Notker Bạlbulus
[lateinisch »der Stammler«], mittellateinischer Dichter und Gelehrter, * bei Jonschwil (bei Sankt Gallen) um 840, ✝ Sankt Gallen 6. 4. 912; schrieb lateinische Hymnen, die er nach dem Kirchenjahr im »Liber Ymnorum« ordnete. Er brachte die zunächst westfränkischen Vorlagen nachgebildete Sequenz zu hoher künstlerischer Vollendung und eröffnete damit der Dichtung des Mittelalters neue, von den metrischen Formen der Antike unabhängige Möglichkeiten. Von Notker stammen vier Stephanushymnen, ein umfangreiches Martyrologium, religiöse und didaktische Schriften sowie die anekdotische »Gesta Karoli« (um 885), in denen er Karl den Großen bereits als mythische Herrschergestalt idealisiert. Ekkehart IV. schildert Notker in den »Casus sancti Galli« (Kapitel 33-46). 1513 wurde Notker selig gesprochen.
Ausgaben: Hymnen, in: Thesauri hymnologici prosarium, herausgegeben von C. Blume u. a., Band 1 (1911, Nachdruck 1961); Taten Karls in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte, herausgegeben von R. Rau, Teil 3 (21969, Nachdruck 1982); Taten Kaiser Karls des Großen, herausgegeben von H. F. Haefele (Neuausgabe 1980).
W. von den Steinen: N. der Dichter u. seine geistige Welt, 2 Bde. (Bern 21978);
Universal-Lexikon. 2012.