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Getreide
Korn; Samenkorn

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Ge|trei|de [gə'trai̮də], das; -s, -:
Pflanzen, die angebaut werden, um aus den Samen Mehl u. Ä. zu gewinnen:
das Getreide wird reif; Weizen ist ein wichtiges Getreide.
Syn.: 1 Korn.
Zus.: Brotgetreide, Futtergetreide, Saatgetreide, Sommergetreide, Wintergetreide.

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Ge|trei|de 〈n. 13; unz.; Sammelbez. für〉 Kulturpflanzen, die in Ähren od. Rispen angeordnete, mehlreiche u. trockene Körner tragen: Zerealien; Sy Halmfrüchte, Getreidepflanze [<mhd. getregede, getreide „Bodenertrag, Nahrung“ <ahd. gitregidi „Ertrag, Einkünfte, Besitz“; → tragen]

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Ge|trei|de , das; -s, - [mhd. getreide, getregede = Bodenertrag; Körnerfrucht, ahd. gitregidi = Ertrag, Besitz, eigtl. = das, was getragen wird, zu tragen]:
Gruppe von Pflanzen, die angebaut werden, um aus ihren in Ähren enthaltenen Körnern Mehl, Schrot o. Ä. zu gewinnen (bes. Gerste, Hafer, Roggen, Weizen):
das G. ist reif;
das G. steht dieses Jahr gut;
G. anbauen, mähen, ernten, dreschen;
das G. (die Körner) lagern.

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Getreide
 
[althochdeutsch gitregidi »Ertrag«, »Besitz«, eigentlich »das, was getragen wird«], Sammelbezeichnung für landwirtschaftlich kultivierte, einjährige Pflanzenarten aus der Familie der Gräser mit einsamigen Früchten (Karyopsen), die als Körner (Getreidekörner, Körnerfrucht, Zerealien) bezeichnet werden und eine Hauptnahrungsquelle für Mensch (Nahrungsgetreide) und Tier (Futtergetreide) darstellen. Insgesamt gibt es sieben Getreidearten, von denen Weizen, Gerste, Roggen und Hafer v. a. in den gemäßigten, Mais, Reis und Hirse in den warmen Gebieten vorkommen. Aufgrund seiner Früchte wird häufig auch der Buchweizen als Getreide bezeichnet, obwohl er botanisch gesehen zu den Knöterichgewächsen gehört. Als »Korn« wird in verschiedenen indogermanischen Sprachen die jeweilige Hauptgetreideart bezeichnet; z. B. in Mittel- und Osteuropa der Roggen. Gesät wird Getreide in Mitteleuropa im Frühjahr (Sommergetreide) oder im Herbst (Wintergetreide).
 
Während des Wachstums werden verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen. Nach dem Quellen (Wasseraufnahme) des Getreidekorns beginnt die Primärwurzelbildung (3-8 Keimwurzeln je nach Art) mit der Entwicklung des Keimblatts. Darauf folgt die Bestockung: Unterirdisch entsteht das sekundäre Wurzelsystem, oberirdisch entwickeln sich die Blätter und ein bis mehrere Nebentriebe neben dem Haupttrieb. Nach der Bestockung setzt ein intensives Längenwachstum (Schossen) zwischen den Wachstumsknoten (Internodien) ein. Der Halm bleibt von der Blattscheide umschlossen, die an der Stelle der Abzweigung der Blätter in die Blattspreite übergeht. An der Abbiegungsstelle der Blattspreite sind Blatthäutchen (Ligula) und je nach Art stängelumfassende Blattöhrchen (Auriculae) zu erkennen. In der letzten Phase des Schossens wird der Blüten- oder Fruchtstand durch Streckung des obersten Halmgliedes als Ähre oder Rispe aus der Blattscheide geschoben (Ähren-, Rispenschieben).
 
Die Befruchtung erfolgt in vielen Fällen in Form einer Selbstbefruchtung (z. B. Weizen, Gerste, Hafer), in einigen Fällen auch durch Windbestäubung (z. B. Roggen).
 
Bei der Frucht, dem Getreidekorn, sind meist Deck- und Vorspelze (Gerste, Hafer, Hirse, Reis) oder die Hüllspelzen miteinander verwachsen (Spelzweizen, z. B. die Arten Dinkel und Emmer), sodass beim Drusch einzelne Ährchen vorliegen (Spelzgetreide). Die übrigen Arten sind »nackt« (Nacktgetreide), d. h., sie verlieren beim Drusch die Spelzen (Nacktweizen, z. B. der hauptsächlich angebaute Saatweizen, Roggen, Mais und nackte Zuchtformen von Gerste und Hafer). Das Getreidekorn durchläuft vier Reifestadien: Milchreife (unter Druck tritt milchartiger Saft aus), Gelbreife (das noch feuchte Korn zerbricht bei Druck mit dem Fingernagel), Vollreife (das Korn ist hart), Totreife (das Korn ist lagerfähig und schwer zu brechen). Notreife mit unvollständig ausgereiften kleinen und schmalen Körnern (Schmachtkorn) tritt bei Trockenheit oder Nährstoffmangel ein. Der Mähdrusch erfolgt in der Voll- oder Totreife; die Körner sind lagerfähig bei einem Wassergehalt von 14-16 %.
 
Die Hauptbestandteile des Getreidekorns sind Schale, Mehlkörper und Keimling. Die Schale macht rd. 14 % der Kornmasse aus und gliedert sich von außen nach innen in die ballast- und mineralstoffhaltige Fruchtschale, die mit ihr verwachsene eiweiß- und mineralstoffreiche Samenschale und die eiweiß- und fetthaltige sowie enzym- und vitaminreiche Aleuronschicht. Die Hauptmasse (rund 83 %) nimmt der kohlenhydratreiche Mehlkörper ein, der das Nährgewebe (Endosperm) für den Keimling darstellt. Der Keimling selbst (rd. 3 % der Kornmasse) ist fett-, aber auch eiweißreich. Insgesamt enthält ein ausgereiftes Getreidekorn rd. 12 % Wasser, 11 % Eiweiß, 2 % Fett, 70 % Stärke, 2,5 % Ballaststoffe sowie Mineralstoffe (besonders Kalium, Phosphor und Eisen) und Vitamine (besonders E, B1, B2).
 
Nutzung:
 
Getreide und die aus ihm hergestellten Erzeugnisse bilden für den größten Teil der Menschheit die wichtigste Nahrungsquelle. Aus Getreide stammen, bezogen auf den weltweiten Verbrauch an Nahrungsmitteln, rd. 45 % der Eiweiße, 60 % der Kohlenhydrate und 45 % der Energie; daneben wird Getreide auch als Viehfutter verwendet. Getreidekörner werden in der Regel nicht roh gegessen, sondern bearbeitet. Dabei entstehen v. a. Mehl, Flocken, Graupen, Grieß und Grütze, die dann meist weiterverarbeitet werden (hauptsächlich zu Brot oder Brei). Daneben werden sie z. B. in der Brauerei und Brennerei (v. a. Gerste und Roggen) sowie als Kaffee-Ersatzmittel (Gerste, Weizen, Hirse, Roggen) verwendet. Aus dem Keimling kann wertvolles Öl gewonnen werden (Getreidekeimöle). Allgemein unterscheidet man zwischen den Vollkornprodukten, bei denen das ganze Korn verwendet wird, und den Mehlkörperprodukten (z. B. weißes Mehl, polierter Reis), die hauptsächlich aus dem Mehlkörper bestehen. Letztere sind ballaststoff-, vitamin- und mineralstoffarm und können, bilden sie den Hauptbestandteil der Nahrung, zu Erkrankungen führen (z. B. zu der Vitaminmangelkrankheit Beriberi bei poliertem Reis).
 
In Deutschland wird der größte Teil der Ernte (rd. 60-70 %) als Viehfutter verwendet. Der Anteil des Getreides und der Getreideprodukte an der Gesamtnahrung ist in den letzten Jahrzehnten stark gesunken, bei gleichzeitiger Zunahme des Anteils an Mehlkörperprodukten gegenüber den Vollkornprodukten. In den letzten Jahren hat sich aber der Anteil stabilisiert, wobei eine Zunahme der Vollkornprodukte zu verzeichnen ist.
 
Neben den Körnern werden auch die Halme verwendet. Sie dienen als Futter, Streu, Flechtmaterial sowie zur Zellstoffgewinnung.
 
Schädlinge
 
und Krankheiten: Befallen werden die auf dem Feld stehende Pflanze und das gelagerte Erntegut. Wirtschaftlich bedeutende Schädlinge in den gemäßigten Zonen sind Zysten- und Stängelälchen, Frit-, Brach- und Halmfliegen, Sattel- und Gallmücken, Blattläuse, Engerlinge, Draht- und Wiesenwürmer, Feldmäuse, Hamster, Sperlinge. In den Tropen können Finkenvögel und Wanderheuschrecken ganze Ernten vernichten. In Getreidelagern auftretende Schädlinge sind v. a. Mehlmotten, Getreidemotten, Hausmäuse, Ratten sowie aus wärmeren Zonen eingeschleppte Schädlinge (Vorratsschädlinge). Die Bekämpfung umfasst neben standortgerechtem Anbau und Fruchtwechsel den Einsatz zugelassener Insektizide und Giftköder sowie Abschreckmittel, Fangfallen, die Begasung von Lagern und biologischen Maßnahmen. - Während früher infolge unzureichender Düngung häufig Mangelkrankheiten (z. B. Dörrfleckenkrankheit, Heidemoorkrankheit) auftraten, haben die heute oft überhöhten Stickstoffgaben eine vermehrte Anfälligkeit für Pilzbefall zur Folge. Alle Organe der Getreidepflanze können befallen werden: Wurzelfäule, Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, Blattflecken, Spelzenbräune. Die häufigsten Erreger sind Rost-, Brand- und Mehltaupilze, bei Wintergetreide auch Schneeschimmel. Die Bekämpfung erfolgt in der Regel mittels zugelassener Fungizide über Saatgutbeizung oder Spritzung. Eine häufig vorkommende Viruskrankheit ist die Gelbverzwergung. (Mutterkornpilze)
 
 Kulturgeschichte
 
Archäologischer Funde sprechen für die Entstehung des Getreideanbaus im 9. Jahrtausend v. Chr. in Vorderasien, wo mit Beginn der Sesshaftwerdung den Menschen die - vermutlich zunächst nicht beabsichtigte - Züchtung von festen Ähren und großen Körnern gelang (Ackerbau, Kulturgeschichte). Die aus Vorderasien stammenden (ältesten) Getreidesorten Weizen und Gerste erreichten über Thessalien im 5. Jahrtausend Mitteleuropa. Hafer und Roggen kamen neben diesen Sorten als Wildkräuter vor und wurden erst später zu Kulturpflanzen herangezüchtet. Bedingt durch sich ändernde klimatische Verhältnisse, wechselte in vor- und frühgeschichtlicher Zeit der jeweilige Anteil der angebauten Getreidesorten zum Teil erheblich.
 
Der Nachweis des Getreideanbaus in dieser Zeit ist wegen der Erhaltungsbedingungen schwierig. Da Getreide durch Rösten konserviert wurde, sind manchmal durch Überhitzen oder Verkohlen vor dem Verrotten bewahrte Vorräte erhalten geblieben. Teilweise gerieten Getreidekörner in den Töpferton oder wurden - v. a. in der Jungsteinzeit - aus religiösen Gründen dem Ton von Idolen beigemengt; durch Ausformen der hinterlassenen Hohlräume können sie jetzt identifiziert werden. Besonders im Umkreis von Pfahlbauten ist Getreide in Feuchtböden original erhalten geblieben.
 
Ein auf Überschusserzeugung abgestellter Getreideanbau wurde nördlich der Alpen erst im Mittelalter mit Einführung des von Ochsen oder Pferden gezogenen Wendepflugs und Anwendung der Sense (seit dem 14. Jahrhundert) möglich. Getreideanbau und Getreidehandel wurden durch Anlage von Getreidespeichern in den Städten im Anschluss an Hungersnöte und Pestepidemien begünstigt und im 18. Jahrhundert durch physiokratische Politik und verbesserte Straßen und Wasserwege ausgedehnt. Getreide bildete die Haupteinnahmequelle der Großgrundbesitzer, die v. a. in Osteuropa bedeutende Exporteure waren. Von Riga ging Getreide (bis 1784 über Amsterdam) in die getreideärmeren Länder, seit 1765 auch nach Großbritannien, das bis dahin selbst Getreide exportiert hatte. 1770 kam erstmals amerikanisches Getreide nach Südeuropa. Im 19. Jahrhundert spielten Getreideschutzzölle eine wichtige politische Rolle. Getreidemissernten (1845 in Irland, 1847 in Frankreich) trugen zu Auswanderungswellen bei. Verbesserung der Düngung, Einführung der Dränage und des Dampfpflugs (um 1860 in Großbritannien) führten zum modernen Getreideanbau. (Getreidehandel)
 
Literatur:
 
Krankheiten u. Schädlinge an G. u. Mais, hg. v. C. Buhl u. a. (1975);
 M. Hopf: Vor- u. frühgeschichtl. Kulturpflanzen aus dem nördl. Dtl. (1982);
 
Das Ernährungsbuch, bearb. v. M. Pickel u. a. (Neuausg. 1989);
 U. Renzenbrink: Die sieben G. Nahrung für den Menschen (Dornach 31993);
 E. Kübler: Weizenanbau (1994);
 
Nutzpflanzen der Tropen u. Subtropen, hg. v. G. Franke, Bd. 2: Spezieller Pflanzenbau. G. Obst. Faserpflanzen (Neuausg. 1994).

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Ge|trei|de, das; -s, - [mhd. getreide, getregede = Bodenertrag; Körnerfrucht, ahd. gitregidi = Ertrag, Besitz, eigtl. = das, was getragen wird, zu ↑tragen]: Pflanzen, die angebaut werden, um aus ihren in Ähren enthaltenen Körnern Mehl, Schrot o. Ä. zu gewinnen (bes. Gerste, Hafer, Roggen, Weizen): das G. ist reif; um die Zeit, wenn das G. blühte, so roch der Geruch der Felder zu ihnen herein (Gaiser, Schlußball 42); das G. steht dieses Jahr gut (hat einen guten Wuchs); G. anbauen, mähen, ernten, dreschen; das G. (die Körner) lagern.

Universal-Lexikon. 2012.