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Bruckner
Brụckner,
 
1) Anton, österreichischer Komponist, * Ansfelden (Oberösterreich) 4. 9. 1824, ✝ Wien 11. 10. 1896. Aus ländlich-engen Verhältnissen stammend, fand Bruckner nach dem Tod des Vaters, eines Schulmeisters, 1837 als Singknabe Aufnahme im Stift Sankt Florian. 1840 ging er zur Vorbereitung auf den Lehrerberuf nach Linz und nahm Unterricht in Harmonielehre. Als Schulgehilfe in Windhaag bei Freistadt (Mühlviertel), in Kronstorf bei Steyr und als Hilfslehrer in Sankt Florian bildete er sich zunächst im Orgel- und Klavierspiel, dann auch in der Kompositionslehre weiter und war 1850-55 Organist in Sankt Florian. 1855 übernahm er die Stelle des Domorganisten in Linz. Bis 1861 nahm Bruckner von hier aus Theorieunterricht bei S. Sechter in Wien und beschäftigte sich danach mit Formenlehre und Instrumentation bei O. Kitzler (* 1834, ✝ 1915) in Linz, durch den er auch die Werke R. Wagners kennen lernte, den er später wiederholt in Bayreuth aufsuchte. Nach Sechters Tod wurde Bruckner 1868 an dessen Stelle Professor für Generalbass, Kontrapunkt und Orgel am Konservatorium in Wien. Konzertreisen nach Nancy, Paris und London (Weltausstellung 1871) und in die Schweiz verbreiteten seinen Ruhm als Orgelvirtuose und Improvisator. 1875 übernahm er ein Lektorat für Harmonielehre und Kontrapunkt an der Wiener Universität und 1878 das Amt des Hoforganisten; 1891 wurde er zum Ehrendoktor der Universität ernannt. Wegen seiner Verehrung für R. Wagner, dem er seine 3. Sinfonie widmete, wurde Bruckner in den Streit der Parteien der »Traditionalisten« und der »Neudeutschen« gezogen, was sein Verhältnis zu J. Brahms stark belastete, obwohl sich beide jeder Polemik enthielten.
 
Bruckners Schaffen konzentrierte sich gleicherweise auf die Kirchenmusik wie auf die Sinfonik. Verhältnismäßig spät, mit der Messe d-Moll (1864), gelang ihm der Durchbruch zu stilistisch eigenständigem Schaffen (alle früher entstandenen Werke hat er selbst später nicht mehr anerkannt). Die allgemeine Anerkennung als Komponist wurde ihm jedoch erst nach der Aufführung seiner 7. Sinfonie (1884 unter A. Nikisch) zuteil (die 6. und die 9. Sinfonie wurden erst nach seinem Tod uraufgeführt).
 
In der tektonischen Anlage seiner Sinfonien geht Bruckner von der klassischen Viersätzigkeit Schnell - Langsam - Scherzo - Schnell (zum Teil mit langsamen Einleitungen zu den schnellen Sätzen) aus und folgt hierin, wie auch in der Thematik und motivischen Arbeit, dem Beispiel Beethovens, während Harmonik und Instrumentation vom intensiven Studium der Opern R. Wagners bestimmt sind. Andere Einflüsse kamen von F. Schubert und auch aus der geistlichen Musik des 16. und 17. Jahrhunderts. Die chorisch blockhafte Behandlung des Orchesters, der »Registerwechsel«, die Mischung von Klangfarben sind am Orgelspiel orientiert. Seine drei großen Messen sind Bekenntniswerke in der Nachfolge von Beethovens »Missa solemnis«; im »Te Deum« erreicht Bruckner höchste Steigerung mit elementaren musikalischen Mitteln. Aus der gleichen inneren Einstellung komponierte er seine durch geistige Einheitlichkeit und monumentale Ausweitung gekennzeichneten Sinfonien (mit drei Themen in den Hauptsätzen und zusätzlichem Bläserchoral, von der fünften an v. a. im Finale). Allen Werken eignen harmonische Kühnheiten, große Steigerungswellen und eine rhythmische Energie, die u. a. in den oft vom oberösterreichischen Volkstanz beeinflussten Scherzi hervortritt, ebenso die kontrapunktische Verarbeitung der Themen, am weitesten geführt in der Doppelfuge des Finales der 5. Sinfonie. Durch die von einem prägnanten Motiv ausgehende Themenerfindung und -verarbeitung erhalten auch Exposition und Reprise den Charakter von Durchführungen. Einen stärkeren Zusammenhalt innerhalb der Sinfonien strebte er durch thematische Verknüpfung im 1. und 4. Satz an. Das Adagio erhielt eine eigene Ausprägung (besonders bekannt geworden das der 7. Sinfonie mit der Trauermusik auf Wagners Tod). Bruckner hat seine Werke immer wieder umgearbeitet, einerseits um sie zu vervollkommnen, andererseits um sie aufführbar zu machen, wobei er stets den Änderungsvorschlägen der Dirigenten nachgab (seit der zweiten waren seine Sinfonien für unspielbar erklärt worden). Der Wiederherstellung der ursprünglichen Fassungen, die Bruckner ausdrücklich für spätere Zeiten bewahrt wissen wollte, ist die von der Bruckner-Gesellschaft herausgegebene Gesamtausgabe gewidmet.
 
Werke: Instrumentalwerke: Sinfonie f-Moll (1863); Sinfonie Nummer 0 d-Moll (1863/64, Neufassung 1869); Sinfonien Nummer 1 c-Moll (1865/66, Neufassung 1877, 1884, 1889/90 und 1890/91), Nummer 2 c-Moll (1871/72, Neufassung 1875/76, 1877 und nach 1891), Nummer 3 d-Moll (1873, Neufassung 1874, 1876/77, 1888/89 und 1890), Nummer 4 Es-Dur (1874, Neufassung 1877/78, 1878-80 und 1887/88), Nummer 5 B-Dur (1875/76, Neufassung 1876-78), Nummer 6 A-Dur (1879-81), Nummer 7 E-Dur (1881-83), Nummer 8 c-Moll (1884-87, Neufassung 1889/90) und Nummer 9 d-Moll (1887-96, unvollendet); Streichquintett F-Dur (1879).
 
Vokalwerke: Messe C-Dur (1842); Choralmesse für den Gründonnerstag (1844); Requiem d-Moll (1848/49); Magnificat (1852); Missa solemnis b-Moll (1854); Messe Nummer 1 d-Moll (1864, Neufassung 1876); Messe Nummer 2 e-Moll (1866, Neufassung 1882); Messe Nummer 3 f-Moll (1867/68, Neufassung 1877, 1881 und 1890-93); Te Deum (1881-84). Motetten: Locus iste (um 1869), Os justi (1879), Christus factus est (1884 oder 1869), Ecce sacerdos (1885), Virga Jesse (1885), Vexilla regis (1892) und 150. Psalm (1892).
 
Ausgaben: Kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft unter Leitung von L. Nowak (1951 folgende).
 
Gesammelte Briefe, herausgegeben von F. Gräflinger und M. Auer, 2 Bände (1924).
 
Vorlesungen über Harmonielehre und Kontrapunkt, herausgegeben von E. Schwanzara (1950).
 
Literatur:
 
A. Orel: B. Brevier. Briefe, Dokumente, Berichte (Wien 1953);
 I. Krohn: A. B.s Symphonien, 3 Bde. (Helsinki 1955-57);
 W. Furtwängler: Johannes Brahms - A. B. (Neuausg. 1963);
 W. F. Korte: B. u. Brahms (1963);
 R. Grasberger: Werk-Verz. A. B. (1977);
 R. Grasberger: B.-Bibliogr. (Graz 1985);
 W. Wolff: A. B., Genie u. Einfalt (Zürich 21980);
 
B.-Symposion 1980. Die Fassungen, hg. v. A.-B.-Inst. (Graz 1981);
 M. Wagner: B. Monographie (1983);
 L. Nowak: Über A. B. Ges. Aufsätze 1936-1984 (Wien 1985);
 K. Grebe: A. B. (50.-51. Tsd. 1995).
 
 2) Ferdinand, eigentlich Theodor Tạgger, österreichisch-deutscher Schriftsteller, * Wien 26. 8. 1891, ✝ Berlin 5. 12. 1958; gründete 1923 das Renaissance-Theater in Berlin, emigrierte 1933, kam 1936 in die USA, kehrte 1951 nach Berlin zurück; dort Dramaturg. Er schrieb anfangs expressionistische Dichtungen und wandte sich dann einer von der Psychoanalyse beeinflussten, »absolut realistisch auszuspielenden« Dramatik zu; mit Zeit- und historischen Stücken dieser Art erzielte er große Bühnenerfolge. Bruckner schrieb zuletzt Versdramen.
 
Werke: Dramen: Krankheit der Jugend (1929); Die Verbrecher (1929); Elisabeth von England (1930); Timon von Athen (1932); Die Rassen (1934); Heroische Komödie (1945); Simon Bolivar (1945); Pyrrhus und Andromache (1951); Der Tod einer Puppe (1956); Der Kampf mit dem Engel (1956); Das irdene Wägelchen (1957).
 
Lyrik: Der Herr in den Nebeln (1917); Der zerstörte Tasso (1919).
 
Erzählungen: Die Vollendung eines Herzens (1919); Mussia (1935).
 
Literatur:
 
C. Lehfeldt: Der Dramatiker F. B. (1975).
 
 3) Karl, österreichischer Schriftsteller, * Wien 9. 1. 1906, ✝ ebenda 25. 10. 1982; verfasste realistische, sozialkritische Jugendromane (»Giovanna und der Sumpf«, 1953; »Die Strolche von Neapel«, 1955; »Sadako will leben«, 1961; »Tuan im Feuer«, 1977) und Sachbücher.

Universal-Lexikon. 2012.