Reich-Ranicki
[-ra'nɪtski], Marcel, Literaturkritiker polnischer Herkunft, * Włocławek 2. 6. 1920; lebte ab 1929 in Berlin, von wo er 1938 nach Polen deportiert wurde, ab 1940 im Warschauer Getto, aus dem er 1943 fliehen konnte. Nach dem Krieg war Reich-Ranicki als Lektor und freier Schriftsteller in Warschau tätig; 1958 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über, deren literarische und literarkritische Kultur er seither als Verfasser von Essays und Kritiken, als Herausgeber von Anthologien und als Spiritus Rector des »Literarischen Quartetts« im Fernsehen (1988-2001) maßgeblich prägt. Reich-Ranicki gehörte der »Gruppe 47« an, war 1960-73 ständiger Literaturkritiker der Wochenzeitung »Die Zeit« und 1973-88 Leiter der Literaturredaktion der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«; seit 1974 Honorarprofessor in Tübingen. Reich-Ranicki erwarb sich besondere Verdienste als Herausgeber der »Frankfurter Anthologie« (auf zahlreiche Bände berechnet, 1976 ff.), der Reihe »Romane von gestern, heute gelesen« (3 Bände, 1989-90), von A. Polgars »Kleinen Schriften« (6 Bände, 1982-86) und W. Koeppens »Gesammelten Werken« (6 Bände, 1986). Seine eigenen Erfahrungen reflektierte er in »Mein Leben« (1999).
Werke: Deutsche Literatur in West und Ost (1963, erweitert 1983); Literarisches Leben in Deutschland (1965); Literatur der kleinen Schritte (1967); Lauter Verrisse (1970, erweitert 1984); Über Ruhestörer. Juden in der deutschen Literatur (1973); Nachprüfung. Aufsätze über deutsche Schriftsteller von gestern (1977, erweitert 1980); Entgegnung. Zur deutschen Literatur der 70er Jahre (1979, erweitert 1981); Lauter Lobreden (1985); Mehr als ein Dichter. Über Heinrich Böll (1986); Thomas Mann und die Seinen (1987); Thomas Bernhard. Aufsätze und Reden (1990); Max Frisch. Aufsätze (1991); Ohne Rabatt. Über Literatur aus der DDR (1991); Günter Grass. Aufsätze (1992); Martin Walser. Aufsätze (1994); Die Anwälte der Literatur (1994); Erst leben, dann spielen. Über polnische Literatur (2002).
Lit. u. Kritik. Aus Anlaß des 60. Geburtstages von M. R.-R., hg. v. W. Jens (1980);
Über M. R.-R., hg. v. J. Jessen (1985);
F. Schirrmacher: M. R.-R.. Sein Leben in Bildern (2000).
Universal-Lexikon. 2012.