Novalis,
eigentlich Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hạrdenberg, Dichter, * Oberwiederstedt (Kreis Mansfelder Land) 2. 5. 1772, ✝ Weißenfels 25. 3. 1801; aus pietistischem Elternhaus; sein Vater war Gutsbesitzer und Salinendirektor; 1790-94 studierte Novalis Jurisprudenz, Mathematik und Philosophie in Jena, Leipzig und Wittenberg, u. a. bei Schiller und K. L. Reinhold, der ihn in die Philosophie J. G. Fichtes einführte; ein freundschaftliches Verhältnis bestand zu Schiller, F. und A. W. von Schlegel, F. W. J. von Schelling und L. Tieck. Entscheidend beeinflusst wurde Novalis durch den deutschen Idealismus, J. K. Lavater und J. G. Herder. 1795 verlobte er sich mit Sophie von Kühn (* 1783, ✝ 1797), deren früher Tod Novalis' mystische Neigungen verstärkte und fortan eine zentrale Rolle in seinem Schaffen spielte; er studierte intensiv die Werke von F. X. von Baader, J. Böhme und F. Hemsterhuis. 1797 besuchte er die Bergakademie in Freiberg; 1798 verlobte sich Novalis mit Julie von Charpentier (* 1776, ✝ 1811); es kam zu Begegnungen mit Goethe, Jean Paul und Herder. 1799 wurde Novalis Salinenassessor und wenig später zum Amtshauptmann ernannt; er war ab August 1800 lungenkrank. - Das literarische Werk des bedeutendsten der Jenaer Frühromantiker entstand innnerhalb weniger Jahre. Novalis erstrebte eine »progressive Universalpoesie«, eine Einung aller Wissens- und Erkenntnisbereiche und die Fixierung aller Erkenntnisstufen in der Dichtung. Allein diese war nach Novalis imstande, die Analogien zwischen naturwissenschaftlichen, politischen, geschichtlichen und religiösen Phänomenen aufzuzeigen und so eine Einheit zu stiften. Er bevorzugte typisch romantische Gattungen. Seine »Geistlichen Lieder« (herausgegeben 1802; u. a. »Wenn alle untreu werden«, »Wenn ich ihn nur habe«), Zeugnisse eines sehr persönlichen Christentums, gehörten bald zum Bestand der lutherischen Gesangbücher. Der Zyklus der »Hymnen an die Nacht« (1800) besteht aus sechs sich steigernden Gedichten, in denen der Eros ins Mystisch-Religiöse erhöht, die Nacht als Reich der Poesie verherrlicht und subjektive Todesüberwindung mit der Auferstehung Christi verglichen wird. Der von F. D. E. Schleiermachers Schrift »Über die Religion« (1799) angeregte Essay »Die Christenheit oder Europa« (entstanden 1799, herausgegeben 1826) entwirft das Bild eines geeinten christlichen Europa, vorgeprägt durch den mittelalterlich-christlichen Universalismus. Die »Fragmente« (»Blütenstaub«, »Glauben und Liebe oder der König und die Königin«, 1798) sind Zeugnis von Novalis' »magischem Idealismus«, der im Gegensatz zu Fichte das Ich nicht als Vernunft, sondern als Gemüt versteht, in dem Endlichkeit und Unendlichkeit als Einheit gefasst werden, und zwar in absoluter Poetisierung der Welt. Auch das lebendige Verständnis der Natur sei nur möglich in der Poesie (Romanfragment »Die Lehrlinge zu Sais«, herausgegeben 1802). Nur der Dichter, dessen Werden im fragmentarischen Bildungsroman »Heinrich von Ofterdingen« (herausgegeben 1802) dargestellt wird, ist fähig, das Universum stufenweise zu erkennen. Er gewinnt die blaue Blume, für Novalis Sinnbild der Einheit von Endlichkeit und Unendlichkeit, Traum und Wirklichkeit, die zum Symbol der Romantik schlechthin werden sollte. Novalis' Poetik wirkte u. a. bei den französischen Symbolisten nach.
Ausgaben: Schriften, herausgegeben von P. Kluckhohn u. a., 5 Bände (1-31975-88); Werke, Tagebücher und Briefe, herausgegeben von H.-J. Mähl, 3 Bände (1978); Werke, herausgegeben von Gerhard Schulz (31987).
M. Seidel: N. (1988);
F. Roder: N. Die Verwandlung des Menschen. Leben u. Werk Friedrich von Hardenbergs (1992);
Gerhard Schulz: N. (51.-53. Tsd. 1993).
Universal-Lexikon. 2012.