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Sozialismus
Marxismus-Leninismus; Bolschewismus; Stalinismus; Maoismus; Planwirtschaft; Staatskapitalismus; Kommunismus

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So|zi|a|lis|mus [zots̮i̯a'lɪsmʊs], der; -:
politische Lehre und darauf beruhende Richtung oder Bewegung, die den gesellschaftlichen Besitz der Produktionsmittel und eine gerechte Verteilung der Güter an alle Mitglieder der Gemeinschaft verficht:
die Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Syn.: Kommunismus.

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So|zi|a|lịs|mus 〈m.; -; unz.〉 Bewegung gegen den wirtschaftl. u. politischen Liberalismus, die dem Arbeitnehmer mehr Einfluss auf die Verwendung der Produktionsmittel u. damit eine größere persönl. Unabhängigkeit u. soziale Sicherheit geben will ● demokratischer \Sozialismus Bewegung, die den S. mit den bürgerlichen Freiheiten zu verbinden sucht; utopischer \Sozialismus 〈Marxismus〉 vormarxistische S.modelle; Ggs Realsozialismus; wissenschaftlicher \Sozialismus Theorie des Marxismus-Leninismus über die sozialistische Gesellschaft

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So|zi|a|lịs|mus , der; -, …men [engl. socialism, frz. socialisme]:
1. <o. Pl.> (nach Karl Marx die dem Kommunismus vorausgehende) Entwicklungsstufe, die auf gesellschaftlichen od. staatlichen Besitz der Produktionsmittel u. eine gerechte Verteilung der Güter an alle Mitglieder der Gemeinschaft hinzielt:
der real existierende S. (DDR; der [in den sozialistischen Ländern] verwirklichte Sozialismus);
den S. aufbauen;
unter dem S. leben.
2. <Pl. selten> politische Richtung, Bewegung, die den gesellschaftlichen Besitz der Produktionsmittel u. die Kontrolle der Warenproduktion u. -verteilung verficht:
der demokratische, bürokratische S.

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I
Sozialịsmus
 
der, -, im 19. Jahrhundert entstandene, v. a. von der Arbeiterbewegung getragene, heute ideologisch unterschiedlich akzentuierte und politisch vielfältig organisierte Bewegung. Der Sozialismus will eine auf Gleichheit, Solidarität und Gerechtigkeit beruhende Gesellschaft verwirklichen und steht dabei der auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Wirtschaftsweise des Kapitalismus kritisch, vielfach völlig ablehnend gegenüber. In einem weiten Bogen zwischen Reform der kapitalistischen Wirtschaftsweise und dem Umsturz einer auf ihr beruhenden Gesellschaftsordnung suchen die Verfechter des Sozialismus, die Sozialisten, sowie die von ihnen getragenen Gewerkschaften und Parteien (sozialistische und sozialdemokratische Parteien; kommunistische Parteien) ihre gesellschaftlichen Vorstellungen zu verwirklichen.
 
 Ziele
 
Im Sinne ihres tendenziell optomistischen Menschenbildes, das Gedanken des Humanismus aufnimmt, suchen die verschiedenen Spielarten des Sozialismus mit der Neuordnung des sozioökonomischen Bereichs die mit der Entwicklung der Industriegesellschaft verbundenen Missstände (soziale Frage) theoretisch zu analysieren und praktisch zu lösen. Ziel aller sozialistischen Ideen, Bewegungen und Organisationen ist die Begründung einer Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, in der die von der Französischen Revolution von 1789 aufgestellten Grundsätze der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit für alle Angehörigen und Gruppen der Gesellschaft realisiert sind.
 
Die radikaleren Verfechter des Sozialismus fordern die Umgestaltung der Eigentumsverfassung besonders durch die Sozialisierung des Eigentums an den Produktionsmitteln oder durch allgemeine Güterverteilung, durch Beseitigung des arbeitslosen Einkommens aus Grundrente und Kapitalzins, durch Beseitigung oder starke Beschränkung des Erbrechts. Sie setzen an die Stelle von privatwirtschaftlichen Produktionsstätten Genossenschaften auf der Basis der Belegschaft (z. B. »Arbeiterproduktivgenossenschaften«) oder gemeinwirtschaftliche Unternehmensformen (Gemeinwirtschaft). Sie treten ein für die ausschließliche oder vorwiegende Planung und Lenkung der Güterversorgung und -verteilung durch den Staat (Zentralverwaltungswirtschaft, Planwirtschaft). Die gemäßigteren Vertreter des Sozialismus lassen im Prinzip das Institut des Privateigentums an den Produktionsmitteln bestehen, streben aber Gewinnbeteiligung, Mitbestimmung und Miteigentum der Arbeitnehmer an. Neben Produktionsstätten auf privatwirtschaftlicher Basis suchen sie gemeinwirtschaftliche Formen zu entwickeln. Darüber hinaus möchten sie mit (mehr oder weniger intensiven) planerischen Eingriffen die marktwirtschaftliche Ordnung steuern.
 
Die radikaleren Verfechter des Sozialismus verfolgen ihre Ziele meist auf dem Weg der Revolution (revolutionäre Sozialisten), so die Vertreter des Marxismus, besonders des Marxismus-Leninismus, des Anarchismus, Syndikalismus und Gildensozialismus.
 
Die gemäßigten Kräfte des Sozialismus suchen ihre Ziele auf dem Wege von Reformen zu verwirklichen (reformistische Sozialisten); zwischen beiden Grundrichtungen gibt es Übergänge (z. B. die Verfechter systemüberwindender Reformen). Im Gegensatz v. a. zu den zentralen Vorstellungen des Marxismus-Leninismus orientiert sich der demokratische Sozialismus über die sozialistischen Grundwerte Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität hinaus auf die freie Entfaltung aller Individuen in einer Gesellschaft sowie auf die demokratische Mitwirkung aller Mitglieder der Gesellschaft. Er sucht auf der Grundlage einer parlamentarisch-demokratischen Verfassungsordnung und eines rechtsstaatlichen Systems sowie im Rahmen eines gesellschaftlichen und weltanschaulichen Pluralismus eine solidarische Gesellschaft zu verwirklichen, und zwar auf dem Wege einer umfassenden, die politische Demokratie vollendenden Demokratisierung der Wirtschafts- und Sozialordnung. In den Vorstellungen von einem demokratischen Sozialismus differieren jedoch Auffassungen z. B. darüber erheblich, in welchem Umfang Eigentum an den Produktionsmitteln sozialisiert werden soll, welche Formen der Vergesellschaftung gewählt werden sollen, wie groß die Unabhängigkeit der Produktionseinheiten (Betriebe oder Genossenschaften) von staatlicher Planung und Kontrolle sein solle, aber auch, in welchem Maße eine sozialistisch bestimmte Marktwirtschaft gesamtgesellschaftlicher Planung und Kontrolle unterworfen werden müsse.
 
 Geschichtliche Entwicklung
 
Der Frühsozialismus der vormarxistischen Zeit, beeinflusst von der aufklärerischen Idee einer allgemeinen Weltverbesserung, trat v. a. in Frankreich auf (F. Babeuf, Étienne Cabet, * 1788, ✝ 1856) und trug utopische Züge (utopischer Sozialismus); Gleiches gilt für die Ideen W. Weitlings in Deutschland. Manche dieser Vorstellungen gingen in die anarchosyndikalistische Bewegung in Frankreich, Spanien und Italien ein; sie finden sich auch später im Marxismus.
 
Neben diesen mehr utopischen Entwürfen zielte nach der französischen Julirevolution (1830) bei C. H. de Saint-Simon, J. C. L. Simonde de Sismondi, L. Blanc und P.-J. Proudhon die Kritik an den konkreten Eigentumsverhältnissen auf Verbesserung der sozialen Lage Not leidender Zwischenschichten (kleine Handwerker, Landlose, Proletarier). Unter Anwendung entwicklungsgeschichtlicher Denkelemente konzipierte man eine sozialistische Wirtschaftsordnung (z. B. Arbeiterassoziationen), die jede Ausbeutung unmöglich machen sollte und in der jeder entsprechend seinen Fähigkeiten und seiner Leistung entlohnt werden würde. Bei C. Fourier trat, ebenso wie bei R. Owen in Großbritannien, der Gedanke in den Vordergrund, die Gesellschaft der Zukunft müsse durch genossenschatliche Organisationsformen der Arbeiter bestimmt werden (Genossenschaftssozialismus).
 
Die Theoretiker des Staatssozialismus wollten über den Einsatz staatlicher Machtmittel die gesellschaftlichen Missstände beseitigen. J. K. Rodbertus erblickte in der Monopolstellung der Kapitalisten und Grundbesitzer und dem darauf beruhenden »Gesetz der fallenden Lohnquote« die Ursache der Verelendung großer Teile der Bevölkerung. Das kapitalistische Wirtschaftssystem bildete ihm zufolge jedoch nur eine Übergangsphase auf dem Weg zur Staatswirtschaft ohne Grund- und Kapitaleigentum. Auch F. Lassalle, der unter Übernahme der Lohntheorie D. Ricardos die Formel vom »ehernen Lohngesetz« prägte, sah die Lösung der sozialen Probleme in der politischen und sozialen Integration der Arbeiter und in der nachfolgenden Umwandlung der kapitalistischen Wirtschaft in eine staatssozialistische mittels staatlich subventionierter Arbeiterproduktivgenossenschaften.
 
K. Marx und F. Engels suchten unter dem Anspruch eines wissenschaftlichen Sozialismus auf der Grundlage einer materialistischen Geschichtsauffassung den Beweis zu erbringen, dass die kapitalistische Gesellschaftsordnung aus den ihr immanenten Bewegungsgesetzen zusammenbrechen werde und durch die proletarische Revolution in eine sozialistische Gesellschaft umgewandelt werden müsse; diese finde ihrerseits in der klassenlosen Gesellschaft ihre Vollendung. Der Marxismus erlangte im 20. Jahrhundert weltgeschichtliche Bedeutung, v. a. in der von Lenin geschaffenen Form des Marxismus-Leninismus. Im Ablauf des Klassenkampfes ist nach Lenin Sozialismus jene Phase der Geschichte, in der nach erfolgreicher Revolution das Proletariat, gestützt auf die »Partei neuen Typs« (die kommunistische Partei), als führende Klasse den Übergang zum Kommunismus, zur klassenlosen Gesellschaft, vollzieht.
 
Die Abkehr reformistischer Gruppen vom revolutionären Sozialismus fand ihren ersten Niederschlag im Revisionismus (E. Bernstein), der die Sozialdemokratie von der Revolutionserwartung zur reformorientierten Mitarbeit in Staat und Gesellschaft lenkte. In Großbritannien, wo der doktrinäre Sozialismus nie eigentlich heimisch wurde, entwickelte die Fabian Society im bewussten Gegensatz zum Marxismus ein reformistisches Programm, das 1918 von der Labour Party aufgenommen wurde. In Auseinandersetzung v. a. mit der leninschen Ausprägung des Marxismus bemühten sich im 20. Jahrhundert marxistische Theoretiker, im Rückgriff auf die Frühschriften von Marx dessen Werk neu zu deuten (Neomarxismus). Im Gegensatz zur reformistischen Praxis der sozialdemokratischen oder sozialistischen Parteien wie auch zum angewandten Marxismus-Leninismus der kommunistischen Parteien und Staaten entstand in den parlamentarisch-demokratisch verfassten Staaten seit etwa 1960 - in enger Wechselbeziehung zum Neomarxismus - die neue Linke. Unter radikaler Kritik an der Marktwirtschaft der hoch industrialisierten Staaten Westeuropas und Nordamerikas auf der einen Seite und der entschiedenen Infragestellung der theoretischen Konzeptionen der »alten Linken« auf der anderen Seite (besonders der sozialdemokratischen und kommunistischen Parteien) suchte sie im Kampf gegen die »kapitalistische Konsumgesellschaft« neue revolutionäre Strategien zu entwickeln. Ihre Kritik an der Konsumgesellschaft beeinflusste stark die in den 70er-Jahren sich entfaltende Alternativ- und Ökologiebewegung, die ein neues Verhältnis von Wirtschaftsordnung und Umweltgestaltung fordert.
 
In Auseinandersetzung mit Ideologie und Praxis des Marxismus-Leninismus stellten seit dem Ende der 60er-Jahre einige kommunistischen Parteien, besonders die italienische und spanische KP, Grundpositionen des Marxismus-Leninismus (z. B. Diktatur des Proletariats) infrage (Eurokommunismus). Innerhalb der in der Tschechoslowakei regierenden KP entwickelten sich 1968 Vorstellungen von einem »Sozialismus mit menschlichem Antlitz«: Ideen, die jedoch noch im selben Jahr mit Waffengewalt unterbunden wurden. Mit der seit Mitte der 80er-Jahre eingeleiteten »Perestroika« suchte M. S. Gorbatschow unter Berufung auf die leninsche Interpretation des Marxismus die v. a. von Stalin geschaffenen bürokratisch-diktatorischen Strukturen in der sowjetischen Gesellschaft abzubauen. Der Sozialismus marxistisch-leninistischer Prägung geriet jedoch besonders in Europa in eine Krise, in deren Folge die kommunistischen Herrschaftssysteme und die UdSSR selbst zusammenbrachen.
 
Sozialistischer Theoretiker der Dritten Welt (z. B. L. S. Senghor, J. Nyerere) bemühten sich, die in den Industriestaaten Europas formulierten Ziele des Sozialismus mit Gesellschaftsmustern zu verbinden, die in der eigenen Gesellschaft wurzeln. In der dort sich vollziehenden staatlichen Emanzipation von der Kolonialherrschaft europäischer Staaten verband sich in diesen Ländern mit dem Sozialismus oft ein starker Nationalismus. Unter dem Einfluss sozialrevolutionärer Theoretiker (besonders Mao Zedong, F. Fanon E. »Che« Guevara Serna) entstanden in Asien, Afrika und Lateinamerika Guerillabewegungen, die sozialistische und nationalistische Ziele auf revolutionärem Weg verwirklichen wollten.
 
In der Ideengeschichte des Sozialismus haben immer wieder überzeugte Vertreter des Christentums versucht, christliche sozialethische Bestrebungen mit gesellschaftlichen Zielsetzungen des Sozialismus zu verbinden. So sollten sich etwa nach Saint-Simon alle Menschen als »Christen neuer Prägung« gegenseitig wie Brüder behandeln. Die ihnen gemeinsame christliche Sittenlehre würde dann das Los der ärmeren Klassen verbessern. Im Rahmen späterer christlich-sozialer Bewegungen steht auch die Arbeit des Schweizers L. Ragaz. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor der religiöse Sozialismus gegenüber dem wachsenden Einfluss der dialektischen Theologie an Bedeutung.
 
 Bestandsaufnahme
 
Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, des (in seinem Selbstverständnis) »real existierenden Sozialismus«, stößt eine Bestandsaufnahme des Sozialismus auf begriffliche Schwierigkeiten; der Sozialismus als Idee sowie als soziale und politische Bewegung ist zwar von diesen Entwicklungen seit 1989/90 weniger betroffen als der Kommunismus als Ideologie und Herrschaftssystem und der Marxismus als Wirtschafts- und Gesellschaftstheorie, gleichwohl aber im Kern berührt. Es stellt sich die Frage, inwieweit der Sozialismus als Leitidee einer auf Gleichheit, Solidarität und Gerechtigkeit beruhenden Gesellschaft und einer entsprechenden politischen Ordnung weiterhin Gültigkeit besitzt. Bei dem Versuch, diese Frage zu beantworten, lässt sich verdeutlichen, dass das eigentliche Problem des Sozialismus im »postkommunistischen Sozialismus« liegt, der vom demokratischen Sozialismus westlicher Prägung zu unterscheiden ist.
 
Geistesgeschichtlich gesehen, verlor der Neomarxismus seine Ausstrahlungskraft in den 80er-Jahren zugunsten der Ökologie- und Friedensbewegung, der Bürgerinitiativen und neuen sozialen Bewegungen. Die Grundwerte des demokratischen Sozialismus standen nach den heftigen Debatten der 70er-Jahre in der Zeit der »Wende« 1989/90 unter keinem Veränderungsdruck. Nach dem Scheitern der staatssozialistischen Regierungssysteme im östlichen Europa trat die Tatsache stärker in den Vordergrund, dass Marktwirtschaft auf der einen Seite und der politische Wunsch nach Verstärkung basisdemokratischer Elemente und direktdemokratischer Verfahren im demokratischen Sozialismus miteinander kompatibel sind.
 
Die Frage, inwieweit die Ideen des Sozialismus, Kommunismus und Marxismus noch tragfähig sind, stellt sich vornehmlich für alle Versuche, einen »postkommunistischen Sozialismus« zu begründen. Diese schreiben überkommene sozialistischen Grundsätze radikaler fest als der demokratische Sozialismus; die Leitgedanken werden durch negative Erfahrungen zwar in ihrer Konkretisierung problematisiert, in ihrem Grundgehalt aber als weiterhin gültig aufgewiesen. In der postkommunistischen Diskussion werden verschiedene Argumentationsmuster gepflegt: 1) Der Kapitalismus sei zwar ökonomisch effizienter als der Sozialismus, aber ungeeignet, um globalen Gefährdungen zu begegnen; Fehlleistungen des »real existierenden Sozialismus« in der Umweltfrage hätten sich aus der Konkurrenz zum Kapitalismus ergeben. 2) Die Vorstellung einer solidarischen Gesellschaft ohne Ausbeutung und Klassengegensätze sei nicht dadurch desavouiert, dass diese Ziele in konkreten Situationen mit ihren Zwängen nicht erreicht wurden; nicht die Theorie sei falsch, sondern ihre praktische Anwendung in der Vergangenheit. 3) Ökonomisch sei der Sozialismus das Korrektiv in einer auf Wettbewerb reduzierten kapitalistischen Gesellschaft, politisch das Korrektiv in einer sich verselbstständigenden Repräsentativdemokratie, in der die politische Klasse herrsche, ungeachtet des Wechsels ihrer Eliten. 4) Ohne die Utopie des Sozialismus hätte sich der Kapitalismus nie eine soziale Komponente zu Eigen gemacht; Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung seien jedoch auch in der sozialen Marktwirtschaft keineswegs überwunden.
 
Literatur:
 
Gesch. des S., hg. v. J. Droz, 17 Bde. (a. d. Frz., 1974-84);
 W. Hofmann: Ideengesch. der sozialen Bewegung des 19. u. 20. Jh. (61979);
 Gerd Meyer: Sozialist. Systeme (1979);
 
Der S. an der Schwelle zum 21. Jh., hg. v. M. Nikolić, 2 Bde. (1985);
 
Lex. des S., hg. v. Thomas Meyer u. a. (1986);
 K. T. Schuon: Polit. Theorie des demokrat. S. (1986);
 W. Theimer: Gesch. des S. (1988);
 
S. in Europa - Bilanz u. Perspektiven, hg. v. H. Grebing u. a. (1989);
 U.-J. Heuer: Marxismus u. Demokratie (Neuausg. 1990);
 B. Wehner: Der lange Abschied vom S. (1990);
 
Eckpunkte moderner Kapitalismuskritik, hg. v. F. Deppe u. a. (1991);
 Thomas Meyer: Demokrat. S. - Soziale Demokratie (31991);
 Thomas Meyer: Was bleibt vom S.? (1991);
 E. K. Scheuch: Muß S. mißlingen? (1991);
 G.-J. Glaeßner: Demokratie nach dem Ende des Kommunismus (1994);
 
Historisch-krit. Wb. des Marxismus, hg. v. W. F. Haug, auf mehrere Bde. ber. (1994 ff.);
 
Der Umbruch in Osteuropa als Herausforderung für die Philosophie, hg. v. B. Heuer u. M. Prucha (1995);
 
Zur Kritik der dt.-dt. Ökonomie. Konzeptionen, Positionen u. Methoden wirtschaftswiss. Forschung in Ost u. West, hg. v. C. Warnke (1996).
 
II
Sozialismus
 
Die europäischen Revolutionen des Jahres 1848 waren noch weitgehend vom liberalen Bürgertum ausgelöst worden, das selbstbewusst den Anspruch anmeldete, künftig an der Gestaltung des öffentlichen Lebens in Staat und Gesellschaft beteiligt zu werden. Als sich jedoch das Bürgertum im weiteren Verlauf der revolutionären Vorgänge aus Furcht vor der sich schon ankündigenden, unkontrollierbaren Eigendynamik der Revolution mit den wiedererstarkten staatlichen Gewalten arrangierte, ging der Gedanke der Revolution auf die Industriearbeiterschaft über, die im Begriff war, sich als Arbeiterbewegung zu organisieren.
 
Als Gegenbewegung zum bürgerlichen Liberalismus entstanden die Ideen des Sozialismus. Die kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung hatte bisher für die große Masse der lohnabhängigen Arbeiter nur Armut und Rechtlosigkeit, Unterdrückung und Ausbeutung gebracht. Demgegenüber entwarf der Sozialismus das Bild einer Welt, in der soziale Gleichheit und Gerechtigkeit für alle garantiert wurden, ferner allgemeiner Friede und Völkerversöhnung.
 
Es galt zunächst, die soziale Lage der Arbeiterschaft zu verbessern, politische Rechte zu erkämpfen und durch eine gerechte Eigentums- und Gesellschaftsordnung umfassende soziale Sicherheit für alle zu gewährleisten.
 
In dem im Februar 1848 in London veröffentlichten Kommunistischen Manifest war von den Verfassern, den deutschen Revolutionären Karl Marx und Friedrich Engels, der Arbeiterklasse die führende Rolle im Kampf um die Verwirklichung der Ziele des Sozialismus zugewiesen worden. Die von Marx und Engels entwickelten Thesen des wissenschaftlichen Sozialismus (bzw. des Historischen Materialismus) hatten in den europäischen Revolutionen des Jahres 1848 mit Ausnahme Frankreichs kaum Beachtung erlangt. Erst in den letzten Aufständen des Jahres 1849 zeigten sich erste sozialistische Tendenzen im Widerstand gegen das von den Ordnungsmächten eingesetzte Militär.
 
Von Beginn an bildeten sich innerhalb des Sozialismus unterschiedlichste Denkansätze heraus über die zur Verwirklichung der angestrebten Ziele einzuschlagende Strategie. Sie schwankten zwischen der Hoffnung, auf legalem Weg Reformen erreichen und soziale Verbesserungen durchsetzen zu können, und der Überzeugung, nur mit der revolutionären Aktion, dem gewaltsamen Umsturz den Sieg des Sozialismus zu erringen. Diese Gegensätze sorgten auch in den sich jetzt überall herausbildenden Arbeiterparteien für ständige Flügelkämpfe und gefährdeten die Geschlossenheit der Arbeiterbewegung, die die soziale Gleichheit aller Menschen, Völker und Rassen zu ihrer Grundforderung erhob und die internationale Solidarität der Arbeiterschaft anstrebte. An diesem Gegensatz scheiterte bereits wenige Jahre nach ihrem Zusammenschluss die Erste Internationale.
 

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So|zi|a|lịs|mus, der; -, ...men [engl. socialism, frz. socialisme]: 1. <o. Pl.> (nach Karl Marx die dem Kommunismus vorausgehende) Entwicklungsstufe, die auf gesellschaftlichen od. staatlichen Besitz der Produktionsmittel u. eine gerechte Verteilung der Güter an alle Mitglieder der Gemeinschaft hinzielt: der real existierende S. (DDR; der [in den sozialistischen Ländern] verwirklichte Sozialismus); den S. aufbauen; der Kommunismus ist die höchste Erscheinungsform des S.; das Leben im S. ist schön (Trommel 29, 1976, 7); unter dem S. leben; durch den Übergang zum S. werde die Nationalitätenfrage sozusagen automatisch gelöst (NZZ 25. 12. 83, 6). 2. <Pl. selten> politische Richtung, Bewegung, die den gesellschaftlichen Besitz der Produktionsmittel u. die Kontrolle der Warenproduktion u. -verteilung verficht: der demokratische, bürokratische S.; Wobei der S. (das sozialistische Lager) für sich in Anspruch nahm, die Interessen der „arbeitenden Menschen“ zu vertreten (Gruhl, Planet 68); Von den ... Eliten anderer Sozialismen (sozialistischer Systeme; Welt 10. 9. 76, 1).

Universal-Lexikon. 2012.