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Richtlinien
Richtlini|en,
 
1) Europarecht: Rechtsvorschriften der EG, die sich an die Mitgliedstaaten wenden und diese verpflichten, binnen einer Frist die Ziele der Richtlinien in innerstaatliches Recht umzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann sich der Bürger, wenn der Mitgliedstaat die Richtlinien nicht fristgerecht umsetzt, unter bestimmten Voraussetzungen gegenüber staatlichen Organen auf die Richtlinien berufen. Des Weiteren kann die nichtfristgerechte Umsetzung eine Schadensersatzpflicht des Mitgliedstaates gegenüber von der Richtlinie begünstigten Personen auslösen. Richtlinien erlassen gemäß Art. 189 EG-Vertrag das Europäischen Parlament und der Rat der EU gemeinsam, der Rat der EU und die Europäische Kommission; sie sind ein Mittel der Koordinierung und Rechtsangleichung.
 
 2) Staatsrecht: Richtlinien der Politik, die für eine Regierung und ihre einzelnen Mitglieder verbindlichen Entscheidungen in politischen Grundsatzfragen. Die Richtlinien der Politik werden i. den Richtlinien vom Regierungschef festgelegt. (Bundeskanzler, Bundesregierung, Ministerpräsident)
 
 3) Verwaltungsrecht: Bezeichnung für abstrakt-generelle Anordnungen einer vorgesetzten Dienststelle an untergeordnete Verwaltungsstellen, die grundsätzlich nur intern wirken und (nach umstrittener Ansicht) keine Außenwirkung gegenüber Bürger und Gericht haben. Die Befugnis zum Erlass von Richtlinien ist in der Verwaltungskompetenz inbegriffen. Richtlinien spielen in der praktischen Verwaltungstätigkeit eine überragende Rolle. Teils betreffen sie die Auslegung von Gesetzen, teils speziell die Ermessensausübung. Insbesondere bei der Leistungsgewährung (Subventionierung) erfüllen sie, wenn ein Gesetz fehlt, eine quasigesetzliche Funktion.

Universal-Lexikon. 2012.