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Klinger
Klịnger,
 
1) Friedrich Maximilian von (seit 1780), Schriftsteller, * Frankfurt am Main 17. 2. 1752, ✝ Dorpat (heute Tartu) 9. 3. 1831. Klinger, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, studierte 1774-76 an der Universität Gießen Jura, Theologie und Philologie, u. a. auch unterstützt von seinem Jugendfreund Goethe, den er 1776 in Weimar besuchte. Danach reiste er zunächst als Schauspieler und Theaterdichter mit der Truppe von A. Seyler, trat 1778 in den österreichischen Militärdienst ein und wurde dann russischer Offizier; seit 1801 war er Direktor des zaristischen 1. Kadettenkorps in Sankt Petersburg, zwei Jahre später Kurator der Universität Dorpat (bis 1817) und 1811 Generalleutnant. Neben J. M. R. Lenz ist Klinger der bedeutendste und fruchtbarste Dramatiker des Sturm und Drang, dem er mit seinem gleich lautenden Drama (1776; ursprünglicher Titel »Wirrwarr«, auf Anraten von C. Kaufmann umbenannt) die Epochenbezeichnung gab. Die Themen seiner frühen Dramen waren ebenso neu wie deren stilistische Gestaltung; elementare Leidenschaftsausbrüche manifestieren sich in einer übersteigerten Sprache und in revolutionärer Form (»Die Zwillinge«, 1776). Später bemühte sich Klinger, der sich auch in zaristischen Diensten für liberale Reformen eingesetzt hatte, um einen harmonischen Ausgleich; unter dem Einfluss der Ideen J.-J. Rousseaus entstanden mehrere philosophische Romane (»Geschichte eines Teutschen der neuesten Zeit«, 1798; »Betrachtungen und Gedanken über verschiedene Gegenstände der Welt und der Litteratur«, 3 Bände, 1803-05).
 
Weitere Werke: Dramen: Das leidende Weib (1775); Otto (1775); Die neue Arria (1776); Der Derwisch (1780).
 
Romane: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt (1791); Geschichte Giafars des Barmeciden, 2 Bände (1792-94).
 
Ausgaben: Sämmtliche Werke, 12 Bände (1842, Nachdruck 1976, 4 Bände); Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von S. L. Gilman u. a., auf 18 Bände berechnet (1978 ff.).
 
Literatur:
 
H. Segeberg: F. M. K.s Romandichtung. Unters. zum Roman der Spätaufklärung (1974);
 F. Osterwalder: Die Überwindung des Sturm u. Drang im Werk F. M. K.s (1979);
 Michael Müller: Philosophie u. Anthropologie der Spätaufklärung. Der Romanzyklus F. M. K.s (1992).
 
 2) Kurt, österreichischer Schriftsteller, * Linz 11. 7. 1928; war Dramaturg u. a. in Frankfurt am Main (1964-69), Hannover (1970-73), Graz und Zürich (1975-77), Herausgeber und leitender Redakteur der Zeitschrift »Literatur und Kritik«. In seinen Dramen (»Odysseus muß wieder reisen«, Uraufführung 1954), Hörspielen und Gedichten zeichnet Klinger die Unsicherheiten menschlicher Existenz; auch Übersetzungen und Essays.
 
Weitere Werke: Lyrik: Harmonie aus Blut (1951); Entwurf einer Festung (1970); Löwenköpfe (1977); Auf dem Limes (1980); Das Kirschenfest (1984).
 
Erzählungen: Die vierte Wand (1967); Erinnerungen an Gärten (1989).
 
Essays: Konfrontationen (1973); Theater und Tabus (1984).
 
 3) Max, Maler, Radierer und Bildhauer, * Leipzig 18. 2. 1857, ✝ Großjena, heute zu Naumburg (Saale) 4. 7. 1920; Vertreter des Symbolismus, ausgebildet 1874-76 an den Kunstakademien in Karlsruhe und Berlin. 1888-93 hielt er sich in Italien auf. 1897 wurde er zum Professor der Akademie der Graphischen Künste in Leipzig ernannt. Klingers Schaffen war nachhaltig vom Einfluss A. Böcklins geprägt. Seine künstlerischen Ausdrucksmittel reichen vom Klassizismus über die Romantik bis zum Jugendstil. Seine bedeutendste Leistung sind seine technisch virtuosen Radierungen. Er schuf ferner meist großformatige Gemälde mit antiken und christlichen Motiven sowie Porträts und einige Landschaftsbilder. Als Bildhauer suchte er durch Verwendung von verschiedenfarbigem Marmor u. a. Materialien (Bronze, Elfenbein, Alabaster) die farbige Wirkung antiker Plastiken zu realisieren.
 
Werke: Radierfolgen: Eva und die Zukunft (1880); Paraphrase über den Fund eines Handschuhs (1881); Ein Leben (1884); Dramen (1884); Vom Tode I. Teil (1889); Brahmsphantasie (1894); Vom Tode II. Teil (1898).
 
Gemälde: Das Urteil des Paris (1886-87; Wien, Kunsthistorisches Museum); Die Kreuzigung Christi (1890; Leipzig, Museum der bildenden Künste); Christus im Olymp (1889-97; erhaltene Teile ebenda).
 
Skulpturen: Die neue Salome (1893; Leipzig, Museum der bildenden Künste); Kassandra (1895; ebenda); Elsa Asenijeff (um 1900; München, Neue Pinakothek); Beethovendenkmal (1886-1902; Leipzig, Neues Gewandhaus); Brahmsdenkmal (1905-09; Hamburg, Musikhalle).
 
Literatur:
 
M. K., Leben u. Werk in Daten u. Bildern, hg. v. S. W. Mathieu (1976);
 
M. K. - Wege zum Gesamtkunstwerk, bearb. v. M. Boetzkes u. a., Ausst.-Kat. (1984);
 C. Hertel: Studien zu M. K.s graph. Zyklus »Paraphrase über den Fund eines Handschuhs«, 1878-1881 (1987);
 H. Tauber: M. K.s Exlibriswerk (1989);
 H. W. Singer: M. K. Radierungen, Stiche u. Steindrucke (San Francisco, Calif., 1991);
 U. Kersten: M. K. u. die Musik, 2 Tle. (1993);
 C. Beyer: M. K. - The late graphic work. Das späte graph. Werk. 1909-1919 (San Francisco, Calif., 1994);
 
M. K. Bestands-Kat. der Bildwerke, Gemälde u. Zeichnungen im Museum der bildenden Künste Leipzig, hg. v. H. Guratzsch (1995).

Universal-Lexikon. 2012.