Tschaikọwsky,
Tchaikọwsky,
1) André, polnisch Andrzej Czajkọwksi [tʃ-], britischer Pianist polnischer Herkunft, * Warschau 1. 11. 1935, ✝ Oxford 26. 6. 1982; studierte u. a. bei K. Sikorski und S. Askenase; trat mit Orchesterwerken, zwei Streichquartetten, Klavierstücken und Liedern auch als Komponist hervor.
2) Pjotr (Peter) Iljitsch, P. I. Čajkọvskij [tʃ-], russischer Komponist, * Wotkinsk 7. 5. 1840, ✝ Sankt Petersburg 6. 11. 1893; nahm zunächst ein Jurastudium auf und war 1859-63 Sekretär im Justizministerium, studierte 1863-65 am Sankt Petersburger Konservatorium u. a. bei A. G. Rubinstein, lehrte 1866-78 Musiktheorie am Moskauer Konservatorium, dessen Direktor N. Rubinstein ihn ebenfalls förderte (hier war u. a. S. I. Tanejew sein Schüler), wirkte daneben als Musikkritiker und ab 1878 zunehmend als Dirigent eigener Werke sowie als freischaffender Komponist, dessen Ruhm sich in Russland und im westlichen Europa immer mehr ausbreitete. Tschaikowsky reiste häufig ins Ausland, v. a. nach Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und in die Schweiz, 1891 erstmals auch in die USA. Zwischen 1877 und 1890 führte er einen umfangreichen, für sein Schaffen und seine innere Konstitution aufschlussreichen Briefwechsel mit der verwitweten Nadeschda Filaretowna von Meck (* 1831, ✝ 1894), die ihn auch finanziell unterstützte, mit der er aber auf beiderseitigen Wunsch niemals in persönlichen Kontakt trat. Tschaikowsky war eine sensible, von Stimmungsschwankungen geprägte Persönlichkeit. Zu einer schweren Lebenskrise führte 1877 seine überstürzte Heirat mit Antonina Miljukowa, von der er sich sofort wieder trennte. Auch in späteren Jahren überschatteten Depressionen und Einsamkeit seine gesellschaftlichen Ehrungen und Erfolge als Komponist..
Tschaikowskys Kompositionen zeigen in ihrer Entwicklung und Stilhaltung ein sehr unterschiedliches Bild. Einerseits sind sie (durch den Einfluss der Konservatoriumsausbildung und der Brüder Rubinstein) verknüpft mit Form- und Klangerscheinungen der mittel- und westeuropäischen Musik, andererseits fühlte sich Tschaikowsky geistig und musikalisch vollkommen in Russland beheimatet. Zeitweilig pflegte er auch Kontakt zur Gruppe der Fünf und empfing v. a. von M. A. Balakirew wichtige Anregungen, ohne dessen programmatischen russisch-nationalen Zielen zu folgen. Darüber hinaus sind Tschaikowskys Werke, v. a. die der Reifezeit, geprägt von einem sehr persönlichen, gefühlsstarken Ausdruckswillen, der lediglich in einigen an älteren Stilmodellen orientierten Kompositionen (Orchestersuiten Nummer 1-4; Variationen über ein Rokokothema für Violoncello und Orchester) sowie in salonhaften Genrestücken in den Hintergrund tritt. Ein wesentliches Stilmerkmal ist seine expressive, empfindungsvolle Melodik, verbunden oft mit farbiger, origineller Instrumentation, reich abgetönter Harmonik und - in schnellen Sätzen - zündender rhythmischer Gestaltung. Überkommene Formmodelle bleiben durchweg erkennbar, werden aber häufig frei gehandhabt und durch individuelle thematische Bildungen neu gewichtet.
Tschaikowsky hat in fast allen Gattungen erfolgreiche Werke komponiert. Höhepunkte seines instrumentalen Schaffens sind die Sinfonien Nummer 4, 5 und 6 - besonders die letzte, »Pathétique«, als bewegende Selbstoffenbarung kurz vor dem Tode -, die Instrumentalkonzerte und einige der Orchestersuiten, -ouvertüren und -fantasien. Unter den Bühnenwerken gehören die späteren Opern (»Eugen Onegin«, 1879; »Pique Dame«, 1890) und Ballette (»Schwanensee«, 1877; »Dornröschen«, 1890; »Der Nußknacker«, 1892) bis heute zum Standardrepertoire. Nicht ganz so eigenständig erscheint seine Kammermusik. Auch von seinen Klavierwerken - zumeist Charakterstücke in der Nachfolge der deutschen Romantik - sind nur wenige populär geworden.
Weitere Werke: Opern: Wakula der Schmied (1876, revidiert 1887; nach N. W. Gogol); Die Jungfrau von Orleans (1881; nach Schiller); Mazeppa (1884; nach Puschkin); Die Zauberin (1887); Jolante (1892).
Bühnenmusiken zu A. N. Ostrowskijs »Schneeflöckchen« (1873) und Shakespeares »Hamlet« (1891).
Orchesterwerke: 6 Sinfonien: 1. g-Moll (»Winterträume«, 1866), 2. c-Moll (1872, revidiert 1879), 3. D-Dur (1875), 4. f-Moll (1877), 5. e-Moll (1888), 6. h-Moll (»Pathétique«, 1893); »Manfred-Sinfonie (1886); vier Suiten (1879, 1883, 1884, 1887); Ballettsuiten; Sinfonische Dichtung »Fatum« (1868); Orchesterfantasien »Romeo und Julia« (1869), »Francesca da Rimini« (1876); 5 Ouvertüren, u. a. »Das Jahr 1812« (1880); »Capriccio italien« (1880); 3 Klavierkonzerte: b-Moll (1875), G-Dur (1880), Es-Dur (1893); Violinkonzert (1878); Variationen über ein Rokokothema für Violoncello und Orchester (1876).
Kammer- und Klaviermusik: Streichsextett (1890, revidiert 1892); 3 Streichquartette: D-Dur (1871); F-Dur (1874), es-Moll (1867); Klaviertrio (1882).
Vokalwerke: Chrysostomos-Liturgie (1878); Vespergottesdienst (1881/82); Kantate »Moskau« (1883); über 100 Lieder und Romanzen.
Ausgaben: Polnoe sobranie sočinenij, 62 Bände (1940-74).
Teure Freundin. P. Tschaikowskis Briefwechsel mit Nadeshda von Meck, herausgegeben von E. von Baer u. a. (Neuausgabe 1988).
M. Tschaikowsky: Das Leben P. I. T.'s, 2 Bde. (a. d. Russ., 1901-04);
K. von Wolfurt: Die sinfon. Werke von Peter Tschaikowski (1947);
K. Pahlen: T. (Neuausg. 1977);
E. M. Orlova: Petr Il'ich Chaǐkovskiǐ (Moskau 1980);
E. Garden: T. Leben u. Werk (a. d. Engl., 1986);
E. Helm: Peter I. T. (42.-54. Tsd. 1995);
Universal-Lexikon. 2012.