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Kulturpolitik
Kul|tur|po|li|tik 〈f.; -; unz.〉 alle Maßnahmen des Staates, die kulturellen Errungenschaften zu erhalten, zu pflegen u. zu verbessern

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Kul|tur|po|li|tik, die:
Gesamtheit der Bestrebungen des Staates, der Gemeinden, Kirchen, Parteien, Vereine u. Verbände zur Förderung u. Erhaltung der Kultur (1 b).

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Kulturpolitik,
 
die Gesamtheit aller politischen Bestrebungen innerhalb des Staates, besonders jedoch die Maßnahmen des Staates selbst, das kulturelle Selbstverständnis (kulturelle Identität) einer Nation oder einer Gesellschaft zu bewahren, kulturelle Produktion zu fördern sowie das Verständnis für Kultur zu wecken und zu verbreiten. Kulturpolitik kann der Erhaltung von Grundwertvorstellungen und von Herrschaftsstrukturen sowie der inneren Festigung oder der Assimilation ethnischer, nationalen oder religiös-weltanschaulichen Minderheiten dienen.
 
Träger:
 
Während in autoritären Gesellschaften die herrschenden Kräfte die Kulturpolitik bestimmen und Diktaturen die Kulturpolitik in den Dienst ihrer Ideologie stellen, sind in pluralistisch strukturierten Gesellschaften neben dem Staat und seinen Organen Gemeinden und Gemeindeverbände, Kirchen und andere Religionsgemeinschaften, Parteien, Gewerkschaften und andere Interessenverbände, Medien und Stiftungen in eigener Verantwortung kulturpolitisch tätig. Länderübergreifend sind internationalen Organisationen mit kulturellen Angelegenheiten befasst (z. B. die UNESCO).
 
Bereiche:
 
Im Zentrum der Kulturpolitik steht das Erziehungs- und Bildungswesen (besonders das Schulsystem und seine Lehrpläne sowie Organisation und Richtung der beruflichen und der Erwachsenenbildung). Im Wissenschaftsbereich umfasst Kulturpolitik v. a. die Hochschul- und Forschungspolitik, im Bereich der Kunst die Förderung von Literatur, Theater, Musik, bildenden Künsten und Film. Im Natur- und Landschaftsschutz sowie in der Heimat- und Denkmalpflege verbinden sich Intentionen der Kulturpolitik mit denen des Umweltschutzes. Daneben gewann der Breiten- und Leistungssport kulturpolitische Bedeutung. Besonders in Gestalt der Nationalrepräsentation ist Kulturpolitik auf internationaler Ebene ein Teil der Außenpolitik. In der multipolaren Welt seit der globalen Wende 1989/91 trägt der »Kulturdialog« zunehmend zur Friedenssicherung bei.
 
Organisation der Staatstätigkeit:
 
Staatliche Kulturpolitik kann zentralistisch (z. B. in Frankreich; neuerdings regionalistische Tendenzen) oder föderalistisch (Kulturhoheit von Gliedstaaten eines Bundesstaates, z. B. in Deutschland, Österreich und der Schweiz) organisiert sein. Im Zentrum staatlicher Kulturpolitik steht (auf Gesamtstaats- oder Teilstaatsebene) eine oberste Behörde, z. B. der Kultusminister eines deutschen Bundeslandes, der Erziehungsminister z. B. in Österreich und Frankreich, der kantonale Erziehungsdirektor in der Schweiz. In föderalistischen Staaten bestehen Koordinierungsorgane: z. B. in Deutschland die Kultusministerkonferenz, in der Schweiz die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren. Neben dem Staat tritt die Gemeinde als ein wesentlicher Träger der Kulturpolitik hervor (Kommunalpolitik).
 
Kulturpolitik zwischen Staatstätigkeit und privater Initiative:
 
Historisch bedingt ist die Gestaltungsmacht des Staates auf dem Bildungs- und Erziehungssektor am stärksten; er besitzt z. B. in Deutschland nach Art. 7 Absatz 1 GG das alleinige Recht der Schulaufsicht. Auf dem Gebiet von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind dem Staat durch verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten des Bürgers Grenzen gesetzt. Unter pluralistischen Gesellschaftsbedingungen können Kirchen und »freie Träger« schul- und bildungspolitische Initiativen entwickeln, wissenschaftliche Akademien und Gesellschaften (z. B. Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften), Institutionen öffentlich-rechtlichen Charakters (z. B. Stiftung Preußischer Kulturbesitz, British Council), privatrechtliche Stiftungen (u. a. Friedrich-Ebert-Stiftung, Studienstiftung des Deutschen Volkes) und privatrechtlich organisierte Vereine des öffentlichen Bereichs (u. a. Deutscher Akademischer Austauschdienst, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Goethe-Institut) sowie zahlreiche andere Kulturinstitute in eigener Verantwortung Forschungs-, Erziehungs- und Bildungsarbeit betreiben. Staatliche und private Initiativen kommen bei der Errichtung und Förderung von Museen, Archiven, Galerien, Bibliotheken, Theatern u. a. zum Tragen. Neben Privatpersonen treten Wirtschaftsunternehmen und Geldinstitute als Förderer kultureller Leistungen hervor (»Kultursponsoring«).
 
Geschichte:
 
Bis über das Mittelalter waren kulturpolitische Aktivitäten von Kirche und Adel bestimmt (Schulwesen, Kunst); später traten die Städte als Träger kultureller Aktivitäten hinzu. Mit der Entstehung des absolutistischen Staates (17./18. Jahrhundert) gelangten zunächst Hochschulen und (in der Reformationszeit säkularisierte) Klosterschulen (als Fürstenschulen), später das Bildungswesen insgesamt (Einführung der allgemeinen Schulpflicht) in den Einflussbereich des Staates; u. a. Gründung der »Grandes Écoles« unter Napoleon I. preußische Schul- und Bildungsreform unter W. von Humboldt (seit 1810). Im 19. Jahrhundert entstanden die für Kulturpolitik speziell zuständigen Ministerien. Je stärker der Staat kulturpolitische Aufgaben an sich zog, desto mehr stellte sich die Frage nach den Grenzen staatlicher Kulturpolitik; dabei spielte das Verhältnis von Staat und Kirche (Kulturkampf in Deutschland; Trennung von Staat und Kirche in Frankreich zu Beginn des 20. Jahrhunderts) ebenso eine Rolle wie die Forderung nach Freiheit des Bürgers in Kunst und Wissenschaft (z. B. gewährt in Art. 142 der Weimarer Reichsverfassung). Im Zuge der Etablierung totalitärer Herrschaftssysteme im 20. Jahrhundert wurde Kulturpolitik dort zum Instrument der Staatspropaganda und Indoktrination.
 
Kulturpolitische Tendenzen in der pluralistischen Gesellschaft:
 
Der auf Bewahrung von »Kulturleistungen« ausgerichteten Kulturpolitik steht heute in offenen Gesellschaften eine Richtung gegenüber, die ein emanzipatorisches Interesse vertritt und die kulturelle Mündigkeit des Individuums in den Vordergrund stellt. Im Gegensatz zur tradierten Repräsentationskultur (z. B. Festspiele, Museumsbauten) steht ein Konzept, einer »Kultur der Vielen« (u. a. kulturell anspruchsvolle Freizeitangebote). Überkommenen elitären Strukturen in der Kulturszene tritt die Forderung entgegen, die Chancengleichheit auch auf die Teilhabe am kulturellen Leben auszuweiten (Alternativkultur). Der Kommerzialisierung des Kulturbetriebes soll so entgegengewirkt werden. - Mit dem tief greifenden globalen Strukturwandel und den zunehmenden internationalen Verflechtungen (globale Informationsgesellschaft) scheinen Kultur und Kulturpolitik im Übergang zum 21. Jahrhundert neue Bedeutungen zuzuwachsen.
 
Literatur:
 
Dt. K., hg. v. M. Abelein (1970);
 Hans Maier: K. (1976);
 P. Häberle: K. in der Stadt, ein Verfassungsauftrag (1979);
 
Kultur u. soziale Räume. Rahmenbedingungen der K., hg. v. K. Ermert (1980);
 
Dt. auswärtige K. seit 1871. Gesch. u. Struktur, hg. v. K. Düwell u. a. (1981);
 H. Hoffmann: Kultur für alle (Neuausg. 1981);
 
Soziale Kulturarbeit u. kulturelle Sozialarbeit, hg. v. K. Ermert (21986);
 
K. Standorte, Innensichten, Entwürfe, hg. v. W. Lipp (1989);
 
K. u. Kultursponsoring, hg. v. C. Stolorz u. a. (1992).

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Kul|tur|po|li|tik, die <o. Pl.>: Gesamtheit der Bestrebungen des Staates, der Gemeinden, Kirchen, Parteien, Vereine u. Verbände zur Förderung u. Erhaltung der ↑Kultur (1 b).

Universal-Lexikon. 2012.