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Hẹr|mes (griech. Mythol.):
Götterbote, u. a. Gott des Handels, Begleiter der Toten in den Hades.
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I Hẹrmes,
1) Astronomie: ein 1937 von K. Reinmuth entdeckter Planetoid (Apollo-Objekte), der sich der Erde bis auf 600 000 km näherte; seither verschollen.
2) [französisch ɛr'mɛs], Raumfahrt: von Frankreich initiiertes Raumfahrzeug der europäischen Raumfahrtbehörde ESA, das 1998 zu seinem ersten, noch unbemannten Flug in den Weltraum als Nutzlast der Trägerrakete Ariane-5 starten sollte. Hermes war gedacht für den bemannten Pendelverkehr zwischen Erde und der geplanten europäischen Raumstation Columbus oder Forschungsplattformen. Gegenüber den ursprünglich größeren Ausmaßen sollte nach dem letzten Entwicklungskonzept der deltageflügelte Hermes bei 10 m Spannweite etwa 15 m lang sein; das maximale Startgewicht einschließlich Treibstoff, Nutzlast und (maximal drei) Besatzungsmitgliedern wurde auf 21 t begrenzt, die Nutzlastkapazität auf knapp 3 t, die rückführbare Nutzlast auf etwa 1,5 t. Nach Explosion der US-Raumfähre Challenger (28. 1. 1986) wurde ein Rettungssystem für Hermes als notwendig erachtet, dessen nachträglicher Einbau Nutzlast und Mannschaftsstärke schrumpfen ließ. 1993 wurde das Projekt eingestellt.
Hẹrmes,
1) Andreas, Politiker, * Köln 16. 7. 1878, ✝ Krälingen (heute zu Altenahr) 4. 1. 1964; Landwirt und Volkswirtschaftler, Mitglied des Zentrums, war 1920-21 Reichsernährungs- und 1922-23 Reichsfinanzminister, 1928-33 Präsident der Vereinigung der christlichen deutschen Bauernvereine und 1930-33 des Reichsverbandes der landwirtschaftlichen Genossenschaften (Raiffeisen). Im Zweiten Weltkrieg schloss er sich der Widerstandsbewegung um L. Beck und C. F. Goerdeler an. 1944 wurde er verhaftet und zum Tode verurteilt (Urteil nicht vollstreckt). Von Mai bis Dezember 1945 war Hermes Vorsitzender der CDU in der SBZ und Berlin, musste aber wegen seiner Gegnerschaft zur geplanten Bodenreform zurücktreten. 1946 ging er nach Westdeutschland; 1947-49 gehörte er dem Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes an. 1947-54 war Hermes Präsident des Deutschen Bauernverbandes, 1947-61 des Deutschen Raiffeisenverbandes. Der Deutschlandspolitik der Regierung unter K. Adenauer stand er kritisch gegenüber.
Festschr. für A. H. zum 80. Geburtstag (1958).
2) Georg, katholischer Philosoph und Theologe, * Dreierwalde (heute zu Hörstel) 22. 4. 1775, ✝ Bonn 26. 5. 1831; 1807 Professor der Dogmatik in Münster, 1820 in Bonn. Hermes versuchte in Auseinandersetzung mit I. Kant das kirchliche Dogma wissenschaftlich (»objektiv«) zu begründen. Die subjektive christliche Glaubenserfahrung als Erfahrungstatsache hervorhebend, begründet nach Hermes die autonome praktische Vernunft den christlichen Offenbarungsglauben, der zwar theoretisch immer bezweifelbar ist, jedoch in Gestalt seiner praktischen (erfahrbaren) Auswirkungen für die Erhaltung der Menschenwürde unerlässlich sei. (Hermesianismus)
Werke: Untersuchung über die innere Wahrheit des Christentums (1805); Einleitung in die christkatholische Theologie, 2 Teile (1819-29); Christkatholische Dogmatik, herausgegeben von J. H. Achterfeldt, 3 Teile (1834-35).
3) Hans, Mathematiker und Logiker, * Neunkirchen (Saarland) 12. 2. 1912; Professor in Münster (1953) und Freiburg im Breisgau (1966). Neben anfänglichen Arbeiten zur Semiotik legte Hermes 1938 eine formalisierte Fassung der Mechanik vor. Spätere Arbeiten betrafen fast alle Gebiete der mathematischen Grundlagenforschung. Große Verbreitung fand sein Buch »Aufzählbarkeit, Entscheidbarkeit, Berechenbarkeit« (1961).
Weiteres Werk: Einführung in die mathematische Logik (1963).
4) Johann Timotheus, Schriftsteller, * Petznick (bei Stargard in Pom.) 31. 5. 1738, ✝ Breslau 24. 7. 1821; war Lehrer, Prediger, zuletzt Oberkonsistorialrat und Professor der Theologie in Breslau. Hermes steht mit dem Roman »Geschichte der Miß Fanny Wilkes« (2 Bände, 1766) noch stark unter dem Einfluss des englischen Familien- und Gesellschaftsromans. Im seinerzeit erfolgreichen Roman »Sophiens Reise von Memel nach Sachsen« (1769-73, 5 Bände), in deutschen Bürgerkreisen spielend, gab er eine kulturhistorisch bedeutsame Schilderung, die, ganz im Sinne der Aufklärung, mit moralisierenden und lehrhaften Erörterungen durchsetzt ist. Daneben entstanden zahlreiche Andachtsschriften und Predigten.
III
Hẹrmes,
griechisch Hermes, griechischer Mythos: griechischer Gott, Sohn des Zeus und der Nymphe Maia, Gott der Wege und der Reisenden. Seine ältesten Kultbilder waren an Wegen aufgestellt (Herme). Als Wegegott geleitete er auch die Seelen auf ihrem Gang vom Diesseits ins Jenseits (Hermes Psychopompos). Schon früh wurde Hermes auch als Gott der Hirten und Herden verehrt (Hermes Nomios); der Hirtengott Pan galt als sein Sohn. Eine enge Beziehung hatte Hermes als rivalisierender Bruder des Apoll zur Kunst; ihm wurde die Erfindung der Leier (Lyra, die er aus einer Schildkröte baute) und des improvisierenden Gesangs zugeschrieben, auch andere Kunstfertigkeiten, so das Entfachen des Feuers durch Reiben, sollten auf ihn zurückgehen. Mit dem Wettkampf war er gleichfalls verbunden (in Gymnasien und Palästren waren Hermen aufgestellt). Seine Fähigkeit des Findens und Erfindens auf geistigem Gebiet (damit auch des Erklärens und Auslegens als Hermes Logios) ließ Hermes zum Gott der Redner werden. Aus der Verbindung des aller Wege kundigen, gewandten Gottes mit der für den glücklichen Fund (hermaion) und dem An-sich-Nehmen dieses Fundes gedachten Gestalt entstand der listige Gott der Diebe; schon als Knabe stahl er Apoll eine Rinderherde; auch war er der Vater des Meisterdiebes Autolykos. Die göttliche Wirkung seiner List ging aus dem Zauber hervor; so war der Stab des Hermes ursprünglich ein reiner Zauberstab, dessen Berührung Träume, Segen und Reichtum brachte (später als Heroldsstab, griechisch kerykaion, verstanden). Durch seine Gewandtheit galt er auch als Götterbote, als Mittler zwischen Göttern und Menschen, der (außer mit Heroldsstab) mit Flügelschuhen und Reisehut dargestellt wurde. Den Römern galt Hermes als Gott der Kaufleute; sie setzten ihn dem Merkur gleich; zu seinen traditionellen Attributen trat der Geldbeutel hinzu. (Hermes Trismegistos)
Archaische Vasenbilder zeigen den Gott seit dem späten 7. Jahrhundert v. Chr. oft als Dieb der Rinderherden, die Apoll für Admetos hütete (Caeretaner Hydria, um 530 v. Chr., Paris, Louvre; Brygosmaler, um 490/480, Rom, Vatikanisch Sammlungen). Seine Tiere sind Ziege und Widder (Hermes als Widderträger, Bronzestatuette, um 520 v. Chr., Boston, Museum of Fine Arts; Hermes als Widderdieb auf einer Olpe, um 520 v. Chr., Paris, Louvre). Andere Vasen oder Weihreliefs zeigen ihn als Götterboten, z. B. beim Parisurteil, mit dem Dionysosknaben, bei Prometheus, Argus, mit Eurydike, bei Persephones Wiederkehr (wohl im Zusammenhang mit den Eleusinischen Mysterien: Krater des Persephonemalers, um 440 v. Chr.; New York, Metropolitan Museum) und auf Lekythen als Geleiter Verstorbener (meist Frauen). Eine Statue des Hermes Chthonios aus dem Umkreis des Phidias (römische Kopie; Rom, Museo Nazionale Romano) wird mit einem Staatsgrabmal in Verbindung gebracht. Andere bedeutende Plastiken: Hermes Farnese (um 330-320 v. Chr.; London, Britisches Museum), Hermes Ludovisi (Marmorkopie nach einem Bronzeoriginal des Phidias; Rom, Thermenmuseum), Hermes mit dem Dionysosknaben von Praxiteles (4. Jahrhundert v. Chr.; Olympia, Archäologisches Museum; Originalität umstritten). - In der italischen Kunst sind Hermesstatuetten besonders in den Gebirgsregionen verbreitet. - Im Mittelalter als Planet, auch Gott der Beredsamkeit (Quedlinburger Bildteppich) tradiert, ist Hermes seit der Renaissance wieder gegenwärtig als Seelenführer (Raffael), Gott des Handels, der Vernunft, des Friedens und der Künste. Giambolognas Statuette stellt Merkur als das Element Luft dar (1580; Florenz, Bargello), der Rinderdiebstahl reizte Landschaftsmaler (C. Lorrain). Auch Correggio, Tintoretto, P. Veronese und P. P. Rubens wählten Hermesmotive.
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Hẹr|mes (griech. Myth.): Götterbote, u. a. Gott des Handels, Begleiter der Toten in den Hades.
Universal-Lexikon. 2012.