Akademik

Neumann
I
Neumann,
 
John von, von Neumann.
II
Neumann,
 
1) Alfred, Schriftsteller, * Lautenburg (Westpreußen) 15. 10. 1895, ✝ Lugano 3. 10. 1952; emigrierte 1933 nach Italien, dann über Frankreich 1941 in die USA; 1949 Rückkehr nach Florenz. Neumann gestaltete in seinen psychologisch analysierenden Werken anhand historischer Stoffe das Thema »Macht und Machtmissbrauch«, so z. B. in der Romantrilogie um Napoleon (»Neuer Caesar«, 1934; »Kaiserreich«, 1936; »Das Kind von Paris«, 1952). Für den Roman »Der Teufel« (1926) erhielt er den Kleist-Preis; auch Dramatiker, Lyriker und Übersetzer.
 
Ausgabe: A. Neumann. Eine Auswahl aus seinem Werk, herausgegeben von G. Stern u. a. (1979).
 
 2) Franz Ernst, Physiker und Mineraloge, * Joachimsthal (Landkreis Barnim) 11. 9. 1798, ✝ Königsberg (heute Kaliningrad) 23. 5. 1895; Professor in Königsberg; begründete nach dem Vorbild von J. B. Fourier die mathematische Physik in Deutschland, arbeitete über Wellenlehre des Lichtes, Elektrodynamik und Kristallographie (»Zonengesetz«). Neumann gelang es, die von C. G. J. Jacobi begründete bedeutende Stellung des Königsberger Mathematischen Seminars zu stärken und auszubauen.
 
 3) Gert, Schriftsteller, * Heilsberg 2. 7. 1942; studierte 1967-69 am Literaturinstitut »J. R. Becher« in Leipzig (Exmatrikulation aus politisch-ideologischen Gründen), arbeitete danach in verschiedenen Berufen. Sein Prosaband »Die Schuld der Worte« (1979) erregte in der Bundesrepublik Deutschland Aufsehen; auch die folgenden Werke durften bis Ende 1989 in der DDR nicht erscheinen. Im Mittelpunkt der schriftstellerischen Arbeit Neumanns steht die Reflexion über die Sprache und ihre Bedeutung für die menschliche Individualität.
 
Weitere Werke: Romane: Elf Uhr (1981); Die Klandestinität der Kesselreiniger. Ein Versuch des Sprechens (1989); Anschlag (1999).
 
Prosa: Übungen jenseits der Möglichkeit (1991).
 
Vorlesung: Verhaftet. Dresdner Poetikvorlesung 1998 (1999).
 
 4) Günter, Kabarettautor und Komponist, * Berlin 19. 3. 1913, ✝ München 17. 10. 1972; textete und komponierte in den 30er-Jahren für Berliner Kabaretts (u. a. »Die Katakombe«), wurde mit dem von ihm gegründeten Rundfunkkabarett »Die Insulaner« zu einem der populärsten Kabarettisten der 50er-Jahre.
 
 5) Günter, Sprachwissenschaftler, * Freiberg 31. 5. 1920; wurde 1964 Professor in Gießen, 1969 in Bonn, 1972 in Würzburg und erforscht besonders die indogermanischen Sprachen des alten Kleinasien und das Altgriechische.
 
Werke: Untersuchungen zum Weiterleben hethitischen und luwischen Sprachgutes in hellenistischer und römischer Zeit (1961); Neufunde lykischer Inschriften seit 1901 (1979); Phrygisch und Griechisch. .. (1988); System und Ausbau der hethitischen Hieroglyphenschrift (1992).
 
 6) Heinz, Politiker, * Berlin 6. 7. 1902, ✝ (erschossen) in der UdSSR 1937; seit 1920 Mitglied der KPD und hauptamtlich für sie tätig, 1925 ihr Vertreter bei der Komintern, nahm in deren Auftrag 1927 aktiv am kommunistischen Aufstand in Kanton teil. Seit 1928 war er wieder in Deutschland; als Mitglied des Parteisekretariates trat er neben E. Thälmann und H. Remmele als einer der politischen Führer der KPD hervor und galt als ihr Theoretiker. 1930-32 war er auch Mitglied des Reichstags. 1933 emigrierte er und ging 1935 in die UdSSR (gemeinsam mit Margarete Buber-Neumann). Im Zuge der »Großen Tschistka« wurde er am 26. 11. 1937 zum Tode verurteilt.
 
 7) Johann Balthasar, Architekt und Ingenieur, getauft Eger 30. 1. 1687, ✝ Würzburg 19. 8. 1753; kam 1711 nach Würzburg, wo er zunächst als Gießereigeselle tätig war. 1712 trat er in den Militärdienst ein. 1719 wurde er fürstbischöflicher Baudirektor in Würzburg und 1720 mit dem Bau der Residenz beauftragt, deren Bauleitung er bis 1744 innehatte (Innenausbau bis 1766). 1723 reiste er nach Paris, wo er seine Pläne für die Würzburger Residenz von R. de Cotte und G. Boffrand begutachten ließ. In Zusammenarbeit mit M. von Welsch und L. von Hildebrandt entstand eine der imponierendsten Residenzanlagen in Deutschland. Neumanns Hauptleistung war der Bau der Hofkirche (1732-43) und des in der Raumkonzeption großartigen Treppenhauses (1735-44). Höhepunkte gelöster Raumgestaltung sind auch die Treppenhäuser der Schlösser Bruchsal (1731-33) und Brühl bei Köln (1744-48). 1731 erhielt Neumann einen Lehrstuhl an der Würzburger Universität; 1741 wurde er Oberst. 1743 erarbeitete er einen überaus komplizierten Plan für sein Hauptwerk, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen (1743/44 ff., vollendet 1772), in dem er verschieden große elliptische Räume in der Grundriss- und Gewölbezone einander zuordnete. In der Abteikirche Neresheim (1745 ff., vollendet 1792) variiert er die ovale Grundrissform durch frei stehende schlanke Säulen, die die monumentale Mittelkuppel tragen und dadurch den Eindruck völliger Schwerelosigkeit vermitteln. Sein letztes großes Werk ist die Wallfahrtskirche Maria Limbach bei Haßfurt (1751-55), die durch die ebenso kunstvolle Gliederung des Außenbaus wie Gestaltung des Innenraums ausgezeichnet ist. Neumann knüpfte an das Werk J. Dientzenhofers an und verband in seinen Bauten Einflüsse des italienischen, österreichischen und französischen Barock. Seine Kirchenbauten vollenden G. Guarinis Gedanken der Raumdurchdringung.
 
 
Weitere Werke: Wallfahrtskirche in Gößweinstein (1730-39); Kirche Sankt Paulin in Trier (1734-54); Schloss Werneck (1733-44, mit L. von Hildebrandt); Heiligkreuzkirche in Kitzingen-Etwashausen (1741-45); Wallfahrtskirche Käppele in Würzburg (1748/49).
 
Literatur:
 
M. H. von Freeden: B. N. Leben u. Werk (31981);
 J. Hotz: Das »Skizzenbuch B. N.s«, 2 Tle. (1981);
 H. Reuther: B. N. Der mainfränk. Barockbaumeister (1983);
 W. Hansmann: B. N. (1986);
 
B. N., hg. v. T. Korth u. a. (1987);
 E. Eichhorn: B. N.s Architekturwerk u. das Erbe der Baumeisterfamilie Dientzenhofer (1987);
 B. Schütz: B. N. (21987);
 E. Ortner: Der Barockbaumeister B. N. (Sonderausg. 1989);
 B. Manitz: Wand, Wölbung u. Rotunde. Themen u. Leitmotive in B. N.s kurvierter Sakralarchitektur, 2 Bde. (1992);
 
Architekten - B. N., bearb. v. D. Hezel (31995).
 
 8) Johannes Nepomuk, tschechischer Redemptorist, * Prachatitz 28. 3. 1811, ✝ Philadelphia (Pa.) 5. 1. 1860; wanderte nach dem Studium in die USA aus, erhielt 1836 in New York die Priesterweihe, wirkte als Missionar unter den Deutschen in der Gegend von Buffalo. 1852 wurde er Bischof von Philadelphia und sorgte durch die Gründung von Schulen, Kirchen, der Kathedrale und des Priesterseminars für den Ausbau der Diözese. - 1977 heilig gesprochen (Tag: 5. 1.).
 
 9) John von, eigentlich Johann Baron von Neumann, amerikanischer Mathematiker ungarischer Herkunft, * Budapest 28. 12. 1903, ✝ Washington (D. C.) 8. 2. 1957; in seiner Jugend als Rechengenie bekannt; Studium der Mathematik in Budapest, daneben Studium (Physik und Chemie) in Zürich, 1928 Habilitation in Berlin, ab 1929 in Princeton (N. J.) tätig, 1933 Professor am Institute for Advanced Study. Frühe Arbeiten betrafen die Axiomatik der Mengenlehre (1925) und die Beweistheorie (1927), aber auch die mathematischen Grundlagen der Quantenmechanik (1932). Auf Neumann geht die heute übliche mengentheoretische Definition der Ordnungs- und damit der natürlichen Zahlen zurück. Weitere Arbeiten galten der Funktionalanalysis und der Spieltheorie (unter Einschluss wichtiger Anwendung in der Nationalökonomie, zusammen mit O. Morgenstern, mit dem er 1944 das Werk »Theory of games and economic behavior« veröffentlichte), der mathematischen Statistik, der Maß- und Gruppentheorie sowie der Quantenstatistik (Von-Neumann-Gleichung). In den 40er-Jahren entwickelte Neumann die Idee des programmgesteuerten elektronischen Rechners (Von-Neumann-Rechner) und war wesentlich an der Konstruktion des Großrechners ENIAC beteiligt. Im Zweiten Weltkrieg hatte er Anteil am amerikanischen Atombombenprojekt.
 
Ausgabe: Collected works, herausgegeben von A. H. Taub, 6 Bände (1961-63).
 
Literatur:
 
Leben u. Werk von J. v. N., hg. v. T. Legendi (a. d. Ungar., 1983).
 
 10) Robert, österreichischer Schriftsteller, * Wien 22. 5. 1897, ✝ München 3. 1. 1975; emigrierte 1934 nach Großbritannien (ab 1938 britischer Staatsbürger, schrieb zum Teil in englischer Sprache); später lebte Neumann v. a. im Tessin. Neumann schrieb aggressiv, fantasievoll und stilistisch gewandt gesellschaftskritische Romane, Lyrik (»Gedichte«, 1919) und Erzählungen (»Die Pest von Lianora«, 1927). Bekannt wurde er v. a. durch seine meisterhaften literarischen Parodien (»Mit fremden Federn«, 1927, erweitert 2 Bände, 1955; »Unter falscher Flagge«, 1932).
 
Weitere Werke: Romane: Sinflut (1929); Struensee (1935; Neuausgabe 1953 unter dem Titel Der Favorit der Königin); By the waters of Babylon (1939; deutsch An den Wassern von Babylon); Children of Vienna (1946; deutsch Kinder von Wien); Ein unmöglicher Sohn (1972).
 
Autobiographie: Mein altes Haus in Kent. Erinnerungen an Menschen und Gespenster (1957).
 
Ausgabe: Gesammelte Werke in Einzelausgaben, 15 Bände (1959-72).
 
Literatur:
 
U. Scheck: Die Prosa R. N.s (New York 1985).
 
 11) Stanislav Kostka, tschechischer Lyriker, * Prag 5. 6. 1873, ✝ ebenda 26. 6. 1947; vertrat als Individualist unter dem Einfluss F. Nietzsches nach 1890 die »Dekadenz«, wandte sich dann dem radikalen Sozialismus und dem Anarchismus im Sinne P. A. Kropotkins zu und war ab 1921 als Politiker und Publizist propagandistisch für den Kommunismus tätig (ab 1922 Sekretär des »Proletkult«).
 
Werke: Nemesis, bonorum custos (1895); České zpěvy (1910); Kniha lesů, vod a strání (1914); Nové zpěvy (1918); Rudé zpěvy (1923); Sonáta horizontálního života (1937); Zamořená léta (1946).
 
Ausgabe: Sebrané spisy, 23 Bände (1947-56).
 
 12) Therese, Stigmatisierte, * Konnersreuth (Landkreis Tirschenreuth) 9. 4. 1898, ✝ ebenda 18. 9. 1962; war nach einem Unfall seit 1918 gelähmt und blind, seit 1925 unerwartet geheilt; seit der Fastenzeit 1926 war sie stigmatisiert und erlebte an jedem Freitag in ekstatischen Visionen die Leidensgeschichte Christi. Die Echtheit ihrer Stigmatisation ist nicht zweifelsfrei erwiesen, da, soweit bekannt, keine medizinisch-klinische Untersuchung erfolgte.
 
Literatur:
 
J. Steiner: Theres N. von Konnersreuth (101988).
 
 13) Václav, tschechischer Dirigent, * Prag 29. 9. 1920, ✝ Wien 2. 9. 1995; war Bratschist und Mitgründer des Smetana-Quartetts; 1955-60 Chefdirigent der Komischen Oper Berlin, 1964-68 Generalmusikdirektor (GMD) der Leipziger Oper und Dirigent des Gewandhausorchesters, danach bis 1990 Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie in Prag sowie daneben von 1970-72 GMD und Leiter der Symphoniekonzerte der Stuttgarter Oper. Er wurde besonders als Interpret tschechischer Musik und der Werke G. Mahlers bekannt.

Universal-Lexikon. 2012.