Der Tannhäuser,
mittelhochdeutscher Dichter des 13. Jahrhunderts; in den Handschriften als »der tannhûser« überliefert, die Herkunft ist unbekannt. Sein Hauptgönner war Herzog Friedrich II. von Österreich, an dessen Wiener Hof Tannhäuser neben Neidhart den neuen lyrischen Stil prägte. Nach dem Tod seines Mäzens (1246) führte Tannhäuser ein Wanderleben an verschiedenen ostmitteldeutschen Höfen. Von ihm sind sechs Leiche sowie Minnelieder und Sangspruchdichtung überliefert. Seine (in der »Großen Heidelberger Liederhandschrift C« tradierten) Lieder und Tanzleiche vereinen natürliche, anmutige Sinnlichkeit mit Elementen der Parodie auf den hohen Minnesang und den höfischen Sprachstil. Die in der »Jenaer Liederhandschrift« (14. Jahrhundert) überlieferte »Hofzucht« wird dem Tannhäuser heute zumeist abgesprochen, die Authentizität der »Bußlieder« ist umstritten. - Tannhäuser blieb für das späte Mittelalter eine lebendige Gestalt und wurde der Held des Erzählstoffes vom Ritter, der von Frau Venus in den Zauberberg (Venusberg) gelockt wird. Er sucht die Rettung seiner Seele durch eine Wallfahrt nach Rom. Gott selbst sichert sie ihm durch das Wunder des grünenden Wanderstabes zu. Doch der Papst (Urban IV.) verweigert Tannhäuser die Vergebung und der Verzweifelte kehrt in den Venusberg zurück - das versprochene Zeichen der göttlichen Gnade kommt zu spät. Die Sage, die im 14. Jahrhundert entstanden ist, verdichtete sich im 15. Jahrhundert zu einer Ballade (Tannhäuser-Lied). Die Romantik erneuerte den Stoff durch Veröffentlichung dieses Liedes in A. von Arnims und C. Brentanos »Des Knaben Wunderhorn« (1806), dem eine Reihe balladesker Nachdichtungen folgte (H. Heine, E. Geibel, Brentano), und durch ausweitende Neugestaltung (so z. B. L. Tieck in seiner Novelle »Der getreue Eckart und der Tannenhäuser«, 1799). R. Wagner schuf durch die Verschmelzung Tannhäusers mit der Gestalt Heinrichs von Ofterdingen einen neuen Handlungszusammenhang (»Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg«, Text vom Komponisten; Uraufführung der Erstfassung 19. 10. 1845 in Dresden, umgearbeitet 1847, »Dresdener Fassung«); Erstaufführung der »Pariser Fassung« (mit Bacchanale) 13. 3. 1861 in Paris.
Ausgaben: Deutsche Volkslieder, Band 1: Erzählungen, Lieder, Balladen, Schwänke, Legenden, herausgegeben von L. Röhrich u. a. (1965); Tannhäuser. Die lyrischen Gedichte der Handschriften C und J, herausgegeben von H. Lomnitzer u. a. (1973).
J. Siebert: Der Dichter T. Leben - Gedichte - Sage (1934, Nachdr. 1980);
J. W. Thomas: T.: Poet and legend. With texts and translations of his works (Chapel Hill, N. C., 1974);
D.-R. Moser: Die T.-Legende (1977).
Universal-Lexikon. 2012.