Faulkner
['fɔːknə], eigentlich (bis 1924) Falkner ['fɔːknə], William Cuthbert, amerikanischer Schriftsteller, * New Albany (Mississippi) 25. 9. 1897, ✝ Oxford (Mississippi) 6. 7. 1962; stammte aus einer alten, im Sezessionskrieg verarmten Südstaatenfamilie; trat im Juli 1918 in die Royal Air Force of Canada ein, kam jedoch nicht mehr zum Kriegseinsatz; danach Studium der englischen und französischen Literatur ohne Abschluss an der University of Mississippi. Während eines längeren Aufenthalts in New Orleans traf er 1924 mit S. Anderson zusammen. Nach Reisen in Europa (1925) ließ sich Faulkner in Oxford (Mississippi) nieder. - Im Zentrum seines umfangreichen Gesamtwerks stehen die seit »Sartoris« (1929; deutsch; erste vollständige Ausgabe 1974 unter dem Titel »Flags in the dust«) erschienenen Romane, die den Niedergang des Alten Südens und den wachsenden Einfluss skrupelloser Aufsteiger nach dem Sezessionskrieg anhand verschlungener Familiengeschichten im fiktiven »Yoknapatawpha County« im nördlichen Mississippi darstellen. Dabei sind die vielschichtigen Charaktere nicht Herr ihres Schicksals, sondern werden von Trieben, innerer Zerrissenheit und alter Schuld bestimmt. Das Verhältnis von weißer und schwarzer Rasse, Vater-Sohn-Konflikte, die Gegensätze von Rebellion und Unterwerfung, von individueller Isolation und Verstrickung in Familienbande werden eindringlich behandelt. Die abenteuerlichen, oft makabren und menschliche Extremsituationen darstellenden Ereignisse erscheinen meist als vielfältige Prozesse des menschlichen Bewusstseins, die den eigentlichen Kern des Erzählvorgangs bilden. So wird im Roman »The sound and the fury« (1929; deutsch »Schall und Wahn«) der Untergang der Compson-Familie aus vier verschiedenen Perspektiven betrachtet; dem steht die positive, stoische Haltung der schwarzen Bediensteten Dilsey gegenüber. Mit »The hamlet« (1940) beginnt eine Trilogie von Romanen, die mit Bitterkeit, aber auch mit Humor den Aufstieg der rücksichtslosen Snopes-Familie entfalten. Faulkner verfasste auch zahlreiche Kurzgeschichten, die sein fiktionales Bezugsnetz verdichten (z. B. »The bear«, 1942; deutsch »Der Bär«). Von 1933 an schrieb Faulkner Filmdrehbücher für Hollywood, u. a. zu Filmen von H. Hawks (»To have and have not«, 1944; »The big sleep«, 1946). - Faulkners auch sprachlich anspruchsvolle, stilistisch komplexe und oft ausschweifende Werke markieren mit ihren erzählerischen Innovationen einen Höhepunkt der literarischen Moderne und haben weltweit Anerkennung gefunden. 1950 erhielt er den Nobelpreis für Literatur für das Jahr 1949.
Weitere Werke: Romane: As I lay dying (1930; deutsch Als ich im Sterben lag); Sanctuary (1931; deutsch Freistatt); Light in August (1932; deutsch Licht im August); Absalom, Absalom! (1936; deutsch); The wild palms (1939; deutsch Wilde Palmen); Snopes-Trilogie: The hamlet (1940; deutsch Das Dorf), The town (1957; deutsch Die Stadt), The mansion (1959; deutsch Das Haus); Intruder in the dust (1948; deutsch Griff in den Staub); Requiem for a nun (1951; deutsch Requiem für eine Nonne); A fable (1954; deutsch Eine Legende); The reivers (1962; deutsch Die Spitzbuben); Father Abraham (herausgegeben 1983, Fragment; deutsch Vater Abraham).
Erzählungen: Knight's gambit (1949; deutsch Der Springer greift an); New Orleans sketches (1958; deutsch New Orleans).
Lyrik: The marble faun (1924); A green bough (1933; zweisprachige Auswahl Ein grüner Zweig); Vision in spring (herausgegeben 1984).
Ausgaben: Collected stories (1950); The collected works, 23 Bände (1964-70).
Sämtliche Werke, 29 Bände (1954-82); Gesammelte Erzählungen, 5 Bände (1965-67, Nachdruck 1978); Frankie und Johnny. Uncollected stories übersetzt von H.-C. Oeser u. a. (1992).
M. Christadler: Natur u. Gesch. im Werk von W. F. (1962);
O. W. Vickery: The novels of W. F. (Neuausg. Baton Rouge, La., 1973);
D. Meindl: Bewußtsein u. Schicksal. Zu Struktur u. Entwicklung von W. F.s Generationenromanen (1974);
A. Bleikasten: The most splendid failure. F.'s »The sound and the fury« (Bloomington, Ind., 1976);
Universal-Lexikon. 2012.