Volks|islam,
in den traditionellen Verbreitungsgebieten des Islam praktizierte Form der Volksfrömmigkeit, die stark von der islamischen Hochreligion durchdrungen ist, dabei auch an Überlieferungen anknüpft, die im Koran (z. B. den Geisterglauben; Djinn) und im Hadith (z. B. Heilzauberpraktiken) zwar tradiert sind, ihre Wurzeln aber in vorislamischer Zeit haben. Eine große Rolle im Volksislam spielen die Heiligen der islamischen Mystik (Sufismus) sowie die sie verehrenden Bruderschaften, die in manchen Gebieten (z. B. in Nordafrika) auch heute großen Einfluss besitzen. Der Gläubige selbst hofft darauf, durch die räumliche Nähe zu einem solchen Heiligen (z. B. einem Sufimeister) oder dessen Grab (z. B. dem eines Marabut) von den übersinnlichen Gaben zu profitieren, die dem Heiligen zugesprochen werden (z. B. Krankenheilung oder Zukunftsschau). Der Gräberkult existiert in verschiedenen lokalen Ausprägungen. Die im Volksislam gebräuchliche Amulette, Talismane, Tätowierungen, Zauberformeln (auch Koranverse) u. a. magische Gegenstände werden als Mittel zur Abwehr von Gefahren wie dem bösen Blick, Krankheit oder Diebstahl betrachtet. - Muslime, die einem streng an den islamischen Kerntraditionen orientierten Islam folgen, besonders die Wahhabiten, lehnen die Frömmigkeitspraxis des Volksislam ab.
Universal-Lexikon. 2012.