Akademik

Turkmenistan
Turkmenien (veraltet)

* * *

Turk|me|ni|s|tan; -s:
Staat im Südwesten Mittelasiens.

* * *

Turkmenistan,
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 488 100 km2
 
Einwohner: (2000) 4,5 Mio.
 
Hauptstadt: Aschchabad
 
Amtssprache: Turkmenisch
 
Nationalfeiertag: 27. 10.
 
Währung: 1 Turkmenistan-Manat (TMM) = 100 Tenge
 
Zeitzone: 1500 Aschchabad = 1200 Uhr MEZ
 
Turkmeni|en, amtlich turkmenisch Turkmenostan Jumhuriyati, deutsch Republik Turkmenistan, Staat im Südwesten Mittelasiens, mit 488 100 km2 größte der mittelasiatischen GUS-Republiken und fast anderthalbmal so groß wie Deutschland, (2000) 4,5 Mio. Einwohner, Hauptstadt ist Aschchabad (turkmenisch Aschgabad). Das Land grenzt im Westen an das Kaspische Meer, im Nordwesten an Kasachstan, im Norden, Nordosten und Osten an Usbekistan, im Süden an Afghanistan und im Südwesten an Iran. Amtssprache ist Turkmenisch. Währung ist der Turkmenistan-Manat (TMM) = 100 Tenge. Uhrzeit: 1500 Aschchabad = 1200 MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Die am 18. 5. 1992 durch das Parlament verabschiedete Verfassung, die in der revidierten Fassung (ebenfalls durch Parlamentsbeschluss in Kraft gesetzt) vom 28. 12. 1999 gilt, bestimmt Turkmenistan als demokratische Republik und schreibt die Trennung von Staat und Religion als einen wesentlichen Verfassungs-Grundsatz fest; nach der Staatsform ist Turkmenistan eine präsidiale Republik. Staatsoberhaupt ist der direkt gewählte und mit weit reichenden Vollmachten ausgestattete Präsident, dessen Amtszeitbegrenzung (zwei Amtsperioden von fünf Jahren) durch die Verfassungsänderung 1999 aufgehoben worden ist. Zugleich oberster Inhaber der Exekutivgewalt (Regierungschef), bestimmt er die Richtlinien der Politik und steht der Regierung vor, deren Mitglieder von ihm ernannt werden. Der Präsident verfügt über ein unbeschränktes Verordnungsrecht, kann gegen jedes Gesetz sein Veto einlegen, das nur mit einer Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten zurückzuweisen ist, und hat das Recht, das Parlament aufzulösen. Träger der Legislative, zuständig für die laufende Gesetzgebung, ist die Versammlung (Madjlis), ein Einkammerparlament, dessen 50 Abgeordnete, für eine Legislaturperiode von fünf Jahre gewählt werden (Wahlrecht ab dem 18. Lebensjahr). Fragen von staatspolitisch grundsätzlicher Bedeutung werden dem Volksrat (Khalk maslakhati) zur Diskussion vorgelegt. Dieser repräsentiert (nach dem Vorbild der früheren Stammesversammlungen) in der turkmenischen Verfassungsordnung die Gesamtgesellschaft, steht unter dem Vorsitz des Präsidenten und setzt sich aus gewählten Repräsentanten (alle Abgeordnete des Parlaments, lokale Volksvertreter) und aus vom Präsidenten ernannten Inhabern von Staatsämtern (z. B. Minister, regionale und lokale Verwaltungs-Chefs, Vertreter der Justiz) zusammen. Eine Verfassungsgerichtsbarkeit existiert nicht.
 
Parteien:
 
Turkmenistan hat derzeit noch kein ausgeprägtes Parteiensystem; es dominiert die staatstragende Demokratische Partei Turkmenistans (1991 durch Umbenennung der KP Turkmenistans entstanden). Daneben existieren die Bäuerlichen Gerechtigkeitspartei (gegründet 1993, 1997 legalisiert) sowie bisher nicht zugelassene Oppositionsbewegungen, darunter die Volksfront Agzybirlik (deutsch »Einstimmigkeit«, gegründet 1989) und die überregional strukturierte Islamische Partei der Wiedergeburt.
 
Wappen:
 
Das 1992 eingeführte, kreisrunde Wappen wird aus mehreren konzentrischen Ringen gebildet. Im Zentrum ist innerhalb eines weißen Ringes ein weißes Pferd auf blauem Grund abgebildet, nach außen folgt ein goldgelber Ring mit traditionellen Teppichmustern. Der äußere, bordeauxrote Ring zeigt im oberen Bereich Weizenähren und einen weißen Halbmond mit fünf weißen Sternen, im unteren weiße Baumwollblüten und grüne Blätter.
 
Nationalfeiertage:
 
27. 10., zur Erinnerung an die Erklärung der Unabhängigkeit 1991.
 
Verwaltung:
 
Nach sowjetischem Verwaltungs-System gliederte sich Turkmenistan auf regionaler Ebene in fünf Gebiete sowie die Hauptstadt Aschchabad und auf lokaler Ebene in 46 Landkreise (Rayon), 11 kreisfreie Städte und drei Hauptstadtbezirke. Diese Gliederung besteht im Wesentlichen weiter, allerdings haben die Gebietseinheiten islamische Bezeichnung erhalten: Wilajat (Gebiet), Etrap (Rayon), Schehir (Stadt). An der Spitze des Verwaltungs-Apparats steht in jeder Gebietseinheit ein vom Staatspräsidenten ernannter Hakim (in Gebieten und Städten) beziehungsweise Artschyn (in Etrapen). In Städten und Siedlungen wirken vom Volk gewählte Räte (Gengeschi).
 
Recht:
 
Das sowjetische Justizsystem ist im Wesentlichen beibehalten und in den Einzelheiten an die Strukturen eines Präsidialsystems angepasst worden. Neben den ordentlichen Gerichten auf lokaler und regionaler Ebene, die für Zivil-, Straf- und Verwaltungsrechtssachen zuständig sind, gibt es besondere Militärgerichte. An der Spitze der Gerichtshierarchie stehen das Oberste Gericht und das Oberste Wirtschaftsgericht. Alle Richter werden vom Staatspräsidenten auf die Dauer von fünf Jahren ernannt, was die in der Verfassung deklarierte richterliche Unabhängigkeit praktisch ausschließt. Die nach sowjetischem Vorbild strikt zentralistisch aufgebaute Staatsanwaltschaft ist nicht nur für die Strafverfolgung zuständig, sondern übt eine umfassende Rechtsaufsicht über alle Verwaltungs- und Wirtschaftsbereiche aus. An ihrer Spitze steht der Generalstaatsanwalt, der vom Staatspräsidenten auf die Dauer von fünf Jahren ernannt wird.
 
Streitkräfte:
 
Nach der Unabhängigkeit 1991 begann mit russischer Unterstützung und durch Übernahme von Teilen der ehemaligen sowjetischen Armee der Aufbau eigener Streitkräfte, die eine geplante Stärke von etwa 40 000 Mann erreichen sollen. Zusätzlich verfügt Turkmenistan über Innere Truppen (rd. 5 000 Mann) sowie paramilitärische Einheiten (Grenztruppen, Nationalgarde) in einer Stärke von etwa 18 000 Mann. Die Wehrdienstzeit beträgt 18, bei der Marine 24, für Hochschulabsolventen nur 12 Monate. Die Ausrüstung besteht im Wesentlichen aus etwa 500 Kampfpanzern vom Typ T-72 sowie aus rd. 130 Kampfflugzeugen (MiG-23/-25/-27, Su-17). Das Land unterzeichnete 1994 die »Partnerschaft für den Frieden« der NATO.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Turkmenistan wird überwiegend von dem abflusslosen Tiefland von Turan eingenommen (nahezu vier Fünftel des Landes), das sich zwischen dem Kaspischen Meer im Westen und dem Amudarja und der Grenze zu Usbekistan im Osten erstreckt; es besteht v. a. aus der Wüste Karakum und liegt 100-200 m über dem Meeresspiegel, am Kaspischen Meer teilweise unter dem Meeresspiegel (bis 110 m unter dem Meeresspiegel in der Sarygamyschsenke und 81 m unter dem Meeresspiegel in der Aktschakajasenke). Im Südwesten (Grenze zu Iran) hat Turkmenistan Anteil am Kopet-Dag (in Turkmenistan im Rise 2 942 m über dem Meeresspiegel); dieses Gebiet ist stark erdbebengefährdet. Im Osten steigt die Wüste Karakum zu den Badchys- (bis 1 267 m über dem Meeresspiegel) und Karabilhöhen (bis 984 m über dem Meeresspiegel) an, im Westen bilden das Turkmenbaschier Plateau und der Kleine und Große Balchan (1 881 m über dem Meeresspiegel) die nordwestliche Fortsetzung des Kopet-Dag, während den äußersten Nordwesten noch die Ausläufer des aus flach lagernden Kalken bestehenden Ust-Urt-Plateaus erreichen. Die höchste Erhebung Turkmenistans bildet im äußersten Osten mit 3 139 m über dem Meeresspiegel die Kugitangtaukette (Ausläufer des Hissargebirges).
 
Klima:
 
Insgesamt ist das Klima extrem kontinental. Die Sommer sind heiß und trocken (mittlere Julitemperatur 28 ºC im Nordosten und 32 ºC im Süden), die Winter mild (mittlere Januartemperatur von —5 ºC im Nordosten bis 4 ºC im Südwesten). Charakteristisch sind erhebliche tägliche Temperaturunterschiede, eine lange tägliche Sonnenscheindauer, niedrige Luftfeuchtigkeit und geringe Niederschlagsmengen, die in Abhängigkeit von der Höhenlage von Norden nach Süden und Südosten zunehmen (im Tiefland von Turan 75-150 mm, im bergigen Süd- und Südostteil bis 400 mm im Jahr); ihr Maximum liegt im Frühjahr (März/April) und Frühsommer.
 
Vegetation:
 
Die Karakum hat nur eine spärliche Vegetation aus Saxaul, Beifuß, Salzkraut und Tamarisken. Längs der großen Flüsse wächst Galeriewald (Tugai), in Überschwemmungsgebieten auch Schilfrohr. Im Gebirge gibt es bis in größte Höhen nur Steppen. Die Gebirgsfußoasen am Rande des Kopet-Dag sind das Ergebnis intensiver künstlicher Bewässerung.
 
Bevölkerung:
 
Den Hauptteil der Bevölkerung bilden mit (1995) 77,0 % die Turkmenen, außerdem leben in Turkmenistan Usbeken (9,2 %), Russen (6,7 %; zu 95 % in Städten), Kasachen (2 %), Tataren (0,9 %), je 0,2 % Ukrainer, Aserbaidschaner und Armenier sowie 3,6 % Angehörige anderer Nationalitäten. Mit einer Bevölkerungsdichte von 9 Einwohnern je km2 gehört Turkmenistan zu den am geringsten besiedelten GUS-Staaten Mittelasiens. Am dichtesten (100 bis 200 Einwohner je km2) sind die Oasen im Vorland des Kopet-Dag, die Gebiete am Unterlauf von Tedschen und Murgab, das Tal des Amudarja und die am Karakumkanal gelegenen Gebiete besiedelt. Das mittlere jährliche Bevölkerungswachstum lag 1985-95 bei 3,3 % (1997: 1,61 %); dazu hat nicht unwesentlich die Zuwanderung aus anderen Gebieten der ehemaligen Sowjetunion beigetragen. 1926-97 stieg die Einwohnerzahl von 1 Mio. auf 4,23 Mio. an, 39 % der Bewohner sind bis 14 Jahre alt, 57 % 15 bis 64 und 4 % 65 Jahre alt und älter. Die Stadtbevölkerung nahm 1939-95 von 14 % auf 45 % zu, v. a. wegen der industriellen Entwicklung während des Zweiten Weltkriegs und danach. In dieser Zeit entstanden u. a. die Städte Nebit-Dag, Besmein und Tscheleken. Die zunehmende Überbevölkerung auf dem Land führt wegen der Knappheit der Landwirtschaftsflächen zur weiteren Abwanderung in die Städte. Neben der Hauptstadt Aschchabad (1995: 525 500 Einwohner) sind (Einwohnerzahl von 1995) Tschardschou (176 000 Einwohner), Taschaus (144 000 Einwohner), Mary (99 000 Einwohner), Nebit-Dag (99 000 Einwohner) und Turkmenbaschi (60 000 Einwohner) die größten Städte. Von den Erwerbstätigen waren (1996) 46 % in der Land- und der kaum ausgeprägten Forstwirtschaft sowie 20 % in der Industrie und im Bauwesen beschäftigt.
 
Religion:
 
Es besteht Religionsfreiheit. Staat und Religion sind nach der Verfassung getrennt. Rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Religionsgemeinschaften ist das Religionsgesetz der Republik Turkmenistan (in Kraft in der revidierten Fassung von 1997). Es erlegt den Religionsgemeinschaften die Pflicht zur staatlichen Registrierung auf und lässt religiöse Tätigkeit, die den Schutz der Verfassung beanspruchen kann, allein in den registrierten religiösen Gemeinden (mindestens 500 Personen turkmenischer Staatsangehörigkeit) zu. Die dominierende Religion ist der sunnitische Islam (überwiegend der hanefitischen Rechtsschule), dem mit den Turkmenen, Usbeken, Kasachen, Tataren und Belutschen nominell rd. 90 % der Bevölkerung zugerechnet werden; eine schiitische Minderheit besteht unter den über 30 000 Aserbaidschanern. Geistlich unterstehen die turkmenisch sunnitischen Muslime (wie in sowjetischer Zeit) dem Muftiat in Taschkent, das 1992 für Turkmenistan einen eigenen Richterrat in Religionsangelegenheiten (Kadi-Rat) eingesetzt hat. Neben dem von den offiziellen islamischen Institutionen getragenen Islam spielt traditionell der sufistisch geprägte Volksislam eine große Rolle (Verehrung zahlreicher Grabstätten bedeutender Scheichs). - Von den 4-5 % Christen gehören über 90 % der orthodoxen Kirche an; daneben gibt es in kleiner Zahl armenische, katholische und evangelische Christen. Für die orthodoxen Christen (Russen und Ukrainer) in Turkmenistan, Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan besteht das russisch-orthodoxe Erzbistum Taschkent. Die geistliche Betreuung der wenigen katholischen Christen erfolgt durch die kirchliche Mission Turkmenistan (Sitz: Aschchabad; errichtet 1997). Die wenigen evangelischen Christen sind mehrheitlich Baptisten.
 
Bildungswesen:
 
Nach dem Muster des Schulwesens der UdSSR gibt es weiterhin allgemein bildende Mittelschulen (Schulzeit 8-10 Jahre), beruflich-technischen Schulen und mittlere Fachschulen. Unterrichtssprache ist in der Regel Turkmenisch, vereinzelt aber auch Russisch, Usbekisch und Kasachisch. Russisch überwog in den mittleren Fachschulen und in den Hochschuleinrichtungen, verliert aber zunehmend an Bedeutung. Eine Universität (gegründet 1950) gibt es in Aschchabad. Die Analphabetenquote beträgt 2,3 %.
 
Publizistik:
 
Die wichtigsten Zeitungen sind die vom Parlament herausgegebenen, täglich erscheinenden Blätter »Neltralnyj Turkmenistan« und »Turkmenistan« sowie »Mugallimlar gazeti« (Organ des Bildungsministeriums), die Jugendzeitungen »Nesil« und »Vatan« (dreimal wöchentlich), außerdem sechs Wochenzeitungen. Nachrichtenagentur ist »Turkmen Press«. Die staatliche Hörfunk- und Fernsehgesellschaft veranstaltet ein Fernsehprogramm und lokale Hörfunkprogramme. Zudem werden Relaissendungen aus Moskau in Russisch und Turkmenisch ausgestrahlt.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von (1996) 570 US-$ je Einwohner gehört die Republik Turkmenistan zu den ärmeren Entwicklungsländern; bereits unter der Sowjetherrschaft war es eine der ärmsten und am wenigsten entwickelten Sowjetrepubliken. Die Wirtschaft, von Korruption und Ineffizienz gekennzeichnet, ist einseitig auf die Erdöl- und Erdgasgewinnung sowie Baumwollerzeugung ausgerichtet. Seit Erlangen der politischen Unabhängigkeit bemüht sich das Land um die Überwindung der einseitigen Wirtschaftsstruktur. Der Übergang zur Marktwirtschaft ist für die Bevölkerung mit einschneidenden Maßnahmen (Abbau von Subventionen, Preiserhöhungen, hohe Inflationsraten) verbunden. 1992 wurde ein Gesetz zur Privatisierung von Staatsbetrieben erlassen, wodurch bis 1997 insgesamt 1 850 Betriebe (besonders aus dem Dienstleistungssektor) entstaatlicht wurden. Außerdem wurden die Bestimmungen für die außenwirtschaftliche Tätigkeit gelockert und im Februar 1993 ein Gesetz über die Privatisierung in der Landwirtschaft verkündet. Im Gegensatz zu anderen mittelasiatischen GUS-Staaten vollzieht sich jedoch die Einführung marktwirtschaftlicher Reformen in Turkmenistan sehr zögernd. Große Bereiche der Wirtschaft werden weiterhin staatlich kontrolliert. Die Wirtschaft ist noch stark mit der Russlands verbunden; im Ausbau sind im Rahmen der Islamischen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECO) die Verbindungen (auch auf kulturellem Gebiet) mit dem Iran und der Türkei, die beide mit hohen Investitionen in Turkmenistan vertreten sind. Auch für den Zufluss von Auslandskapital westlicher Staaten wurden 1997 durch die Schaffung sieben freier Wirtschaftszonen Anreize geschaffen.
 
Landwirtschaft:
 
Im Agrarsektor, dessen Bedeutung rückläufig ist, waren 1996 46 % der Erwerbstätigen beschäftigt, sein Anteil am Gesamtwirtschaftsertrag beträgt jedoch nur etwa 17 %. Die Kolchosen und Sowchosen wurden 1995 zu Bauerngenossenschaften deklariert. Seit 1993 ist der Erwerb von Pachtland für zehn Jahre möglich. Die Landwirtschaft kann nur zu etwa 30 % (nach Schätzungen von 1996) das Land versorgen. Knapp drei Viertel der landwirtschaftlichen Wertschöpfung erbringt der Ackerbau, obwohl von der landwirtschaftlichen Nutzfläche (nach offiziellen Angaben zwei Drittel der Landesfläche) nur 3 % auf Ackerland, aber 96 % auf Weideland entfallen. Der Ackerbau ist auf Bewässerung angewiesen, die jedoch wegen des hohen Wasserverlustes durch die maroden Bewässerungskanäle (am längsten der Karakumkanal in der Karakum) und der zunehmenden Versalzung der Böden zu ökologischen Schäden führt. Der hohe Mineraldüngereinsatz verursacht ebenso wie die Ableitung ungeklärten Wassers mit einhergehender Grundwasserverseuchung Gesundheitsschäden in der Bevölkerung. Der Anbau ist monokulturartig auf Baumwolle (1996: 1,3 Mio t) ausgerichtet; deren Anbaufläche (1996: 537 000 ha) wurde aber in den letzten Jahren zugunsten des Getreideanbaus (Weizen, Gerste, Reis) verringert. Außerdem werden Futterpflanzen (v. a. Luzerne), Kenaf und Sesam angebaut. Die Hauptanbaugebiete liegen an Amudarja, Murgab, Tedschen sowie in den Oasen am Fuß des Kopet-Dag am Karakumkanal. Bedeutsam sind Baum- und Sonderkulturen (Feigen, Datteln, Granatäpfel, Melonen, Weintrauben), v. a. in den Vorbergen des Kopet-Dag. - Die Viehwirtschaft ist mit rd. 25 % an der landwirtschaftlichen Produktion beteiligt. Größte Bedeutung hat die Karakulschafzucht, die ebenso wie die beträchtliche Kamelhaltung die dürftigen Naturweiden der Karakum nutzt. Spezialzweige sind die Seidenraupen- und Achal-Tekkiner Pferdezucht.
 
Bodenschätze:
 
Turkmenistan besitzt umfangreiche Vorkommen an Erdgas (zugängliche Vorräte 4,5 Billionen m3) und Erdöl (6,3 Mrd. t) im Kaspigebiet und in der Karakum, die in großem Umfang genutzt werden. Etwa 90 % der Deviseneinnahmen erbringt die Erdgasförderung (1996: 35,2 Mio. m3), die zu 80 % in dem Lagerstättenbereich Dauletobad-Dolmes erfolgt. Über zwei Drittel des Erdöls (Fördermenge 1997: etwa 5,5 Mio. t) wird in den Lagerstätten Kotur-Tepe und Barsa-Helmes gefördert; unter Mithilfe ausländischer Unternehmen (besonders Japan, USA und Türkei), deren Investitionen ein neues Erdölgesetz von Anfang 1997 begünstigt, werden weitere Erdöl- und Erdgaslagerstätten im Festlandssockel des südlichen Kaspischen Meeres sowie im Festlandsbereich erschlossen. Mittels Fernleitungen, die derzeit noch weitgehend von Russland kontrolliert werden und nur bei Zahlung hoher Transitgebühren von Turkmenistan genutzt werden können, wird Erdgas nach der Ukraine, nach Aserbaidschan, Armenien, Russland, nach Westeuropa und (seit 1997) nach Iran sowie Erdöl in die Ukraine und nach Moldawien transportiert. Zur Umgehung der hohen Transitgebühren sind die Verlängerung der Erdgasleitung Turkmenistan-Iran in die Türkei und nach Europa sowie der Bau der Gasleitungen Turkmenistan-Afghanistan-Pakistan und Turkmenistan-Aserbaidschan durch das Kaspische Meer bis zum Jahr 2002 geplant und zum Teil schon im Bau. Die Förderung anderer Bodenschätze wie Natriumsulfat im Kara-Bogas-Gol, Schwefel bei Gaurdak in Ostturkmenistan, der Abbau von Baryt und Bentonit sowie die Gewinnung jod- und bromhaltigen Tiefenwassers und von Gold sind von untergeordneter Bedeutung.
 
Energiewirtschaft:
 
Die Energieerzeugung (1996: Kapazität 3 950 MW, Produktion 9,87 Mrd. kWh) beruht auf den umfangreichen landeseigenen Brennstoffen; die Wärmekraftwerke, die 95 % der Elektrizität erzeugen, arbeiten auf der Grundlage von Masut und Erdgas, zu einem sehr geringen Teil von Kohle. 55 % der erzeugten Elektroenergie werden exportiert (besonders nach Kasachstan, Tadschikistan und Iran).
 
Industrie:
 
Etwa 90 % der Industrieproduktion wurden 1997 noch von Staatsbetrieben erbracht. Die bedeutendsten Zweige der noch unzureichend ausgebauten verarbeitenden Industrie, die insgesamt nur wenige Betriebe, v. a. in Aschchabad, Tschardschou, Turkmenbaschi, Mary und Taschaus umfasst, sind die traditionelle Textil- (u. a. Baumwollverarbeitung, Teppichherstellung) und die Nahrungsmittelindustrie. Nach 1930 entwickelten sich die chemische Industrie, die neben Erdöl und -gas auch Schwefel und Natriumsulfat verarbeitet, der Maschinenbau (v. a. Anlagen für die Erdöl- und Erdgasindustrie), die Metallverarbeitung und die Baustoffindustrie, in der besonders türkische Arbeitskräfte tätig sind.
 
Tourismus:
 
Der Tourismus befindet sich in der Entwicklung. Durch die Staatliche Gesellschaft für Tourismus erfolgt der Ausbau von Hotels, des Gastronomiewesens sowie von touristischen Besucherzentren in Aschchabad, dem historischen Merw und im Gebiet der heißen Quellen von Bacharden am Fuß des Kopet-Dag.
 
Außenwirtschaft:
 
1996 wurden Waren für 1,5 Mrd. US-$ aus- und für 1,2 Mrd. US-$ eingeführt. Der Handelsüberschuss beruht auf dem hohen Exportanteil von Erdöl und Erdgas. Etwa 55 % der Einfuhren kamen 1997 aus den GUS-Staaten, daneben entwickelten sich die USA, die Türkei, Deutschland und Iran zu wichtigen Importländern. Exportgüter sind außerdem Baumwolle, Naturseide, Karakulfelle, Teppiche, Häute, chemische Rohstoffe, Einrichtungen für die Erdölwirtschaft, elektrotechnische Erzeugnisse und Zement, Haupteinfuhrgüter sind Maschinen und Industrieanlagen, Fahrzeuge, Nahrungsmittel (Getreide) und Konsumgüter des täglichen Bedarfs. Wichtige Exportländer sind die GUS-Staaten (besonders Russland), Deutschland, Polen, die Tschechische Republik und die Türkei.
 
Verkehr:
 
Turkmenistan besitzt eine wichtige Transitfunktion im Verkehr zwischen den Golfstaaten und Europa, wird ihr aber wegen des zurückgebliebenen Verkehrsnetzes, das derzeit mit internationaler Hilfe ausgebaut wird, noch nicht gerecht. Die Eisenbahn bewältigt den Hauptteil des Güterverkehrs. Ihr Streckennetz umfasst (1996) 2 187 km; Hauptstrecken sind die Transkaspische Eisenbahn mit Zweigstrecken (u. a. von Mary nach Kuschka nahe der Grenze zu Afghanistan), die Strecke Tschardschou-Kungrad (Usbekistan) und (seit 1996) Tedschen-Meschhed (Iran); von Turkmenbaschi besteht eine Fährverbindung nach Baku. Das Fernstraßennetz ist (1996) 23 000 km lang, davon sind 18 300 km befestigt. Etwa 700 km Binnenschifffahrtsstraßen sind auf dem Amudarja und Karakumkanal befahrbar. Größter Hochseehafen ist Turkmenbaschi. Nationale Fluggesellschaft ist die Turkmen Avia. In Turkmenistan gibt es (1994) 64 Landeplätze (davon 42 mit befestigten Rollbahnen). Der wichtigste Flughafen (besonders für den internationalen Flugverkehr) liegt bei Aschchabad.
 
 
Anfang des 1. Jahrtausends v. Chr. nomadisierten iranischen Skythenstämme auch östlich des Kaspischen Meeres. Im Altertum gehörte das Territorium von Turkmenistan zum persischen Großreich der Achaimeniden. Mit dem Vordringen der Weißen Hunnen wurden massagetisch-alanische Stämme durch hunnisch-türkische Hephthaliten absorbiert, die bis ins frühe 8. Jahrhundert der (bereits im 7. Jahrhundert begonnenen) arabischen Eroberung widerstanden. Ihre Kultur wurde durch Stammesteile der Ogusen (Ogus Khan als Ahnherr der Turkmenen) im 10. Jahrhundert weitergeführt. Diese waren im 11. Jahrhundert Mitbegründer des Großreichs der Seldschuken (Blütezeit von Merw und Chiwa), später des Osmanenreiches. Diejenigen, die zum Islam bekehrt wurden und sich unter iranischen Einfluss niederließen, erhielten den - schon im 8. Jahrhundert in China bekannten - Namen »Turkomanen« (d. h. Turkmenen).
 
Im 13. Jahrhundert fielen die Mongolen in Turkmenistan ein. Nach dem Zerfall der Goldenen Horde kamen die überwiegend nomadisch lebenden und als Krieger geschätzten Turkmenen seit dem 16. Jahrhundert teilweise unter die lockere Oberhoheit der Khanate Buchara und Chiwa, teils unter die der Perser. Massenumsiedlungen der turkmenischen Stämme v. a. im 18. und 19. Jahrhundert, u. a. bedingt durch das Austrocknen des Sarygamyschsees, führten zu grundlegenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen, von denen jedoch - trotz zunehmender Sesshaftwerdung der Turkmenen - bis ins 20. Jahrhundert die Stammesstrukturen unberührt blieben. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts unterwarf Russland die meisten turkmenischen Stämme (nach Gründung der russischen Militärsiedlung Krasnowodsk 1869 und einer Niederlage gegen die Tekke-Turkmenen 1879 blutige Eroberung der turkmenischen Festung Gök-Tepe 1881 sowie Einnahme von Merw 1884). 1890-98 ging das »Transkaspien« genannte Gebiet von der kaukasischen in die turkestanische Verwaltung über; das Gewohnheitsrecht und die Aul-Autonomie wurden davon nicht berührt, etwa 140 000 Turkmenen verblieben relativ autonom in den usbekischen Gebieten von Chiwa, 120 000 in Buchara. 1916 beteiligten sich die Turkmenen am zentralasiatischen Aufstand gegen die russische Verwaltung. Nach der Oktoberrevolution leisteten sie (besonders unter Dschunaid Khan bis 1928) erbitterten Widerstand gegen die Errichtung der bolschewistischen Herrschaft. 1918-24 war Turkmenistan Bestandteil der Turkestanischen ASSR. Am 27. 10. 1924 (offizielles Gründungsdatum 14. 2. 1925) wurde aus einem Teil dieser sowie aus Gebieten der Sowjetrepubliken Buchara und Choresm (Chiwa) die Turkmenische SSR gebildet. Ende der 1920er-/Anfang der 1930er-Jahre wurde die mit der zwangsweisen Sesshaftmachung der Nomaden verbundene Kollektivierung der Landwirtschaft durchgeführt. Die Säuberungen unter Stalin richteten sich u. a. gegen die junge nationale Intelligenz und nationalkommunistische Kräfte.
 
Die 1985 in der Sowjetunion eingeleitete Politik der Perestroika wirkte sich in Turkmenistan kaum aus. Dem Beispiel anderer Unionsrepubliken folgend, erklärte Turkmenistan am 22. 8. 1990 seine Souveränität innerhalb der Sowjetunion und nach einem Referendum am 27. 10. 1991 seine Unabhängigkeit (Umbenennung in Republik Turkmenistan). Die Ende 1991 aus der KP hervorgegangene Demokratische Partei Turkmenistans konnte sich die Macht sichern. Am 21. 12. 1991 trat Turkmenistan der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) bei, am 2. 3. 1992 wurde es Mitglied der UNO. Nach Annahme einer neuen Verfassung (18. 5. 1992), die ein Präsidialsystem festschrieb, wurde Staatspräsident S. Nijasow (im Amt seit 1990) im Juni 1992 wiedergewählt; als »Turkmenbaschi« (»Führer aller Turkmenen«) von einem zunehmenden Personenkult umgeben und autokratisch regierend, ließ er sich per Referendum 1994 seine Amtszeit bis 2002 verlängern. Außenpolitisch führte Turkmenistan seine engen Beziehungen zu Russland fort (besonders auf militärischem und sicherheitspolitischem Gebiet, 1993 Abkommen zur Gewährung einer doppelten Staatsbürgerschaft für die in Turkmenistan lebenden Russen), baute jedoch auch die Verbindungen zur Türkei und zu Iran, mit dem es eine über 1 000 km lange Grenze hat, aus.
 
 
Biogeography and ecology of T., hg. v. V. Fet u. a. (Dordrecht 1994);
 
T., hg. v. der Weltbank (Washington, D. C., 1994);
 R. Götz u. U. Halbach: T. Informationen über eine unbekannte Rep., 2 Bde. (1995);
 S. K. u. S. L. Batalden: The newly independent states of Eurasia. Handbook of former Soviet Republics (Phoenix, Ariz., 21997).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
GUS: Die islamischen GUS-Staaten am Scheideweg
 

* * *

Turk|me|nis|tan, -s: Staat im Südwesten Mittelasiens.

Universal-Lexikon. 2012.