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Scholastik
Scho|lạs|tik 〈f. 20; unz.〉
1. die auf die antike Philosophie gestützte, christl. Dogmen verarbeitende Philosophie u. Wissenschaft des MA
2. engstirnige Schulweisheit
[zu lat. scholasticus „zur Schule gehörig“]

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Scho|lạs|tik, die; - [mlat. scholastica = Schulwissenschaft, Schulbetrieb, zu lat. scholasticus = zur Schule gehörend < griech. scholastikós = studierend, zu: schole̅̓ = (der Wissenschaft gewidmete) Muße, Schule]:
1. auf die antike Philosophie gestützte, christliche Dogmen verarbeitende Philosophie u. Theologie des Mittelalters (etwa 9.–14. Jh.).
2. (abwertend) engstirnige, dogmatische Schulweisheit.

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Scholạstik
 
[mittellateinisch scholastica »Schulwissenschaft«, »Schulbetrieb«, zu lateinisch scholasticus »zur Schule gehörend«, von griechisch scholastikós »studierend«, zu schole̅́ »(der Wissenschaft gewidmete) Muße«] die, -, 1) die »mittelalterliche« Philosophie als Schullehre, 2) im engeren Sinn die in Schulen des Mittelalters (besonders Laon, Melun, Paris, Schulen von Sankt Victor und Chartres) ausgebildete Theologie und Philosophie. Inhaltlich ist sie gekennzeichnet durch die harmonische Verbindung der christlichen Offenbarungslehre mit philosophischem Denken auf dem Grund einer angenommenen Einheit des menschlichen Geistes, methodisch durch die scholastische Methode: klares Herausarbeiten der Fragen (Quaestio), scharfe Abgrenzung und Unterscheidung der Begriffe (Distinctio), logisch geformte Urteile und geführte Beweise sowie Erörterung der Gründe und Gegengründe in formstrenger Disputation. Die dialektische Schulung findet ihr Gegengewicht in der Hochschätzung der philosophischen und theologischen Autoritäten und im Anknüpfen an die antike und die christliche Überlieferung. Grundsätzlich geht die Scholastik, v. a. die an Aristoteles ausgerichtete Scholastik, von der Erfahrung aus, doch ist diese Forderung in der Praxis der scholastischen Spekulation oft in Vergessenheit geraten. Echt geschichtliches Denken lag dem Mittelalter fern, erst die neuere Scholastik bemühte sich darum. Die scholastische Theologie sucht, im Gegensatz zu einer rein positiven, z. B. rein biblischen Theologie, die christliche Offenbarung mithilfe des philosophischen Denkens zu begründen und ihre Inhalte in einem einheitlichen System zusammenzufassen. Die Gefahr ihrer Methode besteht darin, dass sie trotz formal richtiger Beweisführung zu inhaltlich falschen, d. h. wirklichkeitsfremden Resultaten führen kann.
 
 Geschichte
 
Frühscholastik (9.-12. Jahrhundert):
 
Aus dem Unterricht in den sieben freien Künsten (Artes liberales) an den Dom- und Klosterschulen erwuchs die scholastische Philosophie, aus der Unterweisung in der christlichen Glaubenslehre die scholastische Theologie. Die Lehrer des frühen Mittelalters beschränkten sich darauf, die Weisheit der Vorzeit zu sammeln und weiterzugeben; nur Johannes Scotus Eriugena ragt in dieser Zeit hervor. Die gegensätzlichen Aussprüche der Autoritäten suchte dann das 11. Jahrhundert mithilfe der Dialektik auszugleichen. So entstand die scholastische Methode des »Sic et non« (»Ja und nein«) durch P. Abaelardus, die sich gegen den Widerstand der Antidialektiker (Petrus Damiani u. a.) durchsetzte. Anselm von Canterbury wies der weiteren Entwicklung den Weg, indem er vom Glauben ausgehend das Verständnis des Glaubensinhalts erstrebte (»fides quaerens intellectum«). Von philosophischen Fragen bewegte v. a. das Universalienproblem diese Zeit: die Frage, ob den Allgemeinbegriffen (Universalien) Seinscharakter (Position des Realismus) oder nur die kennzeichnende Eigenschaft von Namen (Position des Nominalismus) zukomme (Universalienstreit). Sentenzenbücher fassten jetzt das Wissen systematisch zusammen und suchten es spekulativ zu durchdringen; weit verbreitet und von klassischer Autorität waren die Sentenzenbücher des Petrus Lombardus.
 
Hochscholastik (13. Jahrhundert):
 
Verschiedene Faktoren führten zur Blüte der Hochscholastik: das Bekanntwerden auch der naturphilosophischen Schriften des Aristoteles (die logischen waren schon seit Boethius bekannt) und der arabisch-jüdischen Philosophie (Averroes, Avicenna, Ibn Gabirol, Moses Maimonides), der Zusammenschluss der Schulen zu Universitäten und schließlich der Eintritt der Dominikaner und Franziskaner in das wissenschaftliche Leben. Ihren literarischen Ausdruck fand die Scholastik jetzt v. a. in großen systematischen Werken, den »Summen« (Summa), etwa der »Summa theologica« des Thomas von Aquino. Drei Richtungen traten besonders hervor: Zu dem konservativen Augustinismus der älteren Franziskanerschule, namentlich Bonaventura, stand der lateinischen heterodoxe, von kirchlich-theologischer Seite vielfach angegriffene Averroismus im schroffsten Gegensatz. Der fortschrittliche christliche Aristotelismus (Albertus Magnus, Thomas von Aquino) setzte sich jedoch im Kampf gegen beide Richtungen mehr und mehr durch; dem Thomismus erwuchs dann aber in der jüngeren Franziskanerschule des J. Duns Scotus ein mächtiger Gegner. Die Naturforschung wurde durch Denker wie R. Bacon und Dietrich von Freiberg gefördert. Kennzeichnend war auch die enge Verbindung der Scholastik mit der Mystik.
 
Spätscholastik (14. und 15. Jahrhundert):
 
Mit dem von W. von Ockham eingeleiteten spätmittelalterlichen Nominalismus begann die Auflösung der großen Einheit des mittelalterlichen Denkens. Die Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Ordensdoktrinen, zwischen der Via moderna (»Moderner Weg«) der Nominalisten und der Via antiqua (»Alter Weg«) der Thomisten und Skotisten, die zum Teil in spitzfindigen Streitfragen und theologische Dogmatik erstarren konnten, waren von einer Differenzierung der Fragestellungen geprägt. Kennzeichnend für diese Zeit war auch die Tendenz, die Philosophie von der Theologie zu trennen. Im politischen Denken bahnte sich ein die Erfahrung von Individualität und Freiheit reflektierendes neues Selbstverständnis des Menschen an. Wegbereitend für die Physik der Neuzeit waren Bereicherungen der Naturforschung, Logik und Wissenschaftslehre (u. a. Ockham). Die Erneuerung der Scholastik im 16. Jahrhundert ging v. a. von Spanien aus (Barock). Ihre Träger waren zunächst die Dominikaner von Salamanca, wie F. de Vitoria, und andere Dominikaner, wie Thomas Cajetanus (* 1469, ✝ 1534) in Italien. Neben die alten Schulen der Thomisten und Skotisten trat die neue Jesuitenschule, die die Scholastik in freierer, den Bedürfnissen der Zeit entsprechender Weise weiterzubilden suchte. Ihr einflussreichster Vertreter war F. Suárez, dessen Philosophie neben den katholischen auch eine große Anzahl von protestantischen Universitäten für sich gewann. Von ihm und seiner Schule führen Verbindungslinien zu G. W. Leibniz und C. Wolff.
 
Wirkungsgeschichte:
 
Über Wiederbelebungsversuche der Scholastik seit Mitte des 19. Jahrhunderts (Neuscholastik) und kirchengeschichtliche und dogmatische Fragen (Neuthomismus) hinaus geht es in neuerer Zeit um die wissenschaftshistorische Bewertung und Neubewertung einzelner Zeitabschnitte der Scholastik (etwa der Spätscholastik) und der Leistungen einzelner Denker des Mittelalters (z. B. Dietrich von Freiberg, Nikolaus von Kues) für die scholastische und die spätere Geistesgeschichte wie auch um die Erforschung der Bedeutung von mittelalterlichen Logik und Mathematik für die Entstehungsgeschichte der Naturwissenschaften. Zu Hauptfragen der scholastischen Metaphysik Akt, Analogia Entis, Causa, Ens, Form, Hylemorphismus, Intellekt, Materie, Substanz.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
christliche Philosophie · deutsche Philosophie · englische Philosophie · französische Philosophie · Humanismus · islamische Philosophie · jüdische Philosophie · spanische Philosophie
 
Literatur:
 
W. Kaulich: Entwicklung der scholast. Philosophie von Johannes Scotus Eriugena bis Abälard (Prag 1863, Nachdr. 1983);
 M. Grabmann: Die Gesch. der scholast. Methode, 2 Bde. (1909-11, Nachdr. 1988);
 M. Grabmann: Mittelalterl. Geistesleben, 3 Bde. (1926-56, Nachdr. 1984);
 M. de Wulf: Histoire de la philosophie médiévale, 3 Bde. (Löwen 61934-47);
 É. Gilson: Der Geist der mittelalterl. Philosophie (a. d. Frz., Wien 1950);
 
Erziehung u. Unterricht im MA., hg. v. E. Schoelen (21965);
 F. C. Copleston: Gesch. der Philosophie im MA. (a. d. Engl., 1976);
 F. van Steenberghen: Die Philosophie im 13. Jh. (a. d. Frz., 1977);
 G. Wieland: Ethica - scientia practica (1981);
 H. Seidel: S., Mystik u. Renaissancephilosophie (Berlin-Ost 1990);
 J. Pieper: S. Gestalten u. Probleme der mittelalterl. Philosophie (31991);
 R. Schönberger: Was ist S.? (1991);
 J. de Vries: Grundbegriffe der S. (31993);
 K. Flasch: Einf. in die Philosophie des MA. (31994);
 K. Flasch: Das philosoph. Denken im MA. (Neuausg. 1995);
 U. G. Leinsle: Einf. in die scholast. Theologie (1995);
 
Wahrheit. Recherchen zw. Hochscholastik u. Postmoderne, hg. v. T. Eggensperger u. U. Engel (1995).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Albertus Magnus, »Doctor universalis«
 
Spätscholastik und Gnadenstreit
 
Thomas von Aquin: Die »Summe der Theologie«
 

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Scho|lạs|tik, die; - [mlat. scholastica = Schulwissenschaft, Schulbetrieb, zu lat. scholasticus = zur Schule gehörend < griech. scholastikós = studierend, zu: scholé̌ = (der Wissenschaft gewidmete) Muße, ↑Schule]: 1. auf die antike Philosophie gestützte, christliche Dogmen verarbeitende Philosophie u. Theologie des Mittelalters (etwa 9.-14. Jh.). 2. (abwertend) engstirnige, dogmatische Schulweisheit.

Universal-Lexikon. 2012.