Schwärmerei
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Ro|man|tik [ro'mantɪk], die; -:(im Gegensatz zur Aufklärung und Klassik stehende) Epoche der europäischen Literatur, Malerei und Musik (vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts), die besonders durch das Bauen auf die Kraft der Gefühle, des Irrationalen und durch die Rückwendung zur Vergangenheit gekennzeichnet ist:
seine Gedichte sind von der Romantik beeinflusst.
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Ro|mạn|tik 〈f.; -; unz.〉
1. die geistigen Kräfte u. das Gefühl betonende künstlerisch-philosophische Bewegung in Europa, bes. in Deutschland zwischen 1794 u. etwa 1830
2. 〈fig.〉
2.1 Hang zum Träumerischen, Abenteuerlichen, Fantastischen
2.2 das Träumerische, Abenteuerliche, Fantastische selbst
● die \Romantik eines Bildes, einer Landschaft, einer Schilderung; er hat keinen Sinn für \Romantik [→ romantisch; nach Klassik gebildet]
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1.
a) Epoche des europäischen, bes. des deutschen Geisteslebens vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jh.s, die in Gegensatz steht zu Aufklärung u. Klassik u. die geprägt ist durch die Betonung des Gefühls, die Hinwendung zum Irrationalen, Märchenhaften u. Volkstümlichen u. durch die Rückwendung zur Vergangenheit:
die deutsche, englische, französische R.;
die [Blüte]zeit, die Malerei der R.;
in, seit der R.;
b) die romantische Bewegung:
die jüngere, ältere, die Heidelberger, Jenaer R.;
2. das ↑ Romantische (2 b), die ↑ romantische (2 b) Stimmung o. Ä., die einer Sache anhaftet:
die R. der Landschaft, eines Sonnenuntergangs;
die süßliche R. des Films widerte ihn an;
das Leben der Schiffer hat seine R. längst verloren;
keinen Sinn für R. haben;
sie schwärmten von der R. des Wanderlebens.
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Romạntik
[zu romantisch gebildet] die, -, im weiteren Sinn eine zum Gefühlvollen, Wunderbaren, Märchenhaften und Fantastischen neigende Weltauffassung und -darstellung; im engeren Sinn eine geistes- und stilgeschichtliche Epoche der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Romantik ist eine gesamteuropäische Bewegung, eines ihrer Zentren war Deutschland (deutsche Literatur).
Wortgeschichtlich gehen »Romantik« beziehungsweise »romantisch« auf altfranzösisch »romanz« zurück, das zunächst die in der »lingua romana«, der Volkssprache, verfassten Schriften allgemein bezeichnete, dann »Roman« (in Vers oder Prosa) bedeutete. Aufgrund der im Roman bevorzugten fabulösen, abenteuerlichen und wunderbaren Themen erhielt das erstmals 1650 in England belegte Adjektiv »romantic« die Bedeutung »unwirklich«. Mit der gleichen negativen Konnotation wurde es auch in anderen europäischen Ländern gebraucht (1694 erstmals in Frankreich, 1698 erstmals in Deutschland belegt), bezeichnete dann die Pathoswirkungen einer wilden Landschaft, bis es schließlich J.-J. Rousseau zum Ausdruck der Einheit von landschaftlichen und seelischen Qualitäten diente und die Begründer der romantischen Bewegung es zur Bezeichnung des höchsten Kunstprinzips erklärten.
Präromantik
Die romantische Bewegung wurde in Frankreich vorbereitet durch Werke von A. Prévost d'Exiles, J.-J. Rousseau und J. H. Bernardin de Saint-Pierre, die nicht mehr die rationalen Prinzipien der Frühaufklärung erkennen lassen, sondern dem Gefühl und der Natur huldigen; in England wirkten die Dichtungen von E. Young, T. Gray und J. Macpherson (Ossiandichtung) ähnlich, auch das Interesse an der alten Volkspoesie, das durch T. Percy initiiert worden war, sowie Naturverständnis und Geniebegriff bei A. A. C. Shaftesbury und in Youngs »Conjectures on original composition« (1759). In Deutschland kündigten die sensualistische Strömung der Aufklärung, die Gefühlskultur des Pietismus und der Empfindsamkeit, die Wendung zur Volkspoesie bei G. A. Bürger und dem Göttinger Hain, Genielehre und Subjektivismus des Sturm und Drang (besonders bei J. M. R. Lenz) die Romantik an. Besonders J. G. Herder nahm wesentliche Momente der Romantik vorweg.
Die Romantik in Deutschland
Während die Französische Revolution in Westeuropa zunächst ein Wiedererstarken des Rationalismus und Klassizismus begünstigte, erwuchs in Deutschland (etwa zeitgleich auch in England) am Ausgang des 18. Jahrhunderts die romantische Bewegung. Ursprünglich v. a. ästhetisch-literarisch ausgerichtet, ergriff sie allmählich nahezu alle Bereiche des kulturellen und geistigen Lebens. Dabei lassen sich die Phasen der Frühromantik (etwa 1798-1802, Mittelpunkte Jena und Berlin), der Hochromantik (Mittelpunkte Heidelberg und Berlin) und Spätromantik (Mittelpunkte Dresden, Schwaben, München und Wien) unterscheiden.
Romantische Programmatik
und Frühromantik: Der überaus komplexe Wesensbegriff der Romantik entzieht sich jeder eindeutigen Formel. Die deutsche Romantik begann bei W. H. Wackenroder und L. Tieck mit dem stimmungsgetragenen Neuerleben von Landschaft und des deutschen Mittelalters sowie der antirationalen, gefühlsbetonten Begegnung mit der Kunst, besonders der Malerei und der Musik. Hingegen waren die Brüder F. und A. W. Schlegel weit mehr Kritiker und Kulturphilosophen, die dem europäischen Geist der Aufklärung, dem Bildungsgedanken der deutschen Klassik und der idealistischen Transzendentalphilosophie noch verbunden blieben. Die Theorie besonders der frühromantischen Lebens- und Kunstanschauung findet sich in F. und A. W. Schlegels Zeitschrift »Athenäum« (1798-1800), in den Fragmenten des Novalis und in den Berliner Vorlesungen A. W. Schlegels (»Über die schöne Kunst und Literatur«, 1802-05).
F. Schlegel, der eigentliche Programmatiker der Frühromantik, fasste die »romantische Moderne« als den vom Christentum geschaffenen Bruch zwischen Endlichem und Unendlichem, Natur und Geist, Bedingtem und Unbedingtem. Ziel aller Kunst kann nicht mehr das Gestalthaft-Geschlossene, in sich Vollendete und Harmonische (Klassik) sein, ihr Lebenselement ist vielmehr die freie Subjektivität des Geistes und ihre niemals endende Aufgabe, alles Reale zu poetisieren, d. h. es in eine Funktion des Unendlichen (der Seele, des Geistes) zu verwandeln.
Die künstlerischen Formen der Romantik suchen entweder »sentimentalisch« alle Außenwelt auf die innere Empfindung zurückzubeziehen oder mit den Mitteln der Arabeske alles Innere »fantastisch« nach außen zu projizieren oder aus der Sehnsucht nach dem Unendlichen die gesamte endliche Welt »allegorisch« als Chiffre dieses Unendlichen zu gestalten. Das höchste Ziel der romantischen Kunst ist, das Gemüt inmitten des Endlichen eins werden zu lassen mit dem Unendlichen. So wird die Kunst zum eigentlichen Organ einer pantheistisch-ästhetischen Religion, wie F. Schleiermacher Religion entsprechend als mystisches Innewerden des Universums deutet. Dem entspricht in lebendigem Wechselverhältnis ein verfeinerter Sinn für das Individuelle, das als freieste Erscheinungsform des Unendlichen erfahren wurde. Daraus erwuchs das große Einfühlungsvermögen der Romantik in ferne und fremde Individualität, das sich in der Erschließung und Deutung zeitgenössischer Dichtungen und geschichtlicher Epochen und in zahlreichen meisterhaften Übersetzungen bezeugt, z. B. durch A. W. Schlegel, Tieck, S. Boisserée (Werke von Shakespeare, Dante, Calderón, Cervantes und L. Ariosto).
Als Kunstmittel bevorzugte die Romantik die offene Form; sie löst alle gegenständlichen und festen Umrisse auf, verwischt die Grenzen der Formen und Gattungen und sucht durch die verzaubernde Mischung der Künste das Wirkliche in Traum, den Traum in Wirklichkeit zu verwandeln (v. a. im Märchen).
Bedeutsam für die Ausbildung der romantischen Lebens-, Kunst- und Naturanschauung, besonders bei F. Schlegel und Novalis, wurde die spekulative Weiterbildung der Philosophie I. Kants in den idealistischen Systemen J. G. Fichtes und F. W. J. von Schellings. Fichtes Lehre von der sittlichen Freiheit des absoluten Ich als des schöpferischen Prinzips des Geistes wurde von der Romantik als Begründung der völligen Freiheit gedeutet, mit den Formen und Gesetzen der Kunst zu spielen. Die künstlerische Ironie soll die Antinomie des Endlichen und Unendlichen widerspiegeln. Das Bewusstsein dieser Unvereinbarkeit kann sich jedoch auch im Scheitern, in Vereinsamung, Gegenstands- und Kommunikationslosigkeit äußern und erklärt ferner die romantische Neigung zur Paradoxie, zum Fragment und zum Aphorismus.
Im Gesellschaftlichen führte der romantische Subjektivismus zur Infragestellung sozialer Konventionen, zur Auffassung des Lebens als Kunstwerk. Bestimmenden Einfluss übten - über die geistig von ihnen geprägten Salons - auch Frauen aus, v. a. Caroline Schelling, Dorothea Schlegel, Bettina von Arnim und Rahel Varnhagen.
und Spätromantik: Die zweite Generation entfernte sich von der philosophischen Spekulation und ästhetischer Kritik und entwickelte ein neues Verständnis für die naiven und volkstümlichen Formen der Poesie. Der zweiten und dritten Generation der deutschen Romantik gehörten Lyriker wie C. Brentano, J. von Eichendorff und L. Uhland an, in deren Werk sich das volkstümlich Schlichte mit der Virtuosität des Modernen verband. Hierbei entwickelten sich enge Beziehungen zwischen Dichtung und Musik, die zur Vertonung zahlreicher Gedichte durch bedeutende Komponisten wie F. Schubert und H. Wolf geführt haben.
Die Steigerung des schöpferischen Ich ins Universale wich in der Hoch- und Spätromantik der sich bescheidenden Ein- und Unterordnung des Einzelnen in die übergreifenden organischen Ganzheiten und Bindungen der Natur und der Geschichte, des Staates und der Religion. E. T. A. Hoffmanns grotesk-fantastische erzählerische Werk dagegen zeigte die Spannung zwischen Romantisch-Poetischem und nüchterner Realität.
Die Auswirkung der romantischen Grundanschauungen auf die Wissenschaften
In der Anwendung ihrer Grundanschauungen auf die Bereiche der Natur und der Gesellschaft, v. a. aber der Geschichte, liegt eine der Hauptleistungen der späteren Romantik. In der Frühzeit der Völker glaubte sie dem göttlichen Ursprung und der wahren Bestimmung der Menschheit näher zu sein. Die Brüder Schlegel begründeten die Literaturwissenschaft, die Brüder J. und W. Grimm mit ihren Arbeiten zur germanischen Sprach-, Religions-, Rechts- und Dichtungsgeschichte die Germanistik, F. Diez die Romanistik, F. Bopp und J. Grimm die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft, F. C. von Savigny die Rechtsgeschichte, G. F. Creuzer, J. Görres und J. J. Bachofen die Religions- und Mythengeschichte. Dabei bildete sich von F. Schlegel über F. Hölderlin, Bachofen bis zu F. Nietzsche eine Betonung des Dionysischen gegenüber dem Apollinischen (apollinisch) und damit ein neues, der Klassik entgegengesetztes orphisch-orgiastisches Bild des Griechentums heraus.
Das Zurücktreten hinter einem übergreifenden, höheren Ganzen zeigt sich deutlich in der Bevorzugung von Volkssage, -lied und -märchen als vermeintlich unmittelbaren Äußerungen des Volksgeistes (C. Brentano, A. von Arnim sowie die Brüder Grimm). Auch die politischen Ereignisse der napoleonischen Zeit weckten nach der mehr weltbürgerlich-universal ausgerichteten Frühromantik das nationale Gemeinschaftsbewusstsein und den Sinn für die Eigentümlichkeit eines Volkes (E. M. Arndt, F. L. Jahn, H. von Kleist, J. Görres).
Die neue Sicht der Natur und des Verhältnisses von Natur und Geist führte zu einer geschärften Wahrnehmung auch im Bereich des Unbewussten und scheinbar Unerklärlichen wie Mesmerismus und Magnetismus. Zugleich waren Naturforschung, die intensiv betrieben wurde, und Naturphilosophie noch eng miteinander verbunden, geleitet von dem Gedanken einer Einheit von Natur und Geist (Novalis, F. W. J. von Schelling, L. Oken, F. von Baader, J. W. Ritter, H. Steffens). Insbesondere in Schellings Philosophie vom beseelten Universum und von der organisch aufgefassten Natur als sichtbarem Geist und dem Geist als unsichtbarer Natur hat romantisches Denken kennzeichnenden Ausdruck gefunden.
Für das Menschenbild und v. a. die Erziehung wurden unter dem Einfluss J.-J. Rousseaus besonders bedeutsam: die Auffassung des Kindesalters als eigene ursprüngliche Entwicklungsstufe (F. Fröbel), die Neuentdeckung des Vor- und Unbewussten (C. G. Carus), die Betonung der Leib-Seele-Einheit, der Leibeserziehung (F. L. Jahn), die pädagogische Nutzung des Märchens und die Anstöße für die Neugestaltung des Jugendschrifttums.
Auch die Staats- und Wirtschaftslehre der Romantik ging vom übergeordneten Ganzen der organisch gegliederten Gesellschaft aus. Die Linie, die hier von dem konstruktiven »Geschlossenen Handelsstaat« Fichtes über Novalis zu den ständisch-theokratischen, antikapitalistischen Staats- und Wirtschaftstheorien Adam Müllers führt, ist kennzeichnend für die innere Gesamtentwicklung der späten Romantik, die politisch, weltanschaulich und religiös (die romantischen Konversionen, der Wiener Kreis um F. Schlegel, F. Gentz u. a.) in konservative, ja restaurative Bahnen lenkte.
Nachwirkung der Romantik
Die Spätromantik blieb in Dichtung und Wissenschaft bis über 1830 hinaus in Deutschland anregend. Angesichts der zunehmend in den Blick tretenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Wirklichkeit erwies sich eine Realität und Poesie, Endlichkeit und Unendlichkeit umspannende Weltsicht als problematisch (H. von Kleist, G. Büchner, H. Heine, N. Lenau). Im 19. Jahrhundert sind u. a. die Werke von F. Grillparzer, F. Hebbel und A. Schopenhauer bis hin zu R. Wagner (Idee vom Gesamtkunstwerk), Nietzsche und T. Mann nicht unabhängig vom romantischen Ideengut zu verstehen, ebenso wenig wie die Entwicklung der Geschichtswissenschaft (Historische Schule: F. C. von Savigny u. a.) bis zu L. von Ranke. Noch Ende des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert ist gegen Materialismus, Positivismus und technische Zivilisation gewendete Kritik oft stark aus romantischer Quellen gespeist (u. a. die Neuromantik). Schöpferische Impulse der Romantik blieben - v. a. über Symbolismus, Expressionismus und Surrealismus - bis in die Gegenwart hinein spürbar. Die in der Romantik begonnene wissenschaftliche Forschung und Differenzierung nahm ihren Fortgang, allerdings in zunehmender Herauslösung der Gegenstände aus übergreifenden, spekulativ-philosophischen und ästhetisierend-künstlerischen Zusammenhängen.
Die Romantik außerhalb Deutschlands
Die romantischen Bewegungen in anderen europäischen Ländern gehen zum Teil auf eigene Vorstufen zurück. Doch auch die starke Wirkung der deutschen Romantik im Ausland, eine Wirkung, die sich dort mit derjenigen der oft auch als romantisch empfundenen deutschen (Weimarer) Klassik verband, hat die Romantik zu einer umfassenden gesamteuropäischen Bewegung werden lassen. Nachdem in England W. Wordsworth und S. T. Coleridge, R. Burns und W. Blake v. a. mit Naturlyrik ihre romantischen Positionen offenbarten, in Frankreich F. R. de Chateaubriand mit Erzählungen Weltschmerz und Melancholie thematisierte, wurde durch Madame de Stäels Werk »De l'Allemagne« (2 Bände, 1813) das romantische Ideengut in Europa bekannt. Hauptvertreter der gesamteuropäischen Blüte der Romantik sind in England Lord Byron, P. B. Shelley, J. Keats und W. Scott, in Frankreich V. Hugo, dessen selbstständig durchdachte Theorie des Grotesken ein Fundamentalbegriff der französischen Romantik wurde, A. de Musset, A. de Lamartine, A. de Vigny, George Sand, in Italien U. Foscolo, G. Leopardi und A. Manzoni, in Spanien J. de Espronceda y Delgado und J. Zorrilla y Moral, in Portugal A. Herculano de Carvalho e Araújo und J. B. da Silva Leitão de Almeida Garrett, in Dänemark A. Öhlenschläger und H. C. Andersen, in Schweden E. Tegnér, P. D. A. Atterbom (Phosphoristen) und J. E. Stagnelius, in Norwegen Å. O. Vinje sowie H. Ibsen und B. Bjørnson mit ihren Frühwerken, in den Niederlanden u. a. Rhijnvis Feith (* 1753, ✝ 1824), J. F. Willems und H. Conscience (Flämische Bewegung) sowie J. van Lennep und E. J. Potgieter, in Russland M. J. Lermontow und A. S. Puschkin, in Polen A. Mickiewicz, Z. Krasiński, J. Słowacki, im tschechischen und slowakischen Bereich J. Kollár, F. L. Čelakovský, K. H. Mácha. In den USA führte die Romantik zur ersten literarischen Blütezeit der jungen Nation. Hauptvertreter sind hier C. B. Brown, W. Irving, J. F. Cooper, N. Hawthorne, H. Melville, E. A. Poe sowie R. W. Emerson und die Transzendentalisten (Transzendentalismus).
Romantik in der bildenden Kunst
In der bildenden Kunst ist die Romantik kein Stil im Sinn der vorausgegangenen, einheitlicheren und umfassenderen Stile; die Romantik brachte in der Kunst keine allgemein verbindliche Formen hervor, sondern aktualisierte Historisches unterschiedlichster Art.
Kennzeichnend für die Architektur ist die Rückwendung zur Gotik, aber auch diese war keine anderes ausschließende Richtung. K. F. Schinkel, der führende deutsche Architekt der Epoche, konnte sowohl antikisierend als auch neugotisch bauen. L. von Klenze griff als Erster auch auf die Formensprache der Renaissance zurück. Dem Naturgefühl der Zeit entsprach die häufige Verbindung des Baus mit der Landschaft. Durch die Hinwendung zur Architektur der Vergangenheit schuf die Romantik die Grundlagen der Denkmalpflege.
In der Plastik blieb die Formgebung klassizistisch. Die Romantik lässt sich hier nur motivisch bestimmen. Als herausragendster Bildhauer der Epoche ist B. Thorvaldsen zu nennen. Eine der vordringlichen Aufgaben der rückgewandten Romantik war das Denkmal.
Am reinsten äußerte sich die Romantik in der Malerei, die auf das literarische Ideengut der Zeit einging. Auch sie war der Vergangenheit zugewandt, hinsichtlich der Stoffe wie der Formen (Nazarener, später die Präraffaeliten), fand aber in der Darstellung der Landschaft einen unmittelbaren Ausdruck romantischen Welterlebnisses, am vollkommensten in den Werken von C. D. Friedrich, dessen naturreligiöser Symbolismus durch P. O. Runges figürlich-klassizistischen Allegorien der Tageszeiten vorbereitet wurde. Theoretiker der romantischen Landschaftsmalerei in Deutschland war C. G. Carus. Sie sollte das Absolute, die göttliche Unendlichkeit vermitteln. Im Anschluss an die Tradition der heroischen Landschaft entstanden Stimmungsbilder (J. A. Koch, C. Rottmann, C. Blechen). In der englischen Landschaftsmalerei der Romantik wirkte die malerisch-gefühlsansprechende Landschaftsauffassung des 18. Jahrhunderts nach (W. Turner, J. Constable, R. Bonington). W. Blake und J. H. Füssli schufen eine dichterisch inspirierte romantische Kunst, deren Formenwelt im Klassizismus wurzelt. In der französischen Romantik spielte die Landschaft keine entsprechende Rolle, für T. Géricault und E. Delacroix, der von P. P. Rubens ausging, blieb die menschliche Gestalt entscheidend, auch wenn sie in der Landschaft dargestellt war; romantisch waren die Themenstoffe, der leidenschaftliche Ausdruck, der malerische farbenfreudige Stil. Für Deutschland bedeutete die Romantik auch eine Blütezeit der Zeichenkunst, die besonders von den Deutschrömern gepflegt wurde (v. a. landschaftliche Motive). Für die späteren deutschen Romantiker, deren Werke biedermeierhafte Züge enthalten, wurden Sage und Märchen thematisch wichtig (L. Richter, M. von Schwind); daher rührt ein bemerkenswerter Aufschwung der Buchillustration. Zwar bleibt die romantische Haltung der Malerei über 1830 hinaus noch lebendig, doch verflacht sie zunehmend in ihrem geistigen Anspruch.
Romantik in der Musik
Die musikalische Romantik reicht etwa vom zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts bis zum Umbruch zur Neuen Musik um 1910. Allerdings deckt der Begriff Romantik die vielfältigen Stilerscheinungen des 19. Jahrhunderts keinesfalls vollständig ab, und nur annähernd kann man die sich oft überschneidenden Entwicklungen in vier Stilphasen untergliedern: 1) Die frühromantische Musik entfaltete sich mit den Liedern (u. a. »Erlkönig«, 1815), späten Kammermusikwerken und den letzten beiden Sinfonien F. Schuberts (7. Sinfonie [früher Nummer 8] h-Moll, 1822; 8. Sinfonie [früher Nummer 7 oder Nummer 9] C-Dur, 1828). Zu ihr zählen ferner Werke von E. T. A. Hoffmann, L. Spohr und H. Marschner. 2) Ihre reinste Ausprägung (Hochromantik) erfuhr die Romantik ab etwa 1830 in den Liedern und Instrumentalwerken (v. a. Klavierwerken) R. Schumanns und in den Werken F. Mendelssohn Bartholdys, F. Chopins und H. Berlioz' sowie den frühen Werken F. Liszts und R. Wagners (bis etwa 1850). 3) Zur Spätromantik zählen das spätere Werk von Liszt und Wagner sowie das von J. Brahms, H. Wolf und A. Bruckner. 4) Das u. a. an Schubert und Bruckner anknüpfende Werk G. Mahlers entwickelt ebenso wie das von R. Strauss, H. Pfitzner und M. Reger neue Formen der Harmonik (Nachromantik). Die großen Opernkomponisten Italiens (V. Bellini, G. Donizetti, G. Verdi) und Frankreichs (G. Meyerbeer, C. Gounod, G. Bizet) sowie die bedeutenden Vertreter nationaler Entwicklungen v. a. in Russland (M. P. Mussorgskij, P. I. Tschaikowsky), in Böhmen (B. Smetana, A. Dvořák) und in Skandinavien (E. Grieg, J. Sibelius) verdankten der Romantik entscheidende Impulse, finden jedoch zu je eigenen Formgebungen und Gehalten. Nur bedingt zur Romantik gehört schließlich der französische Impressionismus.
Kennzeichnend für die kompositorischen Grundtendenzen sind die stete Erweiterung und Differenzierung nahezu aller musikalischer Mittel und Elemente vielfach bis an den Rand der Auflösung. Das gilt in erster Linie für die Harmonik; seit Wagners »Tristan und Isolde« (1859) büßt die funktionale Harmonik zunehmend an Verbindlichkeit ein. Daneben sind es v. a. Klanglichkeit und Instrumentation, die immer neue Wege gehen, neue Farbreize aufspüren. Auch die Melodik erweitert sich zwischen den Extremen großer Bögen und kleinster Motivfetzen; der Rhythmus löst sich vielfach von der Bindung an die Taktschwerpunkte; die Dynamik erobert sich äußerste Spannbreiten und feinste Schattierungen. Schließlich wird die formale Gestaltung fließend und offen, traditionelle Formen werden verändert, erweitert oder mit neuem Inhalt präsentiert; besonders große Formkomplexe (Bruckners und Mahlers Sinfonien) und kleine, liedhaft einfache Gebilde (Charakterstücke) markieren auch hier die weit auseinander liegenden Pole. Das Lied (Schubert, Schumann, Brahms, Wolf) erfährt in der Romantik seine Wandlung vom Nebenzweig musikalischer Produktion zur tragenden lyrischen Vokalmusikgattung. Die Oper löst sich formal von der Nummernoper und den festen Gattungstypen des 18. Jahrhunderts; sie findet im Musikdrama Wagners ihre Vollendung, auch im Hinblick auf die lange vorher schon erhobene Forderung nach Vereinigung aller Künste. Die sinfonische Dichtung stellt sich gleichrangig neben die Sinfonie, ihr Ideengehalt bestimmt weitgehend den formalen Ablauf. Demgegenüber versuchen mehr klassizistisch eingestellte Komponisten (Mendelssohn Bartholdy, Brahms) die traditionellen Instrumentalformen zu wahren, jedoch mit romantischem Geist neu zu füllen.
Zur gleichen Zeit kam der bürgerliche Konzertbetrieb auf; der neue Stand des Musikkritikers spiegelte das Konzerterlebnis. Mit den Ansprüchen eines breiten Publikums entwickelten sich auch neue Formen eingängiger Kompositionen; Salonmusik und Virtuosentum wurden beherrschend. Hohe (»ernste«) und triviale (»Unterhaltungs«-)Musik beginnen sich seit der Romantik zu trennen. Auch in der Kunstmusik bildeten biedermeierliche Idylle, später auch Parodie und Verzerrung Kontraste zu den großen romantischen Erscheinungen. - Die romantische Epoche hat die Anerkennung der Musik als universales Medium künstlerischer Aussage (»Tonkunst«) begründet, zugleich allerdings die in ihr selbst angelegten Widersprüchlichkeiten offenbart, sodass der totale Umschlag zur Neuen Musik des 20. Jahrhunderts als konsequente Folgerung aus der romantischen Musik innewohnenden Tendenz angesehen werden muss.
R. als geistige Bewegung, Literatur:
Das Nachleben der R. in der modernen dt. Lit., hg. v. W. Paulsen (1969);
Begriffsbestimmung der R., hg. v. H. Prang (21972);
Die europ. R., Beitrr. v. E. Behler u. a. (1972);
R.-Forschung seit 1945, hg. v. K. Peter (1980);
Dt. R. and English romanticism, hg. v. T. G. Gish u. a. (München 1984);
English and German romanticism. Cross-currents and controversies, hg. v. J. Pipkin (Heidelberg 1985);
S. Curran: Poetic form and British romanticism (Oxford 1986);
H. Prang: Die romant. Ironie (31989);
G. Hoffmeister: Dt. u. europ. R. (21990);
»Fessellos durch die Systeme«. Frühromant. Naturdenken im Umfeld von Arnim, Ritter u. Schelling, hg. v. W. C. Zimmerli u. a. (1997).
F. E. Baumgart: Vom Klassizismus zur R. 1750-1832 (1974);
J. C. Jensen: Aquarelle u. Zeichnungen der dt. R. (1978);
J. C. Jensen: Malerei der R. in Dtl. (1985);
C. Baur: Landschaftsmalerei der R. (1979);
W. Geismeier: Die Malerei der dt. R. (1984);
K. Günzel: R. in Dresden (1997);
E. Roters: Malerei im 19. Jh., 2 Bde. (1998).
E. Kurth: Romant. Harmonik u. ihre Krise in Wagners Tristan (21923, Nachdr. 1986);
A. Einstein: Die R. in der Musik (a. d. Engl., 1950);
S. Goslich: Die dt. romant. Oper (1975);
C. Dahlhaus: Die Musik des 19. Jh. (1980);
P. Rummenhöller: R. in der Musik (1989);
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Ro|mạn|tik, die; - [zu ↑romantisch (2), geb. in Analogie zu ↑Klassik]: 1. a) Epoche des europäischen, bes. des deutschen Geisteslebens vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jh.s, die in Gegensatz stand zu Aufklärung u. Klassik u. die geprägt ist durch die Betonung des Gefühls, die Hinwendung zum Irrationalen, Märchenhaften u. Volkstümlichen u. durch die Rückwendung zur Vergangenheit: die deutsche, englische, französische R.; die [Blüte]zeit, die Malerei der R.; in, seit der R.; b) die romantische Bewegung: die jüngere, ältere, die Heidelberger, Jenaer R.; die blaue Blume der R. (↑Blume 1 b). 2. das Romantische (2 b), die romantische (2 b) Stimmung o. Ä., die einer Sache anhaftet: die R. der Landschaft, eines Sonnenuntergangs; die süßliche R. des Films widerte ihn an; das Leben der Schiffer hat seine R. längst verloren; keinen Sinn für R. haben; sie schwärmten von der R. des Wanderlebens.
Universal-Lexikon. 2012.