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Mendelssohn Bartholdy
Mẹndelssohn Barthọldy,
 
Jakob Ludwig Felix, Komponist, * Hamburg 3. 2. 1809, ✝ Leipzig 4. 11. 1847, Enkel von M. Mendelssohn (sein Vater hatte den Familiennamen beim Übertritt zum Protestantismus in Mendelssohn Bartholdy geändert); war Schüler u. a. von J. N. Hummel (Klavier), E. Rietz (Violine) und C. F. Zelter (Komposition) und trat bereits mit neun Jahren mit seiner Schwester Fanny Mendelssohn öffentlich als Pianist auf. 1821 wurde Mendelssohn Bartholdy mit C. M. von Weber bekannt. Im gleichen Jahr spielte er Goethe in Weimar vor und fand 1825 in Paris mit seinem 3. Klavierquartett in h-Moll die Aufmerksamkeit L. Cherubinis. 1829 leitete Mendelssohn Bartholdy auf Anregung Zelters in Berlin die erste Wiederaufführung der »Matthäuspassion« von J. S. Bach und begründete damit die Bach-Renaissance im 19. Jahrhundert. Im Anschluss an Studienreisen nach Italien, Paris und London wurde er 1833 Musikdirektor in Düsseldorf. 1835 folgte er dem Ruf als Gewandhauskapellmeister nach Leipzig. Unter seiner Leitung und der des Konzertmeisters F. David entwickelte sich das Gewandhausorchester zu einem hervorragenden Klangkörper. Als erster Kapellmeister leitete er das Orchester nicht vom Instrument, sondern mit dem Taktstock vom Pult aus. Mendelssohn Bartholdy machte Leipzig zu einem musikalischen Zentrum von europäischer Bedeutung und war 1843 Mitbegründer des ersten Konservatoriums für Musik in Deutschland. Sein Leipziger Wohn- und Sterbehaus wurde mithilfe der Internationalen Mendelssohn-Stiftung (1991 auf Initiative K. Masurs gegründet) zu einem musikalischen Begegnungszentrum ausgebaut.
 
Mendelssohn Bartholdy, als Pianist und Dirigent eine der glänzendsten Erscheinungen seiner Zeit, gehört zu den Komponisten, deren Rang nicht immer unvoreingenommen beurteilt wurde. Von R. Wagner bekämpft, von F. Nietzsche für »einen schönen Zwischenfall der deutschen Musik« gehalten und von den Nationalsozialisten antisemitisch verunglimpft, erhob sich gegen ihn der Vorwurf, nach früher Meisterschaft (Sommernachtstraum-Ouvertüre, Oktett, 1. Sinfonie) in der Entwicklung stehen geblieben zu sein und der Musik keine neuen Impulse gegeben zu haben (Mendelssohn Bartholdy als »konservativer Klassizist«). Doch zeigen die von ihm entwickelten oder fortgeführten Formen (Konzertouvertüren, Orgelsonaten, Lieder ohne Worte, Scherzi) eine vollendete Beherrschung v. a. der kleinen lyrischen Form. Meisterhaft ist seine klare Instrumentierung und seine geschmeidige melodische Gestaltung.
 
Werke: Oper: Die Hochzeit des Camacho (1827, nach M. Cervantes).
 
Sinfonien: 12 Streicher-Sinfonien (1821-23); Nummer 1 c-Moll (1824); Nummer 2 B-Dur (1839-40, Sinfonie-Kantate »Lobgesang«); Nummer 3 a-Moll (1842, »Schottische«); Nummer 4 A-Dur (1832-33, »Italienische«); Nummer 5 D-Dur (1829-30, »Reformations-Sinfonie«).
 
Bühnenmusiken und Konzertouvertüren: Ein Sommernachtstraum (Ouvertüre 1826, vervollständigt 1842, nach W. Shakespeare); Die Hebriden oder die Fingalshöhle (1830, Neufassung 1832); Meeresstille und glückliche Fahrt (1828-33, nach Goethe); Die schöne Melusine (1833-35, nach F. Grillparzer); Ruy Blas (1839, nach V. Hugo).
 
Instrumentalkonzerte: 2 Konzerte für zwei Klaviere und Orchester E-Dur (1823) und As-Dur (1824); 2 Klavierkonzerte g-Moll (1831) und d-Moll (1837); Violinkonzert e-Moll (1838-44).
 
Kammermusik: Oktett (1825, revidiert 1832, für Streicher); 2 Streichquintette (1826-45); 3 Klavierquartette (1821-25); 7 Streichquartette (1829-47).
 
Klavierwerke: Lieder ohne Worte (1829-45).
 
Orgelwerke: 3 Präludien und Fugen (1832-37); 6 Sonaten (1844-45).
 
Oratorien: Paulus (1832-36); Elias (1845-46, Neufassung 1847); Christus (1847).
 
Weitere Vokalmusik: Chorkantate Die erste Walpurgisnacht (1831-32, Endfassung 1842-43); Motetten, Psalmen, Chöre a cappella (darunter in Opus 59, 1837-43, als Nummer 3 Abschied vom Wald, O Täler weit, o Höhen, und in Opus 50, 1838-40, als Nummer 2 Wer hat dich du schöner Wald, nach J. von Eichendorff), Duette mit Klavier, Lieder.
 
Ausgaben: Werke, herausgegeben von J. Rietz, 19 Serien (1874-77); Leipziger Ausgabe der Werke, auf mehrere Bände berechnet (1960 ff.); Briefe, herausgegeben von der Historischen Kommission des Friedrich-Meinecke-Instituts, auf mehrere Bände berechnet (1968 ff.).
 
Literatur:
 
F. Hiller: F. M.-B. (21878);
 W. A. Lampadius: F. M. B. (Neuausg. 1886, Nachdr. 1978);
 
Das Problem Mendelssohn, hg. v. C. Dahlhaus (1974);
 F. Krummacher: Mendelssohn - der Komponist. Studien zur Kammermusik für Streicher (1978);
 A. Kurzhals-Reuter: Die Oratorien F. M. B.s (1978);
 
F. M. B., hg. v. G. Schuhmacher (1982);
 T. Ehrle: Die Instrumentation in den Symphonien u. Ouvertüren von F. M. B. (1983);
 C. Jost: Mendelssohns Lieder ohne Worte (1988);
 A. Richter: Mendelssohn. Leben - Werke - Dokumente (1994);
 H. C. Worbs: F. M. B. (41.-43. Tsd. 1994);
 
Die Familie Mendelssohn, hg. v. S. Hensel (Neuausg. 1995);
 K.-H. Köhler: Mendelssohn (1995);
 W. Konold: F. M. B. u. seine Zeit (21996).

Universal-Lexikon. 2012.