Jụng-Stịlling,
Johann Heinrich, eigentlich J. H. Jụng, Schriftsteller und Arzt, * Grund (heute zu Hilchenbach) 12. 9. 1740, ✝ Karlsruhe 2. 4. 1817; in dörflichem Milieu pietistisch erzogen, wurde nach vielseitiger autodidaktischer Bildung Lehrer, konnte mithilfe von Gönnern in Straßburg ab 1770 Medizin studieren, fand dort Anschluss an den Kreis um J. G. Herder und Goethe. Dieser gab 1777 die ihm von Jung-Stilling überlassene Lebensgeschichte unter dem Titel »Henrich Stillings Jugend« heraus und begründete damit Jung-Stillings literarischer Ruhm ohne dessen Wissen zu einem Zeitpunkt, da dieser schon ein bekannter Augenarzt war. 1787 folgte er einem Ruf nach Kaiserslautern als Professor für Kameralwiss.en. Von 1803 an lehrte Jung-Stilling Staatswissenschaften in Heidelberg, 1806 berief ihn der badische Kurfürst mit der Bitte, »Religion und praktisches Christentum« zu befördern, zum Hofrat, eine Stellung, die es Jung-Stilling ermöglichte, als freier Schriftsteller in Karlsruhe zu leben. Auch mit den Fortsetzungen seiner Autobiographie (insgesamt 6 Bände) hatte Jung-Stilling bei den Zeitgenossen Erfolg. Darüber hinaus gab er der Autobiographie im deutschen Sprachraum mit seiner Mischung aus pietistischer Frömmigkeit, Humanitätsstreben und psychologische Selbsterforschung neue Impulse.
Ausgaben: Sämmtliche Schriften. Vollständige Ausgabe, 8 Bände (1835-38, Nachdruck 1979); Sämmtliche Werke, 12 Bände (Neuausgabe 1841-42); Briefe an seine Freunde (21924); Lebensgeschichte, herausgegeben von G. A. Benrath (21984).
M. Geiger: Aufklärung u. Erweckung. Beitr. zur Erforschung J. H. J.-S.s u. der Erweckungstheologie (Zürich 1963);
A. Willert: Religiöse Existenz u. literar. Produktion. J.-S.s Autobiographie u. seine frühen Romane (1982);
R. Vinke: J.-S. u. die Aufklärung (1987);
O. W. Hahn: J. H. J.-S. (1990).
Universal-Lexikon. 2012.