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Stra|ße ['ʃtra:sə], die; -, -n:1. (in Städten, Ortschaften gewöhnlich aus Fahrbahn und zwei Gehsteigen bestehender) befestigter Verkehrsweg für Fahrzeuge und (besonders in Städten und Ortschaften) Fußgänger:
auf der Straße nach Potsdam kam es zu mehreren Unfällen; die Straße ist nach einer Ehrenbürgerin der Stadt benannt; man darf nur bei Grün über die Straße gehen; die Straße ist wegen Hochwassers nicht befahrbar; die Straßen der Stadt waren am Abend still und leer.
Zus.: Asphaltstraße, Ausfallstraße, Autostraße, Einbahnstraße, Einfallstraße, Fahrstraße, Fern[verkehrs]straße, Geschäftsstraße, Handelsstraße, Haupt[verkehrs]straße, Hochstraße, Landstraße, Mautstraße, Nebenstraße, Parallelstraße, Passstraße, Prachtstraße, Querstraße, Ringstraße, Schnellstraße, Seitenstraße, Stoppstraße, Uferstraße, Umgehungsstraße, Verbindungsstraße, Vorfahrtsstraße, Zubringerstraße, Zufahrtsstraße.
2. enge Stelle im Meer als Weg für die Schifffahrt:
die Straße von Gibraltar.
Zus.: Schifffahrtsstraße.
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Stra|ße 〈f. 19; Abk.: Str.〉
1. Weg, bes. wenn er planmäßig angelegt u. gepflastert ist (Bundes\Straße, Fahr\Straße, Land\Straße, National\Straße)
2. Verkehrslinie zur See (Schifffahrts\Straße)
3. Meerenge
● die breite \Straße des Herkömmlichen, Üblichen 〈fig.〉 ● eine \Straße anlegen, ausbessern, bauen, sperren, verbreitern, verlegen; die Aufständischen beherrschen die \Straße das öffentl. Leben; diese \Straße führt nach ...; die \Straße kreuzen, überschreiten; die \Straße ist gesperrt; in den Hauptverkehrszeiten sind die \Straßen verstopft (von Fahrzeugen); seine (stille) \Straße ziehen 〈umg.; scherzh.〉 fort-, von dannen gehen ● belebte, ruhige, verkehrsreiche \Straße; eine breite, enge, gerade, kurze, lange, schmale, winkelige \Straße ● wir fuhren auf derselben \Straße zurück, auf der wir gekommen waren; man findet das Geld ja nicht auf der \Straße man erwirbt es sich nicht leicht; auf die \Straße gehen öffentlich demonstrieren; 〈fig.〉 Prostituierte werden; bei solch einem Regen jagt man keinen Hund auf die \Straße; er liegt auf der \Straße 〈fig.; umg.〉 ist ohne Arbeit; das Geld liegt auf der \Straße, man muss nur verstehen, es aufzuheben 〈Sprichw.〉; er wurde auf die \Straße gesetzt 〈fig.〉 aus der Wohnung vertrieben, (fristlos) aus dem Dienst entlassen; auf der \Straße sitzen 〈fig.〉 ohne Obdach, ohne Verdienst sein; das Geld auf die \Straße werfen 〈fig.〉 leichtsinnig ausgeben; durch die \Straßen irren, schlendern; in eine \Straße einbiegen; eine Wohnung, ein Zimmer nach der \Straße mit Fenster(n) auf der Straßenseite; Ausschank, Verkauf über die \Straße für den Verzehr außerhalb der Gaststätte; ein Mädchen von der \Straße eine Prostituierte; der Mann von der \Straße der Durchschnittsmensch, der einfache Bürger; jmdn. von der \Straße auflesen sich eines Obdachlosen hilfreich annehmen [<mhd. straze <ahd. straz(z)a <westgerm. *strata <spätlat. strata (via) „gepflasterter (Weg)“ als Heerstraße]
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Stra|ße , die; -, -n [mhd. strāʒe, ahd. strāʒ(ʒ)a < spätlat. strata (via) = gepflastert(er Weg), zu lat. stratum, 2. Part. von: sternere = ausbreiten; bedecken; ebnen]:
1. (bes. in Städten, Ortschaften gewöhnlich aus Fahrbahn u. zwei Gehsteigen bestehender) befestigter Verkehrsweg für Fahrzeuge u. (bes. in Städten, Ortschaften) Fußgänger:
eine schmale, breite, belebte, laute, holprige, gepflasterte, kurvenreiche, gut ausgebaute, verstopfte, wenig befahrene, regennasse S.;
die S. vom Bahnhof zum Hotel, von Potsdam nach Berlin;
die S. ist glatt, ansteigend, abschüssig, schwarz von Menschen, menschenleer;
die S. wurde nach einer Ehrenbürgerin benannt;
diese S. kreuzt eine andere;
die S. führt über den Pass, zum Rathaus, nach Cottbus, zum Strand;
die S. schlängelt sich durch das Tal;
die S. biegt links ab;
die S. überqueren, sperren, fegen, kehren;
die S. entlanggehen;
links der S. standen Bäume;
auf die S. laufen, treten;
durch die -n bummeln, schlendern, gehen;
in einer ruhigen S. wohnen;
das Hotel liegt, ist in der Berliner S.;
bei Rot über die S. gehen;
er notierte S. und Hausnummer;
das Haus liegt dicht an der S.;
auf offener S. (vor den Augen aller, die sich auf einer Straße befinden);
er darf nicht unrasiert und in der Jogginghose auf die S. (nach draußen, in die Öffentlichkeit);
bei Dunkelheit trauten sie sich nicht mehr auf die S. (nach draußen);
das Fenster, Zimmer geht auf die, zur S. (liegt zur Straßenseite);
mit dem Auto auf der S. liegen bleiben (eine Panne haben);
Verkauf [auch] über die S. (zum Verzehr außerhalb des Lokals o. Ä.);
der Umstieg von der S. auf die Schiene (vom Straßen- auf den Schienenverkehr);
er wurde von der S. weg (als er sich auf der Straße befand) verhaftet;
dem Druck der S. (der in Demonstrationen, Protestaktionen sich artikulierenden Meinung) nachgeben;
den Ausdruck hast du wohl auf der S. (von Leuten, die sich draußen herumtreiben u. sich derb ausdrücken) gelernt;
Jugendliche von der S. holen (dafür sorgen, dass sie sich nicht mehr draußen herumtreiben);
Ü auf der S. des Glücks, des Erfolgs;
☆ mit jmdm., etw. die S. pflastern können (ugs.; in viel zu großer Zahl, überreichlich vorhanden sein);
jmdn. auf die S. setzen/werfen (ugs.: 1. jmdn. [nach dessen Meinung unberechtigterweise] aus seiner Stellung entlassen. 2. jmdm. [nach dessen Meinung unberechtigterweise] seine Wohnung, sein Zimmer kündigen);
auf der S. liegen/sitzen/stehen (ugs.: 1. ohne Stellung, arbeitslos sein. 2. ohne Wohnung sein, keine Bleibe mehr haben);
auf die S. gehen (ugs.: demonstrieren: für seine Überzeugungen auf die S. gehen);
jmdn. auf die S. schicken (ugs.; der Straßenprostitution nachgehen lassen).
2. <o. Pl.> Menschen, die in einer Straße wohnen:
die ganze S. hat Angst.
3. Meerenge:
die S. von Gibraltar.
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Straße
[althochdeutsch straʒ(ʒ)a, von spätlateinisch strata (via) »gepflastert(er Weg)«, zu lateinisch sternere, stratum »ausbreiten«],
2) Straßenverkehr: befestigter Weg für Fahrzeuge und Fußgänger. Außerhalb bebauter Gebiete dient sie überwiegend dem Verkehr, innerorts ist der Straßenraum wesentlicher Teil des öffentlichen Raumes und diente daher in der Geschichte äußerst vielfältigen Zwecken (Handwerk, Kultur, Kommunikation, Kinderspiel, Handel usw.). Seit der Massenmotorisierung dominiert auch innerorts die Nutzung durch den Automobilverkehr alle anderen Nutzungen. Daher werden Straßen heute oft nach der Bedeutung für den motorisierten Verkehr unterschieden: innerorts (Stadtstraßen) zwischen Stadtautobahnen, Hauptverkehrsstraßen sowie Erschließungsstraßen, außerorts zwischen Landstraßen und Autobahnen. Mit dem zunehmenden Straßenbau für die Automobile entstand in Deutschland ein Unterhaltungs- und Finanzierungssystem, dem eine Gliederung der Straße nach dem Träger der Kosten (Straßenbaulastträger) entspricht. Danach wird differenziert in: Privatstraßen (in Privatbesitz und -zuständigkeit), Gemeindestraßen (Gemeinde-Verbindungsstraßen, Ortsstraßen, Zuständigkeit der Gemeinden), Landstraßen zweiter Ordnung oder Kreisstraßen (Zuständigkeit der Landkreise beziehungsweise kreisfreien Städte), Landstraßen erster Ordnung oder Landesstraßen (Zuständigkeit des jeweiligen Bundeslandes) sowie Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen, Zuständigkeit des Bundes). Bundesfernstraßen sollen dem überörtlichen (großräumigen) Verkehr dienen, in der Praxis ist in vielen Großstädten und Ballungsräumen der weit überwiegende Anteil des Automobilverkehrs auf diesen Straßen Nahverkehr.
Als sozialer Lebensraum haben Straßen innerorts auch immer der Kommunikation und dem sozialen Austausch gedient. Neben kommunikativen Zwecken wie Spazierengehen, Flanieren, Bummeln wurde die Straße vielfältig genutzt als Erlebnisraum für Kinder, als Fläche für Freizeitaktivitäten, für politische Betätigung (Infostände, Demonstrationen), aber auch für gewerbliche sowie Handwerkstätigkeiten. Städebaulich wurden die Straßenfunktionen unterstützt durch die Anlage von Plätzen, breiten Gehsteigen und sogar Treppen (z. B. Strudlhofstiege in Wien). Ihren Höhepunkt erreichten solche Gestaltungsmaßnahmen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zu den 1920er-Jahren.
Zunehmende Motorisierung und gesteigerte Mobilitätsbedürfnisse und -zwänge (Mobilität) haben zum einen durch den hohen Flächenbedarf und zum anderen durch gesunkene Lebensqualität infolge von Abgasen, Lärm, Unfallgefahr u. a. dazu geführt, dass die genannten Aktivitäten verdrängt oder stark eingeschränkt wurden. Die zunehmende Straßennutzung durch Kraftfahrzeuge verhindert, dass die Straße als Raum für Kinderspiel und Kommunikation genutzt werden kann, mit der Konsequenz, dass solche Lebenstätigkeiten in die Wohnung verlagert werden, deren zur Straßenseite hin gelegene Teile außerdem nur eingeschränkt genutzt werden können. Die Gesundheitsgefährdung durch Autoabgase und -lärm, insbesondere an Hauptverkehrsstraßen, die v. a. bei finanziell besser gestellten Bevölkerungsgruppen durch Stadtflucht kompensiert wird, und der soziale Funktionsverlust der Straße als Lebensraum führen zu einem tendenziellen Funktionsverlust von Ortschaften insgesamt, der durch künstliche »Kulturreservate« wie Fußgängerzonen kaum ausgeglichen werden kann. Um die Bedeutung der Straße als Kommunikationsraum wieder zu beleben, wurden u. a. Maßnahmen eingeleitet, die eine Geschwindigkeitsreduzierung beinhalten (Tempo-30-Zone, Verkehrsberuhigung) oder den Individualverkehr beschränken (autoarme beziehungsweise autofreie Innenstadt).
Straßenrecht im spezifischen Sinne ist die Gesamtheit der Rechtsvorschriften, die sich auf Herrichtung und Gebrauch öffentlicher Straßen einschließlich von Wegen und Plätzen beziehen. Es umfasst über das herkömmliche Wegerecht hinaus v. a. ein fortentwickeltes Straßenbaurecht, nicht jedoch das Straßenverkehrsrecht. Geregelt ist es v. a. im Bundesfernstraßengesetz in der Fassung vom 19. 8. 1994 und in den Straßengesetzen der Länder.
Öffentliche Straßen unterscheiden sich von Privatstraßen durch ihre Widmung für den öffentlichen Verkehr, einen von der zuständigen Behörde vorgenommenen Verwaltungsakt. In wessen Eigentum die Straßen stehen, spielt dabei keine Rolle. Mit der Einziehung (Entwidmung) verlieren sie ihre Eigenschaft als öffentliche Straße. Die Widmung von Straßen für den öffentlichen Verkehr schließt andere Nutzungen nicht aus. V. a. im innerstädtischen Bereich wird die Straße nicht nur zur Fortbewegung, sondern auch als Kommunikations- und Begegnungstätte verstanden. Ein funktionierender Gemeingebrauch ist unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung nahezu aller Freiheitsrechte wie Freizügigkeit, Berufs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Eine darüber hinausgehende Sondernutzung der Straßen z. B. durch Kioske, Plakatsäulen, Straßenhandel oder Gerüste setzt eine behördliche Erlaubnis voraus. Nutzungen, die den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigen (z. B. Grasnutzung an der Straßenböschung) bedürfen eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Eigentümer des Straßengrundstücks. Die öffentlichen Straßen stehen in der Regel im Eigentum des Trägers der Straßenbaulast, wobei das Eigentumsrecht durch die Zweckbestimmung der Straße zum öffentlichen Gebrauch überlagert ist.
Bau und Unterhalt der Straße obliegen dem Baulastträger, in der Regel je nach Straßengruppe Bund, Land, Kreis oder Gemeinde. Besondere Vorschriften gelten für Kreuzungen, Einmündungen und Ortsdurchfahrten. Im Verkehrsinteresse unterliegen angrenzende Grundstücke oft besonderen Beschränkungen, z. B. Anbauverboten. Zur Durchführung des Straßenbaus enthalten die Straßengesetze Bestimmungen über Planfeststellungsverfahren und Enteignung. Starke Bedeutung gewinnen Gesichtspunkte des Landschaftsschutzes. Die Einhaltung der Bau- und Unterhaltspflichten wird durch die Straßenaufsicht überwacht.
Das Straßenrecht Österreichs entspricht im Wesentlichen dem deutschen; es ist im Bundesstraßengesetz vom 16. 7. 1971 und in den Straßengesetzen der Länder geregelt. Danach sind Bundesstraßen (besonders Bundesautobahnen, Bundesschnellstraßen), Landesstraßen, Bezirksstraßen, Gemeindestraßen sowie Interessentenstraßen (Güterwege) zu unterscheiden.
Wesentliche Bestimmungen über das Straßenrecht enthalten in der Schweiz die Bundesverfassung (Art. 23, 36bis, 37) sowie das Bundesgesetze über die Nationalstraßen vom 8. 3. 1960. Der Bund ist verpflichtet, auf dem Wege der Gesetzgebung die Errichtung und Benutzung eines Netzes von Nationalstraßen (Autobahnen) sicherzustellen; die Kantone bauen und unterhalten die Nationalstraßen nach Anordnung und unter Oberaufsicht des Bundes; der wirtschaftlich nutzbare Boden ist möglichst zu schonen. Im Übrigen steht das Straßennetz unter der Hoheit der Kantone.
Geschichtliches:
Die ältesten, dem Fernhandel mit bestimmten Gütern dienenden Straßen waren keine Straßen im heutigen Sinn, sondern wegen der natürlichen Gegebenheiten (Flussläufe, Pässe u. a.) benutzte Routen (z. B. die Seidenstraßen oder die Bernsteinstraßen). Die ersten planmäßig angelegten künstlichen Straßenbauten sind aus der Zeit der ägyptischen und der babylonischen Hochkulturen bekannt. Die Perser errichteten zur Verbindung der Residenzstadt Susa mit der Stadt Sardes in Lydien die 2 300 km lange »Königsstraße«. Die Stadtstraße erreichte eine erste Phase der Perfektion in den Städten Griechenlands, die ein für die interne Kommunikation und die Begegnung geschaffenes, geplantes Netz von Straßen und Plätzen aufwiesen. Von großer Bedeutung für die antike Welt im Mittelmeerraum und in West- und Mitteleuropa war das ab Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. ausgebaute Netz der Römerstraßen. In den Städten der Römer gab es bereits ein komplexes Netz von Straßen mit Spuren für Fahrzeuge und Gehwegen sowie Querungsstellen. Nach dem Untergang des Römerbriefen Reiches wurden sie nicht mehr unterhalten und verfielen allmählich.
Auch verschiedene altamerikanische Kulturen bauten bereits Straßen. In der Mayakultur wurden größere Plätze in den Zeremonialzentren durch Straßen miteinander verbunden (z. B. in Tikal). Im nördlichen Yucatán gab es u. a. aus Steinen aufgeschüttete Straßen zwischen den Orten Kabah und Uxmal (14 km lang) sowie Cobá und Yaxuná (100 km lang). Die Inka hatten ein weit verzweigtes Straßennetz aufgebaut, das ihre einzelnen Stützpunkte im Reich miteinander verband. Diese Fernstraßen waren wohl nur in der Nähe größerer Orte gepflastert und durch einen tiefen Unterbau befestigt. Höhenunterschiede wurden durch eingebaute Treppen überwunden, Schluchten durch Hängebrücken. Die Instandhaltung der Straße sowie der Unterhalt der in regelmäßigen Abständen vorhandenen Rasthäuser oblagen den Bewohnern der jeweiligen Region, durch die die Straße führte.
Im Mittelalter waren die Straßen in Europa unbefestigte, in ihrer Richtung durch Furten oder Brücken festgelegte Erdwege, die in der Regel nur bei trockener Witterung ohne größere Schwierigkeiten benutzt werden konnten. Eine Besserung dieser Verhältnisse trat in der frühen Neuzeit ein, als die Postanstalten mehr und mehr an Bedeutung gewannen. Einen erkennbaren Aufschwung nahmen Bau und Unterhalt von Straßen aber erst ab der Mitte des 18. Jahrhunderts, v. a. in Frankreich, wo 1747 die »École nationale des ponts et chaussées« gegründet wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts ließ Napoleon I. - v. a. aus militär. Gründen - Nationalstraßen bauen, die über lange Strecken schnurgerade verliefen und zum Schutz vor Sonne und Wind von Bäumen gesäumt waren. Aus Frankreich kamen auch die wichtigsten Impulse für die Entwicklung der modernen Stadtstraßen. Die Entwicklung des modernen Bürgersteigs (Trottoir) und der typischen Hauptstraße in Großstädten (Boulevard) geht auf Vorbilder aus dem Frankreich des 18. und 19. Jahrhunderts zurück. In der Folgezeit wurden zahlreiche neue Bauverfahren entwickelt. In Großbritannien verwendete im ersten Viertel des 19. Jahrhundert J. L. McAdam den Schotter (nicht die später nach ihm benannte Makadam-Teerdecke). In den folgenden Jahrzehnten wurde die Kombination Makadam-Schotterlage auf Packlage zur Standardbauweise des europäischen Straßennetzes.
Der Teerstraßenbau begann 1832/38 in Großbritannien. Gussasphalt wurde erstmals 1835 in Paris als Bürgersteigbelag aufgetragen. 1854 begann man dort Stampfasphalt zu verwenden. Das Kleinpflaster wurde 1885 von F. Gravenhorst eingeführt. 1888 baute man in Breslau die erste Betonstraße. P. Jantzen erfand 1897 eine Einbaumaschine (Fertiger) für Betonstraßen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden auf die sandgeschlämmten Makadam-Schotterlagen warme Teere aufgespritzt. 1913 wurde in Deutschland erstmals die aus den USA stammende Walzasphaltbauweise angewendet.
In den 20er-Jahren wurde in Deutschland ein Autobahnnetz konzipiert, dessen Realisierung zur Zeit des Nationalsozialismus begonnen wurde und eine wichtige Infrastrukturgrundlage für den 1939 beginnenden Angriffskrieg bildete. Als Baumaterial wurde überwiegend Beton eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die vollständige bituminöse Befestigung mit maschineller Aufbereitung und maschinellem Einbau von Gussasphalt eingeführt. Heute haben sich im Wesentlichen die Beton- und die Bitumenbauweise international durchgesetzt.
Seit den 1960er-Jahren wurde v. a. das Autobahnnetz in der Bundesrepublik Deutschland kontinuierlich erweitert, allerdings treten seit Anfang der 1970er-Jahre verstärkt Bürgerinitiativen gegen den weiteren Straßenbau auf. Deren Argumente sind v. a. der große Flächenverbrauch durch Straßen sowie die Versiegelung und die Lärm- und Luftschadstoffbelastung für Tiere, Menschen und Pflanzen. In einigen Fällen (Rothaargebirgsautobahn, Stadtautobahn Westtangente Berlin) konnten diese Initiativen zumindest vorübergehend Erfolge erzielen. Zu Beginn der 90er-Jahre wird allerdings mit verschiedenen Begründungen (Vereinigung, EG-Integration) in Deutschland wieder ein verstärktes Bemühen des Staates um mehr Straßenbau erkennbar.
A. Birk: Die S. (1934, Nachdr. 1971);
H. Hitzer: Die S. Vom Trampelpfad zur Autobahn (1971);
Straßenrecht, hg. v. K. Kodal u. a. (51995);
H. Straub: Die Gesch. der Bauingenieurkunst (Neuausg. Basel 1996).
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Stra|ße, die; -, -n [mhd. strāʒe, ahd. strāʒ(ʒ)a < spätlat. strata (via) = gepflastert(er Weg), zu lat. stratum, 2. Part. von: sternere = ausbreiten; bedecken; ebnen]: 1. (bes. in Städten, Ortschaften gewöhnlich aus Fahrbahn u. zwei Gehsteigen bestehender) befestigter Verkehrsweg für Fahrzeuge u. (bes. in Städten, Ortschaften) Fußgänger: eine schmale, breite, enge, belebte, ruhige, stille, laute, vereiste, holprige, gepflasterte, kurvenreiche, gut ausgebaute, überfüllte, verstopfte, wenig befahrene, verkehrsreiche, regennasse S.; eine S. erster, zweiter Ordnung; die S. vom Bahnhof zum Hotel, von Potsdam nach Berlin; die S. ist glatt, ansteigend, abschüssig, schwarz von Menschen, menschenleer; Wenn die Eisenbahn nicht verkehrte, waren die -n erst recht nicht befahrbar (Hildesheimer, Legenden 134); die S. wurde nach einer Ehrenbürgerin benannt; diese S. kreuzt eine andere; die S. führt über den Pass, zum Rathaus, nach Cottbus, zum Strand; die S. schlängelt sich durch das Tal; die S. biegt links ab; die S. überqueren, sperren, fegen, kehren; die S. entlanggehen; Nachmittags ... rückten sie dann ab durch die -n, die die Reichswehr ihnen freigab (Feuchtwanger, Erfolg 673); links der S. standen Bäume; auf die S. laufen, treten; durch die -n bummeln, schlendern, gehen; in einer ruhigen, lauten S. wohnen; das Hotel liegt, ist in der Berliner S.; bei Rot über die S. gehen; er notierte S. und Hausnummer (die Anschrift); das Haus liegt dicht an der S.; auf offener S. (vor den Augen aller, die sich auf einer Straße befinden; in aller Öffentlichkeit); Damals durfte ein junges Mädchen überhaupt nicht allein auf die S. (nach draußen; Reich-Ranicki, Th. Mann 240); bei Dunkelheit trauten sie sich nicht mehr auf die S. (nach draußen); das Fenster, Zimmer geht auf die, zur S. (liegt zur Straßenseite); wir haben den ganzen Tag auf der S. gelegen (ugs.; waren den ganzen Tag mit dem Auto unterwegs); wir blieben mit unserem Laster auf der S. liegen (hatten eine Panne); Selten habe ich ein Auto erlebt, das so mühelos und so angenehm seine imposante Leistung auf die S. bringt (sie so gut umsetzt; rallye racing 10, 1979, 109); Verkauf [auch] über die S. (zum Verzehr außerhalb des Lokals, der Konditorei); Die Schweiz betreibt eine aktive Politik des Umstiegs von der S. (vom Straßenverkehr) auf die Schiene (auf den Schienenverkehr; natur 9, 1991, 75); Zum Beispiel sind manchmal alle Männer einfach von der S. weg (als sie sich auf der Straße befanden) verhaftet worden (Hofmann, Fistelstimme 155); Wen wunderts da, dass Beate Dix häufig von der S. weg (nachdem man sie auf der Straße gesehen od. gehört hatte) für Partys engagiert wird (Zivildienst 10, 1986, 33); die Regierung darf dem Druck der S. (der in Demonstrationen, Protestaktionen sich artikulierenden Meinung) nicht nachgeben; Gesetze, die ... unter dem »Druck der S.« (der Masse 3 a) zustande kommen (Fraenkel, Staat 225); den Ausdruck hast du wohl auf der S. (von Leuten, die sich draußen herumtreiben u. sich derb ausdrücken) gelernt; Jugendliche von der S. holen (dafür sorgen, dass sie sich nicht mehr draußen herumtreiben); Ü auf der S. des Glücks, des Erfolgs; da sei es denn nötig, die lange S. der Geduld zu gehen, den Dornenweg in die Welt hinein (Thieß, Legende 118); *mit jmdm., etw. die S. pflastern können (ugs.; in viel zu großer Zahl, überreichlich vorhanden sein); jmdn. auf die S. setzen/werfen (ugs.: 1. jmdn. [nach dessen Meinung unberechtigterweise] aus seiner Stellung entlassen. 2. jmdm. [nach dessen Meinung unberechtigterweise] seine Wohnung, sein Zimmer kündigen); auf der S. liegen/sitzen/stehen (ugs.: 1. ohne Stellung, arbeitslos sein: wenn der Buchner zumachen muss, dann liegen wir auf der S.! [Kühn, Zeit 21]; Tausend Lehrer werden bald auf der S. stehen [Welt 2. 2. 78, 17]. 2. ohne Wohnung sein, keine Bleibe mehr haben); auf die S. gehen (ugs.: 1. demonstrieren: für seine Überzeugungen auf die S. gehen; Als im vergangenen Jahr Tausende von Jugendlichen ... auf die S. gingen ... [Spiegel 2, 1991, 174]. 2. als Straßenmädchen der Prostitution nachgehen); jmdn. auf die S. schicken (ugs.; der Straßenprostitution nachgehen lassen). 2. <o. Pl.> Menschen, die in einer Straße wohnen: die ganze S. macht sich über sie lustig; Setzt du dich ans Steuer eines Landrovers, läuft die ganze S. zusammen (B. Vesper, Reise 413). 3. Meerenge: die S. von Gibraltar.
Universal-Lexikon. 2012.