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Hofmannsthal
Hofmannsthal,
 
Hugo von, Pseudonyme Theophil Mọrren, Loris, Loris Mẹlikow, österreichischer Schriftsteller, * Wien 1. 2. 1874, ✝ Rodaun (heute zu Wien) 15. 7. 1929; studierte Jura und romanische Philologie, freier Schriftsteller seit 1901; unternahm zahlreiche Reisen (Frankreich, Mittelmeerländer), war befreundet u. a. mit A. Schnitzler, R. Beer-Hofmann, H. Bahr, R. A. Schröder, C. J. Burckhardt, R. Pannwitz und S. George, an dessen »Blättern für die Kunst« er mitarbeitete, dessen eigenwilliger Führung er sich aber bald entzog; Herausgeber beziehungsweise Mitherausgeber von literarischen Zeitschriften und Sammlungen. Aus der Zusammenarbeit mit R. Strauss und M. Reinhardt erwuchs die Idee der Salzburger Festspiele. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Offizier teil. Der Zusammenbruch des habsburgischen Reichs, das er als geistige Mitte der europäischen Kultur begriffen hatte, traf ihn tief.
 
Hofmannsthal zählt als Lyriker und Dramatiker zu den bedeutenden Vertretern des österreichischen Impressionismus und Symbolismus. Sein Romanfragment »Andreas oder Die Vereinigten« (entstanden 1907-13, gedruckt 1932), die formal vollendeten Novellen, die Essays und die Briefe sind Prosawerke von hohem Rang. Zivilisationsmüdigkeit und Traditionsbewusstsein bestimmen gleichermaßen seine geistige Haltung.
 
Beeinflusst vom französischen Symbolismus und von George, schrieb er zunächst formvollendete Gedichte und lyrische Dramen, in denen die äußerst verfeinerte Sprache, die Themen und Stimmungen des Fin de Siècle vorherrschen: Schönheit und Tod, Fremdheit des Lebens, Introversion als - mystischer - Weg zur Welterkenntnis (»Der Tod des Tizian«, 1892, gedruckt 1901; »Der Thor und der Tod«, 1894). Bereits im Frühwerk wird Hofmannsthals ethische Grundhaltung deutlich, die die ästhetisch-reflexive Distanz zum Leben als Schuld deutet. Durch das gesamte Werk zieht sich leitmotivisch das Grundproblem der Treue. Innere Krise, auch der Sprache, bezeichnet der »Chandos-Brief« (1902). Das Bemühen um Überwindung von Lyrismus und Ästhetizismus führte Hofmannsthal zur antiken und christlich-abendländischen Tradition, zum griechischen Drama (»Elektra«, 1904), zum Mysterienspiel (»Jedermann«, 1912), zum Alt-Wiener Lustspiel (»Der Schwierige«, 1921) und zum österreichischen Barocktheater (»Das Salzburger Große Welttheater«, 1922, nach Calderón). Auch das ethische Anliegen konnte in den Dramen verwirklicht werden, thematisch wird es in der Behandlung neuer Problemkreise (Ehe, Staat) sichtbar, auch in der veränderten Haltung zur Sprache, deren Scheincharakter und Schablonenhaftigkeit er aufzudecken suchte. Als Verfasser literarisch eigenständiger, von R. Strauss vertonter Opernlibretti schuf er eine neue Form des Musiktheaters (»Der Rosenkavalier«, 1910).
 
Weitere Werke: Lyrik: Ausgewählte Gedichte (1903); Gedichte (1922).
 
Dramen: Gestern (1892); Das Bergwerk zu Falun (entstanden 1899, gedruckt 1924); Das gerettete Venedig (1905); Ödipus und die Sphinx (1906); Cristinas Heimreise (1910); Alkestis (1911); Der Unbestechliche (Uraufführung 1923); Der Turm (1925).
 
Libretti: Ariadne auf Naxos (1912); Die Frau ohne Schatten (1916); Die ägyptische Helena (1928); Arabella oder Der Fiakerball (herausgegeben 1933).
 
Novellen und Erzählungen: Das Märchen der 672. Nacht (1895); Reitergeschichten (1899); Das Erlebnis des Marschalls von Bassompierre (1900); Prinz Eugen, der edle Ritter (1915).
 
Sonstige Prosa: Unterhaltungen über literarische Gegenstände (1904); Der Dichter und diese Zeit (1907); Buch der Freunde (1922); Die Berührung der Sphären (herausgegeben 1931).
 
Ausgaben: Gesammelte Werke in Einzelausgaben, herausgegeben von H. Steiner, 15 Bände (6.-19. Tausend 1956-76); Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe, herausgegeben von R. Hirsch u. a., auf zahlreiche Bände berechnet (1975 folgende); H. v. Hofmannsthal R. M. Rilke. Briefwechsel 1899-1925, herausgegeben von R. Hirsch u. a. (1978); Briefwechsel mit dem Insel-Verlag 1901-29, herausgegeben von G. Schuster (1985); Gesammelte Werke. In 10 Einzelbänden, herausgegeben von B. Schoeller (1986).
 
Literatur:
 
K. J. Naef: H. v. H.s Wesen u. Werk (Zürich 1938);
 R. Alewyn: Über H. v. H. (41967);
 
H. v. H., hg. v. S. Bauer (1968);
 E. Kobel: H. v. H. (1970);
 
H. im Urteil seiner Kritiker. Dokumente zur Wirkungsgesch. H.s in Dtl., hg. v. G. Wunberg (1972);
 H. Weber: H. v. H. Bibliogr. Werke, Briefe, Gespräche, Übersetzungen, Vertonungen (1972);
 H. A. u. U. Koch: H. v. H. Bibliogr. 1964-76 (1976);
 Mathias Mayer: H. v. H. (1993);
 W. Volke: H. v. H. (64.-66. Tsd. 1994).

Universal-Lexikon. 2012.