Akademik

Kirchenlied
Loblied; geistliches Lied

* * *

Kịr|chen|lied 〈n. 12; Mus.〉 in Strophen gegliedertes geistl. Lied, das auf Wallfahrten, bei Prozessionen usw. u. im Gottesdienst von der Gemeinde gesungen wird

* * *

Kịr|chen|lied, das:
für das Singen im Gottesdienst bestimmtes geistliches Lied.

* * *

Kirchenlied,
 
das von der Gemeinde im christlichen Gottesdienst gesungene strophische volkssprachliche Lied. Seine Abgrenzung gegen das geistliche Lied (im geistlichen Spiel oder geistlichen Brauchtum in Haus und öffentliche Gemeinschaft) ist vielfach schwer zu bestimmen. Erhaltene Belege gehen bis in das 9. Jahrhundert zurück (Freisinger »Petruslied«) und erweisen sich im früheren Mittelalter neben der eigenständigen Form der Leisen (Leis) vielfach als volkssprachliche Umdichtungen von lateinischen Hymnen und Sequenzen. Die enge Verbindung mit ihnen zeigt sich bei Kirchenliedern wie »Christ ist erstanden« (12. Jahrhundert, zu »Victimae paschali laudes«) oder »Komm, Heiliger Geist« (zu »Veni sancte spiritus«). Lieder aus Mysterienspielen fanden Verwendung als Kirchenlied ebenso wie deutsch-lateinische Mischpoesien (z. B. »In dulci jubilo«), die mit Dreiklangsmelodik dem Volkslied nahe stehen. Große Bedeutung erlangte auch eine v. a. an die Klöster gebundene mystische Kirchenliedpoesie, die bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts lebendig war.
 
In den Anfängen der Reformation gab, angeregt von der böhmischen Cantio (meist einstimmiges lateinisches Lied) des 14./15. Jahrhunderts, T. Müntzer einen von Luther sofort aufgegriffenen Anstoß, in dessen Folge das Kirchenlied zu einem im Volk schnell verbreiteten Träger des neuen Glaubensgutes wurde. Die Übernahme, Ausweitung und Umdichtung bereits bekannter Kirchenlieder (z. B. »Wir glauben all an einen Gott«) stand neben einer zunehmenden Neuschöpfung, die in die Gesangbücher Eingang fand. Ein eigener Strang ging von den Genfer Psalmliedern (Hugenottenpsalter von C. Marot und T. Beza) aus, die im deutschen-sprachigen Bereich der evangelischen Kirchen von P. Schede Melissus (1572) und A. Lobwasser (1573) übernommen und für die katholischen Psalmlieder von Kaspar Ulenberg (1582) maßgebend wurden. Das katholische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts war zunächst durch die auf mittelalterliche Leisen und Rufe stark zurückgreifenden Sammlungen von Nikolaus Beuttner (16./17. Jahrhundert) und David Gregor Corner (* 1585, ✝ 1648), v. a. aber durch das jesuitische Liedgut der Gegenreformation geprägt (seit 1607, u. a. »Trutznachtigall« von F. von Spee, 1648). Im evangelischen Kirchenlied setzte um 1600 eine mystische Verinnerlichung ein (P. Nicolai), die sich in einseitiger Betonung des religiösen Gefühls (»Ich-Lieder«) zur Jesusfrömmigkeit des Pietismus (N. von Zinzendorf) wendete, aber gültige Höhepunkte bei J. Heermann, J. Rist, Johann Franck (* 1618, ✝ 1677) und v. a. P. Gerhardt erreichte. Im Musikalischen spiegelte sich diese Entwicklung im Übergang von überwiegend schlichter Melodik zu einer nahezu ariosen Gestaltung. Für das Kirchenlied beider Konfessionen bedeuteten sowohl die Aufklärung mit ihren nüchternen Aussagen als auch die Romantik einen Niedergang, dem die konfessionelle Singbewegung mit noch heute wirkenden Bemühungen und historisierenden Rückgriffen zu begegnen suchte. — Nach den Einheitsgesangbüchern der evangelischen und der katholischen Kirche gibt es Bestrebungen, ein für alle christliche Religionen verbindliches Kirchenliedrepertoire zu erstellen. (Gospelsong)
 
Literatur:
 
P. Wackernagel: Das dt. K. von der ältesten Zeit bis zu Anfang des 17. Jh., 5 Bde. (1864-77, Nachdr. 1964);
 E. E. Koch: Gesch. des K. u. Kirchengesangs der christl., insbesondere der dt. Kirche, 8 Bde. (31866-76, Nachdr. 1973);
 W. Bäumker: Das kath. dt. K. in seinen Singweisen, 4 Bde. (1883-1911, Nachdr. 1962);
 J. Zahn: Die Melodien der dt. ev. K., 6 Bde. (1889-93, Nachdr. 1963);
 
Das. dt. ev. K. des 17. Jh., hg. v. A. F. W. Fischer, 6 Bde. (1904-16, Nachdr. 1964);
 P. Gabriel: Das dt. ev. K. von M. Luther bis zur Gegenwart (31956);
 
Das dt. K., hg. v. K. Ameln, auf mehrere Bde. ber. (1975 ff.);
 
Das prot. K. im 16. u. 17. Jh., hg. v. A. Dürr u. a. (1986);
 H. Ühlein: K. u. Textgesch. (1995).
 
Zeitschrift: Jb. für Liturgik u. Hymnologie (1955 ff.).
 

* * *

Kịr|chen|lied, das: für das Singen im Gottesdienst bestimmtes geistliches Lied.

Universal-Lexikon. 2012.