Hermlin,
Stephan, eigentlich Rudolf Leder, Schriftsteller, * Chemnitz 13. 4. 1915, ✝ Berlin 6. 4. 1997; aus bürgerlicher jüdischer Familie, schloss sich Anfang der 30er-Jahre der kommunistischen Jugend an, ging 1936 ins Ausland (u. a. Naher Osten), später nach Frankreich (dort in der Résistance), 1943 Flucht in die Schweiz, Internierung in einem Arbeitslager, 1945 Rückkehr nach Deutschland, zunächst Redakteur bei Radio Frankfurt, seit 1947 in Berlin (Ost). Hermlins frühe Lyrik (»Zwölf Balladen von den großen Städten«, 1945; »Die Straßen der Furcht«, 1946) artikuliert poetisch überhöht das Lebensgefühl von Exil und erhofftem Neuanfang. Neben kongenialen Übersetzungen und Nachdichtungen (u. a. P. Éluard, P. Verlaine, A. József) verfasste Hermlin in den 50er-Jahren auch Agitationslyrik. Die frühe Erzählprosa, dezidiert antifaschistischen Inhalts, ist von kunstvoller Verflechtung von Traum und Realität gekennzeichnet (»Der Leutnant Yorck von Wartenburg«, 1946; »Reise eines Malers in Paris«, 1947). Seit den 60er-Jahren schrieb er vorwiegend essayistische Prosa (»Abendlicht«, 1979), die in ihrem - von Hermlin suggerierten - autobiographischen Gehalt umstritten ist. In der kulturpolitischen Szene der DDR war er um Ausgleich zwischen Machtapparat und künstlerischer Autonomie bemüht. Er förderte junge Autoren und suchte die Auswirkungen der Zensur zu mildern.
Weitere Werke: Lyrik: Zweiundzwanzig Balladen (1947); Der Flug der Taube (1952); Gesammelte Gedichte (1979).
Erzählungen: Die Zeit der Gemeinsamkeit (1950); Die erste Reihe (1951); Die Kommandeuse (1953); Lebensfrist. Gesammelte Erzählungen; (1980); In einer dunklen Welt (1993).
Prosa: Lektüre 1960-1971 (1973); Aufsätze, Reden, Reportagen, Interviews (1980); Äußerungen. 1944-1982 (1983); Bestimmungsorte (1985).
S. Schlenstedt: S. H., Leben u. Werk (1985);
K. Corino: Außen Marmor, innen Gips. Die Legenden des S. H. (1996).
Universal-Lexikon. 2012.