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Mongolei
Mongolische Republik

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Mon|go|lei, die; -:
Hochland u. Staat in Zentralasien.

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I
Mongolei,
 
Bezeichnung für den aus mehreren Landschaften bestehenden östlichen zentralasiatischen Raum; historisch-geographisch das Hochland zwischen der Chinesischen Mauer und dem Baikalgebirge in Sibirien, begrenzt im Westen durch den Altai und im Osten durch den Großen Chingan. Die Wüste Gobi bildet das Innere dieses Raumes und teilt ihn in einen nördlichen (Äußere Mongolei) und südlichen Teil (Innere Mongolei). Die Innere Mongolei gehört zur Volksrepublik China, die Äußere Mongolei bildet den Staat Mongolei (bis 1992 Mongolische Volksrepublik).
 
 Geschichte
 
Ende des 1. Jahrtausends v. Chr. besiedelten Nomadenstämme, die zumeist über Gemeinsamkeiten in Lebensweise, Wirtschaft, Kultur und Sprache (?) verfügten, das Gebiet der Mongolei. Sie schufen Steppenreiche, u. a. das der Xiongnu (3./2. Jahrhundert v. Chr. am Orchon, Hunnen), Xianbi (5./6. Jahrhundert n. Chr.), Juanjuan (6. Jahrhundert), Uiguren (6.-9. Jahrhundert), Kirgisen (9. Jahrhundert) und Kitan (10.-12. Jahrhundert). Die Mongolenreiche des 13.-14. Jahrhunderts (Mongolen) sowie andere historische und heutige Mongolengebiete (Dsungarei, Burjatien sowie mongolische Minderheitengebiete in der Volksrepublik China und Afghanistan) werden politisch und geographisch nicht dem Begriff Mongolei zugeordnet. 1634-36 unterstellten sich die chinesischen Mandschu-Kaiser das Gebiet der Inneren Mongolei, 1691 das der Äußeren Mongolei. 1754/55 unterwarfen sich die Westmongolen dem Mandschu-Kaiser. So war die gesamte Mongolei unter mandschurischem Einfluss geraten. Gegen die mandschurische Fremdherrschaft richteten sich mehrere Aufstände der Mongolen (u. a. 1755-58, 1880, 1900).
 
Die Äußere Mongolei, Siedlungsgebiet der Chalcha, nahm 1636 erste Beziehungen zu den Mandschuren auf. 1639 wurde Ulan-Bator (damaliger Name Örgöö) Sitz des Dshebtdsundamba Chutuchtu (Titel des Oberhauptes des mongolischen Lamaismus). Seit 1723/25 war das Gebiet parallel zur mandschurischen Bannerverwaltung in vier Verwaltungsgebiete (Aimak) gegliedert. Im Gefolge der Revolution in China (1911) kam es zu einer Unabhängigkeitsbewegung, in deren Verlauf die Äußere Mongolei im Dezember 1911 ihre Autonomie verkündete; als Staatsoberhaupt wurde der achte Dshebtdsundamba Chutuchtu (Bogd Gegeen) eingesetzt. Die Vereinbarung von Kjachta zwischen Russland, China und der Äußeren Mongolei bestätigte die Autonomie Letzterer unter chinesischer Oberherrschaft (25. 5. 1915). Das Anwachsen des politischen und wirtschaftlichen Einflusses Russlands wurde durch dessen Schwächung im Gefolge der Oktoberrevolution (1917) unterbrochen, und chinesische Truppen besetzten erneut die Chalcha-Mongolei; am 17. 11. 1919 erzwang China den Verzicht auf ihre Autonomie. 1918/19 bildeten sich zwei revolutionäre Gruppen; später legte man den 1. 3. 1921 als Gründungstag für die Mongolische Volkspartei fest (erster Parteivorsitzender Solijn Dandsan, der 1924 als Gegner einer prosowjetischen Politik erschossen wurde). Die Partei hatte von Anfang an enge Verbindungen zum Fernostsekretariat der Kommunistischen Internationale in Irkutsk; 1924/25 erfolgte ihre Umbenennung in Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP). Im Februar 1921 vertrieb der baltendteutsche General Roman Fjodorowitsch Baron von Ungern-Sternberg, der mit seinen weißgardistischen Truppen im Oktober 1920 auf seiner Flucht vor der Roten Armee aus Sibirien in die Mongolei eingedrungen war, das chinesische Militär, setzte die alte Regierung unter dem Bogd Gegeen formal wieder ein und errichtete ein Schreckensregime. Im Mai/Juni 1921 besiegten mongolische Revolutionäre, die eine unter dem militärischen Kommando von Damdiny Süchbaatar (* 1893, ✝ 1923) stehende Volksarmee gebildet hatten, mithilfe der Roten Armee die weißgardistischen Truppen. Nach dem Einzug sowjetisch-mongolischer Truppen in die Hauptstadt Neyislel Küriyen (Urga) am 6. 7. 1921 übernahm am 10. 7. 1921 eine Volksregierung die Macht und verkündete am 11. 7. 1921 den Sieg der Volksrevolution (seitdem 11. 7. Nationalfeiertag). Der Bogd Gegeen blieb Monarch mit beschränkten Befugnissen (Titel seit 1911 Bogd Khan). Nach seinem Tod (Mai 1924) gründeten kommunistisch orientierte Kräfte auf sowjetisches Betreiben die Mongolische Volksrepublik (26. 11. 1924).
 
Im Nordwesten der Äußeren Mongolei erklärte 1911 Urjanchai seine Unabhängigkeit von China, 1914 wurde es russisches Protektorat. Die sowjetische Regierung errichtete 1921 eine nur formell unabhängige Volksrepublik Tannu-Tuwa (mit sowjetischem Verfassungssystem). 1944 wurde sie von sowjetischen Truppen besetzt und der UdSSR eingegliedert (zunächst autonomes Gebiet, ab 1961 Tuwinische ASSR, heute Republik Tuwa innerhalb der Russischen Föderation).
 
Die Innere Mongolei war in den letzten Jahrzehnten der Herrschaft der Mandschu-Kaiser einer verstärkten Ansiedlung von chinesischen Bauern ausgesetzt, die jedoch erst nach Errichtung der Chinesischen Republik (1912) Ende der 20er-Jahre (1928-31) ihren Höhepunkt erreichte. Der japanische Einfall in die Mandschurei (1931) und die Errichtung des Staates Mandschukuo (1932-45) brachte die Innere Mongolei in den Einflussbereich Japans. Seit 1945 wieder unter chinesischer Herrschaft, erhielt die Innere Mongolei 1947 den Status eines autonomen Gebietes.
 
Literatur:
 
H. Consten: Weideplätze der Mongolen im Reiche der Chalcha, 2 Bde. (1919-20);
 I. J. Korostovetz: Von Cinggis Khan zur Sowjetrepublik. Eine kurze Gesch. der M. unter besonderer Berücksichtigung der neuesten Zeit (1926, Nachdr. 1974);
 P. S. H. Tang: Russian and Soviet policy in Manchuria and Outer Mongolia 1911-1931 (Neuausg. Durham, N. C., 1959);
 
Die Mongolen u. ihr Weltreich, hg. v. A. Eggebrecht (1989);
 A. J. K. Sanders: Historical dictionary of Mongolia (Lanham, Md., 1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
mongolische Reiche: Aus der Jurte auf den Thron
 
II
Mongolei,
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 1 566 500 km2
 
Einwohner: (2000) 2,6 Mio.
 
Hauptstadt: Ulan-Bator
 
Amtssprache: Mongolisch
 
Nationalfeiertage: 11. 7., 26. 11.
 
Währung: 1 Tugrik (Tug.) = 100 Mongo
 
Zeitzone: 1900 Ulan-Bator = 1200 MEZ
 
amtlich mongolisch Mọngol Ụls, Staat in Zentralasien, grenzt im Norden an Russland, sonst an China; mit 1 566 500 km2 flächenmäßig fast viereinhalbmal so groß wie Deutschland, (2000) 2,6 Mio. Einwohner (1979: 1,595 Mio. Einwohner); Hauptstadt ist Ulan-Bator. Amtssprache ist Mongolisch. Währung: 1 Tugrik (Tug.) = 100 Mongo. Uhrzeit: 1900 Ulan-Bator = 1200 MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Nach der am 12. 2. 1992 in Kraft getretenen Verfassung ist die Mongolei eine Republik mit Mehrparteiensystem; das früher in der Verfassung fixierte Herrschaftsmonopol der Mongolischen Revolutionären Volkspartei (MRVP) war im März 1990 beseitigt worden. Die neue Verfassung bekennt sich zu den Prinzipien von Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit und nationale Einheit und gewährleistet staatliches und Privateigentum, auch an Grund und Boden (der Verkauf von Grundbesitz an Ausländer ist allerdings verboten). Staatsoberhaupt, Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der auf vier Jahre direkt gewählte Präsident. Er muss aus dem Land stammen und mindestens 45 Jahre alt sein. Der Präsident kann gegen Gesetze sein Veto einlegen (vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit zurückweisbar) und unter bestimmten Bedingungen den Ausnahme- beziehungsweise Kriegszustand ausrufen (die Proklamation wird ohne Bestätigung durch das Parlament hinfällig). Oberstes Gesetzgebungsorgan ist der Große Chural (76 Abgeordnete, für vier Jahre gewählt). Die Exekutive liegt bei der Regierung unter Vorsitz des vom Parlament gewählten Premierminister. Über die Verfassung wacht ein Verfassungs-Rat, dessen neun Richter für sechs Jahre zu je einem Drittel vom Parlament, dem Präsidenten und dem Obersten Gerichtshof nominiert werden.
 
Parteien:
 
Seit 1990 entstanden neben der ehemaligen kommunistischen Einheitspartei, der Mongolischen Revolutionären Volkspartei (MRVP; 1924 aus der Mongolischen Volkspartei hervorgegangen; seit 1992 nationaldemokratisch ausgerichtet), zahlreiche neue Parteien. Zu den wichtigsten, seit 1996 in der Demokratischen Union zusammengeschlossen, gehören die Mongolische Nationaldemokratische Partei (MNDP, gegründet 1992), die Mongolische Sozialdemokratische Partei (MSDP, gegründet 1990), die Mongolische Partei der Grünen (gegründet 1990) und die Demokratische Partei der Gläubigen (MGP, gegründet 1990).
 
Gewerkschaften:
 
1990 entstand aus der früheren Einheitsgewerkschaft der Mongolische Gewerkschaftsverband (rd. 600 000 Mitglieder).
 
Wappen:
 
Das Wappen (von 1992) zeigt innerhalb eines von traditionellen Glücksknoten umzogenen Kreises (mit unten angedeutetem weißem Fuß) auf blauem Hintergrund ein goldfarbenes geflügeltes Pferd mit Sprung nach heraldisch links, darunter auf hellgrünem Grund ein Speichenrad mit eingeflochtenem blauem Chudag (Glückstuch). Sattel und Zaumzeug werden duch das alte mongolische Sojombo-Symbol dargestellt und trennen das Pferd in zwei Hälften.
 
Nationalfeiertage:
 
Nationalfeiertage sind der 11. 7. (Naadam), der sportliche Höhepunkt des Jahres in allen Landesteilen mit den »Drei Spielen der Männer« (Pferderennen, Ringen und Bogenschießen) sowie der 26. 11. zum Gedenken an die Gründung der Mongolei 1924.
 
Verwaltung:
 
Seit Mai 1994 ist die Mongolei auf regionaler Ebene in 21 Aimaks und die Hauptstadt Ulan-Bator eingeteilt; lokale Untergliederungen sind die Somone (Kreise), die in Bags untergliedert werden, die Hauptstadt wird in Distrikte und diese in Choroo unterteilt. Alle diese Gebietseinheiten sind zugleich Selbstverwaltungskörperschaften und staatliche Verwaltungseinheiten. Beschlussorgane der Selbstverwaltung sind die vom Volk gewählten Churale. Der jeweilige Verwaltungschef, der staatlichen Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, die Selbstverwaltungsbeschlüsse vollzieht und die Kommunalaufsicht ausübt, wird auf Vorschlag der Churale vom Premierminister beziehungsweise vom Verwaltungschef der nächsthöheren Ebene ernannt.
 
Recht:
 
An der Spitze der Gerichtsbarkeit steht der Oberste Gerichtshof, darunter gibt es Aimak-, Somon- und Bag-Gerichte sowie Hauptstadtgerichte. Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz verantwortlich. Darüber wacht ein Generalrat der Gerichte.
 
Streitkräfte:
 
Die Gesamtstärke der Wehrpflichtarmee (Dienstzeit zwei Jahre) beträgt rd. 22 000 Mann, die der paramilitärischen Einheiten (Grenztruppen) etwa 20 000 Mann. Das Heer (21 000 Soldaten) ist im Wesentlichen in drei nur teilpräsente motorisierte Schützendivisionen mit 600 Kampfpanzern (T-54/-55, T-62) gegliedert. Die Luftwaffe (1 000 Mann) ist mit rd. 20 Kampfflugzeugen, je zur Hälfte MiG-17 und MiG-21, ausgestattet. - Die letzten sowjetischen beziehungsweise GUS-Soldaten verließen im Herbst 1992 das Land.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Die Mongolei ist ein überwiegend abflussloses Hochland (1 000-2 000 m über dem Meeresspiegel). Den Westen und Nordwesten nehmen hohe Gebirgsketten (Mongolischer Altai bis 4 374 m über dem Meeresspiegel, Gobialtai bis 3 957 m über dem Meeresspiegel, Changaigebirge bis 3 905 m über dem Meeresspiegel) ein, die von weiten, wüstenhaften Beckenlandschaften (Becken der Großen Seen mit Uws Nuur, Chjargas Nuur, Atschit Nuur, Char Us Nuur und Char Nuur im Nordwesten, Tal der Gobiseen) unterbrochen werden. Vom Changaigebirge leiten mehrere stark abgetragene Mittelgebirgszüge mit den breiten, schuttgefüllten Tälern von Selenga, Orchon und ihren Nebenflüssen nach Norden zu den Gebirgen Transbaikaliens, nach Nordosten zum bewaldeten Chentejgebirge (2 800 m über dem Meeresspiegel) über. Der Osten ist ein flachwelliges, von isolierten Kuppen und Vulkanen besetztes Hochplateau, das nach Nordosten zum Tal des Kerulen abfällt. Südlich der Gebirgszone schließt sich als Steppen-, Stein- und Sandwüste das Trockengebiet der Gobi an.
 
Klima:
 
Das Klima ist extrem kontinental mit großen Temperaturschwankungen (Julimittel 10 ºC im Norden, 22 ºC im Süden, Maximum 40 ºC, Januarmittel entsprechend —35 ºC und —15 ºC, Minimum —50 ºC) und geringen Jahresniederschlägen (im Süden 60-100 mm, im Norden 200-300 mm, in den Höhenlagen bis 500 mm). Der größte Teil der Niederschläge fällt im warmen Sommer. Kennzeichnend für das winterkalte Trockenklima sind sehr kurze Übergangsjahreszeiten. Eine geschlossene winterliche Schneedecke ist nur im Norden und in den höheren Gebirgen vorhanden.
 
Vegetation:
 
Im Norden greifen noch die Ausläufer der sibirischen Taiga in das Gebiet der Mongolei hinein. Nach Süden schließen Gebirgswaldsteppe und Gebirgssteppe, mit abnehmenden Niederschlägen Kurzgrassteppen, die v. a. den östlichen Landesteil einnehmen (zusammen über 50 % des Staatsgebietes), an. Wälder finden sich v. a. in den besser beregneten Teilen des Changai- und Chentejgebirges. Wüstensteppe (25-30 % der Landesfläche) leitet zu den Wüstengebieten der Gobi (rd. 15 % der Landesfläche) über.
 
Bevölkerung:
 
Die Mongolen bilden (1995) rd. 90 % (Volkszählung 1989: 88,5 % [1,815 Mio.]) der Bevölkerung; auf die Turkvölker entfielen 1989 7,1 % (120 600 Kasachen, 20 450 Tuwiner, 4 100 Chotonen). Außerdem lebten 1989 in der Mongolei rd. 94 000 Russen und Chinesen. Unter den Mongolen bilden die (1989) 1,61 Mio. Chalcha die größte Gruppe, erfasst wurden außerdem 55 200 Dürbeten, 38 800 Bajaten, 34 750 Burjaten, 28 600 Dariganga, 22 500 Dsachtschinen, 8 800 Oloten und 10 200 Torguten. - Die jährliche Wachstumsrate der Bevölkerung liegt bei 2,7 %. 1989 waren 51,3 % der Bevölkerung unter 20 Jahre alt, die mittlere Lebenserwartung liegt bei 62 Jahren. In den Städten lebten (1995) 60 % der Bevölkerung (1969: 44 %). Größte Städte sind Ulan-Bator, Darchan, Erdenet und Suche-Bator. Die Bevölkerungsdichte liegt (1995) bei 2 Einwohner/km2, damit ist die Mongolei eines der am dünnsten besiedelten Länder der Erde.
 
Religion:
 
Die Religionsfreiheit wird durch die Verfassung garantiert. Das »Staatsgesetz für die Beziehungen mit Religionsgemeinschaften und Klöstern« (in Kraft seit 1994) untersagt allerdings »gegen mongolische Bräuche und Traditionen gerichtete religiöse Aktivitäten«. Die dominierende Religion ist der Buddhismus tibetanischer Prägung (Lamaismus), zu dem sich seit dem Zusammenbruch der kommunistischen Staatsordnung wieder die Mehrheit der Mongolen bekennt. Die buddhistische Religionspraxis hat Elemente des Schamanismus aufgenommen, der als die ursprüngliche Religion der Mongolei bis heute vertreten ist. Religiöses Zentrum, Ausbildungsstätte für die Lamas (auch aus Burjatien) und Sitz des Oberhauptes der mongolischen Buddhisten ist das Kloster Gandan Tegtschinlin in Ulan-Bator, das zwischen 1937/38 und 1990 das einzige Kloster in der Mongolei war. Seit 1990 wurden weit über 100 Klöster neu beziehungsweise wieder errichtet und wuchs die Zahl der Lamas von rd. 100 auf über 2 000. - Die Angehörigen der turksprachigen Nationalitäten (v. a. Kasachen) sind mehrheitlich sunnitische Muslime, v. a. der hanefitischen Rechtsschule. - Die christliche (überwiegend evangelikale) Mission fasste erfolgreich in den 1990er-Jahren Fuß. Für die rd. 100 katholischen Christen besteht seit 2002 eine Apostolische Präfektur mit Sitz in Ulan-Bator (vorher kirchliche Mission Urga/Ulan-Bator [errichtet 1922]).
 
Bildungswesen:
 
Schulpflicht besteht vom 8. bis 15. Lebensjahr. Bei der zehnjährigen allgemein bildenden Schule ist ein vorgezogener Abgang (nach acht Jahren) möglich. Seit Beginn der 1990er-Jahre ist der Schulbesuch v. a. aus finanziellen Gründen zurückgegangen. Zum Teil entstanden private schulische Einrichtungen. Die Analphabetenquote beträgt 6 %. Die höhere Schulbildung erfolgt in vielfach spezialisierten Sekundarschulen und Gymnasien, vergleichsweise gut ausgebaut sind das berufliche Schulwesen und das Fachschulwesen. Seit 1996 ist neben Russisch auch Englisch Pflichtfach an Sekundarschulen. Auf Hochschulebene gibt es neben der Universität (gegründet 1942) in Ulan-Bator fünf Fachhochschulen (Kunst, Landwirtschaft, Medizin, Militärwesen, Technik).
 
Publizistik:
 
In der Hauptstadt erscheinen »Ünen« (Wahrheit, Zeitung der MRVP), »Ardyn Erch« (Recht des Volkes, Regierungs-Blatt), »Ulaanbaatar« (Stadtzeitung) und »The Mongol Messenger« (Wochenzeitung). Die staatliche Nachrichtenagentur ist »Mongolyn Zachilgaan Medeenij Agentlag/MONZAME«, gegründet 1921. Die staatliche Hörfunkgesellschaft »Radio Ulaanbaatar«, gegründet 1934, verbreitet Inlandsprogramme und einen Auslandsdienst in mongolischer, chinesischer, russischer und englischer Sprache. Die staatliche Fernsehgesellschaft »Mongoltelewiz«, gegründet 1967, verbreitet täglich ein landesweites Programm.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Die Mongolei ist ein Agrar-Industrie-Staat. Nach 70-jähriger zentraler Planwirtschaft strebt das Land die Umwandlung seiner Wirtschaftsstrukturen in eine marktwirtschaftlich orientierte Ordnung an. Bis 1995 wurden über 90 % der kleinen Betriebe und der großen Staatsunternehmen privatisiert. Das Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner betrug (1995) 310 US-$. Die Umsetzung der 1996 angekündigten sozialen und wirtschaftlichen Reformen gestaltet sich sehr schwierig. Schwerpunkt neben der Landwirtschaft ist die Förderung von Klein- und Mittelbetrieben.
 
Landwirtschaft:
 
Die Landwirtschaft ist der wichtigste Wirtschaftszweig und bildet für 41,4 % der Bevölkerung die Existenzgrundlage. Zum Bruttosozialprodukt (BSP) trägt der Agrarsektor (1993) 27,6 % bei. Aufgrund der klimatischen Bedingungen wird ein Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche weidewirtschaftlich genutzt. Die 1958 begonnene Sozialisierung hatte bereits 1960 zu einer weitgehenden Kollektivierung der Viehzucht geführt. Mit ihr verband sich die allmähliche Sesshaftwerdung der vormals nomadisierenden Viehzüchter. Die Landwirtschaft basierte auf rd. 255 Produktionsgenossenschaften und 52 Staatsgütern. 1990 wurden alle Einschränkungen des privaten Eigentums an Nutztieren aufgehoben. Die Zahl der privaten Tierzüchter wuchs von (1988) rd. 127 600 auf (1993) rd. 347 900; von den (1993) rd. 25,2 Mio. Tieren (1997 über 30 Mio.) waren rd. 22,6 Mio. (89,6 %) in Privatbesitz (Viehbestand 1993: 13,8 Mio. Schafe, 6,1 Mio. Ziegen, 2,7 Mio. Rinder, 2,2 Mio. Pferde, 367 000 Kamele). Produkte der Viehwirtschaft sind Fleisch, Milch, Häute, Wolle (insbesondere zur Filz- und Teppichherstellung geeignet) und Haare. Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung ist Schaffleisch. Intensiver Feldbau ist nur im Norden überwiegend in Flusstälern möglich (Anbaufläche 1993: 584 000 ha; 1989: 837 000 ha). Produziert werden u. a.: Getreide, Kartoffeln, Gemüse, Futtermittel, Fleisch, Milch, Butter, Eier und Schafwolle. Meist in Höhen über 2 000 m über dem Meeresspiegel werden auch Yaks als Last-, Reit- und Milchtiere gehalten.
 
Forstwirtschaft:
 
Wälder bedecken rd. 9 % der Landesfläche. Ihrer intensiven Nutzung (Holzeinschlag rd. 2,4 Mio. m3) steht die geringe Verkehrserschließung gegenüber. Wichtig ist die Pelztierjagd (v. a. auf Murmeltiere und Wölfe).
 
Fischerei:
 
Obgleich fischreiche Seen vorhanden sind, blieb der Fischfang bisher unbedeutend.
 
Bodenschätze:
 
Der Abbau von Stein- und Braunkohle ist rückläufig. 1993 wurden 5,608 Mio. t gefördert (1990: 7,157 Mio. t). Das 1981 fertig gestellte Kupfer- und Molybdänkombinat in Erdenet (nordwestlich von Ulan-Bator) produzierte 1993 334 400 t Kupfer- und 4 376 t Molybdänkonzentrat aus dem am Erdentiin Owoo (Schatzberg) geförderten Erz. Die Mongolei verfügt über Vorkommen an Eisen- Wolfram-, Zinn-, Blei-, Nickel-, Zink- und Edelmetallerzen sowie an Phosphaten und Florit. Die Erdölförderung wurde 1995 provisorisch wieder aufgenommen.
 
Industrie:
 
Der Aufbau der Industrie begann in den 1930er-Jahren mithilfe der UdSSR und wurde in den 50er-Jahren mit Unterstützung Chinas und osteuropäischer Staaten weitergeführt. Anfangs stand die Verarbeitung von Produkten der Tierhaltung (Leder, Pelze, Nahrungsmittel) im Vordergrund, später kamen Textilindustrie, Baustoffindustrie, Holz- und Metallverarbeitung sowie landwirtschaftlicher Gerätebau dazu. Hauptindustriestandorte sind Ulan-Bator (über 50 % der Produktion), Darchan, Erdenet und Tschoibalsan. Im industriellen Sektor (einschließlich Bergbau) erwirtschaften (1993) 17,2 % der Erwerbstätigen 52,3 % des BSP.
 
Außenwirtschaft:
 
1994 belief sich das Außenhandelsvolumen auf 546 Mio. US-$, gegenüber 1993 ist das ein Rückgang um 28 %. Im 1. Halbjahr 1995 lag das Außenhandelsvolumen (nach vorläufigen Angaben) bei 414,7 Mio. US-$. Davon entfielen rd. 240 Mio. US-$ auf Exporte, wodurch sich für diesen Zeitraum in der Handelsbilanz ein Überschuss von etwa 75 Mio. US-$ ergab. Wichtigster Handelspartner ist die GUS, mit der (1993) 55,5 % des Außenhandels abgewickelt wurden, es folgt China mit 24,4 %. Bis 1995 wurde an insgesamt 388 Firmen mit ausländischem Kapital eine Lizenz vergeben. Wichtige Ausfuhrgüter sind Schlachttiere, Leder- und Strickwaren (Kaschmir- und Kamelwolle), Teppiche, Häute, Kupfer- und Molybdänkonzentrate, Kohle und Zinn.
 
Verkehr:
 
Hauptader des Verkehrsnetzes ist die bei Ulan-Ude von der Transsibirischen Eisenbahn abzweigende Transmongolische Eisenbahn, die die beiden wichtigsten mongolischen Industrieregionen durchquert und im Süden an das Eisenbahnnetz Chinas Anschluss findet. Der Ost-West-Verkehr erfolgt ausschließlich über die Straße beziehungsweise auf dem Luftweg. Das Straßennetz (48 000 km, davon 5 % asphaltiert) besteht größtenteils aus Steppenpisten. In Gebirgsgegenden und in Wüstengebieten spielt der Karawanenverkehr eine wichtige Rolle. Der internationale Flughafen in Ulan-Bator wird ausgebaut. Die Mongolian International Air Transport (MIAT) bedient die Inlandsstrecken und fliegt Moskau, Alma-Ata und Peking an.
 
 
Nach Vertreibung der weißgardistischen Truppen des Generals Ungern-Sternberg aus der Äußeren Mongolei mithilfe der Roten Armee (1921) war das Land bis zum Tod des Bogd Gegeen (Mai 1924) der Staatsform nach eine konstitutionelle Monarchie mit dem Bogd Gegeen als weltlichem und geistlichem Oberhaupt. Mit der Übernahme des sowjetischen Gesellschaftsmodells - Annahme der ersten Verfassung und Proklamierung der Äußeren Mongolei zur »Mongolischen Volksrepublik« (MVR, 26. 11. 1924) - wurde das Land praktisch durch die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) regiert. 1924 erfolgte die Umbenennung der Hauptstadt Neyislel Küriyen (Urga) in Ulan-Bator (»Roter Recke«). Im Rahmen einer ab 1929 radikalen gesellschaftlichen Umgestaltung, in deren Vorfeld es 1928 zu harten innenparteilichen Auseinandersetzungen in der MRVP (verbunden mit einer Parteisäuberung) gekommen war, wurden u. a. die Fürsten und ein Teil des klösterlichen Besitzes enteignet, das staatliche Außenhandelsmonopol hergestellt (Auflösung ausländischer Firmen und Handelsvertretungen) und privatwirtschaftliche Initiativen unterdrückt. Nach Unruhen (April 1932) verkündete die MRVP im Juni 1932 einen »Neuen Kurs« zur Überwindung »linker Überspitzungen«. C. Tschoibalsan, einer der Mitbegründer der MRVP und maßgeblich an der Schaffung der »Mongolischen Volksrepublik« beteiligt, sicherte sich durch eine Ämterhäufung seit den 30er-Jahren diktatorische Machtbefugnisse. Die stalinistischen Säuberungsaktionen unter ihm in den 30er- und zu Beginn der 40er-Jahre fügten der Mongolei schweren Schaden zu. Über 700 lamaistische Klöster und Tempelanlagen wurden zerstört, Zehntausende Lamas verschleppt oder ermordet, ebenso viele Partei- und Staatsfunktionäre, Militärs, Intellektuelle und einfache Viehzüchter.
 
Ein Angriff japanischer Truppen wurde 1939 mit Unterstützung der sowjetischen Armee am Chalchyn Gol im Osten der Mongolei abgewehrt. 1945 nahmen Truppen der MVR am sowjetischen Vormarsch in das von Japan besetzte Nordchina teil, nachdem die MVR gemeinsam mit der UdSSR Japan den Krieg erklärt hatte. Ein Volksentscheid am 20. 10. 1945 stellte die völlige Unabhängigkeit der Mongolei her, die von China 1946 anerkannt und im sowjetisch-chinesischen Vertrag 1950 bestätigt wurde. Danach entwickelte sich die Mongolei in engster politischer und wirtschaftlicher Verflechtung mit der UdSSR (u. a. Freundschafts- und Beistandsvertrag 1946 [verlängert 1966], Eintritt in den von der UdSSR dominierten Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe 1962). 1961 wurde die Mongolei Mitglied der UNO. In den 60er- und 70er-Jahren verbesserten sich die Lebensbedingungen der Bevölkerung.
 
Nach dem Tod Tschoibalsans (1952) wurde der in der UdSSR ausgebildete Jumshagin Zedenbal (* 1916, ✝ 1991) Staats- und Parteichef (während eines Aufenthaltes in Moskau 1984 entmachtet); sein Amtsnachfolger wurde S. Batmunch. Angesichts der Veränderungen in der UdSSR und in Osteuropa proklamierte die Partei- und Staatsführung seit 1989 einen »Kurs der Umgestaltung«. Gleichzeitig entwickelte sich - besonders unter den Intellektuellen - eine Demokratiebewegung (1990 Entstehung der ersten Oppositionsparteien), die im März 1990 den Rücktritt der Partei- und Staatsführung erzwang; neuer Staatschef wurde P. Otschirbat; das Machtmonopol der MRVP wurde per Verfassungsänderung aufgehoben. Aus den ersten freien Wahlen (Juli 1990) ging die MRVP als Sieger hervor; das Parlament bestätigte Otschirbat als Staatsoberhaupt, er konnte auch die erste Direktwahl des Staatspräsidenten im Juni 1993 für sich entscheiden. Mit In-Kraft-Treten einer neuen Verfassung im Februar 1992 wurde »Mongolei« der offizielle Staatsname. Die Parlamentswahlen im Juni 1992 gewann erneut die MRVP, die sich offiziell vom Marxismus-Leninismus losgesagt hatte. Aus den zweiten freien Parlamentswahlen am 30. 6. 1996 ging die oppositionelle Demokratische Union als Sieger hervor; die neue Koalitionsregierung aus MNDP und MSDP (Amtsantritt im Juli 1996) unter Ministerpräsident Mendsaikhan Enkhsaikhan kündigte marktwirtschaftliche Reformen an, deren Einleitung sich mit großen ökonomischen und sozialen Problemen verband (mehr als ein Drittel der Mongolen geriet unter die Armutsgrenze) und zunehmend auf Unmut in der Bevölkerung stieß, der sich angesichts der Zerstrittenheit der Koalitionsparteien und dem häufigen Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten verstärkte. Das durch aufeinander folgende extreme Trocken- und Kälteperioden 1999/2000 bedingte massenhafte Viehsterben brachte v. a. den nomadisch lebenden Bevölkerungsteil in Not.
 
Die Präsidentschaftswahlen am 18. 5. 1997 gewann Natsagijn Bagabandi (MRVP, Amtsantritt am 20. 6. 1997). Nach ihrem hohen Wahlsieg am 2. 7. 2000 (Gewinn von 72 der 76 Abgeordnetensitze) übernahm die MRVP wieder die Macht. Ihr Vorsitzender Nambariin Enkhbayar wurde Regierungschef; er kündigte eine sozialverträglichere Fortsetzung der Reformpolitik an.
 
 
A. J. K. Sanders: Mongolia. Politics, economics and society (London 1987);
 C. R. Bawden: The modern history of Mongolia (London 21989);
 H. Barthel: M. - Land zw. Taiga u. Wüste (Gotha 31990);
 
Die Nomaden der M., bearb. v. M. C. Goldstein u. C. M. Beall (a. d. Amerikan., 1994);
 A. Schenk u. U. Haase: M. (1994);
 V. Raith: Steppen, Tempel u. Nomaden. Zwei Frauen entdecken die M. (1994);
 Susanne Schmidt: Mongolia in transition. The impact of privatization on rural life (Saarbrücken 1995).
 

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Mon|go|lei, die; -: Hochland u. Staat in Zentralasien.

Universal-Lexikon. 2012.