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Rhythmus
Takt; Metrum; Versmaß

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Rhyth|mus ['rʏtmʊs], der; -, Rhythmen ['rʏtmən]:
1. Gliederung des Zeitmaßes, Ablauf von Bewegungen oder Tönen in einem bestimmten Takt:
ein bewegter, schneller Rhythmus; der Tänzer geriet aus dem Rhythmus; auf den Rhythmus seines Herzschlages achten.
2. gleichmäßig gegliederte Bewegung, periodischer Wechsel, regelmäßige Wiederkehr:
der Rhythmus der Jahreszeiten.
Syn.: Gleichmaß.

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Rhỵth|mus 〈m.; -, Rhỵth|men〉
1. absichtlich gestaltete, in gleichen zeitlichen Abständen wiederkehrende Gliederung von Elementen der Tonstärke, -höhe u. Bewegung in Tanz, Musik u. Sprache
2. 〈bildende Kunst〉 Gliederung eines Kunstwerkes durch gleichmäßig wiederholte, gleiche od. ähnl. Formen
3. regelmäßige Wiederkehr von Vorgängen
● freie Rhythmen reimlose, durch kein bestimmtes Versmaß u. nicht in Strophenform gebundene, stark rhythmisch bewegte Verszeilen [<lat. rhythmus <grch. rhythmos „geregelte Bewegung, Zeitmaß, Gleichmaß“]

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Rhỵth|mus , der; -, …men [lat. rhythmus < griech. rhythmós = Gleichmaß, eigtl. = das Fließen, zu: rheĩn = fließen; schon ahd. ritmusen (Dativ Pl.)]:
1.
a) (Musik) zeitliche Gliederung des melodischen Flusses, die sich aus der Abstufung der Tonstärke, der Tondauer u. des Tempos ergibt:
ein bewegter, schneller R.;
Ü der R. der Großstadt;
b) (Sprachwiss.) Gliederung des Sprachablaufs durch Wechsel von langen u. kurzen, betonten u. unbetonten Silben, durch Pausen u. Sprachmelodie:
ein strenger, gebundener R.;
freie Rhythmen (frei gestaltete, rhythmisch bewegte Sprache, aber ohne Versschema, Strophen u. Reime).
2. Gleichmaß, gleichmäßig gegliederte Bewegung; periodischer Wechsel, regelmäßige Wiederkehr:
der R. der Jahreszeiten.
3. Gliederung eines Werks der bildenden Kunst, bes. eines Bauwerks, durch regelmäßigen Wechsel bestimmter Formen:
ein horizontaler, vertikaler R.

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I
Rhỵthmus
 
[lateinisch, von griechisch rhythmós »Gleichmaß«, eigentlich »das Fließen«, zu rheĩn »fließen«] der, -/...men,  
 1) allgemein: Gleichmaß, gleichmäßig gegliederte Bewegung; periodischer Wechsel, regelmäßige Wiederkehr, z. B. natürliche Vorgänge (u. a. Jahreszeiten) sowie physikalische (Tag-Nacht), biologische (Herzschlag, Atmung) und psychische (Denken, Erleben, Wollen) Prozesse.
 
 2) Biologie und Medizin: Biorhythmus, Biorhythmik, die Erscheinung, dass bei Organismen viele Lebensvorgänge in bestimmten zeitlichen Rhythmen verlaufen. Periodische Veränderungen unterliegen z. B. der Funktionszustand von Zellen, Geweben, Organen, physiologische Systeme wie Atmung, Kreislauf oder auch Photosynthese, die Wirkung von Enzymen oder Hormonen oder auch die Reaktion des Organismus auf Arzneimittel oder Gifte. Die Periodendauer dieser Rhythmen ist je nach Leistung und Organismenart verschieden. Im Millisekundenbereich liegen z. B. die elektrischen Potenzialschwankungen im Gehirn, im Sekundenbereich z. B. Herzschlag, Atembewegungen oder auch die Leuchtsignale der Leuchtkäfer. Mit periodischen Schwankungen von Umweltbedingungen synchron verlaufende Rhythmen zeigen meist längere Periodendauer. Hierzu gehören die Tagesrhythmik (etwa 24 Stunden), die Gezeitenrhythmik von Meeresorganismen (etwa 12,4 Stunden), die dem 29,5-täglichen Mondphasenwechsel entsprechende Lunarrhythmik und die dem Wechsel der Jahreszeiten folgende Jahresrhythmik, der z. B. die Blüte und der Blattfall bei Pflanzen, Brutzeiten und Zugverhalten bei Vögeln oder der bei einigen Säugetieren vorkommende Winterschlaf folgen.
 
Sowohl die Kurzzeitrhythmen als auch die umweltsynchronen Rhythmen beruhen auf endogenen und somit erblichen Rhythmen, die sich im Laufe der Evolution möglicherweise als Anpassung an geophysikalische Zyklen entwickelt haben. Die umweltsynchronen Rhythmen sind in ihrer Zeitstruktur mit den Umweltzyklen über so genannte Zeitgeber synchronisiert. Am besten untersucht sind die Tagesrhythmen, die auch als circadiane oder diurnale Rhythmen bezeichnet und mit einer inneren Uhr (physiologische Uhr) verglichen werden. Die wichtigsten Zeitgeber sind Licht und Temperatur. Tagesrhythmen bestehen auch fort, wenn die äußeren Zeitgeber entfallen, zeigen jedoch häufig leichte Verschiebungen, wenn sie freilaufend sind; so stellt sich bei Menschen, die mehrere Wochen von der Außenwelt völlig abgeschirmt werden, ein Ruhe-Aktivitäts-Zyklus ein, der in der Regel zwischen 24,5 und 26 Stunden liegt. Aus medizinischer Sicht ist v. a. wichtig, dass sich der Mensch, da ebenfalls von einer circadianen Uhr gesteuert, an eine vom 24-Stundenrhythmus stark abweichende Periodik nicht anpassen kann. Externe Desynchronisation, z. B. bei transmeridionalen Flügen oder bei Schichtarbeit, führt demgemäß zu interner Desynchronisation, verbunden u. a. mit Schlafstörungen, verminderter Leistungsfähigkeit und erhöhter Anfälligkeit gegenüber Krankheiten, die im Fall der transmeridionalen Flüge (»jet lag«) erst nach der bis zu einigen Tagen dauernden Anpassung an den neuen Außenzyklus wieder aufgehoben wird. Auch die Tatsache, dass Arzneimittel (z. B. Betablocker, Calciumantagonisten) in ihren Wirkungen und ihrer Pharmakokinetik im Organismus ausgeprägte Tagesrhythmen aufweisen können, gewinnt mehr und mehr Bedeutung in der medizinischen Diagnostik und Therapie.
 
Literatur:
 
L. Rensing: Biolog. Rhythmen u. Regulation (1973);
 E. Bünning: Die physiolog. Uhr. Circadiane Rhythmik u. Biochronologie (31977).
 
 3) Musik: grundlegendes musikalisches Strukturelement, von gleicher Bedeutsamkeit wie Melodie und Harmonie und mit beiden eng verflochten. Der Rhythmus umfasst die Ordnung, Gliederung und sinnfällige Gestaltung des zeitlichen Verlaufs von Klangereignissen. Trotz der im Rhythmischen angelegten Tendenz zur Wiederkehr von Gleichem oder Ähnlichem darf der Rhythmus nicht mit Metrum oder Takt verwechselt werden, da gerade die lebendigen Unterschiede der Zeitverläufe die musikalische Vielfalt des Rhythmischen erst ermöglichen, die v. a. durch abgestufte Tondauern und Akzente, aber auch durch melodische Bewegungen, wechselnde Klänge und Klangfarben, Tempo- und Lautstärkeverschiebungen, Phrasierung und Artikulation in Erscheinung tritt.
 
Während in der griechischen Musik Rhythmus unmittelbar aus der Addition von Längen (-) und Kürzen () entstand (additiver Rhythmus), bildete sich seit der Mehrstimmigkeit des Mittelalters durch die verschiedenen Unterteilungsmöglichkeiten eines gesetzten oder vorgegebenen Maßes ein System gemessener Rhythmik, deren Grundlagen die einfachsten Verhältnisse sind (1 : 3 : 9; 1 : 2 : 4; divisiver Rhythmus). Das Prinzip der Unterteilung einer als Schlagzeit (»Tactus«, »integer valor notarum«; Mensuralnotation) oder später als Takt geltenden Einheit ermöglichte erst eine rhythmische Differenzierung auch der einzelnen Stimmen in der mehrstimmigen Musik, indem in den verschiedenen Stimmen eine unterschiedliche Unterteilung, die auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden kann, durchgeführt wird, z. B. in der Mensuralmusik. Aus dieser entwickelte sich parallel zur harmonischen Tonalität die für die klassische Musik verbindliche Taktrhythmik. Später wurde in zunehmendem Maß der musikalische Rhythmus freier: In die Zählzeiten wurden Triolen eingefügt (A. Bruckner, J. Brahms), und es kam zu häufigem Taktwechsel und schwierigen Taktarten (R. Wagner, P. I. Tschaikowsky).
 
Die Tendenz zu einem vom Takt unabhängigen Rhythmus führte im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in manchen Kompositionen zu einer Art musikalischer Prosa (Wagner, R. Strauss, A. Schönberg). Bei anderen Komponisten trat umgekehrt ein motorischer Rhythmus stark in den Vordergrund (I. Strawinsky, P. Hindemith, C. Orff). Der Rhythmus der neuen Musik nach 1950 ist zu äußerster, oft nicht mehr rational nachvollziehbarer Vielfalt entwickelt worden und hat den Bezug zu einer Schlagzählzeit weitgehend aufgegeben. - In der Unterhaltungs-, Pop- und Rockmusik steht weniger der Rhythmus als das stark betonte Metrum im Vordergrund (Beat). Im Jazz dagegen treten zum Grundschlag oft ganz freie und sich überlagernde Rhythmen (swing). Großer rhythmischer Reichtum kennzeichnet die Musik vieler außereuropäischen Kulturen.
 
Literatur:
 
H. Riemann: System der musikal. Rhythmik u. Metrik (1903, Nachdr. 1971);
 E. Apfel u. C. Dahlhaus: Studien zur Theorie u. Gesch. der musikal. Rhythmik u. Metrik, 2 Tle. (1974);
 W. Seidel: Über R.-Theorien der Neuzeit (Bern 1975);
 W. Seidel: R. Eine Begriffsbestimmung (1976);
 T. G. Georgiades: Der griech. R. (21977);
 B. Vogel u. R. Ring: Lex. der Rhythmik (1997).
 
 4) Psychologie: Bezogen auf rhythmische Prozesse sind physisch-biologische und psychische Geschehen eng miteinander verbunden. Dies führte zu der Annahme einer Entsprechung von hirnphysiologischen, psychischen und rhythmischen Prozessen und zu der Theorie, jeder Mensch habe einen eigenen Rhythmus, der sich in den chemischen wie auch den biologischen und körperlichen (z. B. Atmen, Gehen, Schreiben) und den psychischen (z. B. Denken) Prozessen niederschlage. - Die Zusammenhänge von rhythmischem Erleben und psychischem Befinden, z. B. im Sinne von Rhythmusstörungen bei Psychosen und Neurosen, werden in der Psychopathologie untersucht.
 
 5) In der Sprach- und Literaturwissenschaft werden unterschieden: Sprachrhythmus, der zur Sprache als Schallform gehörende Wechsel betonter und unbetonter, langer und kurzer Silben, Perioden öffnender und schließender Satzmelodien u. a., und Versrhythmus, eine Steigerung und Überhöhung der rhythmischen Eigenschaften der Sprache, z. B. Alternation betonter und unbetonter oder langer und kurzer Silben, periodische Wiederkehr bestimmter Gruppen. Die Spannung zwischen dem v. a. nach ästhetischen Gesichtspunkten strukturierten Organisationsmuster versifizierter Sprache, dem Versschema, und der sprachlichen Realisierung (d. h. die Spannung zwischen Hebung und Senkung, Versfuß, Vers, Strophe einerseits und betonter und unbetonter langer und kurzer Silbe, Kolon, Satz, Satzgefüge andererseits) macht das Wesen des Versrhythmus aus. Die terminologische Differenzierung zwischen Rhythmus und Metrum ist abhängig vom jeweiligen historischen Standort. In der neueren Literaturwissenschaft wird Metrum meist als Bezeichnung für das Versschema als abstraktes Organisationsmuster des Verses verwendet, im Gegensatz zum Versrhythmus, der durch die Spannung zwischen diesem Versschema und der sprachlichen Füllung entsteht.
 
II
Rhythmus
 
[griechisch], die zeitliche Gestaltung und Ordnung von Musik. Rhythmus, in diesem umfassenden Sinne definiert, umfasst drei grundlegende musikalische Elemente, die jeweils ein spezielles Zeitverhältnis repräsentieren:
 
∙ den Rhythmus im engeren Sinne, die Folge und Beziehungen der relativen Tondauern untereinander, das Verhältnis kurz — lang,
 
∙ das Metrum, die Folge und Beziehungen der Betonungen beziehungsweise Gewichte der einzelnen Taktzeiten, das Verhältnis betont/schwer — unbetont/leicht,
 
∙ das Tempo, das die absolute Tondauer festlegende Zeitmaß, das Verhältnis schnell-langsam.
 
Das Zusammenwirken dieser drei Elemente sei an einem Beispiel erläutert: die Figur stellt zunächst nur ein relatives Zeitverhältnis dar, nämlich 3:1:4, bezogen auf Sechzehntelbasis (= Rhythmus); die Betonung oder verdeutlicht die Gewichtigkeit einzelner Zählzeiten (= Metrum); das Festlegen q = 100 ergibt die konkrete, exakt messbare Dauer der einzelnen Notenwerte (= Tempo). Rhythmus, Metrum und Tempo stehen wiederum in engem Zusammenhang mit Melodik, Harmonik, Form, Dynamik und anderen Grundbestandteilen der Musik und bilden häufig ein wesentliches, mitunter sogar dominierendes Merkmal des stilistischen Erscheinungsbildes bestimmter Stilrichtungen. Die Komplexität des Rhythmischen äußert sich in der populären Musik in vielerlei Gestalt. Fast immer laufen mehrere rhythmische Ebenen entsprechend der Arrangementsfunktion (bei einheitlichem Tempo) gleichzeitig ab. So sind z. B. zu trennen: Melodie- (a), Background- (b), Begleit- (c) und Bassrhythmen (d), oft in sich nochmals unterteilt.
 
 
Noch weitaus komplizierter und vielfältiger sind die rhythmischen Abläufe in afrikanischen und lateinamerikanischen Perkussionsensembles (Polyrhythmik).
 
Zur Darstellung rhythmischer Abläufe im Notenbild dienen die Notenwerte und Pausenzeichen, die relative Zeitdauern symbolisieren:
 
 
Punktierung (innerhalb des Taktes) und Überbindung (über den metrischen Schwerpunkt und auch über den Taktstrich hinaus) bewirken eine Verlängerung der Dauer.
 
Dreiviertelnote, Dreiachtelnote, Siebenachtelnote:
 
 
Spezielle rhythmische Erscheinungen sind Duole, Triole, Tresillo, Cinquillo, Synkope und offbeat.
 
Siehe auch: Begleitrhythmus, Komplementärrhythmus, Rhythmusgruppe.
 

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Rhỵth|mus, der; -, ...men [lat. rhythmus < griech. rhythmós = Gleichmaß, eigtl. = das Fließen, zu: rheĩn = fließen; schon ahd. ritmusen (Dativ Pl.)]: 1. a) (Musik) zeitliche Gliederung des melodischen Flusses, die sich aus der Abstufung der Tonstärke, der Tondauer u. des Tempos ergibt: ein bewegter, schneller R.; zündende Rhythmen; die Tänzer kamen aus dem R.; Ü der R. der Großstadt; einen bestimmten R. laufen (Sport); auf den R. seines Herzschlages, seiner Atmung achten; im R. meiner Schritte (Stern, Mann 18); b) (Sprachw.) Gliederung des Sprachablaufs durch Wechsel von langen u. kurzen, betonten u. unbetonten Silben, durch Pausen u. Sprachmelodie: ein strenger, gebundener R.; freie Rhythmen (frei gestaltete, rhythmisch bewegte Sprache, aber ohne Versschema, Strophen u. Reime). 2. Gleichmaß, gleichmäßig gegliederte Bewegung; periodischer Wechsel, regelmäßige Wiederkehr: der R. der Jahreszeiten, von Ebbe und Flut; Die Zellstrahlung ... soll das Zellwachstum ebenso regulieren wie biologische Rhythmen (natur 4, 1991, 63); sich im R. von acht Stunden ablösen. 3. Gliederung eines Werks der bildenden Kunst, bes. eines Bauwerks, durch regelmäßigen Wechsel bestimmter Formen: ein horizontaler, vertikaler R.

Universal-Lexikon. 2012.