Klọpstock,
Friedrich Gottlieb, Dichter, * Quedlinburg 2. 7. 1724, ✝ Hamburg 14. 3. 1803. Nach pietistischer Erziehung im Elternhaus besuchte Klopstock das Gymnasium Quedlinburg und die Fürstenschule Schulpforta (1739-45). Danach studierte er Theologie in Jena (1745/46) und Leipzig (1746-48), wo er sich dem Kreis um die Bremer Beiträge anschloss. 1748-50 war er Hauslehrer in Langensalza; seine Liebe zur Cousine Maria Sophia Schmidt (* 1731, ✝ 1799), die als »Fanny« in sein Werk einging, blieb unerfüllt. 1750 lud ihn J. J. Bodmer nach Zürich ein, jedoch kam es bald zur Entfremdung. Auf Einladung des Reformers und Ministers J. H. E. Graf von Bernstorff ging Klopstock 1751 nach Kopenhagen, wo ihm der König eine Lebensrente gewährte. Klopstock wurde dort zum Mittelpunkt eines deutsch-dänischen Dichter- und Aufklärerkreises, zu dem u. a. J. B. Basedow, J. A. Cramer, H. W. von Gerstenberg, J. E. Schlegel, H. P. Sturz und F. L. Reichsgraf zu Stolberg-Stolberg gehörten. 1754 heiratete Klopstock die Hamburgerin Meta Moller (* 1728, ✝ 1758), die »Cidli« seiner Oden. 1759-63 Aufenthalte in Halberstadt, Braunschweig und Quedlinburg, 1764-70 war Klopstock wieder in Dänemark, danach lebte er in Hamburg, wohin er Bernstorff nach dem Tod König Friedrichs V. gefolgt war.
Klopstock setzte den spätbarocken, moralisch-rationalen und pietistisch-theologischen Dichtübungen nach zeitgenössischer Mode die individuelle Identität des Dichters einer irrational geprägten Sprach- und Gefühlswelt entgegen. Damit wurde er zugleich Wegbereiter für Empfindsamkeit, Sturm und Drang und Erlebnisdichtung. Seine bewusst vom Alltag abgehobene Sprache gewann Ursprünglichkeit durch kühne, teils manieristische Neuprägungen in Wortwahl, Satzbau und Stil und erneuerte die seit M. Opitz gültige metrische Tradition in meisterlicher Anlehnung an antike Muster. Er führte den Hexameter in die deutsche Dichtung ein und passte ihn der Eigengesetzlichkeit der deutschen Sprache an. Mit den freien Rhythmen schuf er völlig neue Möglichkeiten, leidenschaftliche Stimmungen auszudrücken. Die klassische Mythologie ersetzte er durch eine germanisch-nationale und christliche Vorstellungswelt. V. a. die ersten drei Gesänge seines biblischen Hexameterepos »Der Messias« (veröffentlicht 1748 in den »Bremer Beiträgen«) wurden begeistert aufgenommen (einzelne Veröffentlichung der Gesänge bis 1773, erste Gesamtausgabe, 2 Bände, 1780, überarbeitet 1799). Klopstock griff damit eine Anregung Bodmers auf, der das religiöse Epos über jede andere dichterische Leistung stellte. Auch die 1771 in Buchform gesammelten Oden (einzeln veröffentlicht ab 1748) behandeln - unter Einfluss der Bibel und der Dichtungen von Horaz, Pindar, J. Milton und E. Young - erhabene Themen wie Liebe, Freundschaft und Vaterland, aber auch das Erleben der Natur (»Der Zürchersee«, 1750; »Frühlingsfeier«, erste Fassung 1759 unter dem Titel »Landleben«; »Der Eislauf«, 1764). Unter Klopstocks wenig bühnenwirksamen Dramen (u. a. »Der Tod Adams, 1757), religiösen und vaterländischen Weihespielen (Bardiete) begründete v. a. »Hermanns Schlacht« (1769) die romantisch-nationale Motivik in der deutschen Literatur. Unter den theoretischen Schriften, u. a. zu Metrik, Poetik, Orthographie und Etymologie (»Über Sprache und Dichtkunst«, 3 Bände, 1779-80), ist das nicht abgeschlossene Prosawerk »Die deutsche Gelehrtenrepublik, ihre Einrichtung, ihre Gesetze. ..« (1774) am bedeutendsten. Hier entwickelt Klopstock, der anfänglich mit den Zielen der Französischen Revolution sympathisierte und 1792 zum Ehrenbürger der französischen Nationalversammlung ernannt worden war, sich dann aber 1793 unter dem Eindruck des Terrors enttäuscht abgewandt hatte, das Prinzip der Freiheit von dichterischen Regelzwängen, postulierte den Zusammenschluss der deutschen Intelligenz zur Durchsetzung bürgerlicher Forderungen und griff damit auch Gedanken von G. W. Leibniz, C. Thomasius und J. C. Gottsched auf. Als Klopstock, dessen Werk die Gründung eigener Klopstock-Gesellschaften und Zirkel veranlasst hatte, im Jahre 1803 starb, wurde sein Begräbnis zu einer nationalen Feier.
Ausgaben: Sämmtliche Werke, 12 Bände (1798-1817); Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe (Hamburger Klopstock-Ausg.), begründet von A. Beck u. a., herausgegeben von H. Gronemeyer u. a., auf 36 Bände berechnet (1974 folgende); Ausgewählte Werke, herausgegeben von K. A. Schleiden, 2 Bände (41981).
F. Muncker: F. G. K. Gesch. seines Lebens u. seiner Schriften (21900);
K. A. Schleiden: K.s Dichtungstheorie als Beitr. zur Gesch. der dt. Poetik (1954);
K. L. Schneider: K. u. die Erneuerung der dt. Dichtersprache im 18. Jh. (21965);
F. G. K., hg. v. H. L. Arnold (1981);
H. Zimmermann: Freiheit u. Geschichte. F. G. K. als histor. Dichter u. Denker (1987);
H.-U. Rülke: Gottesbild u. Poetik bei K. (1991);
K. an der Grenze der Epochen. Mit K.-Bibliogr. 1972-1992, bearb. v. H. Riege, hg. v. K. Hilliard u. K. Kohl (1995).
Universal-Lexikon. 2012.