Verkrümmung; systematischer Fehler; systematische Abweichung; Bias; Tendenz; Deformation; Entstellung; Befangenheit; Distorsion
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Ver|zẹr|rung 〈f. 20〉
1. das Verzerren
2. das Verzerrtsein
3. 〈fig.〉 Entstellung
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Ver|zẹr|rung, die; -, -en:
1. das Verzerren; das Verzerrtwerden.
2. etw. Verzerrtes.
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I Verzerrung,
1) Akustik: von G. von Békésy geprägte Bezeichnung für Vorgänge im auditiven System (Gehör), auf denen beim Hören eines Klangs oder ähnlichen Schallereignisses das Wahrnehmen einer Tonhöhe beruht, der sich kein Sinuston mit entsprechender Frequenz zuordnen lässt. (virtuelle Töne)
2) Kartographie: Maß für die in Kartennetzentwürfen auftretende geometrische Deformation bei der Abbildung der sphärischen Erdoberfläche in eine ebene Fläche (Karte). Sie ist ein Kriterium für die Güte von Kartennetzen. Bei Gesamtdarstellungen der Erde kann sie erhebliche Beträge erreichen.
3) Kristallographie: Kristallform.
4) Mechanik: das Verhältnis einer Verformung zur entsprechenden Ausgangsabmessung eines Körpers, die zusammenfassende Bezeichnung für Dehnung (Längsverzerrung) und Scherung (Schubverzerrung). Der Verzerrungstensor ε ist ein dreidimensionaler symmetrischer kartesischer Tensor 1. Stufe, dessen Diagonalelemente die drei Dehnungen εαα = ∂η / ∂α in Richtung der Koordinatenachsen (α = x, y, z; η = u, v, w) und dessen Nebenelemente die drei halben Scherungen sind.
5) Statistik: Bias ['bɑɪəs, englisch], allgemein eine systematische Verfälschung eines statistischen Resultats (systematische Fehler). Im Gegensatz zum zufälligen Fehler ist die Verzerrung oft nicht messbar. Die systematischen Fehler der einzelnen Beobachtungen tendieren mit zunehmender Zahl von Beobachtungen nicht zum gegenseitigen Ausgleich. In der Schätztheorie ist die Verzerrung (Gegensatz: Erwartungstreue) speziell die Differenz zwischen dem Erwartungswert einer Schätzfunktion und der zu schätzenden Maßzahl. Schätzfunktionen, deren Verzerrung mit zunehmendem Umfang der Stichprobe verschwindet, nennt man asymptotisch erwartungstreu.
6) Übertragungstechnik: bei einem Übertragungssystem allgemein die Abweichung eines Ausgangssignals von dem zugehörigen Eingangssignal. Verzerrungen sind meist unerwünscht und beruhen dann auf nichtidealen Eigenschaften des Übertragungssystems; gewollte Verzerrungen werden mit Verzerrern erzeugt. Lineare Verzerrungen beruhen auf linearen Bauelementen, die frequenzabhängig sind, d. h. sinusförmige Signale (Sinusgrößen) mit unveränderter Form, aber mit frequenzabhängiger Änderung der Amplitude und/oder der Phase passieren lassen. Man unterscheidet dabei zwischen Dämpfungs- oder Amplitudenverzerrungen, hervorgerufen durch Frequenzabhängigkeit des Absolutbetrags des Übertragungsfaktors (Übertragungsfunktion), und Phasen- oder Laufzeitverzerrungen, verursacht durch Frequenzabhängigkeit der Laufzeit. Als Anforderung für eine ausreichende lineare Verzerrungsfreiheit genügt es meist, die Konstanz der Gruppenlaufzeit zu fordern. Eine lineare Verzerrung lässt sich durch eine Schaltung mit komplementärer Übertragungsfunktion kompensieren (Entzerrung).
Nichtlineare Verzerrungen werden durch Bauelemente mit nichtlinearen Kennlinien hervorgerufen, d. h. durch Bauelemente, die ein zugeführtes Signal so verändern, dass dessen Sinusform verloren geht. Nichtlineare Verzerrungen sind immer mit einer Änderung des Frequenzgehalts eines Signals verbunden; zu ihrer quantitativen Erfassung wird das Amplitudenspektrum oder der Klirrfaktor ermittelt. Durch Bauelemente (oder allgemein durch Übertragungssysteme) mit nichtlinearen Kennlinien kann es zu Intermodulation kommen, d. h. zur gegenseitigen Modulation verschiedener Eingangsfrequenzen (Intermodulationsverzerrung), wodurch im Ausgangssignal neue, im Eingangssignal nicht vorhandene Frequenzanteile entstehen; ein Maß dafür ist der Intermodulationsfaktor. Zu einer Intermodulationsverzerrung führt auch die Kreuzmodulation. Im Gegensatz zu linearen Verzerrungen können nichtlineare Verzerrungen nachträglich nicht kompensiert werden. (Kombinationsfrequenzen)
II
Verzerrung,
die Abweichung eines Ausgangssignals von dem zugehörigen Eingangssignal beim Durchlaufen eines Übertragungs- oder Verarbeitungssystems. Verzerrungen sind meist unerwünscht und beruhen auf nicht idealen Eigenschaften des Übertragungssystem. Man unterscheidet die lineare und die nicht lineare Verzerrung (Linearität). Die lineare Verzerrung belässt die Form von Signalen, sie ändert aber die Amplitude frequenzabhängig. Ist der Grad und Verlauf der Verzerrung bekannt, lässt sich die lineare Verzerrung durch eine Schaltung mit komplementärem Verzerrungscharakter oder auch per Software kompensieren (Entzerrung). Nicht lineare Verzerrungen ändern die Form des Signals. Damit geht eine Änderung des Frequenzgehalts eines Signals einher, es können neue, im Eingangssignal nicht vorhandene Frequenzanteile entstehen, nämlich Oberschwingungen mit der doppelten, dreifachen, vierfachen usw. Frequenz des Eingangssignals. Als Maß für die Größe der nicht linearen Verzerrung dient der Klirrfaktor. Die nachträgliche Kompensation einer nicht linearen Verzerrung ist nicht möglich. Ursache von nicht linearen Verzerrungen sind Bauelemente mit nichtlinearen Kennlinien.
Gewollte Verzerrungen werden mit speziellen Bausteinen hervorgerufen, den Verzerrern. Sie spielen bei elektrischen und elektronischen Musikinstrumenten, etwa der E-Gitarre, eine Rolle.
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Ver|zẹr|rung, die; -, -en: 1. das Verzerren. 2. etw. Verzerrtes.
Universal-Lexikon. 2012.