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Religion
Theismus; Gottesglauben

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Re|li|gi|on [reli'gi̯o:n], die; -, -en:
Glaube an Gott oder an ein göttliches Wesen und der sich daraus ergebende Kult:
die jüdische, christliche, buddhistische, muslimische Religion.
Syn.: Frömmigkeit, Gläubigkeit, Religiosität, Überzeugung.
Zus.: Staatsreligion, Stammesreligion.

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Re|li|gi|on 〈f. 20
1. Glaube an u. Auseinandersetzung mit einer überirdischen Macht sowie deren kultische Verehrung
2. Gottesglaube, Gottesverehrung
3. Glaube
4. Unterricht im Glaubensbekenntnis (als Schulfach)
● die Vaterlandsliebe ist seine \Religion 〈fig.; umg.〉 ist für ihn das Höchste; er hat keine \Religion ist nicht fromm, nicht gläubig; die christliche, islamische \Religion [<lat. religio „rücksichtsvolle, gewissenhafte Beachtung, Gewissensscheu“]

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Re|li|gi|on , die; -, -en [lat. religio = Gottesfurcht, H. u.; in der christlichen Theologie häufig gedeutet als »(Zurück)bindung an Gott«, zu lat. religare = zurückbinden]:
1. (meist von einer größeren Gemeinschaft angenommener) bestimmter, durch Lehre u. Satzungen festgelegter Glaube u. sein Bekenntnis:
die buddhistische, christliche, jüdische, muslimische R.;
die alten, heidnischen -en;
eine R. begründen;
einer R. (Glaubensgemeinschaft) angehören.
2. <o. Pl.> gläubig verehrende Anerkennung einer alles Sein bestimmenden göttlichen Macht; religiöse (2) Weltanschauung:
ein Streitgespräch über R. führen.
3. <ohne Pl., ohne Art.> Religionslehre als Schulfach, Religionsunterricht:
sie unterrichtet R.

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Religion
 
[französisch, von lateinisch religio »Gottesfurcht«] die, -/-en, zusammenfassende Bezeichnung für eine Fülle historischer Erscheinungen, denen ein spezifischer Bezug zwischen dem »Transzendenten« einerseits und den Menschen andererseits in einer deren Verhalten normativ bestimmenden Weise zugrunde liegt.
 
 Begriff
 
Etymologisch ist das lateinische »religio« unklar. Cicero (»De natura deorum«, 2, 72) stellt »religio« zu dem Verbum »relegere« (sorgsam beachten) und definiert demgemäß Religion als »die sorgfältige Beachtung alles dessen, was zum Kult der Götter gehört«. Eine andere Etymologie findet sich bei dem christlichen Schriftsteller Lactantius, der »religio« von »religare« (verbinden) ableitet; diese Deutung vertritt auch Augustinus (»De quantitate animae«, 36, 80), für den die wahre Religion diejenige ist, »durch die sich die Seele mit dem einen Gott, von dem sie sich gewissermaßen losgerissen hat, in der Versöhnung wieder verbindet«.
 
Die lateinischen Christen benutzten das Wort »religio« zur Wiedergabe verschiedener griechischer Begriffe wie »threskeia« (heiliger Brauch, Gottesdienst), »eulabeia« (Gewissenhaftigkeit, Gottesfurcht), »eusebeia« (Frömmigkeit, Gottesfurcht), »latreia« (Dienst, Kult) und »therapeia« (Dienst, Verehrung). Bei den lateinischen Kirchenvätern wurde »religio« schließlich zu einem zentralen theologischen Terminus; das Christentum erscheint als die »vera religio« (wahre Religion; z. B. bei Augustinus, »De vera religione«).
 
Entsprechungen in anderen Sprachen sind z. B. Sanskrit Dharma (Ordnung), althochdeutsch »ēwa« (Ordnung, Recht), altpersisch Daena, arabisch »din« (Sitte, Brauch, Überkommenes) oder »islam« (Ergebung), japanisch »kyō« (Lehre) oder »dō« (Weg) und chinesisch »jiao« (Lehre, Weg).
 
 Definitionsversuche
 
Der vielschichtige Bedeutungszusammenhang von Religion spiegelt sich in den zahlreichen, zum Teil eher in der Religionsphilosophie als in der Religionswissenschaft begründeten Definitionsversuchen wider, die allerdings meist bestimmte Einzelaspekte in den Mittelpunkt stellen. Allen gemeinsam ist, dass Religion als ein existenz- und situationsbezogenes (und entsprechend uneinheitliches und uneindeutiges) Phänomen erscheint, als eine spezifische Funktion des Menschseins, die es außerhalb der Welt des Menschen nicht gibt. Formal lässt sich Religion beschreiben als ein (Glaubens-)System, das in Lehre, Praxis und Gemeinschaftsformen die »letzten« (Sinn-)Fragen menschlicher Gesellschaft und Individuen aufgreift und zu beantworten versucht. Diese »religiöse Frage« stellt sich in verschiedenen Kulturen und zu verschiedenen Zeiten in je anderer Form. Entsprechend unterschiedlich werden in den Religionen die »Antworten«, die Erklärungsversuche des menschlichen Daseinsverständnisses entwickelt.
 
Vereinfacht lassen sich dabei zwei Grundlinien unterscheiden: In Kulturen, die v. a. an der Natur orientiert sind und in denen der Mensch sich und sein Leben primär als Teil des Naturgeschehens begreift, steht die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Naturwelt oder der Ordnung des Kosmos im Vordergrund. Religionen, die darauf Antwort zu geben versuchen, sind primär monistische Religionen (Monismus). Demgegenüber haben die v. a. an der Geschichte und am menschlichen Handeln in der Geschichte orientierten Kulturen die monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) mit ihrer personalisierten Gottesvorstellung hervorgebracht (Monotheismus). Die Tatsache, dass traditionelle Religionen in einem anderen Lebenszusammenhang häufig als ungenügend empfunden werden, ist ein Grund dafür, dass im Laufe der Geschichte immer wieder ein Ungenügen an den bestehenden Religionen empfunden wird und neue Religionen entstehen.
 
Entsprechend den jeweiligen Heilsvorstellungen, die ihr zugrunde liegen, und in Relation zur jeweiligen »Unheils«-Erfahrung hat jede Religion ein »Heilsziel« und zeigt einen »Heilsweg«. Das Heilsziel kann als Leben bei Gott oder in Gott, zukünftiges Leben in einem Heilsreich (Paradies; Eschatologie), Vereinigung mit Gott, »Verklärung« des Menschen und der Welt vorgestellt werden (Christentum, Islam), aber auch als Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der einmal gegebenen Ordnung (Stammesreligionen) oder als Zur-Ruhe-Kommen, Überwindung des Kreislaufs der Wiedergeburten (Buddhismus, Hinduismus). Es steht in enger Beziehung zur jeweiligen »Unverfügbarkeit«, die als personale (Gott, Götter) und nichtpersonale (Weltgesetz, Erkenntnis, Wissen) Transzendenz vorgestellt wird.
 
Religionssoziologisch lassen sich Religionen charakterisieren als Welterklärungs- und Lebensbewältigungssysteme, die sich durch eine Gerichtetheit auf eine wie auch immer geartete »Unverfügbarkeit«, zu der sich die Menschen ins Verhältnis gesetzt wissen, auszeichnen. Als religiöses System ist eine Religion gegenüber ihrer Umwelt autonom, steht aber mit ihr in einem fortgesetzten Prozess von Wechselwirkungen, durch die sie wiederum geformt wird. Sie wird getragen von den religiösen Menschen und gewinnt erst durch deren Glauben (geprägt durch Lehre und Tradition), Verhalten (Kult, Ethik) und religiöse Vergesellschaftung (Gemeinschaft, Hierarchie, Organisation) Gestalt. Die Definition von Religion als System von Glaubensinhalten und Handlungsweisen, mit denen eine Gruppe von Menschen die zentralen, »letzten« Fragen des menschlichen Lebens angeht, bereitet die Schwierigkeit, religiöse Glaubenssysteme von nichtreligiösen abzugrenzen: Nach dieser formalen Definition können auch jene bewusst säkularen Weltanschauungen und Ideologien als Religion gelten, die zwar keine transzendentale Perspektive (z. B. auf »Gott« hin) zulassen und die traditionellen Religionen ablehnen, dennoch aber »das Ganze« von Welt, Mensch und Geschichte thematisieren und so für ihre Anhänger quasireligiöse Funktionen wahrnehmen (Quasireligion).
 
 Erscheinungsformen von Religion
 
Angesichts der Problematik einer inhaltlichen Definition von Religion (Religion als Glaube an Gott oder übermenschliche Wesen; Religion als Begegnung mit dem Heiligen), die immer von theologischen oder ideologischen Vorannahmen geprägt ist, hat die neuere Religionswissenschaft v. a. die phänomenologische Betrachtung der einzelnen Religionen (Religionsphänomenologie) sowie die Frage danach, was sich allgemein in und als Religion (auch unabhängig von religiösen Organisationsformen) kundtut, in den Vordergrund gerückt.
 
Als Zentrum der »Formenwelt des Religiösen« (Kurt Goldammer [* 1916, ✝ 1997]) erscheint dabei das gegenüber der Alltagswelt »Ganz-Andere«, das »Transzendente«, »Tragende und Begründende alles Seins«. Bezeichnungen dafür sind Gott, das Göttliche, das Absolute, Namenlose, Mysterium. V. a. in der deutschen Religionswissenschaft hat sich in Anlehnung an R. Otto das »Heilige« (heilig) als grundlegende phänomenologische Kategorie durchgesetzt. Im Heiligen manifestiert sich das durch die Religion zugesagte oder erfahrbare Heil. So kann jeder Gegenstand, jede Geste, jede Handlung, aber auch jede Denkfigur »heilig« oder »geheiligt« und dadurch vom »Profanen« abgegrenzt sein. Das Heilige begegnet im »heiligen Raum« (Orte in der Natur, Gebäude), in der »heiligen Zeit« (gegliedert u. a. durch Feste, die durch den Kreislauf der Natur oder durch die Erinnerung an mythische oder historische Ereignisse bestimmt sind; häufig verbunden mit der Vorstellung von »heiligen Zahlen«), in »heiligen Gegenständen« (Kultobjekte) und Symbolen sowie im »heiligen Wort« (Gebet, Bekenntnis, Orakel, Zauberspruch) und in »heiligen Schriften«, durch die in den so genannten Buch- und Offenbarungsreligionen Bekenntnis, Kult und Gemeinschaft bestimmt werden. Das »heilige Wort« (Kultsprache) dient zur Kommunikation sowohl zwischen Mensch und Gottheit als auch innerhalb der sich als Bekenntnis-, Kult- und Heilsgemeinschaft verstehenden »heiligen Gemeinschaft«. Zu »heiligen Menschen« gehören Ahnen, Stammesführer, Könige, Märtyrer und Mystiker, aber auch »religiöse Spezialisten« wie Religionsstifter, Mysten und Mystagogen, Priester, Heiler, Propheten, Lehrer. Zur »heiligen Handlung« in Kult und Ritus kann jede menschliche Geste und Verhaltensweise werden. Sie dient nicht nur der manipulativen Kontaktaufnahme mit der jeweiligen »Unverfügbarkeit«, sondern diese wird im kultischen Geschehen als präsent vorgestellt.
 
 Systematisierungsversuche
 
Angesichts der vielfältigen Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen Religionen stellt sich die Frage, nach welchen Kategorien eine Systematisierung möglich ist. Religionswissenschaftlich wird unterschieden zwischen Geburtsreligion und Bekenntnisreligion, je nachdem, ob man in die entsprechende Religion hineingeboren wird oder sich erst nach einer bewussten Entscheidung zu ihr bekennt. Bekenntnisreligionen werden dabei häufig mit der Zeit auch zu Geburtsreligionen. Außerdem lassen sich missionierende Religionen (alle »gestifteten« Religionen) von nicht missionierenden (die wiederum Geburtsreligionen sind) unterscheiden. Alle gestifteten, missionierenden Religionen sind aufgrund ihres universalen Anspruchs auch »Universal-« oder »Weltreligion«, während die Stammes-, Volks- und Geburtsreligionen sich jeweils auf einen ethnischen oder soziopolitischen Bereich beschränken. Umstritten sind in der heutigen Religionswissenschaft Bezeichnungen wie Naturreligion, Dynamismus, Animismus, Theismus, Pantheismus, Panentheismus, insofern diesen Begriffen von bestimmten Religionstheorien entwickelte Kategorien zugrunde liegen. Auch bei Bezeichnungen wie Offenbarungsreligion, Buchreligion oder prophetische Religion ist zu berücksichtigen, ob und wieweit solche Typisierungen von »religiösen« oder ideologischen Vorentscheidungen geprägt sind.
 
Eine statistische Erfassung der Anhänger der einzelnen Religionen in der Welt (Religionsstatistik) ist aufgrund vielfältiger Unsicherheiten nur als grobe Schätzung möglich. Zu den Faktoren, die präzisen Angaben entgegenstehen, gehören die allgemeine Unsicherheit von Bevölkerungszählungen überhaupt, die Abweichungen zwischen offizieller Religionszugehörigkeit und individuellem Bekenntnis, die synkretistische Vermischung von Religionen und die oft selbstverständliche mehrfache Religionszugehörigkeit (z. B. in Japan). Die weltweit am weitesten verbreiteten Religionen sind das Christentum, der Islam, der Hinduismus und der Buddhismus.
 
Die gegenwärtige Situation ist einerseits durch einen weltweit schwer zu überblickenden religiösen Pluralismus sowie das Wirken fundamentalistischer Bewegungen innerhalb der Weltreligionen gekennzeichnet, wird andererseits jedoch auch durch Prozesse der Säkularisierung bestimmt. Letztere sind konstatierbar als Entkirchlichung breiter Bevölkerungsgruppen, was allerdings nicht mit einem allgemeinen Verlust des »Religiösen« in der Gesellschaft gleichzusetzen ist. So stehen heute, besonders in der westlichen Welt, den institutionalisierten (traditionell-kirchlichen) Formen der Religion vielfältige Formen individualisierter Religiosität, ein nahezu unüberschaubar gewordener »Sinnmarkt« (Esoterik) und eine Vielzahl quasireligiöser Sinnangebote (Quasireligion) gegenüber.
 
Literatur:
 
O. Pfleiderer: R. u. Religionen (21911);
 Wilhelm Schmidt: Der Ursprung der Gottesidee, 12 Bde. (1912-55);
 
Lb. der Religionsgesch., hg. v. A. Bertholet u. a. (41924);
 M. Eliade: Die Religionen u. das Heilige (a. d. Frz., Salzburg 1954, Nachdr. 1994);
 M. Eliade: Das Heilige u. das Profane (a. d. Frz., Neuausg. 31995);
 G. van der Leeuw: Phänomenologie der R. (21956, Nachdr. 1977);
 K. Goldammer: Die Formenwelt des Religiösen (1960);
 J. Wach: Vergleichende R.-Forschung (a. d. Engl., 1962);
 N. Söderblom: Der lebendige Gott im Zeugnis der Religionsgesch. (a. d. Schwed., 21966);
 G. Widengren: R.-Phänomenologie (a. d. Schwed., 1969);
 
Zur Theorie der R., bearb. v. N. Schiffers u. a. (1973);
 
Encyclopedia of religion and ethics, hg. v. J. Hastings, 12 Bde. u. Index-Bd. (Neuausg. Edinburgh 1974-81);
 U. Mann: Die R. in den Religionen (1975);
 
Der R.-Wandel unserer Zeit im Spiegel der Religionswiss., hg. v. G. Stephenson (1976);
 F. Heiler: Erscheinungsformen u. Wesen der R. (21979);
 J. Waardenburg: Religionen u. R. (1986);
 
Wahrheitsansprüche der Religionen heute, hg. v. W. Oelmüller (1986);
 
Hb. religionswiss. Grundbegriffe, hg. v. H. Cancik u. a., auf mehrere Bde. ber. (1988 ff.);
 H. Lübbe: R. nach der Aufklärung (Graz 21990);
 R. Otto: Das Heilige (Neuausg. 50.-53. Tsd. 1991);
 F. Wagner: Was ist R.? (21991);
 H. Waldenfels: R.-Verständnis, in: Neues Hb. theolog. Grundbegriffe, hg. v. P. Eicher, Bd. 4 (Neuausg. 1991);
 
The encyclopedia of religion, hg. v. M. Eliade, 8 Bde. (Neuausg. New York 1993);
 
Der Begriff der R., hg. v. W. Kerber (1993);
 
Die Wahrheit der Religionen, hg. v. W. Kerber (1994);
 J. Hick: R.(a. d. Engl., 1996);
 
Lex. der Religionen, begr. v. F. König, hg. v. H. Waldenfels (31996);
 A. Bergmann: Die »Grundbedeutung« des lat. Wortes R.(1998);
 
R. in Gesch. u. Gegenwart, hg. v. H. D. Betz u. a., auf 8 Bde. ber. (41998 ff.);
 
Atlas der Weltreligionen, hg. v. N. Smart (a. d. Engl., 2000).
 

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Re|li|gi|on, die; -, -en [lat. religio = Gottesfurcht, H. u.; in der christlichen Theologie häufig gedeutet als „(Zurück)bindung an Gott“, zu lat. religare = zurückbinden]: 1. (meist von einer größeren Gemeinschaft angenommener) bestimmter, durch Lehre u. Satzungen festgelegter Glaube u. sein Bekenntnis: die buddhistische, christliche, jüdische, muslimische R.; die alten, heidnischen -en; eine R. begründen; einer R. (Glaubensgemeinschaft) angehören; sich zu einer R. bekennen; R R. ist Opium für das Volk (missverständliche Verkürzung einer Aussage in Karl Marx' [1818-1883] Abhandlung „Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“ [1844]); Ü Die R. des Fortschritts ... wird ihre totale Pleite noch auf dieser Erde erleben (Gruhl, Planet 218). 2. <o. Pl.> gläubig verehrende Anerkennung einer alles Sein bestimmenden göttlichen Macht; religiöse (2) Weltanschauung: ein Mensch ohne R.; über R. sprechen, ein Streitgespräch führen. 3. <o. Pl., o. Art.> Religionslehre als Schulfach, Religionsunterricht: sie unterrichtet R.; wir haben zweimal in der Woche R.

Universal-Lexikon. 2012.