn-Getichte Drey Tausend«, 3 Bände, 1654). - Die Ständesatire in der Art S. Brants führte H. M. Moscherosch in seinem Hauptwerk »Wunderliche und warhafftige Gesichte Philanders von Sittewalt« (2 Bände, erstmals 1640) fort.
Die Geschichte des deutschen Barockromans beginnt mit Übersetzungen fremdsprachiger Romane, so von Opitz, von Zesen, Harsdörffer und Moscherosch. Beliebt waren der »Amadisroman«, Longos' »Daphnis und Chloe«, Petronius' »Satiricon«, Heliodors »Aithiopiká«, weiter die »Argenis« von J. Barclay (1621; deutsch von Opitz, 2 Teile, 1626-31) und P. Sidneys »Arcadia« (2. Fassung 1590; deutsch von Opitz, 1629). Der erste deutsche Kunstroman des 17. Jahrhunderts, P. von Zesens »Adriatische Rosemund« (1645), stand in betonter Opposition zur beliebten italienischen und spanischen Liebesgeschichte. Auch A. H. Bucholtz' »Herkules und Valiska« (2 Teile, 1659-60) wandte sich gegen den als »unsittlich« verstandenen »Amadis«. Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel veröffentlichte die Monumentalromane »Die Durchleuchtige Syrerin Aramena« (5 Bände, 1669-73) und »Octavia, Römische Geschichte« (6 Bände, 1677-1707). Seit der Übersetzung der »Astrée« des Honoré d'Urfé wurde der Schäferroman, anfangs in Mischung von Prosaerzählung, Dialog und Lyrik, Mode. Die realistische Korrektur am höfischen Roman brachte der pikareske Roman spanischer und später auch französischer Herkunft (so der anonyme »Lazarillo de Tormes. ..«, 1554, deutsch 1617; M. Alemáns »Guzmán von Alfarache. ..«, 1599-1604, deutsch 1615; C. Sorels »Wahrhaftige und lustige Historie vom Leben des Francion«, 1623, deutsch 1647). Höhepunkt des deutschen Barockromans und wirkungskräftigstes Literaturwerk des 17. Jahrhunderts ist »Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch« (1669) von J. J. C. von Grimmelshausen, fortgesetzt in den »Simplicianischen Schriften« (u. a. »... Lebens-Beschreibung der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche«, 1670, »Das wunderbarliche Vogel-Nest«, 1672; u. a.). Er fand viele Nachahmer. Als ebenbürtig kann nur J. Beer mit seinen Schelmenromanen gelten, die mit einer diesseitsfreudigen, unpathetischen Sicht der Welt den barocken Rahmen sprengten. Lohensteins »Großmüthiger Feldherr Arminius. ..« (2 Bände, 1689-90) ist der geschlossenste, systemstrengste Roman der Barockzeit, der eine erzieherische Absicht mit einer universalen geschichtstheologischen Konzeption verknüpft. Einer der erfolgreichsten Romane, der auch dramatisiert wurde, war H. A. von Ziegler und Kliphausens »Die asiatische Banise. ..« (1689). Im »galanten Roman« trat das heroische Geschehen zugunsten von Liebesverwicklungen zurück; seine Verfasser waren u. a. A. Bohse (genannt Talander) und C. F. Hunold (genannt Menantes). Den »politischen« Roman vertraten C. Weise und C. Reuter (»Schelmuffskys Warhafftige Curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung. ..«, 2 Teile, 1696-97). Utopische Gegenentwürfe wollten Auswege aus den Konflikten der Gegenwart weisen, so die »Rosenkreuzer«-Schriften J. V. Andreäs (u. a. »Chymische Hochzeit. ..«, 1616), die weit in die folgenden Jahrhunderte wirkten. An der Schwelle zur Aufklärung steht J. G. Schnabels »Wunderliche Fata einiger Seefahrer. ..« (4 Bände, 1731-43, ab 1828 unter dem Titel »Die Insel Felsenburg«), eine Mischung von Abenteuerroman und Gesellschaftsutopie. Weit über die Barockdichtung hinaus weisen die Liebes-, Studenten- und Klagelieder von J. C. Günther, die persönlichen Empfindungen und Erlebnissen Raum geben. Er war einer der meistgelesenen Lyriker der Aufklärungszeit.
AUFKLÄRUNG, STURM UND DRANG, WEIMARER KLASSIK
Im 18. Jahrhundert, dem Zeitalter der Aufklärung, gaben die Philosophen R. Descartes, B. Spinoza, G. W. Leibniz, C. Thomasius, I. Kant, C. Wolff, A. G. Baumgarten und J. K. Lavater das theoretische Fundament für die Werke der Dichtung. Es ging um Prinzipien kritischer Vernunft und befreiter Natur, im Stilistischen um das Ideal der Klarheit, Einfachheit, Leichtigkeit. Literatur war Bildungsmittel; einflussreich wurden daher die wissenschaftlichen und unterhaltenden Zeitschriften und moralischen Wochenschriften. Die Höfe verloren ihre Bedeutung für die Kultur; Zentren waren nun die Universitäten in Leipzig, Halle, Heidelberg sowie gesellige Kreise in weltoffenen Handelsstädten: in Hamburg die Vertreter einer teils theologisch bezogenen Naturlyrik (B. H. Brockes' »Irdisches Vergnügen in Gott«, 9 Bände, 1721-48), teils gesellig-heiteren »anakreontischen« Lyrik (F. von Hagedorns »Sammlung Neuer Oden und Lieder«, 1742-52); in Berlin und Potsdam der Kreis um F. Nicolai, der die »Briefe, die neueste Litteratur betreffend« (24 Teile, 1759-65) herausgab (mit M. Mendelssohn, G. E. Lessing, C. F. Weisse). In Halle gründeten S. G. Lange und I. J. Pyra 1733 die »Gesellschaft zur Förderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit«, die pietistischen Grundsätzen folgte. Die arkadische Hirtenwelt als ideale geistige Landschaft der heiteren Harmonie besangen J. W. L. Gleim, J. P. Uz und J. N. Götz; E. C. von Kleists Naturdichtungen geben persönlichem Empfinden Ausdruck. Wichtige Anregungen kamen aus der Schweiz, von der moralischen Wochenschrift »Discourse der Mahlern«, die von J. J. Bodmer und J. J. Breitinger in Zürich herausgegeben wurde, von A. von Haller, der mit seinem epischen Gedicht »Die Alpen« (1732) den ästhetischen Reiz der monumentalen Gebirgslandschaft entdeckte, und von S. Gessners »Idyllen« (1756).
Hauptort der Aufklärung wurde Leipzig, ihr literarisches Oberhaupt war bis etwa 1740 J. C. Gottsched, der sich auf Opitz' Poetologie berief. Das Fundament seines »Versuchs einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen« (1730) entnahm er C. Wolffs logische Systematisierung der Welt. Die Poesie war ihm vernünftige Ordnung, Spiegel der universalen Harmonie. Gottsched erwarb sich große Verdienste um eine deutsche Bühnenreform, die ein literarisches deutsches Sprechtheater, gestützt auf Berufsschauspieler, für ein gebildetes Publikum zu fördern bestrebt war. Sein Musterdrama »Der sterbende Cato« (1732), in regelmäßigen Alexandrinern, richtete sich nach dem Vorbild des französischen klassischen Dramas. Als Schöpferin des deutschen Lustspiels, der so genannten sächsischen Typenkomödie, gilt seine Frau, Luise Adelgunde Viktorie Gottsched (genannt die Gottschedin), mit den »Verlachkomödien zur Besserung« (»Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. ..«, 1736). Gottsched machte in der »Grundlegung einer Deutschen Sprachkunst« (1748) die obersächsisch-meißnische Literatursprache zur deutschen Gemeinsprache. Eine Literaturfehde mit Bodmer und Breitinger kam durch Breitingers »Critische Dichtkunst« (2 Bände, 1740) zum Ausbruch. Die Opposition zu Gottsched formierte sich in der Gruppe der Bremer Beiträger, ein Übergang zur Empfindsamkeit zeichnete sich auch bei den bedeutendsten Schülern Gottscheds, C. F. Gellert und J. E. Schlegel, ab. An Gellert zeigte sich die Wandlung der bürgerlichen Mentalität; der Mischung von Aufklärung und Empfindsamkeit entsprach seine rokokohafte Vorliebe für kleine Formen. Gellert kultivierte die lyrische Fabel und Erzählung (»Fabeln und Erzählungen«, 2 Bände, 1746-48) und das Schäferspiel (»Das Band«, 1744), er brachte mit seinen Komödien (»Die Betschwester«, 1745; »Die zärtlichen Schwestern«, 1747) die französische Comédie larmoyante dem deutschen Publikum nahe und schrieb mit »Das Leben der schwedischen Gräfin von G***« (2 Bände, 1747-48) den ersten bürgerlichen deutschen Roman. Schlegel drang in seinen Lustspielen auf Stilisierung; seine »Vergleichung Shakespeares und Andreas Gryphs« (1741; in: »Beyträge zur Critischen Historie. ..«, herausgegeben von Gottsched) stellte zum ersten Mal die großen dramatischen Qualitäten des englischen Dichters dar. F. G. Klopstock verstand den Dichter als religiös Berufenen und genial Schöpferischen, der die Welt über alle Vernunfterkenntnis deutet. Unter dem Einfluss Pyras und J. Miltons proklamierte er das Erhabene in seinem einflussreichen religiösen Epos »Der Messias« (1748-73) und führte die Ausdrucksfähigkeit der deutschen Sprache zu bisher unbekannter Höhe. Seine umfangreiche Odendichtung verkündete die sittlichen Werte des Lebens, der Freundschaft und Liebe; die durch H. W. von Gerstenberg initiierte so genannte Bardenlyrik erlebte bei Klopstock ihren Höhepunkt.
Um 1750 erreichte die Aufklärung eine neue Qualität. Repräsentativ dafür waren J. J. Winckelmann, C. M. Wieland, G. E. Lessing und J. G. Hamann. Winckelmanns »Gedanken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst« (1755) begründeten das neue Ideal der »edlen Einfalt und stillen Größe«. Das griechische Vorbild wurde von Wieland in vielfältiger Weise verarbeitet und auf eigene Weise für die deutsche Literatur fruchtbar gemacht. In seinen aufklärerischen Intentionen strebte er sowohl nach Vervollkommnung des Individuums als auch nach der Ausbildung einer vollkommenen Nationalliteratur. Sein Beitrag dazu war bedeutend, v. a. durch seine Romane (mit der »Geschichte des Agathon«, 2 Bände, 1766/67, endgültige Ausgabe 1794, schuf er den ersten deutschen Bildungsroman), durch seine Zeitschriften »Der Teutsche Merkur« (1773-1819) und »Attisches Museum« (1797-1807) und durch seine Übersetzungen (Shakespeare, Aristophanes, Euripides). Mit und neben Wieland begann der Aufstieg des Romans in Deutschland. In der Tradition des empfindsamen Reiseromans standen M. A. von Thümmel, J. G. Jacobi, J. G. Schummel und A. von Knigge; F. Nicolai schrieb seinen satirischen Roman »Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker« (3 Bände, 1773-76); J. Wezel näherte mit »Hermann und Ulrike« (4 Bände, 1780) den Roman dem Ideal der »bürgerlichen Epopoe« an. Den humoristischen Roman vertraten J. K. A. Musäus und J. T. Hermes; bei Sophie von La Roches »Geschichte des Fräulein von Sternheim« (2 Bände, 1771) bestimmten Briefe die Werkstruktur des optomistischen Aufklärungsromans mit empfindsamen Partien, die den am Pietismus geschulten Blick der Verfasserin offenbaren. J. J. W. Heinses utopischer Roman »Ardinghello und die glückseligen Inseln« (2 Bände, 1778) weist bereits über die Kunstauffassung Winckelmanns hinaus. Mit der Theorie des Romans beschäftigte sich C. F. von Blankenburg (»Versuch über den Roman«, 1774), er definierte die Gattung als die epische Form der modernen Zeit, welche die »innere« Geschichte eines Menschen in seiner individuellen Besonderheit beschreibt.
Wie bei Blankenburg wurde auch in der zeitgenössischen Dramaturgie der Begriff der Handlung psychologisiert. Lessing trat in seiner Auffassung vom Wesen des Dramas für eine psychologisch motivierte Handlung ein, für die Auflösung des starren Kanons der drei Einheiten, für eine Tragödie, die im Zuschauer Furcht und Mitleid und damit seine tugendhaften Fertigkeiten wecken soll, für eine einfache, natürliche Sprache. Dies bedeutete eine entschiedene Absage an Gottsched, dessen Einfluss Lessing in seinem 17. Literaturbrief vom 16. 2. 1759 (»Briefe, die neueste Literatur betreffend«) vollends brach. Sein Tragödienwerk geriet früh unter den Einfluss des englischen bürgerlichen Trauerspiels: »Miß Sara Sampson« (1755) gilt als das erste deutsche bürgerliche Trauerspiel. Sein Lustspiel »Minna von Barnhelm« (1767) zeigt in dem Konflikt zwischen Liebe und Ehre Elemente des Tragischen. Die Familientragödie »Emilia Galotti« (1772) spiegelt den Gegensatz zwischen höfischer und Bürgerwelt; das dramatische Gedicht »Nathan der Weise« (1779) entfaltet eine Familiengeschichte, die in der Projektion ins Metaphysische auf die Utopie einer Menschheitsfamilie vorausweist, in der das Gebot der Humanität über aller Konfession steht. In den 104 Stücken der »Hamburgischen Dramaturgie« (1767-69) begleitete Lessing die Bemühungen um ein stehendes Nationaltheater mit literarischem und kulturpolitischem Anspruch, getragen von bürgerlichem Gemeinsinn; in »Laokoon: oder Über die Grenzen der Mahlerey und Poesie« (1766) befreite er die Literatur aus der statischen »Schilderungssucht«, indem er die dynamische Handlung »als eigentlicher Gegenstand der Poesie« nachweist. Von der Idee der Vervollkommnung und des historischen Fortschritts sind Lessings ästhetische und kritische, philosophische und theologische Schriften und Streitschriften bestimmt. Kritik an dem einseitigen Menschenbild der Aufklärung übte Hamann; sein Denk- und Sprachstil (»Sokratische Denkwürdigkeiten«, 1759; »Aesthetica in nuce«, in: »Kreuzzüge des Philologen«, 1762) ist der traditionellen Wissenschaftsprosa radikal entgegengesetzt. Wie Hamann sah auch J. G. Herder in der Sprache den Schlüssel zum göttlichen Geheimnis der Welt und des Menschen (»Abhandlung über den Ursprung der Sprache«, 1772); der Dichter allein behält Zugang zu den Ursprüngen des sich lebendig entwickelnden Organismus. Herder ging den Weg zurück zur Volkssprache und wurde für die nachfolgenden Generationen zum genialen Anreger und Vermittler (»Über die neuere deutsche Litteratur«, 3 Sammlungen, 1766-67; »Volkslieder«, 1778-79, 1807 unter dem Titel »Stimmen der Völker in Liedern«).
Von den Ideen Hamanns und Herders ging die Bewegung des Sturm und Drang aus. Sie wurde beeinflusst von einer auf Mystifikationen beruhenden Volksdichtung (J. Macphersons »Ossian«-Dichtung) wie von J.-J. Rousseaus Naturauffassung, von Shakespeare und den kulturkritischen Texten A. A. C. Shaftesburys und E. Youngs sowie von einer die säkularisierte Form des pietistischen Erbes darstellenden Empfindsamkeit. Das neue Lebensgefühl erfasste etwa ab 1770 die junge Dichtergeneration. Sie verkündete nun die Freiheit des Gefühls und der Fantasie, die schöpferische Kraft des Individuums und die Herrschaft des Genies.
Für die Literatur hatte die Begegnung von Herder mit dem jungen J. W. Goethe 1770 in Straßburg die größte Bedeutung. Aus ihrer Zusammenarbeit erwuchs die Schrift »Von deutscher Art und Kunst« (1773, mit Goethes Aufsatz über das Straßburger Münster »Von deutscher Baukunst«), die zum Manifest des Sturm und Drang wurde. Für die deutsche Lyrik revolutionierten die Gedichte Goethes die Möglichkeiten der deutschen Sprache. In den »Sesenheimer Liedern« (1771) werden spontanes Gefühl, intensives Naturerlebnis in scheinbar schlichtester, volksliedhafter Sprache ausgedrückt. Ballade und Hymne wurden erneuert. Dem Interesse für das individuelle Schicksal kam in der Epik die Autobiographie entgegen (»Heinrich Stillings Jugend«, 1777, von J. H. Jung-Stilling). Das überragende epische Werk des Sturm und Drang, Goethes Roman »Die Leiden des jungen Werthers« (1774), verdankt seinen Welterfolg auch seinem autobiographischen Ansatz.
Neben Straßburg war Göttingen Zentrum des Sturm und Drang. Zur Gruppe des Göttinger Hain gehörten u. a. H. C. Boie, J. M. Miller, L. C. H. Hölty, J. H. Voss, J. A. Leisewitz, die beiden Grafen C. und F. L. zu Stolberg-Stolberg. Ihre Dichtung war von Klopstock beeinflusst, dessen Odenform man ins Intime abwandelte. Die zum Teil in niederdeutscher Mundart verfassten Idyllen von Voss entfalteten eine neue sozialkritische Dimension. Dem Göttinger Hain verbunden waren G. A. Bürger, C. F. D. Schubart und M. Claudius. Mit seinen Erzählungen und Gedichten in alemannischer Mundart fand J. P. Hebel weite Resonanz. Kritik am Geniekult und an der Empfindsamkeit übte die Aphoristik G. C. Lichtenbergs. Weitere Autobiographien waren U. Bräkers »Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg« (1789) und K. P. Moritz' »Anton Reiser« (4 Bände, 1785-90), Letzterer zeigt den Übergang von der Autobiographie zum autobiographischen Roman. Spätaufklärerischen Charakter haben die Reiseschilderungen von G. Forster (u. a. »Reise um die Welt«, 2 Teile, 1778-80) und J. G. Seumes »Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802« (3 Bände, 1803).
Bevorzugte Gattung der Zeit war jedoch das Drama; befreit von den aristotelischen Regeln konnte die Tragödie leidenschaftliches Lebensgefühl am besten darstellen, das große Vorbild war Shakespeare. Als erstes Stück des Sturm und Drang gilt Gerstenbergs »Ugolino« (1768), es folgten Goethes »Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand« (1773), von J. M. R. Lenz »Der Hofmeister« (1774) und »Die Soldaten« (1776), von F. M. Klinger »Die Zwillinge« (1776), von J. A. von Leisewitz »Julius von Tarent« (1776), von H. L. Wagner »Die Kindermörderin« (1776). Goethes »Egmont« (abgeschlossen erst 1787) markiert den Übergang zur klassischen Tragödie. Die Dramen, die von theoretischen Schriften u. a. von Gerstenberg (»Versuch über Shakespeares Werke und Genie«, 1766-67; in: »Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur«), Lenz und Herder begleitet werden, haben sämtlich stark sozialkritische Akzente. Die verderbten Sitten des Adels werden verurteilt, aber auch falsche bürgerliche Unterwürfigkeit. Ein zentraler Konflikt erwächst aus dem Freiheitsdrang des Individuums, das an gesellschaftlichen Konventionen scheitert. Wie schon Goethes »Götz« sind die frühen Dramen F. Schillers (»Die Räuber«, 1781; »Die Verschwörung des Fiesco zu Genua«, 1783; »Kabale und Liebe«, 1784) davon bestimmt. In diesen Zusammenhang gehört auch der Faust-Stoff, der durch die Sturm-und-Drang-Dichter mehrere Bearbeitungen erlebte (Dramenfragmente von Lenz, Friedrich Müller [genannt Maler Müller], Roman von Klinger). Goethes »Urfaust« hat alle Merkmale des Sturm-und-Drang-Dramas.
Mit der Berufung Goethes nach Weimar, wo Wieland seit 1772 als Prinzenerzieher wirkte, durch Herzog Karl August (1775) wurde die kleine Residenzstadt allmählich zum Zentrum des deutschen Geisteslebens. 1776 kam - auf Goethes Veranlassung - Herder als Hofprediger dorthin, Schiller lebte seit 1789 im nahen Jena, ehe er 1799 ebenfalls nach Weimar übersiedelte. So wird jene Periode der deutschen Literatur, in der durch fruchtbare Zusammenarbeit außergewöhnlicher Persönlichkeiten exemplarische Werke aller Gattungen entstanden, Weimarer Klassik genannt.
Ihr Beginn fällt zusammen mit dem Aufbruch Goethes nach Italien (1786), ihren Höhepunkt erreichte sie mit dem Zusammenwirken Goethes und Schillers seit 1794, sie endete mit Schillers Tod 1805. Die Werke, die ihr zugeordnet werden, reichen allerdings über diesen engen Zeitraum hinaus. Die zeitliche Parallelität mit der Französischen Revolution, die Erfahrung einer Zeitenwende führten zu einem eigenständigen ästhetischen Programm, das von der Autonomie der Kunst ausging und unter dem Einfluss Winckelmanns die griechische Antike zum Maß erhob. Das Humanitätsideal wurde von Herder formuliert (»Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit«, 1784-91; »Briefe zur Beförderung der Humanität«, 1793-94). Das Menschengeschlecht sollte durch die Kunst zur Humanität erzogen werden (so auch bei W. von Humboldt und Schiller, niedergelegt in der Ankündigung seiner Kunstzeitschrift »Die Horen« und in den Briefen »Über die ästhetische Erziehung des Menschen«, beide 1795). Das poetologische Konzept Goethes und Schillers zielte auf die Bewahrung der klassischen Gattungen, sowohl die Epen Homers als auch die aristotelische Dramaturgie galten als Vorbild. Diesem strebte man nach mit Dichtungen in klassischen Hexametern: Goethe in seinen Epen »Reineke Fuchs« (1794) und »Hermann und Dorothea« (1797), in den »Römischen Elegien« (1788-90), den »Venezianischen Epigrammen« (1796) und der »Metamorphose der Pflanzen« (1799), Schiller u. a. in den großen philosophischen Gedichten »Die Götter Griechenlands« (1788) und »Der Spaziergang« (1795). Die Dichtungen waren begleitet von Aufsätzen, Rezensionen (meist veröffentlicht in den »Horen«, den »Propyläen« und im »Musenalmanach«), v. a. aber von dem einmaligen Dokument des geistigen Austauschs, dem »Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe in den Jahren 1794-1805« (herausgegeben von Goethe 1828-29). Weitere Aufsätze, in denen programmatisch die Positionen der Weimarer Klassik dargelegt werden, sind von Schiller »Über Bürgers Gedichte« (1791), »Über naive und sentimentalische Dichtung« (1795-96), von Goethe »Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil« (1789), »Über literarische Sansculottismus« (1795), von beiden »Der Sammler und die Seinigen« (1799). Unmittelbares poetisches Ergebnis der Zusammenarbeit waren die - gleichfalls eine griechische Form aufnehmenden - streitbaren »Xenien« (1796) und die Balladen, die meisten davon im »Balladenjahr« 1797/98 entstanden und im »Musenalmanach« des Jahres 1798 veröffentlicht: Schiller: »Der Ring des Polykrates«, »Der Handschuh«, »Der Taucher«, »Die Kraniche des Ibykus«, »Die Bürgschaft«; Goethe: »Der Schatzgräber«, »Die Braut von Korinth«, »Der Gott und die Bajadere«, »Der Zauberlehrling«. Gültigen Ausdruck fand das Humanitätsideal auch in den Dramen. Aus einer Synthese von aristotelischer und shakespearescher Dramaturgie entstanden Stücke höchster formaler Perfektion und allgemein gültiger Aussage (Goethe: »Iphigenie auf Tauris«, 1787; »Torquato Tasso«, 1790; Schiller: »Dom Karlos. ..«, 1787; »Wallenstein«, 1800; »Maria Stuart«, 1801; »Die Jungfrau von Orleans«, 1801; »Die Braut von Messina«, 1803; »Wilhelm Tell«, 1804).
Der einzige Roman der Weimarer Klassik, Goethes »Wilhelm Meisters Lehrjahre« (1795-96), verweist auf ihr utopisches Ideal einer Bildung, die den Widrigkeiten der Wirklichkeit trotzen sollte.
Fast zeitgleich mit den »klassischen« Werken der deutschen Literatur (deren Zusammenfassung als literaturhistorische Epoche ein Werk des 19. Jahrhunderts ist) entstand in ganz Europa die romantische Bewegung, die die Moderne einleitete. Sie wird in populärer Periodisierung in die »Goethezeit« einbezogen. H. Heine nannte sie ironisch die »Kunstperiode«. Das Spätwerk Goethes (u. a. die Romane »Die Wahlverwandtschaften«, 1809; »Wilhelm Meisters Wanderjahre oder Die Entsagenden«, 1. Fassung 1821, 2. Fassung 1829; die Autobiographie »Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit«, 1.-3. Teil 1811-14, der 4. Teil erschien 1833 postum; die Gedichte des »West-östlichen Divan«, 1819, erweitert 1827; die Tragödie »Faust«, Teil 1 1809, Teil 2 herausgegeben 1832) erschien in der Blütezeit romantischer Dichtung. Die Kontroversen der Zeitgenossen - Goethe gegen die Brüder Schlegel, Novalis u. a. - gehören aus heutiger Sicht zum Klärungsprozess um den Begriff der modernen Literatur.
Die neue kulturrevolutionäre europäische Bewegung, die Romantik, etablierte sich in Deutschland am frühesten, noch vor der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Ihre geistigen Grundlagen wurzelten in der Empfindsamkeit sowie in den politischen und sozialen Vorstellungen von der Befreiung des Individuums, wie sie die Französische Revolution hervorgebracht hatte. Diese Befreiung schloss die Autonomie der Kunst ein, die als unmittelbare Umsetzung der individuellen Freiheitsrechte verstanden wurde. Kunst, Kunsttheorie und -kritik wurden als Einheit betrachtet. Die strenge Trennung der Gattungen wurde durch den Einfluss des bürgerlichen Trauerspiels und im Zusammenhang mit der Rezeption Shakespeares und Calderóns hinfällig, das Prinzip der Stilmischung wurde wieder entdeckt. Romantische Dichtung sollte als »progressive Universalpoesie« (F. Schlegel) alle Gattungen verschmelzen, alle Künste zusammenführen, Leben und Wissenschaft poetisieren, Kunst und Wissenschaft vereinen. Der Roman erschien für die moderne Dichtung prädestiniert, weil er in der traditionellen Poetik nicht berücksichtigt war. Ein neues Verhältnis zur Geschichte brachte die Besinnung auf Mythos, Sage, Legende und Märchen, bei der Lyrik auf die Formen der Volkspoesie, aber auch auf außereuropäische Literaturen; dazu gehörte eine rege Übersetzertätigkeit. Die neue Dramentheorie der Brüder A. W. und F. Schlegel bestimmte das Schauspiel als »angewandten Roman« und die Eigenart des »romantischen Schauspiels« in der Mischung der tragischen und komischen Elemente. Die »romantische Ironie« als Ausdruck der »unendlichen Mobilität des Geistes« war literarisches Prinzip. Das schloss die Faszination ein, die von allem Fantastischen, Skurrilen, Grotesken und Dämonischen ausging.
Das Zentrum der 1. Generation der Romantiker (ab 1797) war Jena, wo Schiller, Fichte, Schelling und L. Tieck wirkten und A. W. und F. Schlegel sich polemisch mit den Vertretern und den Ideen der Klassik auseinander setzten. Beide entwickelten zusammen mit Novalis die Theorie der Romantik (Zeitschrift »Athenaeum«, 1798-1800). Frühes Zeugnis der neuen Geisteshaltung ist W. H. Wackenroders Roman »Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders« (herausgegeben 1797 von Tieck), andere bedeutende dichterische Leistungen der älteren Romantik sind von Novalis »Heinrich von Ofterdingen« (herausgegeben 1802), von C. Brentano »Godwi« (2 Bände, 1801), von F. Schlegel »Lucinde« (1799) als allegorisch-symbolische Umsetzung seiner Romantheorie sowie der Roman »Nachtwachen«, der unter dem bis heute nicht endgültig geklärten Pseudonym Bonaventura 1804 erschien. Caroline und Dorothea Schlegel spielten eine wichtige Rolle in dem Kreis, dem auch F. Schleiermacher freundschaftlich verbunden war. Etwa gleichzeitig waren in Berlin die Salons der Rahel Varnhagen von Ense und der Henriette Julie Herz geistige Zentren.
In der zweiten Phase der Romantik, der Hochromantik, erhielt angesichts der deutschen Niederlagen und der Napoleonischen Expansion das Historisch-Nationale einen starken Akzent. Sammlungspunkte wurden Heidelberg, Berlin, Marburg und Dresden. In Heidelberg trafen sich C. Brentano, A. von Arnim, J. von Görres; Freundschaft verband sie mit den Brüdern J. und W. Grimm. Die Heidelberger pflegten neben eigener Produktion das erneuernde Sammeln historisch-volkstümlicher Dichtung (Arnim und Brentano, »Des Knaben Wunderhorn«, 3 Bände, 1806-08; ihre »Zeitung für Einsiedler«, 1808). Görres hielt 1806 in Heidelberg die erste germanistische Vorlesung und gab 1807 eine Abhandlung über »Die teutschen Volksbücher« heraus. Es folgten J. und W. Grimm mit den »Kinder- und Hausmärchen« (2 Bände, 1812-15) und den »Deutschen Sagen« (2 Bände, 1816-18). F. Schlegel und Görres wandten sich Mythen auch außereuropäischen Traditionen zu, der geistigen Urgeschichte nachspürend (Schlegel, »Über die Sprache und Weisheit der Indier«, 1808; Görres, »Mythengeschichte der asiatischen Welt«, 2 Bände, 1810). Die religiöse Erneuerung Europas aus dem Geist der Vergangenheit war das träumerische Geschichtsbild des Novalis (»Die Christenheit oder Europa«, entstanden 1799, gedruckt 1826). Bei den erzählerischen Werken bevorzugte man die Novelle beziehungsweise den Novellenzyklus (Tieck, »Phantasus«, 3 Bände, 1812-16; E. T. A. Hoffmann, »Fantasiestücke in Callot's Manier«, 4 Bände, 1814/1815; »Die Serapionsbrüder«, 4 Bände, 1819-21). Die gegensätzlichen Pole romantischer Weltsicht symbolisieren Hoffmanns Roman »Die Elixiere des Teufels« (2 Bände, 1815-16) und J. von Eichendorffs späte Erzählung »Aus dem Leben eines Taugenichts« (1826). Komplizierte Rahmengestaltungen boten die Novelle Brentanos »Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl« (entstanden 1817, gedruckt 1838) und Hoffmanns Roman »Lebens-Ansichten des Katers Murr. ..« (2 Bände, 1819-21). Tieck schrieb episierte Legendendramen in Versen, Arnim wählte das Volks-, Sing- und Puppenspiel. Als restaurative Tendenzen erstarkten, zog man sich in eine mythisierte Geschichtswelt zurück (A. von Arnim, »Die Kronenwächter«, Band 1: 1817, Band 2: herausgegeben 1854). Zeugnisse romantischer Prosa sind auch die zahlreichen Briefe, v. a. die von Frauen geschriebenen (Bettina von Arnim, Caroline Schlegel, Rahel Varnhagen von Ense). - Die Lyrik wandelte sich von den spekulativ-idealischen, oft religiös verhafteten Gedichten der Frühromantik (Novalis' »Hymnen an die Nacht«, 1800, und »Geistliche Lieder«, 1802; Brentano) zur naturinnigen Stimmungslyrik der Hoch- und Spätromantik, so Eichendorffs Gedichte, die, schlicht in der Sprachgebung, höchste Übereinstimmung von Gehalt und Form erreichen und deren Themen Natur, Sehnsucht, Wander- und Lebensfreude sind. Viele von diesen Gedichten, aber auch die des späten Brentano, L. Uhlands, Heines und J. Kerners wurden vertont (von F. Schubert, R. Schumann, F. Mendelssohn Bartholdy, F. Silcher, H. Wolf u. a.) und damit zum Inbegriff romantischen Denkens und Fühlens.
J. C. F. Hölderlin, H. von Kleist und Jean Paul sind in keine literarhistorische Rubrik einzuordnen, obwohl sie im weitesten Sinn der romantischen Bewegung zugehören. Das vielfältige Traditionen verarbeitende Werk Hölderlins, das von den Zeitgenossen verkannt wurde, weist weit in die Moderne, u. a. durch seinen Begriff des Göttlichen, wie er im Tragödienfragment »Der Tod des Empedokles« (1826) umgesetzt wird. Seine Oden, Elegien und Hymnen passen die antike Metrik vollkommen der deutschen Sprache an.
Das Thema vom Verlust des Unbewussten, das komplexe Verhältnis von Gefühl und reflektierendem Bewusstsein (theoretisch formuliert in dem Aufsatz »Über das Marionettentheater«, 1810) durchzieht das Werk Kleists. Sein geniales dramatisches Werk entstand als Gegenentwurf zum klassischen Drama. Er hatte ein anderes Bild der Antike (»Amphitryon«, 1808, nach Molière; »Penthesilea«, 1808) und plante eine über Schiller hinausgreifende historische Tragödie (das Fragment »Robert Guiskard«, herausgegeben 1821). Höchst bühnenwirksam ist sein Lustspiel »Der zerbrochne Krug« (1811). Nur in der Märchenhistorie »Das Käthchen von Heilbronn« (1810) steht er romantischer Dichtung nahe. So originär wie sein Drama ist in Thema, Stil und Sprache seine erzählende Prosa (u. a. die Novelle »Das Erdbeben von Chili«, 1810). Kleist war in der zeitgenössischen literarischen Welt kaum bekannt, erst mit der Nachlassausgabe Tiecks setzte sein Ruhm ein. Die Novellen und Kurzgeschichten gelten bis ins 20. Jahrhundert als vorbildhaft.
Jean Paul beschränkte sich ausschließlich auf Prosa, auf Erzählung, Roman und verwandte Formen, und begründet dies in seiner Poetik (»Vorschule der Aesthetik. ..«, 3 Bände, 1804). Seine »Charakterromane« wählen durchgehend bestimmte Figurenkonstellationen: den empfindsam-genialen Helden, die empfindsam-schwärmerische Geliebte, den Humoristen, Kauz und Sonderling; zentrales Thema ist der Dualismus zwischen Geist und Körper, Idealität und Wirklichkeit, Phantasie und Realität, Erhebung und Humor.
In der Spätromantik vollzog sich eine Wendung vom liberalen Kosmopolitismus der Frühromantik zum konservativen Nationalismus. Eichendorff kämpfte für eine katholische Erneuerung in allen Lebensbereichen, der schöpferische Impuls der Romantik mündete ins Biedermeierliche, wurde verstofflicht zu einem poetischen Historismus (L. Uhland, J. Kerner, W. Hauff u. a.) oder ging in Wissenschaft über (»Historische Schule«). Die Literatur stand im Spannungsfeld zwischen Restauration und Konstitutionsbewegung, auch wo sie sich der aktuellen politischen Diskussion entzog.
BIEDERMEIER, JUNGES DEUTSCHLAND, VORMÄRZ, REALISMUS
In der Zeit zwischen 1815 und 1848 entwickelten sich gegensätzliche geistige Richtungen: Biedermeier und Junges Deutschland. Bestimmend für die Vertreter des Biedermeier war die Verunsicherung der gesellschaftlichen Werte und Normen, der Zusammenstoß zwischen Tradition und Realität. Dem öffentlichen Leben wurde das private, der Freundeskreis vorgezogen; Zurückgezogenheit und Resignation, Melancholie und Verzicht, die Andacht zum Kleinen (A. Stifter) wurden typisch. Die Vertreter dieser Strömung, die jedoch in ihrem Gesamtwerk darüber hinausweisen, waren v. a. F. Grillparzer, J. N. Nestroy, Stifter, E. Mörike, Annette von Droste-Hülshoff und N. Lenau. Sie neigten zur Vermischung der Gattungen und pflegten v. a. die kürzere Erzählprosa, das Märchen, episch-lyrische Kurzformen und die Novelle (Droste-Hülshoff, Mörike). In Österreich erreichte das Drama, besonders durch Grillparzer, F. Raimund und Nestroy, einen neuen Höhepunkt. Grillparzers dramatisches Werk vereinigt in moderner Sensibilität Elemente der goetheschen und schillerschen Dramen mit denen des spanischen Barock und des Wiener Volkstheaters (»Des Meeres und der Liebe Wellen«, 1840). Für die andere Gruppierung, das Junge Deutschland (H. Laube, K. Gutzkow, L. Wienbarg, H. Heine, T. Mundt, L. Börne), wurde Gesellschafts- und Zeitkritik vorrangig (Gutzkows »Wally, die Zweiflerin«, 1835; »Die Ritter vom Geiste«, 9 Bände, 1850-51). Der historischen Lehre von Französischer Revolution, Napoleons Aufstieg und Fall, Metternichs Restaurationsepoche verdankte die Dichtung ihren Realitätsgehalt, außer in historischen Balladen und Romanen (Uhland) im Drama, das v. a. mit G. Büchner in radikaler Abkehr vom klassischen Helden eine neue Qualität erreichte (»Dantons Tod«, 1835; »Woyzeck«, entstanden 1836, gedruckt 1879); auch C. D. Grabbes historische Tragödien brachten neue Elemente in die Dramatik ein.
Im Bereich der Lyrik standen A. von Platen und F. Rückert wie auch der jüngere Lenau ganz im Banne der klassisch-romantischen Tradition. Heine (»Gedichte«, 1822; »Buch der Lieder«, 1827) trug das reflexive Element des Romantischen, verbunden mit pointierter Desillusionierung, in die Lyrik hinein. Adäquates Ausdruckmittel der Zeit war jedoch die Prosa, auch hier ist an erster Stelle Heine zu nennen, dessen sprachliche Klarheit und stilistische Eleganz durch ironische Brechung ihre Einzigartigkeit erhält (»Reisebilder«, 4 Bände, 1826-31; »Die romantische Schule«, 1836); auf journalistischem Gebiet war die geistvoll-pointierte Sprache von Börne beispielhaft. Auch in ihren theoretischen Überlegungen zielten die Vertreter des Jungen Deutschland vornehmlich auf die Prosa (Wienbarg, »Ästhetische Feldzüge«, 1834; Mundt, »Die Kunst der deutschen Prosa«, 1837).
Der Vormärz brachte eine Blüte der politischen Lyrik. 1841 schrieb A. H. Hoffmann von Fallersleben das Deutschlandlied als revolutionäres Lied von der deutschen Einheit. Es folgten G. Herwegh, F. Freiligrath, F. Dingelstedt u. a. mit revolutionärer Lyrik, deren Pathos und vager Enthusiasmus zwar rhetorisch wirksam waren, aber rasch zur Formel erstarrten. Die lyrische Spannweite Mörikes reichte von Naturgedichten, geistliche Lyrik, volkstümliche Liedern und Balladen bis zum Dinggedicht (»Auf eine Lampe«, 1846). Auch in seinem Künstlerroman »Maler Nolten« (2 Bände, 1832) finden sich lyrische Einlagen. Bei Annette von Droste-Hülshoff äußerte sich die Distanz zwischen Innerlichkeit und detailliert beobachteter Außenwelt in rhythmischer Sprödigkeit. Das Versepos wurde neu belebt, v. a. durch Heine (»Deutschland. Ein Wintermärchen«, 1844; »Atta Troll. Ein Sommernachtstraum«, 1847). Novellen und Erzählungen erreichten hohen künstlerischen Rang (Grillparzer, Büchner, Heine, Stifter, Annette von Droste-Hülshoff). Seit den 30er-Jahren gewann der Roman allmählich seine führende Position in der Erzählprosa des bürgerlichen Realismus (K. L. Immermann, H. Laube, W. Alexis).
Die Vormärzjahre brachten in Lyrik und Prosa eine radikale republikanische Literatur hervor (G. Weerth, der Berliner Satiriker A. Glassbrenner). In der Frankfurter Nationalversammlung trafen sich mehrere Generationen (E. M. Arndt, Uhland, J. Grimm, F. T. Vischer u. a.). Ihr Scheitern brachte Enttäuschung, Resignation, Absage an das Politische, Verstärkung der konservativen Tendenzen, Rückzug ins Private, Innerliche. Die oppositionelle, auf öffentlichem Interessen zielende Literatur verlor ihre Grundlage. Freiligrath wurde durch E. Geibel, den epigonalen Vertreter trivialer Romantik und Sänger des nationalen Aufstiegs, abgelöst. Lyrische Gedichte von Rang schrieb in Deutschland T. Storm, sonst hatte die Lyrik im bürgerlichen Realismus wenig Gewicht.
C. F. Hebbel machte den Versuch einer Belebung des bürgerlichen Trauerspiels (»Maria Magdalene«, 1844). In seinen »Tagebüchern« (entstanden 1835-63; herausgegeben 2 Bände, 1885-87) legte er eine Fülle von dramentheoretischen Reflexionen nieder. Sein Drama ist vorwiegend Geschichts- und Existenzdrama, das die tragische Schuld eines maßlosen Individualismus zeigt. Gegen den Ausbruch der Leidenschaften stellte Stifter in seiner Prosa das von ihm erzählte »sanfte Gesetz« des natürlichen und menschlich-innerlichen Lebens (»Bunte Steine«, 2 Bände, 1853). Im »Nachsommer« (3 Bände, 1857) baute er den Bildungsroman in eine harmonische Seelen-, Sitten-, Natur- und Gesellschaftswelt ein, in der die Widersprüche der Zeit überwunden werden können.
W. Raabes umfangreiches Romanwerk steht in der Tradition des Bildungs- und Entwicklungsromans. Bei ihm wie bei Storm und T. Fontane war das Spätwerk der Gipfel ihres epischen Werkes. Storms späte Novellen (u. a. »Aquis submersus«, 1876; »Der Schimmelreiter«, 1888) erreichen durch die Bindung an die norddeutsche Landschaft und die strenge Beschränkung der Erzählperspektive hohe atmosphärische Dichte. Von den großen Gesellschaftsromanen Fontanes sind jene hervorzuheben, die die Konflikte einer gealterten, in sich unstimmigen Gesellschaft mit denjenigen zeigen, die aus ihr auszubrechen versuchen (»Effi Briest«, 1895; »Irrungen, Wirrungen«, 1888). Obwohl der alten Oberschicht (dem märkischen Adel) seine Sympathie gehörte, brachte er allem gesellschaftlich Neuen, Zukünftigen (»Der Stechlin«, 1898) größte Aufmerksamkeit entgegen. Als weitere Romanautoren des bürgerlichen Realismus aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sind F. Spielhagen, G. Freytag und F. Reuter zu nennen.
NATURALISMUS, MODERNE
Um 1880 erreichte eine neue Richtung die deutsche Literatur, der Naturalismus. Er folgte zuerst dem Vorbild É. Zolas, später auch dem H. Ibsens und L. Tolstojs. Themen waren v. a. die neuen, im Gefolge des Kapitalismus entstandenen gesellschaftlichen Probleme im Milieu der Unterdrückten und Unglücklichen. Bevorzugte Figuren waren die Dirne mit dem guten Herzen, ledige Mütter, das Kind als Opfer sozialer und familiärer Missstände; der Vater-Sohn-Konflikt wurde häufig gestaltet, Geisteskrankheit und Abnormität wurden mit klinischer Exaktheit dokumentiert. Der Militarismus geriet in das polemisierende Feuer der Naturalisten; ihre Tendenz zur Entlarvung, die Mahnung zur unbedingten Wahrheit geht auf die Dramatik Ibsens zurück. In der Skepsis gegenüber religiös-metaphysischen Fragen schloss sich die Ästhetik des Naturalismus eng an die naturwissenschaftliche Betrachtungsweise an. Naturalistische Prosa (Lyrik entstand kaum) zeichnet sich durch genaue Detailbeschreibungen und Faktensammlung aus, der Wortschatz erweiterte sich, da kein Thema tabuisiert war. Berlin wurde, in Konkurrenz mit München (»Die Gesellschaft«, 1885-1901, herausgegeben von M. G. Conrad), zum Zentrum. A. Holz (»Die Kunst, ihr Wesen und ihre Gesetze«, 2 Bände, 1891/92) entwickelte die naturalistische Kunstdoktrin in Deutschland, nachdem er sie schon in den kurzen Erzählungen »Papa Hamlet« (1889) und dem Milieudrama »Die Familie Selicke« (1890; beides mit J. Schlaf) angewendet hatte.
Das dramatische Werk Büchners, Grabbes, Hebbels wurde für den deutschen Naturalismus stilprägend; Dramatiker des Übergangs waren u. a. E. von Wildenbruch, R. Voss, K. Bleibtreu; seine volle Ausprägung erreichte das naturalistische Drama mit G. Hauptmann. Die Aufführung seines Stücks »Vor Sonnenaufgang« (1889) eroberte die Bühne für die neue Richtung. Weitere Beispiele seiner naturalistischen Dramatik sind: »Kollege Crampton« (1891), »De Waber/Die Weber« (1892), »Der Biberpelz« (1893), »Rose Bernd« (1903), »Die Ratten« (1911). Eine Schlüsselrolle im zeitgenössischen Theater spielte die »Freie Bühne«, eine Vereinigung fortschrittlich gesinnter Literaten, die, von O. Brahm 1889 in Berlin gegründet, für die Belange der modernen Bühnen tätig wurde; die Zeitschrift »Freie Bühne für modernes Leben« war (seit 1890, ab 1894 unter dem Titel »Neue deutsche Rundschau«, ab 1904 unter dem Titel »Die neue Rundschau«) das wichtigste publizistische Organ der Naturalistengeneration. Hauptmann-Epigonen waren E. Rosmer, G. Hirschfeld, M. Halbe. Eine Sonderstellung nehmen die Stücke F. Wedekinds ein, er bediente sich naturalistischer Praktiken, lehnte die naturalistische Wahrscheinlichkeitsnähe und den Sekundenstil aber scharf ab und forderte für das Theater Intensität, Ekstase und Aktion. Seine Schauspiele »Frühlings Erwachen« (1891), »Der Erdgeist« (1895) und »Die Büchse der Pandora« (1904) bilden eine Brücke zwischen Naturalismus und Expressionismus.
Naturalistisches Erzählen blieb vereinzelt, neben Hauptmanns Novelle »Bahnwärter Thiel« (1892) und einigen »Skizzen« und »Studien« finden sich Romane, meist »Großstadtromane«, bei M. Kretzer, K. Bleibtreu, K. Alberti, O. E. Hartleben. Auch in der Dorfliteratur des 19. Jahrhunderts ist der Naturalismus verwurzelt, der wiederum nach seiner Blütezeit noch die Heimatdichtung des 20. Jahrhunderts prägte.
Charakteristisch für die literarische Entwicklung von der Jahrhundertwende bis etwa 1920 war das kurzfristige Aufblühen und Erlöschen der unterschiedlichsten Kunstauffassungen; damit verbunden war eine Flut von theoretischen Programmschriften, eine Vielzahl literarischer Zeitschriften, literarischer Vereinigungen und Kleinkunstbühnen. S. George begründete das Organ seines Kreises, »Blätter für die Kunst« (1892-1919); repräsentative Zeitschriften waren außerdem: »Die Insel« (1899 gegründet von O. J. Bierbaum, A. W. Heymel, R. A. Schröder), die in den gleichnamigen Verlag überging, »Pan« (1895-1900), »Ver Sacrum« (1898-1903), »Jugend« (1896-1940).
Die gängigen Formeln für diesen Zeitabschnitt, den Beginn der Moderne, durchdringen sich und bestehen nebeneinander: Impressionismus, Symbolismus, Dekadenz, Fin de Siècle, Neuklassik, Neuromantik, Neurokoko, Jugendstil, Expressionismus. Die großen Schriftstellerpersönlichkeiten lassen sich jedoch mit diesen Zuordnungen nur ungenügend oder überhaupt nicht erfassen. Der literarische Jugendstil bewegte sich zwischen den Polen Vitalismus und Resignation, Lebensgier und extremer Vergeistigung, liebte das Exzentrische und das Exotische. Anreger waren C. Baudelaire, J. K. Huysmans, A. C. Swinburne, M. Maeterlinck, G. D'Annunzio, die philosophischen Grundlagen kamen von L. Klages, G. Simmel, H. Bergson und F. Nietzsche. Der unscharfe, aus der bildenden Kunst stammende Begriff wird v. a. angewendet auf die Lyrik der Jahrhundertwende (Bierbaum, R. Dehmel, A. Mombert, E. von Wolzogen, M. Dauthendey, H. Carossa, K. Wolfskehl), aber auch auf die in dieser Zeit entstandenen Dichtungen von George, Else Lasker-Schüler und G. Heym. Zentrum in Deutschland war München, wo die Zeitschrift »Jugend« erschien, an der auch viele österreichische Autoren mitarbeiteten, die die deutsche Literatur dieser Zeit maßgeblich prägten (H. von Hofmannsthal, R. M. Rilke, A. Schnitzler). In frühen Werken von H. Mann (»Im Schlaraffenland«, 1900) und T. Mann (»Tristan«, 1903) zeigen sich Bezüge zur Jugendstil-Dichtung. Für die neuromantischen Tendenzen stehen die - parallel zu seinen naturalistischen Werken enstandenen - Stücke Hauptmanns »Hanneles Himmelfahrt« (1896), »Die versunkene Glocke« (1897), »Und Pippa tanzt« (1906) sowie die Lyrik von Ricarda Huch.
In Romanen und Erzählungen führten deutsche und österreichische Autoren Anfang des 20. Jahrhunderts aber auch die realistischen Traditionen des 19. Jahrhunderts weiter: so T. Mann in »Buddenbrooks« (1901), H. Hesse in »Peter Camenzind« (1904), J. Wassermann in »Caspar Hauser« (1908). Doch schon 1910 setzte sich Rilke mit »Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge« (2 Bände) radikal davon ab.
Das Krisenbewusstsein, das um 1900 im öffentlichen Leben gegenwärtig war, äußerte sich auch in der Heimatkunstbewegung. Sie sprach sich gegen Industrialisierung, Kapitalismus und Sozialismus aus (F. Lienhard, A. Bartels); pessimistischer Grundhaltung prägte eine umfangreiche ideologische
Essayistik mit nationalkonservativer, zum Teil auch antisemitischer Einstellung (H. von Treitschke, M. Scheler, L. Klages, O. Weininger, H. Blüher). In diesen Zusammenhang gehört J. Langbehns Werk »Rembrandt als Erzieher« (1890; zunächst anonym erschienen), dessen antiintellektuelle, antimoderne Kulturkritik die kleinbürgerliche Ideologiebildung der wilhelminischen Zeit wesentlich beeinflusste. Die Heimatkunstbewegung, der im weitesten Sinn auch L. Ganghofer, R. Herzog, L. Thoma und H. Löns zuzurechnen sind, mündete später in den Weltanschauungsroman, der eine Deutung der Welt aus dem Blickwinkel der unteren bürgerlichen Schichten zu geben bestrebt war (G. Frenssen, Lulu von Strauss und Torney, W. von Polenz, Clara Viebig, Helene Böhlau). Die Provinzliteratur übernahm das fiktiv-ideale Bild des industriefernen Raums mit seiner intakten Sozialstruktur als Gegenbild zur problemzerrissenen Industriewelt (P. Dörfler, J. Kneip, K. B. von Mechow, M. Jahn). Die Heimatkunst ist eine der Wurzeln der Blut-und-Boden-Dichtung, die mit ihrer Propagierung der völkisch-national-konservativen Werte später von den Nationalsozialisten offiziell gefördert wurde.
Einen radikalen Bruch mit allen Traditionen verkündeten die Vertreter des Expressionismus, dessen Zentrum Berlin war. Entscheidende Anstöße gab K. Hiller 1909 mit seinem »Neopathetischen Cabaret« (mit Else Lasker-Schüler, G. Heym, J. van Hoddis u. a.); führende Zeitschriften waren »Der Sturm« (herausgegeben von H. Walden, ab 1910) - Sammelpunkt der expressionistischen Bewegung in der Symbiose von Dichtung, Malerei und Musik -, »Die Aktion« (herausgegeben von F. Pfemfert, ab 1911) und »Die Weißen Blätter« (1913-21, unter der Leitung von R. Schickele 1915-20). Trotz der ausdrücklichen Negation der älteren Traditionen sind die Übergänge fließend, hinzu kommt der Einfluss des italienischen Futurismus (F. T. Marinetti), der eine Kunst der Bewegung proklamierte, die Verehrung der Technik predigte und die Entwicklung eines maschinellen künstlerischen Stils verlangte. Expressionismus ist nicht nur künstlerische Form, sondern auch Ausdruck eines neuen Lebensgefühls, verkündet am Vorabend des Ersten Weltkriegs, dessen Opfer viele junge Vertreter der Bewegung wurden (G. Trakl, E. Stadler, H. Lotz, A. Lichtenstein, A. Stramm). Der Expressionismus bediente sich übersteigerter Ausdrucksmittel; Ausdrucksgebärden und Bilder ersetzten die Logik; stammelnde Rede, Worthäufungen, Wortwiederholungen, extreme Freiheit von Vers- und Satzstruktur kennzeichnen den expressionistischen Stil. Die Lyrik hat die Zeit überdauert (neben den schon genannten Autoren T. Däubler, der frühe G. Benn, der junge J. R. Becher); nicht behauptet hat sich auf der Bühne das expressionistische Drama, mit Ausnahme der satirischen Gesellschaftskomödie C. Sternheims. Folgenreich jedoch blieb der abstrahierende, konzentrierte Bühnenstil. Im Erzählen war lange die zur Kurzgeschichte verknappte Novelle bevorzugte Form (Sternheim, G. Heym, A. Döblin, Benn, K. Edschmid; daneben Trakls lyrische Prosa); der erste bedeutende expressionistische Roman war Döblins »Die drei Sprünge des Wang-lun« (1915); bahnbrechend für die experimentelle Prosa wurde C. Einsteins Kurzroman »Bebuquin...« (1912).
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entwickelte sich in Prag ein bedeutendes Zentrum der deutschen Literatur. Das insulare Milieu im tschechischen Sprachgebiet brachte Autoren wie Rilke und F. Werfel hervor, die allerdings ihre Hauptwerke an anderen Orten schufen. Nur F. Kafka blieb in der Stadt. Seine Erzählungen (»Das Urteil«, 1913; »Die Verwandlung«, 1915) haben keinerlei Verbindung zur etwa zeitgleich entstandenen expressionistischen Dichtung. Die hermetische Bilderwelt und beklemmende Atmosphäre erschloss sich erst nach 1945 einem größeren Leserkreis und zeigt seitdem weltliterarische Wirkung.
Nach 1920 erloschen die schöpferischen Impulse des Expressionismus. In der Lyrik markierte die Anthologie »Menschheitsdämmerung« (1920) von K. Pinthus einen Endpunkt; in der Dramatik, die nach 1918 durch G. Kaiser, E. Toller (»Die Wandlung«, 1919; »Masse Mensch«, 1921), E. Barlach, W. Hasenclever, Werfel, F. von Unruh, R. Goering noch expressionistisch geprägt war, signalisierte C. Zuckmayers Lustspiel »Der fröhliche Weinberg« (Uraufführung 1925, gedruckt 1926), das ihm 1925 den als progressiv geltenden Kleistpreis brachte, das Ende. Trotzdem wirkte der Expressionismus fort (G. Kaiser, Döblin), er wurde nach 1945 erneut fruchtbar. Neuen Impulsen stand der »Sturmkreis« um H. Walden offen. Hier fand die konstruktivistische Lyrik ihr erstes Forum (Stramm, K. Schwitters). Von Zürich (»Cabaret Voltaire«, 1916) ging der Dadaismus aus, der alle überkommenen Normen und Werte lächerlich machte (vertreten u. a. durch H. Ball, R. Huelsenbeck, H. Arp, W. Mehring, J. Baader und R. Hausmann). Von hier führen Entwicklungslinien bis zur konkreten Poesie.
Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs zeigte sich bald, dass alle visionären Modelle der praktischen oder geistigen Weltveränderung aussichtslos waren. Die Schriftsteller sahen sich in der Weimarer Republik größter wirtschaftlicher Unsicherheit ausgesetzt, ihre Rolle beim Umbruch der Gesellschaft wie auch das Ansehen moderner Literatur waren gering. Die erste Welle der amerikanischen Massenkultur begeisterte das große Publikum. Schriftsteller und Künstler besannen sich deshalb auf eine nüchterne Gebrauchskunst, die unter dem Schlagwort Neue Sachlichkeit bekannt wurde. Der Reportagestil, die neue Gattung des Hörspiels, aktuelle Themen und biographisches Interesse bestimmten die epische und dramatische Produktion, historische Persönlichkeit und Geschichte als Medium für die Deutung der eigenen Gegenwart griffen Werfel, L. Feuchtwanger, E. Penzoldt, O. Flake, M. Brod, H. Kesten und Döblin auf; die Berlin-Romane Döblins (»Wadzeks Kampf mit der Dampfturbine«, 1918; »Berlin Alexanderplatz«, 1929) verzichten auf Beschreibung und Psychologie; alles wird in Handlung aufgelöst. Auch das Erlebnis des Ersten Weltkriegs wurde verarbeitet, nüchtern-dokumentarisch im erfolgreichsten deutschen Antikriegsroman, in E. M. Remarques »Im Westen nichts Neues« (1929); von ähnlicher Haltung getragen sind A. Zweigs »Der Streit um den Sergeanten Grischa« (1927), L. Renns »Krieg« (1929) und T. Plieviers »Des Kaisers Kuli« (1930), während W. Flex (»Der Wandrer zwischen beiden Welten«, 1917) den Krieg idealisiert und für E. Jünger (»In Stahlgewittern«, 1920, seitdem mehrmals umgearbeitet) das ästhetische Interesse daran im Vordergrund steht.
Repräsentativ für die Linksintellektuellen der Weimarer Republik war H. Mann, dessen Roman »Der Untertan« (als Buchausgabe erst 1918 möglich) die schonungsloseste, brillanteste Abrechnung mit dem Kaiserreich bietet. In seiner umfangreichen Essayistik entwickelte er ein Programm der europäischen Verständigung. Besonders die deutsch-französische Aussöhnung, wie sie auf französischer Seite von R. Rolland befördert wurde, ist Anliegen der Werke von R. Schickele und Annette Kolb. Chronist im Sinne der Neuen Sachlichkeit war H. Fallada, v. a. mit seinem erfolgreichsten Roman »Kleiner Mann - was nun?« (1932). Der große Bildungsroman wurde auf unterschiedliche Weise fortgeführt: von T. Mann im »Zauberberg« (1924) als parodistisches Spiel mit allen Traditionen und von H. H. Jahnn in »Perrudja« (1929) unter Nutzung moderner erzählerischer Mittel. H. Hesses »Steppenwolf« (1927) analysiert die Situation des Intellektuellen als eines Außenseiters der Gesellschaft. Den Wirren und Umbrüchen der Zeit setzten andere Autoren christliche Werte entgegen (R. Borchardt, Gertrud von Le Fort, H. Carossa, R. A. Schröder, W. Bergengruen, E. Wiechert). Der überzeugte Pazifist O. M. Graf schuf mit seinen realistischen Romanen und Erzählungen aus dem ländlichen Milieu ein Gegenbild zu den Idealisierungen der Heimatkunst. Die Lyrik der 20er-Jahre steht nur zum Teil im Zeichen der Neuen Sachlichkeit, die eine »Gebrauchslyrik« forderte (Brecht, »Hauspostille«, 1927; Erich Kästner). Fast zeitgleich erschienen Gedichte, die die »reine Kunst« verkörpern wollten (Rilke, »Duineser Elegien«, 1923; »Die Sonette an Orpheus«, 1923; S. George, »Das neue Reich«, 1928).
Das literarische Kabarett erlebte eine Blütezeit, damit auch das satirische oder melancholische Chanson, u. a. von Kästner, W. Mehring, J. Ringelnatz, Brecht und Tucholsky. Wie dieser entwickelte auch E. E. Kisch journalistische Formen zu literarische Meisterschaft.
Auf dem Theater begann mit der »Dreigroschenoper« (1929) der Erfolg Brechts. Seine Theorie des »epischen Theaters« setzte er zuerst in der Serie seiner Lehrstücke um (u. a. »Die Maßnahme«, 1931). Eine völlig andere Art des Dramas realisierte F. Wolf, der gemäß der auf ihn zurückgehenden kommunistischen Losung »Kunst ist Waffe« direkt in tagespolitische Kämpfe eingreifen wollte (»Cyankali«, 1929). Ähnliche Absichten verfolgten auch solche (meist im KPD-nahen »Bund proletarisch-revolutionärer Schriftsteller« organisierten) Romanautoren wie W. Bredel, H. Marchwitza und A. Scharrer.
Neben dieser im Wesentlichen an der modernen Industriewelt und an internationalen Entwicklungen orientierten Literatur bestand die »völkische« Literatur weiter. O. Spenglers »Untergang des Abendlandes« (2 Bände, 1918-22) lieferte die geschichtsphilosophische Theorie für eine fortschrittsfeindliche Werteskala, die die Großstadt (besonders Berlin), die Industrialisierung und jede kosmopolitische Kultur ablehnte. Diese antimoderne Literatur propagierte die Überlegenheit der »deutschen Rasse« (auch durch entsprechende Aufbereitung der Geschichte), eine mystische Bindung an »Blut und Boden« und ein antidemokratisches Gesellschaftsmodell. Bereits seit den 20er-Jahren schrieben in diesem Sinne E. Strauß, W. Pleyer, F. Griese, H. F. Blunck, W. Vesper, R. G. Binding, W. Schäfer, A. Dinter und H. Grimm, dessen kolonialer Heimatroman »Volk ohne Raum« (2 Bände, 1926) den Nationalsozialisten ein aggressives Schlagwort lieferte. Mit Idealisierung und Heroisierung des Krieges hatten um 1930 W. Beumelburg, E. E. Dwinger und J. M. Wehner Erfolg.
Mit der Machtergreifung des Nationalsozialismus änderten sich die äußeren Bedingungen für die Literatur sofort. Durch die Einrichtung der »Reichskulturkammer« und ähnlicher Organisationen wurden die Veröffentlichungen reglementiert und kontrolliert. Die Blut-und-Boden-Ideologie beherrschte die offizielle Literatur. Direkt im Dienst nationalsozialistischer Politik standen H. Johst, E. G. Kolbenheyer, H. F. Blunck; neben den schon genannten gehörten Agnes Miegel, B. von Münchhausen und Ina Seidel zu den gefeierten Autoren, die Bauernromane von H. Stehr und J. Berens-Totenohl galten als vorbildhaft.
Die Dramatik griff auf Formen des 19. Jahrhunderts zurück (repräsentiert durch H. Zerkaulen, Kolbenheyer, Johst, C. Langenbeck, E. W. Möller, auch P. Ernst wurde viel gespielt). Pathetische Kampflyrik schrieben u. a. Heinrich Anacker (* 1901, ✝ 1971), H. Böhme, H. Menzel, B. von Schirach.
Die weitaus meisten Schriftsteller wollten sich der »Gleichschaltung« nicht unterwerfen. Spätestens die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 machte die existenzielle Bedrohung klar. Es folgte eine beispiellose Emigration deutscher Kultur. Etwa anderthalbtausend namentlich bekannte Schriftsteller verließen Deutschland. Viele überstanden die Belastungen des Exils nicht und begingen Selbstmord (Toller, Tucholsky, W. Benjamin, E. Weiss, Hasenclever), andere wurden wegen ihres aktiven Widerstands ermordet (A. Haushofer, E. Mühsam, T. Lessing), starben im KZ oder an den Folgen der Haft (Gertrud Kolmar, P. Kornfeld, C. von Ossietzky).
Die aus Deutschland, später auch aus Österreich, der Tschechoslowakei und anderen besetzten Ländern vertriebenen deutschen Schriftsteller setzten, sofern es die äußeren Umstände erlaubten, im Exil ihre Arbeit fort. Zentren der Exilliteratur wurden Wien, Prag, Amsterdam und Paris, wo Exilverlage und -zeitschriften gegründet wurden. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges begann eine zweite Phase: Flucht aus Internierungslagern und vor der Auslieferung in die USA, nach Südamerika, nach Mexiko, sogar nach Neuseeland (K. Wolfskehl). Else Lasker-Schüler, A. Zweig, M. Brod u. a. gingen nach Palästina. Einige der wichtigsten Werke der deutschen Literatur der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts sind im Exil entstanden: von T. Mann die Roman-Tetralogie »Joseph und seine Brüder« (1933-43), von H. Mann die beiden Bände des »Henri Quatre« (1935-38), von Döblin die »Amazonas«-Trilogie (1937-48), von Anna Seghers »Das siebte Kreuz« (1942), von Brecht u. a. »Mutter Courage und ihre Kinder« (Uraufführung 1941) und »Leben des Galilei« (Uraufführung 1943). Die Situation der Emigranten selbst wurde literarisches Thema, so in den Romanen »Der Vulkan« (1939) von K. Mann, »Exil« (1940) von Feuchtwanger, »Transit« (1948) von Anna Seghers und in den Dialogen »Flüchtlingsgespräche« (1944) von Brecht.
Die in Deutschland verbliebenen Autoren, die sich vom Nationalsozialismus nicht vereinnahmen lassen wollten, zogen sich in die so genannte innere Emigration zurück. Der kaum genau zu definierende Begriff wird für alle jene Schriftsteller angewandt, die auf Distanz zum Regime gingen, sich in ihrer Arbeit nicht beeinflussen lassen wollten, aber keinen Kontakt zum aktiven Widerstand hatten. Die Zeitschrift »Das innere Reich« (1934-44) repräsentierte mit der durch den faschistischen Terror gebotenen Einschränkung v. a. konservative Kräfte innerhalb der damaligen »reichsdeutschen« Literatur in einer durchaus ambivalent zu nennenden Haltung. Die Front der »inneren Emigration« umfasste Christen beider Konfessionen (R. Schneider, J. Klepper, R. A. Schröder), Kommunisten, Liberale und Konservative (J. Petersen, E. Niekisch, R. Pechel, F. Reck-Malleczewen). Im Medium vielfältiger Camouflage, im getarnten Sprechen durch Allegorie, Parabel und Legende schrieben S. Andres (»El Greco malt den Großinquisitor«, 1936), Klepper (»Der Vater«, 1937), R. Schneider (»Las Casas vor Karl V.«, 1938), W. Bergengruen (»Der Großtyrann und das Gericht«, 1935), Gertrud von Le Fort, G. Weisenborn. Die beiden umstrittensten Namen, für die der Begriff angewendet wird, sind G. Benn und Jünger. Ersterer hatte zunächst eine gewisse Vorliebe für die neue Ideologie gezeigt, während Jüngers auf die »Tat« gegründeter regressiver Modernismus die Herausbildung eines »soldatischen Nationalismus« in den frühen 20er-Jahren begünstigt hatte. Die geistige Distanz zur Gegenwart, wie sie im Roman »Auf den Marmorklippen« (1939) deutlich wird, lässt keinen Raum für die Auseinandersetzung mit ihr.
Der nichtfaschistischen Literatur der »jungen Generation« im nationalsozialistischen Deutschland (G. Eich, W. Koeppen, Marieluise Kaschnitz, Marieluise Fleisser, F. Lampe, A. Goes, G. Britting, Elisabeth Langgässer, H. E. Nossack) stand die politische Realität nicht zur Diskussion, sie bekannte sich zum konservativen Geist Europas und pflegte einen um Ausgleich bemühten Stil, der nach 1945 unter dem Einfluss des Existenzialismus weiterentwickelt wurde. E. Welk hielt mit seiner Sicht niederdeutschen Dorflebens (»Die Heiden von Kummerow«, 1937) Abstand zur offiziellen »Blut-und-Boden-Dichtung«, O. Loerke und W. Lehmann pflegten das Naturgedicht, der populäre Romancier Fallada stieß auf offizielle Ablehnung.
LITERATUR DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND
Am Beginn der westdeutschen Nachkriegsliteratur stand der existenziell und moralisch motivierte Impuls, sich Rechenschaft zu geben über die Vergangenheit und die Möglichkeiten der Sprache, die, von der Diktatur missbraucht, nun wieder in den Dienst der Wahrheitsfindung treten sollte. Die häufig gebrauchten Bezeichnungen »Nullpunkt« und »Kahlschlag« sind Metaphern im Sinn einer existenzialistischen Umkehr, für die jüngeren Vertreter der Kriegsgeneration bedeuten sie literarischen Neubeginn.
Die Literatur nach 1945 knüpfte an die Traditionen vor 1933 an (mit G. Gaiser, W. Koeppen, H. E. Nossack, R. Hagelstange, E. Wiechert, Elisabeth Langgässer); man folgte zumeist einer der bürgerlichen Literatur des 19. Jahrhunderts verpflichteten Ästhetik oder schloss sich neueren Strömungen an, die entweder die Sprache der internationalen Moderne (J. Joyce, W. Faulkner, R. Musil, J.-P. Sartre, A. Camus, F. Kafka, T. S. Eliot) aufnahmen oder eine Art gemäßigten Expressionismus pflegten, den Mischstil der »Neuen Sachlichkeit« oder den Realismus der als vorbildlich empfundenen amerikanischen Kurzgeschichte (H. Böll, S. Lenz, W. Schnurre, H. W. Richter). Einem »magischen Realismus« verpflichtet waren Elisabeth Langgässer, H. Kasack (»Die Stadt hinter dem Strom«, 1947), H. Broch, der surrealistischen Tradition H. Arp, E. Canetti, Ilse Aichinger, E. Kreuder. Arno Schmidts »Leviathan« (1949) galt neben dem Werk W. Borcherts und Elisabeth Langgässers Roman »Das unauslöschliche Siegel« (1946) als exemplarischer Beitrag zur neueren deutschen Literatur. In diesem Kontext ist die Abgrenzung zur österreichischen und schweizerischen Literatur besonders schwierig, da bedeutende Autoren dieser Länder auch in der Bundesrepublik Deutschland lebten, dort verlegt und in öffentlichen Debatten einbezogen wurden. Auch am Leben der Gruppe 47, die seit ihrer Gründung mit ihrem Literaturpreis, ihren Tagungen und Lesungen die deutsche Literatur erheblich beeinflusste, hatten sie teil. Bevorzugtes Thema der 50er-Jahre war die Befindlichkeit der Nachkriegsgesellschaft, häufig mit sehr kritischen Akzenten: bei Koeppen in dem Roman »Tauben im Gras« (1951), wo erstmals in der deutschen Nachkriegsliteratur mit traditionellen Erzählnormen gebrochen wird, bei Nossack in dem Roman »Spätestens im November« (1955), bei Gaiser in dem Roman »Schlußball« (1958), in H. Bölls Kurzgeschichten und Romanen, die v. a. um das Heimkehrermotiv kreisen (»Wo warst du, Adam?«, 1951; »Und sagte kein einziges Wort«, 1953; »Haus ohne Hüter«, 1954), in M. Walsers erstem Roman »Ehen in Philippsburg« (1957). U. Johnson, nach Repressalien aus der DDR übergesiedelt, erschloss mit seinem Roman »Mutmaßungen über Jakob« (1959) neue sprachliche und konzeptionelle Wege; mit G. Grass' »Die Blechtrommel« (1959) gewann der deutsche Roman internationales Ansehen. S. Lenz thematisierte immer wieder die Notwendigkeit erinnernden Erzählens, am erfolgreichsten in dem Roman »Deutschstunde« (1968). Eine Sonderstellung nimmt das Werk von A. Schmidt ein, der als radikaler Nonkonformist Leseerwartungen konterkarierte (»Zettels Traum«, 1970).
Mitte der 1960er-Jahre zeichnete sich ein Generationswechsel ab, der sich v. a. in einer allmählichen Desintegration der Gruppe 47 bemerkbar machte. Die Entwicklung führte von der allgemeinen Politisierung der Literatur zu einer neuen Innerlichkeit. Auch die Erzählhaltung änderte sich, eine Verwischung der Grenze zwischen Autor und Erzähler, von privater und öffentlicher Selbsterfahrung kennzeichnete Grass' Romane »Aus dem Tagebuch einer Schnecke« (1972), »Der Butt« (1977) und U. Johnsons »Jahrestage« (4 Bände, 1970-83), auch die Erzählungen von Gabriele Wohmann. Der in Schweden lebende P. Weiss bot mit »Die Ästhetik des Widerstands« (3 Bände, 1975-81) eine große Synthese linker Jahrhunderterfahrung und Kunstprogrammatik. Andererseits erreichte man mit dokumentarischen Mitteln eine neue Authentizität (so Erika Runge, M. von der Grün, B. Engelmann, G. Wallraff; Gruppe 61, Werkkreis Literatur der Arbeitswelt). Erlebte Alltagsrealität und soziales Außenseitertum reflektiert H. Böll kritisch in »Gruppenbild mit Dame« (1971). Die »Kölner Schule des Neuen Realismus« um D. Wellershoff arbeitete mit Collagetechniken und exakten Detailschilderungen, um banale Wirklichkeit literarisch umzusetzen (R. D. Brinkmann, N. Born, G. Herburger). H. Heißenbüttel suchte über radikale Veränderungen der Sprache nach einer modernen Literatur (»Projekt Nummer 1; d'Alemberts Ende«, 1970). Mit unterschiedlichen Intentionen wurden seit Ende der 60er-Jahre immer wieder Biographien literarisch bearbeitet (W. Hildesheimer, D. Kühn, P. Härtling). Seit Anfang der 70er-Jahre erschienen wichtige autobiographische Werke: so W. Kempowskis erfolgreiche autobiographische Romane, die ein halbes Jahrhundert deutsche Geschichte dokumentieren, H. Bieneks »Gleiwitzer Tetralogie« (1975-82), die subjektive, kunstvoll strukturierte Prosa W. Koeppens (»Jugend«, 1976), die aus gegensätzlichen Erfahrungen schöpfenden Erinnerungen von Canetti, Jünger sowie von Elisabeth Plessen. Das Lebensgefühl der 68er-Bewegung drücken P. Schneider in der Erzählung »Lenz« (1973) und B. Vesper in seinem Romanessay »Die Reise« (postum 1977) aus. Von den Autoren, die außerhalb aller literarischer Strömungen stehen, sind aus den 70er- und 80er-Jahren H. Achternbusch, C. Meckel, G. B. Fuchs und H. Fichte zu nennen. Innerhalb der Bekenntnisprosa nahm die Frauenliteratur einen wichtigen Platz ein (Karin Struck, Christa Reinig, Karin Reschke, Katja Behrens, Angelika Mechtel u. a.), wobei Verena Stefans »Häutungen« (1975) programmatischen Charakter erhielten. Um 1980 rückten die Geschichten der Väter in den Blickpunkt des Interesses, u. a. bei P. Härtling (»Nachgetragene Liebe«, 1980), Ruth Rehmann (»Der Mann auf der Kanzel«, 1979) und Barbara Bronnen (»Die Tochter«, 1980). Die Orientierungskrise der zweiten Hälfte der 70er-Jahre mündete bei vielen Autoren in intensive Selbstreflexionen und -zweifel, in Misstrauen gegenüber Sinnlichkeit und Fantasie, z. B. N. Born, »Die erdabgewandte Seite der Geschichte« (1976), Walser, »Ein fliehendes Pferd« (1978), B. Strauss, »Paare, Passanten« (1981). Auf das Erbe A. Schmidts berief sich H. Wollschläger mit seinem Roman »Herzgewächse« (Band 1 1982, bisher nicht abgeschlossen). Literaturkritische Essayistik mit zum Teil weit reichendem Einfluss schrieben W. Jens, Hans Mayer und M. Reich-Ranicki.
Die westdeutsche Nachkriegslyrik knüpft an die Jahre der Weimarer Republik an, in denen sich klassische und revolutionäre Elemente der poetischen Sprache zu einer »Modernen Klassik« zusammengeschlossen hatten. G. Benn mit seinem Rückzug auf Maß und Form (»Statische Gedichte«, 1948; »Aprèslude«, 1955) übte ebenso Einfluss aus wie andere Vertreter des Expressionismus. Auch die frühen Gedichte Eichs (»Abgelegene Gehöfte«, 1948) und P. Celans, die hermetische Dichtung E. Meisters (»Unterm schwarzen Schafspelz«, 1953) waren entscheidend durch die Bildsprache der 30er-Jahre bestimmt. K. Krolow löste das Magische der Natur bukolisch auf, arbeitete dann mit Materialien des französischen und spanischen Surrealismus und öffnete sich später dem amerikanischen Einfluss. Für das literarische Klima der 50er-Jahre galt es v. a., das deutsche Gedicht in den weltliterarischen Kontext einzugliedern. Beliebt waren alle Spielarten von Assoziation, Montage, abstrakter Metaphorik. Wichtigstes zeitgenössisches Dokument ist die von W. Höllerer herausgegebene Anthologie »Transitorisches Lyrikbuch der Jahrhundertmitte« (1956).
Die experimentelle Dichtung dieser Zeit äußerte sich v. a. in der konkreten Poesie. Nach den theoretischen Vorgaben des Schweizers E. Gomringer schrieben H. Heißenbüttel, M. Bense, F. Mon, der Österreicher E. Jandl u. a. einer rationalen Wirklichkeitserfahrung entgegen, Sprache wurde als technologisches Material aufgefasst. Eine auf das Subjekt konzentrierte Lyrik, häufig in verschlüsselter Sprache, schufen Rose Ausländer, Hilde Domin, Ingeborg Bachmann (»Die gestundete Zeit«, 1953), Eich (»Anlässe und Steingärten«, 1966), Celan (»Atemwende«, 1967; »Fadensonnen«, 1968) und H. Piontek (»Wassermarken«, 1957). In den 60er-Jahren schwächte sich, durch die Verlagerung des Interesses auf soziale und ökonomische Themen, der metaphysische Impuls ab; das Gedicht gab realistischen Handlungs- und Lebensanweisungen, gesellschaftspolitisch engagierte Lyrik setzte sich durch (H.-J. Heise, D. Leisegang, E. Fried, Margarete Hannsmann), Epigramm und Aphorismus wurden neu belebt (A. Astel). Politische Songs, Protestgedichte, gerichtet gegen die Atombewaffnung, unterstützten die Studentenbewegung von 1968. H. M. Enzensberger, P. Rühmkorf, R. D. Brinkmann lehnten das Dekorative des »absoluten« Gedichts der Benn-Nachfolge vehement ab. Brinkmann forderte im Gegenzug zu einer Sakralisierung der Form eine »Poesie der Oberfläche« (»Die Piloten«, 1968) und orientierte sich, wie andere Mitglieder der Kölner Schule, an der realistischen Lyrik in den USA, ähnlich J. Theobaldy und Höllerer. Wie die Prosa wendete sich auch die Lyrik der 70er-Jahre von Tagespolitik und Pop-Art ab. An die Stelle der Aufklärung, der Aufbruchsstimmung traten Empfindungen, Stimmungen und ein erneuertes Verhältnis zur Natur. Im Sinne dieser »Neuen Subjektivität« dichteten u. a. Born, G. Herburger, M. Krüger, J. Schenk, L. Fels, Christoph Derschau (* 1938, ✝ 1995). Außerordentlich erfolgreich waren die pointierten, songartigen Gedichte von W. Wondratschek.
Spiegelbild der deutschen Literatur der Nachkriegszeit war auch das Hörspiel, das, wie in seiner ersten Blütezeit 1929-34, noch nicht zwischen reinem Wortkunstwerk und der Information und Wissen vermittelnden Form des Features unterschied. Produktivster Autor der 1950er-Jahre war G. Eich, der zunächst das neue Medium als Instrument der Erziehung zu kritischer Wachsamkeit verstand (»Träume«, Uraufführung 1951), später als ein dichterisches Gleichnis der Welt (»Zeit und Kartoffeln«, Uraufführung 1972). Ingeborg Bachmann pflegte den Typus des verinnerlichten Hörspiels (»Der gute Gott von Manhattan«, 1958). Themenkomplexe des Hörspiels waren besonders die Sinnlosigkeit des Krieges, Probleme der Identität, die Wohlstandsgesellschaft, Schuld- und Sühnekomplex. Neben Eich schrieben Hildesheimer, L. Ahlsen, D. Wellershoff, W. Weyrauch, Friederike Mayröcker Hörspiele. In den 70er-Jahren wandelte es sich zum Sprechspiel (W. Wondratschek, H. Heißenbüttel, D. Kühn), das neue Hörspiel orientierte sich an sprachkritisch-sprachspielerischen Elementen (Jürgen Becker, Ror Wolf).
Das herausragende dramatische Werk der unmittelbaren Nachkriegszeit ist W. Borcherts Heimkehrerdrama »Draußen vor der Tür« (1947, zuerst als Hörspiel). In der Folgezeit wurde die deutschsprachige Dramatik von den Schweizern M. Frisch und F. Dürrenmatt bestimmt. Erst seit den frühen 60er-Jahren entstanden in der Bundesrepublik Deutschland eine Reihe bedeutender Dramen, fast sämtlich mit deutlichem politischen Engagement, zum Teil auch mit dokumentarischem Charakter: R. Hochhuth, »Der Stellvertreter« (1963); Weiss, »Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats. ..« (1964, revidiert 1965), »Die Ermittlung. Oratorium in 11 Gesängen« (1965), eine dokumentarische Darstellung des Auschwitzprozesses; H. Kipphardt, »In der Sache J. Robert Oppenheimer« (1964); G. Grass, »Die Plebejer proben den Aufstand« (1966); Enzensberger, »Das Verhör von Habana« (1970). Die frühen Dramen von Marieluise Fleißer wurden wieder entdeckt. Einige Stücke sind dem absurden Theater verpflichtet, so die frühen Werke von T. Dorst (»Große Schmährede an der Stadtmauer«, 1962) und Hildesheimer (»Die Verspätung«, 1961). Der Darstellung der Geschichte und der Weltprobleme auf dem Theater, dem ausgreifenden Geschichts- und Revolutionsschauspiel folgten nun Alltags- und Provinzszenerien, Volksstücke mit stark sozialkritischer Absicht: M. Sperr, »Jagdszenen aus Niederbayern« (1966); R. W. Fassbinder, »Katzelmacher« (1970); F. X. Kroetz, »Stallerhof« (1972), »Wildwechsel« (1973), »Nicht Fisch, nicht Fleisch« (1981); H. Achternbusch, »Ella« (1978), »Plattling« (1982); H. W. Mueller, »Stille Nacht« (1974); Gerlind Reinshagen, »Sonntagskinder« (1976). Die Arbeitswelt kam durch H. Henkel und K. O. Mühl auf die Bühne; Straßentheatergruppen entwickelten Alternativen zum herkömmlichen Theater, eine neue Spielform, die Szenencollage, bereicherte den Spielplan, die Probleme kleiner Leute spiegelten Komödien. Der schrittweise Übergang von politischer zu existenzieller Dramatik zeigte sich an der Vielzahl dramatisierter Dichterfiguren und historischer Personen: Dorsts »Toller« (1968) und »Eiszeit« (1973) um den alten K. Hamsun, Weiss' »Hölderlin« (1971), G. Salvatores »Büchners Tod« (1972), D. Fortes »Martin Luther & Thomas Münzer oder die Einführung der Buchhaltung« (1971). Nach der Politisierung von Bühne und Drama leitete der Rückzug auf die Innenwelt eine Phase erneuter Ästhetisierung ein, deren Protagonisten der Österreicher P. Handke und B. Strauss (»Die Hypochonder«, 1972; »Trilogie des Wiedersehens«, 1976; »Groß und klein«, 1978) waren.
Die (west)deutsche Literatur der 80er-Jahre bediente das breite Spektrum vom »Gewissen der Nation« bis zur postmodernen Beliebigkeit, die die Grenzen zwischen Kunst und Trivialität verwischte. In den Alterswerken der großen Nachkriegsautoren kamen noch einmal die Zeitzeugen der Vergangenheit zu Wort: Böll, »Frauen vor Flußlandschaft« (1985), S. Lenz, »Exerzierplatz« (1985), H. Lenz, »Der Wanderer« (1986), »Seltsamer Abschied« (1988, beides Fortsetzung des »Rapp«-Zyklus), Canetti, »Das Geheimherz der Uhr« (1987, der letzte Band seiner Autobiographie), Luise Rinser, »Wachsender Mond« (1988) u. a.; auch Hans Mayer legte seine Erinnerungen vor: »Ein Deutscher auf Widerruf« (2 Bände, 1982—84). Grass nahm in dem Roman »Die Rättin« (1986), der vor gedankenloser Verschwendung der Natur warnt, Motive aus früheren Werken wieder auf. Als bedeutender Erzähler, der bis dahin nur mit Hörspielen und Dramen hervorgetreten war, stellte sich G. Hofmann vor (»Der Blindensturz«, 1985). Auf dokumentarische Elemente griffen F. C. Delius (»Mogadischu Fensterplatz«, 1985) und P. O. Chotjewitz zurück, Wallraff setzte seine Rollenreportagen mit »Ganz unten« (1985) fort, als Satiriker von Rang etablierte sich R. Gernhardt. Zahlreiche jüngere Autoren meldeten sich zu Wort, als Erzähler u. a. S. Nadolny, H.-J. Ortheil, T. Becker, P. Süskind, dessen Roman »Das Parfum« (1985) der größte deutsche Bucherfolg der 80er-Jahre wurde. Provokative, experimentelle Prosa aus dem Geist der Postmoderne kam u. a. von K. Modick, G. Köpf, R. Goetz, auch B. Strauss' Roman »Der junge Mann« (1984) nutzt deren Möglichkeiten. Schriftstellerinnen arbeiteten wiederum Zeitprobleme aus der Sicht der Frauen auf (u. a. Eva Zeller, Gisela Elsner, Gabriele Wohmann, Brigitte Kronauer, Anne Duden, Eva Demski). Warnung und Resignation angesichts eines Gefühls zunehmender Bedrohung der Erde artikulierten die Lyriker E. Fried (»Lebensschatten«, 1981), K. Krolow (»Herbstsonett mit Hegel«, 1981), W. H. Fritz (»Wunschtraum, Alptraum«, 1981), L. Fels (»Der Anfang der Vergangenheit«, 1984); Hoffnung als Utopie vermittelt G. Vesper in dem Band »Die Inseln im Landmeer« (1982). Jürgen Becker erreichte originelle Wirkungen durch die Verbindung von Lyrik mit bildender Kunst (»Fenster und Stimmen«, 1982). Die Gedichte Gabriele Wohmanns, R. Haufs', Hannelies Taschaus, die Bänkelsongs und Moritaten von P. Maiwald (»Balladen von Samstag auf Sonntag«, 1984), Strauss' Langgedicht »Diese Erinnerung an einen, der nur einen Tag zu Gast war« (1985) lehnen sich in ihrem Erzählgestus an Prosa an. Erfolgreichste Theaterstücke der 80er-Jahre waren Süskinds Monodrama »Der Kontrabaß« (1981) und Strauss' moderne »Sommernachtstraum«-Version »Der Park« (1983). G. Heidenreich setzte das zeitkritische Drama fort (»Der Wetterpilot«, 1983, über den Atombombenabwurf), T. Strittmatter (»Brach«, 1984) und Kerstin Specht (»Das glühend Männla«, 1989) das sozialkritische Volkstheater.
Im letzten Jahrzehnt der deutschen Teilung arbeiteten die Autoren, die seit der Ausbürgerung von W. Biermann 1976 die DDR verlassen hatten, ihre Erfahrungen auf. Diese Werke, unterschiedlich im ästhetischen Anspruch, sind wesentliche literarische und zeitgeschichtliche Dokumente: Romane, autobiographische und dokumentarische Prosa von Jurek Becker (»Aller Welt Freund«, 1982), K.-H. Jakobs (»Das endlose Jahr«, 1983), S. Schütz (»Medusa«, 1986), Monika Maron (»Die Überläuferin«, 1986), Sarah Kirsch (»Allerlei-Rauh. Eine Chronik«, 1988), E. Loest (»Fallhöhe«, 1989); Lyrik von R. Kunze (»auf eigene hoffnung«, 1981), W. Biermann (»Verdrehte Welt, das seh' ich gerne«, 1982), Sarah Kirsch (»Katzenleben«, 1984), G. Kunert (»Berlin beizeiten«, 1987), W. Hilbig und U. Kolbe.
LITERATUR DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK
In ihren Anfängen war die Literatur geprägt von der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und vom Bestreben, zum Neubeginn zu ermutigen. Schon früh stand die Kulturpolitik im Zeichen des ideologisch-erzieherischen Auftrags der SED. Maßstäbe setzten die Werke der vor 1945 entstandenen kommunistischen Literatur, v. a. aber die im Exil entstandenen Arbeiten der links orientierten Schriftsteller, die nun in der DDR publiziert wurden: Werke von Anna Seghers, A. Zweig, L. Renn, G. Weisenborn, F. Wolf, S. Heym, Berta Lask, O. M. Graf, J. R. Becher, H. Mann u. a. Die Mehrheit dieser Autoren nahmen nach der Rückkehr aus dem Exil ihren Wohnsitz in der sowjetischen Besatzungszone beziehungsweise in der DDR.
Gab es anfangs Versuche, eher konservative Autoren (G. Hauptmann, Ricarda Huch, E. Wiechert u. a.) zu gewinnen, so dominierte seit den 50er-Jahren das Bestreben, die Schriftsteller auf den »sozialistischen Realismus« zu verpflichten und alle davon abweichenden künstlerischen Handschriften als »Formalismus« und »Kosmopolitismus« auszugrenzen. Der »sozialistische Realismus« galt als einzig mögliche Methode, die Wirklichkeit zu erfassen, und Erfassung der Wirklichkeit galt als einzig mögliches Ziel von Kunst und Literatur. Das kulturpolitische Programm umschloss erhebliche materielle Privilegien für Schriftsteller, Möglichkeiten der Ausbildung (am »Institut für Literatur J. R. Becher« in Leipzig), aber auch eine allgegenwärtige Zensur. Bis zum Ende der DDR (gelockert erst Anfang 1989) musste für jeden Text eine Druckgenehmigung beim Kulturministerium eingeholt werden.
Die führenden Autoren der frühen DDR-Literatur waren Anna Seghers, Becher und Brecht, die allerdings den Großteil ihres Werks schon vor 1945 geschaffen hatten. Brecht nutzte die günstigen Bedingungen, die ihm mit dem Berliner Ensemble geboten wurden, um das im Exil entwickelte Theaterkonzept umzusetzen. Becher, 1954-58 Kulturminister der DDR, erstrebte eine »sozialistische Nationalliteratur«: An den Bedürfnissen der Arbeiter orientiert, sollte sie ihrerseits den Arbeitsprozess befördern. Diese Vorstellungen mündeten schließlich in den Bitterfelder Weg. Die in den 50er-Jahren entstandenen Werke behandeln häufig die nationalsozialistische Vergangenheit und die Erfahrungen des Exils (Romane von B. Uhse, Anna Seghers, O. Gotsche, W. Bredel), am bekanntesten - auch international - wurde der KZ-Roman von B. Apitz »Nackt unter Wölfen« (1958). Produktionsromane nach sowjetischem Vorbild schrieben K. Grünberg, E. Claudius, H. Marchwitza und J. Koplowitz (* 1909). Die Lyrik dieser Zeit ist gekennzeichnet von pathetischer Zukunftsgläubigkeit, agitatorischen Tönen und konventionellen Formen (Becher, Kuba, E. Weinert, zum Teil S. Hermlin, L. Fürnberg), subtilere Töne finden sich auch bei Brecht und Becher, sie herrschen vor bei P. Huchel, G. Maurer und E. Arendt. Resignierend oder unter Druck verließen einige Autoren bereits in dieser Zeit die DDR (U. Johnson, G. Zwerenz); E. Loest, aus dem kulturpolitischen Umfeld W. Harich und W. Janka, waren direkt von harten juristischen Repressalien betroffen.
Seit den 60er-Jahren gab es Ansätze, die Wirklichkeit der DDR in der Literatur zu problematisieren, v. a. durch eine jüngere Generation von Autoren. So spiegeln sich in einigen Werken die Widersprüche zwischen hochgespannten Hoffnungen beziehungsweise Illusionen und Alltagswirklichkeit der DDR (Christa Wolf, »Der geteilte Himmel«, 1963; Erwin Strittmatter, »Ole Bienkopp«, 1963; K.-H. Jakobs, »Beschreibung eines Sommers«, 1961; Brigitte Reimann, »Ankunft im Alltag«, 1961; E. Neutsch, »Spur der Steine«, 1964; H. Kant, »Die Aula«, 1965).
Jüngere Lyriker formulierten nachdrücklicher als die Erzähler die Defizite des Individuums in der von W. Ulbricht behaupteten »sozialistischen Menschengemeinschaft« (V. Braun, Sarah Kirsch, R. Kunze, G. Kunert, Inge Müller, U. Greßmann, K. Mickel). Eine Ausnahmeerscheinung ist J. Bobrowski, dessen Lyrik (»Schattenland Ströme«, 1962) und Prosa (»Levins Mühle«, 1964; »Litauische Claviere«, 1966) auf neuartige Weise die östlichen und jüdischen Traditionen erschloss.
Für die Dramatik galt lange Zeit das Vorbild Brechts. Direkter Einfluss ist bei den frühen Stücken Heiner Müllers sichtbar, auch Strittmatter erprobte sich unter Brechts Anleitung als Dramatiker. Die Bemühungen um das Zeitstück wurden von der Kulturpolitik der SED immer wieder behindert (sichtbar v. a. in den Kampagnen gegen P. Hacks' mehrmals umgearbeitetes Stück »Die Sorgen und die Macht«, 1959-62, und Müllers »Umsiedlerin«, 1961).
In den diffamierenden Kritiken des 11. Plenums des ZK der SED im Dezember 1965 (u. a. an G. Kunert, M. Bieler, S. Heym, W. Biermann) erreichten diese Angriffe ihren vorläufigen Höhepunkt. Dennoch erschienen in der 2. Hälfte der 60er-Jahre einige interessante Werke, deren Wirkung durch manipulierte Diskussionen über die Zulässigkeit ihrer Charaktere und Konflikte in der Öffentlichkeit abgewertet werden sollte (Christa Wolf, »Nachdenken über Christa T.«, 1968; G. de Bruyn, »Buridans Esel«, 1968). Die lineare Erzählweise wurde aufgebrochen, der »positive Held« problematisiert, die schematischen Konfliktlösungen blieben aus (A. Wellm, »Pause für Wanzka oder Die Reise nach Descansar«; Jurek Becker, »Jakob der Lügner«, beide 1968; U. Plenzdorf, »Die neuen Leiden des jungen W.«, 1973; Brigitte Reimann, »Franziska Linkerhand«, 1974; W. Heiduczek, »Tod am Meer«; Loest, »Es geht seinen Gang«, beide 1978). Als einer der Ersten behandelte der sorbische Autor J. Brězan ökologische Probleme (»Krabat«, 1976). Historische Stoffe wurden seit Anfang der 70er-Jahre genutzt, um verschlüsselte Kritik an der DDR-Wirklichkeit zu üben (Heym, »Der König David Bericht«, 1972; M. Stade, »Der König und sein Narr«, 1975). Einen direkteren Einblick geben autobiographische Texte, Selbstreflexionen (H. Cibulka, »Sanddornzeit«, 1971; F. Fühmann, »22 Tage oder Die Hälfte des Lebens«; F. R. Fries, »Seestücke«, beide 1973), Tonbandprotokolle (Sarah Kirsch, »Die Pantherfrau«, 1973; Maxie Wander, »Guten Morgen, Du Schöne«, 1977). Auch Christa Wolfs autobiographischer Roman »Kindheitsmuster« (1976) gehört in diesen Kontext. In der Lyrik wurden die Töne des Unbehagens an der DDR-Gesellschaft - nunmehr auch in moderner Diktion - immer deutlicher (A. Endler, Elke Erb, H. Czechowski, W. Kirsten, R. Kirsch u. a., in origineller Synthese mit Formen und Inhalten sorbischer Volkspoesie K. Lorenc).
Zur Literatur der DDR gehörte seit den 50er-Jahren eine Vielzahl von Prosawerken unterschiedlicher Qualität, die das Unterhaltungsbedürfnis der Leser bedienten und in hohen Auflagen verbreitet waren. Sehr beliebt waren kulturhistorische (u. a. H. A. Stoll [* 1910, ✝ 1977], Jutta Hecker [* 1904], W. Légère [* 1912], V. Ebersbach [* 1942]) und historische Stoffe (u. a. H. Lorbeer [* 1901, ✝ 1973], Rosemarie Schuder, Marianne Bruns [* 1897, ✝ 1994]) sowie jede Art von satirischer Literatur (L. Kusche [* 1929], Renate Holland-Moritz [* 1935], H.-G. Stengel [* 1922]). Abenteuerromane dienten oft der plakativen Illustration der offiziellen Weltsicht (W. Schreyer [* 1927], H. Thürk [* 1927]), auch der Kriminalroman löste sich nur langsam von diesen Klischees (H. Pfeiffer [* 1925], K.-H. Berger [* 1928], G. Prokop [* 1932]). Einige interessante Ansätze, v. a. unter zivilisationskritischem und ökologischem Aspekt, gab es in der Sciencefictionliteratur (u. a. Günter [* 1928] und Johanna Braun [* 1929], K. Steinmüller [* 1950]).
Mit der Ausbürgerung von Biermann (1976) und den halböffentlichen Reaktionen darauf wurde die Unfähigkeit des Regimes zu jeder geistigen Auseinandersetzung offenkundig. Die Situation verschärfte sich 1979 noch einmal, nachdem kritische Werke von DDR-Autoren in westlichen Verlagen erschienen waren (Heym, »5 Tage im Juni«, 1974; Rolf Schneider, »November«, 1979), SED-Kulturfunktionäre darauf mit neuen Diffamierungskampagnen reagierten und 8 Schriftsteller (K. Bartsch, Endler, Loest, K. Poche, K. Schlesinger, Jurek Becker, D. Schubert [* 1929], M. Stade) einen offenen Brief an E. Honecker schrieben, in dem sie ihre Besorgnis über die »Koppelung von Zensur und Strafgesetzen« zum Ausdruck brachten. Die darauf folgenden Ausschlüsse aus dem Schriftstellerverband, die Publikationsbeschränkungen und -verbote veranlassten viele Autoren, in die Bundesrepublik Deutschland oder ins westliche Ausland überzusiedeln (u. a. Jurek Becker, Sarah Kirsch, Jakobs, B. Jentzsch, Kunert, Kunze, Loest, T. Brasch, S. Schütz, H. J. Schädlich, K. Bartsch). Etwa gleichzeitig gelang anderen eine ästhetische Emanzipation, die sich in der verstärkten Aneignung der formalen Möglichkeiten der Moderne, im Interesse für die geistige Welt der Romantik und in einer Hinwendung zu mythologischen und fantastischen Stoffen äußerte (Fühmann, Fries, U. Grüning, Heym). Die Romane und Erzählungen der Schriftstellerinnen fragten nach den Grenzen der Emanzipation der Frau (in origineller Weise mit surrealistischen und fantastischen Elementen verknüpft bei Irmtraud Morgner, Helga Königsdorf, Helga Schütz). Die Dramatik der DDR wurde auch in den 70er-Jahren von Heiner Müller, Braun und Hacks bestimmt; nicht etablierte Autoren hatten es schwer, inhaltlich und formal Neuartiges auf die Bühne zu bringen (P. Gratzik, S. Schütz); sehr erfolgreich waren dagegen die Komödien von R. Strahl. Viele Autoren widmeten sich dem Hörspiel, das an Eigenständigkeit gewann (Rolf Schneider, G. Rücker, W. Kohlhaase [* 1931]). Die Essayistik war wenig entwickelt, da die ideologischen Vorgaben spielerischen Umgang mit beliebigen Themen unmöglich machten. Herausragend sind die Auseinandersetzung Fühmanns mit Trakl (»Vor Feuerschlünden«, 1982) und Brauns »Rimbaud. Ein Psalm der Aktualität« (veröffentlicht in »Sinn und Form«, 1985). Einen großen Leserkreis erreichten die feulletonistischen Arbeiten von H. Knobloch (* 1926).
In den 80er-Jahren zeigte sich immer deutlicher, dass das Instrument der Zensur die Entstehung und Veröffentlichung kritischer Literatur nicht mehr zu reglementieren vermochte. Wie in der Sowjetunion (W. I. Below, W. G. Rasputin) übernahm die Belletristik in der DDR teilweise die Rolle einer gesellschaftskritischen Publizistik, allen ernst zu nehmenden Werken war ein DDR-kritisches Potenzial inne. Literarische Texte wurden (von den Lesern in der DDR, aber auch von den Kritikern außerhalb) nach diesem Gehalt beurteilt. So unterschiedliche Werke wie »Kassandra« von Christa Wolf (1983), »Der fremde Freund« von C. Hein (1982, unter dem Titel »Drachenblut« 1983) und »Neue Herrlichkeit« von de Bruyn (1984) zeigen die intensive Auseinandersetzung der Schriftsteller mit den Grundproblemen der DDR-Gesellschaft und ihre Ratlosigkeit. In der Lyrik fanden jüngere Autoren eine eigene Sprache, die mit unterschiedlichen Mitteln auf deutliche Distanz zum Regime ging (u. a. Kolbe, R. Grüneberger [* 1951], R. Pietraß, J. Faktor [* 1951], T. Rosenlöcher, L. Rathenow, in der Liedermacher- beziehungsweise Kleinkunstszene S. Mensching [*1958] und H.-E. Wenzel [* 1955]). An der Zensur vorbei wurden viele Texte im Selbstverlag in illegalen Zeitschriften (»Mikado«, »Ariadnefabrik«, »schaden« u. a.) einem begrenzten Leserkreis zugänglich gemacht. Die so entstandene illegale literarische Szene (in Dresden, Erfurt, Jena, Leipzig, Halle, Berlin, dort v. a. am Prenzlauer Berg) war eng mit anderen Künsten verbunden, so bei Johannes Jansen (* 1966) und Gabriele Kachold (Stötzer; * 1953). Dies und die Atmosphäre der Konspiration schufen eine eigene Art der literarischen Kreativität. Das Eindringen der Staatssicherheit in diese Kreise, das nach der deutschen Vereinigung offenbar wurde, spielt für die Literaturgeschichte im engeren Sinn eine untergeordnete Rolle. Auf dem Theater wurden in den 80er-Jahren neue Stücke von DDR-Autoren rar. Neben den großen Auseinandersetzungen mit der Geschichte, wie sie Heiner Müller in »Wolokolamsker Chaussee I-V« (1985-86), Braun in »Siegfried. Frauenprotokolle. Deutscher Furor« (1986), Hein in »Die wahre Geschichte des Ah Q« (1983) und »Die Ritter der Tafelrunde« (1989) versuchten, sind Problemstücke von J. Groß (* 1946), G. Seidel (* 1945), U. Saeger und W. Buhss (* 1949) zu nennen, bei A. Wendt finden sich märchenhaft-fantastische, bei L. Trolle (* 1944) surrealistische Züge.
Die letzten Jahre der DDR-Literatur spiegeln die tiefe Krise des Systems. Die wenigen wesentlichen Prosawerke der etablierten Autoren sind erfüllt von Unbehagen, Verweigerung, Ausweglosigkeit (Braun, »Hinze-Kunze-Roman«, 1985; Christa Wolf, »Störfall«, 1987; »Sommerstück«, 1989; Hein, »Der Tangospieler«, 1989; Neumann, »Die Schuld der Worte«, 1989). Auch in Strittmatters großem autobiographischem Roman »Der Laden« (Band 1 1983, Band 2 1987, Band 3 1992) wird diese Stimmung sichtbar. Einzelne Autoren forderten auf dem 10. Schriftstellerkongress 1987 erstmals öffentlich die Aufhebung der Zensur. Erst jetzt durften für die DDR-Geschichte wichtige Werke ihrer Literatur auch hier erscheinen (Heym, »5 Tage im Juni«, Bundesrepublik Deutschland 1974, DDR 1989; Fries, »Der Weg nach Oobliadooh«, Bundesrepublik Deutschland 1966, DDR 1989). Die Lyriker der jüngeren Generation (Neumann, D. Grünbein, B. Papenfuß, T. Böhme [* 1955], K. Drawert u. a.) setzten der immer absurder werdenden Wirklichkeit eine radikale Subjektivität entgegen; die Prosa- und Hörspielautoren begegneten dieser Realität zum Teil mit extremer Sachlichkeit, zum Teil mit formalen Experimenten (Brigitte Burmeister, Kerstin Hensel, Angela Krauß, W. Hilbig, J. Sparschuh [* 1955]).
Die relative Einheitlichkeit, die für die frühen Jahre der DDR-Literatur charakteristisch war, hatte sich 1989 aufgelöst. Vielfältige Handschriften, intellektuelle Experimentierfreude, ernsthaftes Bemühen um existenzielle Fragen waren am Ende kennzeichnend.
DIE DEUTSCHE LITERATUR SEIT 1990
Mit dem Ende der DDR und der Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands zeichnete sich auch ein grundlegender Wechsel in der ostdeutschen wie der westdeutschen Literaturszene ab.
Die zum Teil sehr emotional geführte Debatte um die Rolle des Schriftstellers in der realsoziologischen Gesellschaft, belastet in einigen Fällen durch Vorwürfe der Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit, ging fast immer um die Person, kaum um das Werk eines Autors. Die im Lande gebliebenen bedeutenden Autoren (v. a. Christa Wolf, Braun, Müller, Hein) gerieten unter Rechtfertigungsdruck. Aber auch die ältere westdeutsche Literatur, wie sie von Andersch, Grass, S. Lenz, Jens, Enzensberger, Walser, Rühmkorf u. a. repräsentiert wird, sah sich mit neuen Problemen konfrontiert. Über Jahrzehnte hatte sie das Verdienst (u. a. in der Gruppe 47), sich mit der deutschen Geschichte kritisch auseinander gesetzt und den Geist des Nonkonformismus wachgehalten zu haben. Das führte zu einer dominant politisch-moralischen Funktionsbestimmung der Literatur. Diese war bald nach 1968 zwar infrage gestellt worden, sie konnte aber wegen der weltpolitischen Entwicklungen der 70er- und 80er-Jahre durch nichts abgelöst werden. Erst mit dem Umbruch 1989/90 lief sie ins Leere. Damit war die Epoche der deutschen Nachkriegsliteratur beendet.
Die deutsche Literatur der Gegenwart ist kein homogenes Feld und entbehrt klar definierbarer oder gar institutionalisierter Richtungen und Gruppen. Sie zeigt eine Vielfalt ästhetischer Konzepte und Schreibweisen, Unterschiede in den Generationen und gegensätzliche politische Standpunkte. Als übergreifende Gemeinsamkeiten der 1990er-Jahre können die zivilisationskritische Grundhaltung, die Skepsis gegenüber simplen Sinnkonstruktionen und die Verweigerung des einst geläufigen Fortschrittsglaubens gelten.
Unmittelbar nach 1989 erschien eine Vielzahl essayistischer, dokumentarischer und autobiographischer Veröffentlichungen, in denen ostdeutsche Autoren ihre Erfahrungen verarbeiteten (Endler, »Vorbildlich schleimlösend«, 1990; Hein, »Die fünfte Grundrechenart«, 1990; Heym, »Einmischung«, 1990; Rosenlöcher, »Die verkauften Pflastersteine. Dresdener Tagebuch«, 1990; de Bruyn, »Jubelschreie, Trauergesänge«, 1991; Hilbig, »Ich«, 1993). Westdeutsche Autoren griffen ebenfalls in diese Debatte ein (Peter Schneider, »Extreme Mittellage«, 1990; Grass, »Gegen die verstreichende Zeit«, 1991). Die vollzogene Einheit Deutschlands, im Kontext einer veränderten Weltlage, evozierte eine neue Sicht auf die Problematik Nation, Nationalgefühl, Nationalismus in Geschichte und Gegenwart. Die intensive, kontrovers geführte Auseinandersetzung spiegelt sich auch in der Literatur, sie wird sichtbar u. a. in Walsers Roman »Die Verteidigung der Kindheit« (1991), in Grass' vielschichtiger Fontane-Aneignung »Ein weites Feld« (1995, Roman), in Kempowskis dokumentarische Sammlung »Das Echolot« (4 Bände, 1993; Fortsetzung 4 Bände, 1999) und in Strauss' Essay »Anschwellender Bocksgesang« (1993). Viele Schriftsteller, die in der DDR gelebt hatten, legten nach 1989 Romane und Erzählungen vor, die noch einmal an den Alltag dort erinnern und die persönlichen Erfahrungen des Umbruchs aufarbeiten (Helga Königsdorf, Monika Maron, Brigitte Burmeister, Loest, Kerstin Hensel u. a.), ähnlich in den autobiographischen Texten von Schlesinger, de Bruyn, Müller und Jürgen Fuchs. Auf die Bühne kam das Thema der »Wende« mit R. Hochhuths »Wessis in Weimar« (1993) und F. X. Kroetz' »Ich bin das Volk« (1994); in der Lyrik schlug es sich u. a. bei Jürgen Becker, Braun und Drawert nieder.
Von den arrivierten deutschen Autoren erschienen in den 90er-Jahren weitere wichtige Werke, so die Romane »Ohne einander« (1993) und »Ein springender Brunnen« (1998) von M. Walser, »Die Auflehnung« (1994) von S. Lenz, »Infanta« (1990) von Kirchhoff, der letzte Band der Trilogie »Der Laden« (1992) von Strittmatter, »Radek« (1995) von Heym, die Novelle »Božena« (1994) von Härtling, Lyrik u. a. von Enzensberger (»Kiosk«, 1995), Haufs (»Vorabend«, 1994) und Kunze (»Am Sonnenhang«, 1993). Zeugnis bedeutender Erzählkunst ist auch der 1994 nach dem Tod des Autors herausgegebene Roman »Die kleine Stechardin« von G. Hofmann.
Die Literaturszene der 1990er-Jahre wurde aber auch geprägt durch die nach 1945 geborene Generation. Von den bereits in den 1980er-Jahren einem größeren Publikum bekannt gewordenen Autoren behaupteten sich - mit ganz unterschiedlichen ästhetischen Konzepten - u. a., neben den schon erwähnten (v. a. Köpf, Modick, Ortheil, Grünbein, Hilbig) auch M. Mosebach, B. Spinnen, U. Holbein, Dagmar Leupold, Angela Krauß, R. Rothmann.
Für die 2. Hälfte der 1990er-Jahre ist kennzeichnend, dass die gesamte zeitgenössische deutschsprachige Literatur wieder stärker von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und diskutiert wurde. Die Prosawerke z. B. von M. Krausser, A. Stadler, A. N. Herbst und Birgit Vanderbeke, die die (west-)deutsche Gegenwart aus unterschiedlichen Perspektiven reflektieren, die experimentelle Lyrik von T. Kling, die provokativen Stücke von Theresia Walser stießen auf starke Resonanz bei der Kritik und zum Teil auch beim Publikum; der bereits seit den 1980er-Jahren publizierende B. Schlink erreichte mit seinem Roman »Der Vorleser« (1995), der sich erneut mit der nationalsozialistischen Vergangenheit auseinandersetzt, die Bestsellerlisten. Mit Witz und Ironie verarbeiteten jüngere Autoren die Erfahrungen ihrer DDR-Biographien, der Wende- und Nachwendezeit: T. Brussig (»Helden wie wir«, 1995), J. Sparschuh (»Der Zimmerspringbrunnen«, 1995), I. Schulze (»Simple Storys. Ein Roman aus der ostdeutschen Provinz«, 1998).
Insgesamt spiegelt die deutsche Literatur der 1990er-Jahre, vor allem in der erzählenden Prosa, direkt das Lebensgefühl und die biographischen Erfahrungen der jeweiligen Autorengeneration. Für die unterschiedlichen künstlerischen Schreibweisen der in den 1950er-Jahren Geborenen können die Romane von G. Klein (»Libidissi«, 1998), T. Lehr (»Nabokovs Katze«, 1999), B. Morshäuser (»Tod in New York City«, 1995), R. Jirgl (»Abschied von den Feinden«, 1995), M. Politicky (»Weiberroman«, 1997) sowie die satirischen Texte von M. Goldt (»Schließ einfach die Augen und stell dir vor, ich wäre Heinz Kluncker«, 1994) stehen. Die in den 1960er-Jahren Geborenen nehmen aus der Perspektive der Enkel nochmals das Thema Nationalsozialismus auf (M. Biller, M. Beyer), suchen über die Sprache menschliche Befindlichkeiten und Beziehungen bloßzulegen (T. Hettche, Ulrike Draesner, Stefanie Menzinger), spiegeln die Gegenwart in Metaphern und Parabeln (J. P. Bremer, K. Böldl, Karin Duve, Jenny Erpenbeck, Felicitas Hoppe) oder artikulieren die (vergebliche) Suche dieser Generation nach Orientierung und Bindung (J. von Düffel, N. Niemann, C. Peters).
Zum breiten Spektrum der deutschen Gegenwartsliteratur gehören auch jene Autoren, für die im Feuilleton der Begriff »Pop« gebraucht wird. Sie spielen selbstbewusst mit einer nur über die Medien wahrnehmbaren Realität und übertragen Elemente anderer Medien, auch der modernen U-Musik, in die Literatur (der schon genannte R. Goetz, außerdem C. Kracht, Sybille Berg, T. Meinecke, Elke Naters, A. Neumeister, T. Staffel, B. von Stuckrad-Barre).
Schließlich wurde die deutsche erzählende Literatur kurz vor der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert durch junge Stimmen bereichert. Die zum Teil werbewirksam inszenierten Debüts von Julia Franck, Judith Hermann, B. Lebert, D. Wagner, Antje Rávic Strubel, Julia Schoch geben Einblick in die Befindlichkeiten und künstlerischen Möglichkeiten der in den 1970er-Jahren geborenen Schriftsteller.
In der deutschen Literatur der Gegenwart hat auch die rumäniendeutsche Literatur erhebliches Gewicht.
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Arbeiterliteratur · Arbeitertheater · Aufklärung · Barock · Bauerndichtung · Exilliteratur · Expressionismus · Heimatliteratur · Kinder- und Jugendliteratur · Kriegsliteratur · Meistersang · Migrantenliteratur · Minnesang · mittellateinische Literatur · Mundartdichtung · Naturalismus · neulateinische Literatur · österreichische Literatur · Romantik · schweizerische Literatur · sorbische Literatur · Sturm und Drang · Unterhaltungsliteratur · Weimarer Klassik
Bibliographien:
K. Goedeke: Grundr. zur Gesch. der dt. Dichtung (1-21884 ff., bisher 16 Bde. ersch.);
J. Körner: Bibliogr. Hb. des dt. Schrifttums (Bern u. München 31949. Nachdr. 1966);
Bibliogr. der dt. Literaturwiss., hg. v. H. W. Eppelsheimer (1957-69), fortges. als
Bibliogr. der dt. Sprach- u. Literaturwiss., hg. v. C. Köttelwelsch (1969 ff.);
J. Hansel: Personal-Bibliogr. zur dt. Literaturgesch. (21974);
J. Hansel: Bücherkunde für Germanisten. (91991);
P. Raabe: Einf. in die Bücherkunde zur dt. Literaturwiss. (111994);
Quellen-Lex. zur dt. Literaturgesch. Personal- u. Einzelwerkbibliogrr. der internat. Sekundär-Lit. 1945 - 1990 zur dt. Lit. von den Anfängen bis zur Gegenwart = Bibliography of studies on German literary history, bearb. v. Heiner Schmidt, Beitrr. v. G. Albrecht u. a., auf 21 Bde. ber. (31994 ff.).
Nachschlagewerke:
Dt. Philologie im Aufriß, hg. v. W. Stammler, 3 Bde. (21957-62, Nachdr. 1978/79, Reg.-Bd. 1969);
Real-Lex. der dt. Literaturgesch., begr. v. P. Merker u. W. Stammler, hg. v. W. Kohlschmidt u. W. Mohr (Bd. 4 hg. v. K. Kanzog u. A. Masser), 4 Bde. (1-21958-84);
W. Kosch: Dt. Lit.-Lex. Biograph. u. bibliogr. Hb., auf zahlr. Bde. ber. (Bern 31968 ff.);
Hb. zur dt. Arbeiter-Lit., hg. v. H. L. Arnold, 2 Bde. (1977);
Hb. des dt. Dramas, hg. v. W. Hinck (1980);
G. von Wilpert: Dt. Dichter-Lex. (31988);
Lit.-Lex. Autoren u. Werke dt. Sprache, hg. v. W. Killy, 15 Bde. (1988-93);
Lex. deutschsprachiger Schriftsteller, begr. v. G. Albrecht, hg. v. K. Böttcher u. a., 2 Bde. (Neuausg. Leipzig u. a. 1989-93);
Lex. sozialist. Lit. Ihre Gesch. in Dtl. bis 1945, hg. v. S. Barck u. a. (1994);
Metzler-Autoren-Lex. Deutschsprachige Dichter u. Schriftsteller vom MA. bis zur Gegenwart, hg. v. B. Lutz (21994);
V. Meid: Sachwörterbuch zur deutschen Literatur (1999);
Sachlexikon Literatur, hg. v. V. Meid (Taschenbuchausgabe 2000);
Metzler-Lexikon der deutsch-jüdischen Literatur. Jüdische Autorinnen und Autoren deutscher Sprache von der Aufklärung bis zur Gegenwart, hg. v. A. B. Kilcher (2000).
Literaturgeschichte und Allgemeines:
Die d. L., hg. v. W. Killy u. a., 7 Bde. (in 11 Tlen. 1-21965-84);
Dt. Literaturgesch. in Grundzügen, hg. v. B. Boesch (Bern 31967);
Annalen der d. L., hg. v. H. O. Burger (21971);
H. de Boor u. R. Newald: Gesch. der d. L. von den Anfängen bis zur Gegenwart, bisher 10 Tle. (1-111973 ff.);
P. Böckmann: Formgesch. der dt. Dichtung, Bd. 1 (41973);
D. L. - eine Sozialgesch., hg. v. H. A. Glaser, 10 Bde. (1980-86);
D. Kafitz: Grundzüge einer Gesch. des dt. Dramas von Lessing bis zum Naturalismus, 2 Bde. (1982);
Gesch. der d. L. vom 18. Jh. bis zur Gegenwart, hg. v. V. Žmegač, 3 Bde. (in 4 Tlen. 1-21983-85);
F. Martini: Dt. Literaturgesch. (191991);
H. Glaser u. a.: Wege der deutschen Literatur. Eine geschichtliche Darstellung (Neuausgabe 1997);
Geschichte der deutschen Literatur. Kontinuität und Veränderung. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, hg. v. E. Bahr, 3 Bde. (21998-99);
K. Rothmann: Kleine Geschichte der deutschen Literatur (162000).
F. Neumann: Gesch. der altdt. Lit. 800-1600 (1966);
K. Bertau: D. L. im europ. MA., 2 Bde. (1972-73);
Die d. L. des MA. Verfasser-Lex., begr. v. W. Stammler u. K. Langosch, neu hg. v. K. Ruh u. a., auf 10 Bde. ber. (21978 ff.);
M. Wehrli: Gesch. der d. L. vom frühen MA. bis zum Ende des 16. Jh. (21984);
P. Wapnewski: D. L. des MA. (51990);
J. Bumke: Gesch. der d. L. im hohen MA. (21993).
Günther Müller: Dt. Dichtung von der Renaissance bis zum Ausgang des Barock (1927, Nachdr. 1957);
W. Stammler: Von der Mystik zum Barock. 1400-1600 (21950);
V. Meid: Der dt. Barockroman (1974);
P. Hankamer: Dt. Gegenreformation u. dt. Barock (41976);
M. Szyrocki: Die d. L. des Barock (1979, Nachdr. 1987);
G. Dünnhaupt: Bibliogr. Hb. der Barock-Lit., 3 Bde. (1980-81);
W. Emrich: D. L. der Barockzeit (1981);
R. Haym: Die romant. Schule (1870, Nachdr. 1977);
O. Walzel: Dt. Dichtung von Gottsched bis zur Gegenwart, 2 Bde. (1927-29);
F. Schultz: Klassik u. Romantik der Deutschen, 2 Bde. (31959);
Gesch. der d. L., hg. v. H. Rüdiger, Bd. 3: G. Kaiser: Von der Aufklärung bis zum Sturm u. Drang (21976);
H. A. Korff: Geist der Goethezeit. Versuch einer ideellen Entwicklung der klass.-romant. Literaturgesch., 4 Bde. u. Reg.-Bd. (6-101977);
H. Hettner: Gesch. der d. L. im 18. Jh., 2 Bde. (Neuausg. 21979);
E. Alker: Gesch. der d. L. von Goethes Tod bis zur Gegenwart, 2 Bde. (1949/50);
M. Greiner: Zw. Biedermeier u. Bourgeoisie (1953);
F. Sengle: Biedermeierzeit, 3 Bde. (1971-80);
Begriffsbestimmung des literar. Realismus, hg. v. R. Brinkmann (21974);
Dt. Dichter des 19. Jh., hg. v. B. von Wiese (21979);
F. D. Martini: D. L. im bürgerl. Realismus 1848 bis 1898 (41981);
W. Kohlschmidt: Gesch. der d. L. vom Jungen Dtl. bis zum Naturalismus (21982);
P. U. Hohendahl: Literar. Kultur im Zeitalter des Liberalismus (1985).
Naturalismus bis 1945:
W. Duwe: Dt. Dichtung des 20. Jh., 2 Bde. (Zürich 1962);
Schriftsteller der Gegenwart. D. L., hg. v. K. Nonnenmann (1963);
Expressionismus als Lit., hg. v. W. Rothe (Bern 1969);
J. Hermand: Der Schein des schönen Lebens (1971);
Jugendstil, hg. v. J. Hermand (1971);
Die d. L. in der Weimarer Rep., hg. v. W. Rothe (1974);
W. Rothe: Der Expressionismus (1977);
Neues Hb. der Literaturwiss., Bd. 18 u. 19: Jahrhundertende - Jahrhundertwende, hg. v. H. Kreuzer u. H. Hinterhäuser (1976);
W. Preisendanz: Wege des Realismus (1977);
J. M. Fischer: Fin de siècle (1978);
Das literar. Leben der Weimarer Rep., hg. v. K. Bullivant (1978);
R. Brinkmann: Expressionismus (1980);
D. Jost: Literar. Jugendstil (21980);
Autoren im Exil, hg. v. C. Corino (1981);
Lit. unterm Hakenkreuz, hg. v. E. Loewy (Neuausg. 1983);
P. Raabe: Die Autoren u. Bücher des literar. Expressionismus (1985);
J. Rühle: Das gefesselte Theater (1957);
W. Jens: D. L. der Gegenwart (1961);
Hb. der dt. Gegenwarts-Lit., hg. v. H. Kunisch, 3 Bde. (21969/70);
Tendenzen der d. L. seit 1945, hg. v. T. Koebner (1971);
K. Franke: Die Lit. der DDR (41974);
Literaturwiss. u. Sozialwiss.en. Bd. 6: Einf. in die Theorie, Gesch. u. Funktion der DDR-Lit., hg. v. H.-J. Schmitt (1975);
D. L. der Gegenwart in Einzeldarstellungen, hg. v. D. Weber, 2 Bde. (1-31976/77);
F. Trommler: Sozialist. Lit. in Dtl. (1976);
Lit. der DDR, hg. v. H. J. Geerdts, 3 Bde. (Berlin-Ost 1976-87);
H. Motekat: Das zeitgenöss. dt. Drama (1977);
O. Knörrich: Die dt. Lyrik seit 1945 (21978);
Krit. Lex. zur deutschsprachigen Gegenwarts-Lit., hg. v. H. L. Arnold, Losebl. (1978 ff.);
W. Brettschneider: Zw. literar. Autonomie u. Staatsdienst. Die Lit. in der DDR (31980);
K. Franke: Die Lit. der Dt. Demokrat. Rep., 2 Bde. (Neuausg. 1980);
Die Lit. der Bundesrep. Dtl., hg. v. D. Lattmann, 2 Bde. (Neuausg. 1980);
Kindlers Literaturgesch. der Gegenwart, 12 Bde. (1980);
Dt. Gegenwarts-Lit., hg. v. M. Durzak (1981);
Lyrik-Kat. Bundesrep., hg. v. J. Hans u. a. (1981);
Autoren-Lex. deutschsprachiger Lit. des 20. Jh., hg. v. M. Brauneck (1984);
Tendenzen der dt. Gegenwarts-Lit. seit 1945, hg. v. T. Koebner (21984);
H. Hartung: Dt. Lyrik seit 1965 (1985);
Dt. Dichter der Moderne, hg. v. B. von Wiese (41985);
R. Schnell: Die Lit. der Bundesrep. (1986);
Dt. Gegenwartsdramatik, hg. v. L. Pikulik u. a., 2 Bde. (1987);
Hans Mayer: D. L. nach zwei Weltkriegen (1992);
Gesch. der d. L. von 1945 bis zur Gegenwart, hg. v. W. Barner (1994);
R. Baumgart: D. L. der Gegenwart (Neuausg. 1995);
Wende-Lit. Bibliogr. u. Materialien zur Lit. der dt. Einheit, hg. v. J. Fröhling u. a. (1996).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
deutsche Literatur im späten Mittelalter: Herbst des Mittelalters, Frühling der Neuzeit
deutsche Literatur: Lyrik des Barocks zwischen Pathos und Innerlichkeit
deutsche Literatur nach 1945: Vergangenheitsbewältigung und geteiltes Deutschland
Erek und Parzival: Individuum und Gesellschaft im höfischen Roman
Exilliteratur: Deutsche Literatur im Exil
Expressionismus in der Literatur: Aufschrei und Zeitdiagnose
geistliches Drama: Mysterien, Moralitäten und Mirakel
Glosse und Bibeldichtung: Der Beginn einer Literatur in deutscher Sprache
Goethe: Das Spätwerk: Ästhetisch-ethische Grundformeln
Goethe in Weimar und Italien: Regieren, Krise, Wiedergeburt
Gottscheds »Critische Dichtkunst« und ihre Gegner
Gryphius und das schlesische Kunstdrama
Hildebrandslied und die Anfänge der weltlichen Dichtung
Jean Paul, Hölderlin, Kleist: Sonderwege
Minnesang und Spruchdichtung: Ideal und Wirklichkeit
Nibelungenlied und Tristan: Die Infragestellung des höfischen Modells
Restaurationsepoche: Biedermeier, Junges Deutschland, Vormärz
Romantik in Deutschland: Auf der Suche nach dem Unendlichen
Romantik: Zwischen Volkspoesie und Reflexion
Schillers Weg zur Klassik: Freiheit und Kunst
Universal-Lexikon. 2012.