Uhrzeit; Tempus; Zeitform; Dauer; Zeitlang; Zeitspanne; Zeitintervall; Zeitdauer; Zeitabschnitt; Zeitdifferenz; Periode; (zeitlicher) Abstand; Frist; Weile; Phase; Zeitraum; (zeitliches) Intervall; Spanne; Zeitabstand
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zeit [ts̮ai̮t] <Präp. mit Gen.>:in der Wendung zeit meines, deines usw. Lebens: mein, dein usw. Leben lang; solange ich lebe, du lebst usw.: das werde ich zeit meines Lebens nicht vergessen.
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zeit 〈Präp. m. Gen.〉 während ● 〈nur in den Wendungen〉 \zeit meines, seines, ihres Lebens
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zeit <Präp. mit Gen.> [erstarrter Akk. Sg.]:
nur in der Verbindung z. meines, deines usw. Lebens (mein, dein usw. Leben lang; solange ich lebe, du lebst usw.: das werde ich z. meines Lebens nicht vergessen).
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I Zeit
[althochdeutsch zīt, eigentlich »Abgeteiltes«], das im menschlichen Bewusstsein unterschiedlich erlebte Vergehen von Gegenwart; die nicht umkehrbare, nicht wiederholbare Abfolge des Geschehens, die als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft am Entstehen und Vergehen der Dinge erlebt wird. Wir erfahren die Welt als gerichteten Prozess, der eine begriffliche Aufspaltung in Raum und Zeit zulässt. Zeit ist somit der durch Abstraktion herausgehobene Verlaufsaspekt der veränderlichen Zustände der Realität. Soweit wir heute wissen, ist es nicht möglich, die Zeitlichkeit der Natur mittels Theorien auf fundamentalere Eigenschaften zurückzuführen. Die Eigenschaften der Zeit lassen sich deshalb beschreiben, aber die Zeit kann nicht erklärt werden. Nach A. Einsteins Relativitätstheorie ist die Zeit eine von dem umfassenderen Begriff der Raum-Zeit künstlich abgespaltene Dimension. Dennoch besitzt die Zeit eigenständige Qualitäten, die sie vom Raum wesentlich unterscheiden. Vom objektiven Verlauf zeitlichen Geschehens, das durch menschliche Zeiteinteilung und Zeitmessung in Perioden von Bruchteilen von Sekunden bis zu Jahren gegliedert sein kann, hebt sich das subjektiv unterschiedliche Erleben zeitlichen Geschehens ab. In den Naturwissenschaften ist die Zeit eine der Basisgrößen des Internationalen Einheitensystems; SI-Einheit ist die Sekunde. Die Geschichtswissenschaft beschäftigt sich v. a. mit linear gerichteter Zeit, wohingegen z. B. in Geologie, Meteorologie und Biologie rhythmische und zyklische Prozesse (z. B. Kreislauf des Wassers; Blutkreislauf) eine große Rolle spielen. Mit einer wachsenden wissenschaftlichen Erforschung der Entwicklungsprozesse des Lebendigen geht eine Differenzierung der Strukturen der Zeit als spezifische Systemzeit einher. Individuen durchlaufen biographische Entwicklungsphasen, soziale Gruppen besitzen eine Geschichte, der Stammbaum des Organischen erfährt eine Evolution.
Philosophische Überlegungen zur Natur der Zeit
Die ältesten philosophischen Überlegungen zur Natur der Zeit gehen auf die vorsokratische Philosophie zurück. In der eleatischen Schule des Parmenides (5. Jahrhundert v. Chr.) wurde versucht zu zeigen, dass nur das Seiende real, die Vergänglichkeit und der Wandel der Erscheinungen jedoch eine Illusion der Sinne ist: »Die wahre Welt ruht unbeweglich und zeitlos, sie ist ohne Anfang und Ende.« Heraklit von Ephesos hingegen betrachtete das Werden, den Fluss der Phänomene, als primär: »Wer in denselben Fluss steigt, dem fließt anderes und wiederum anderes Wasser zu.« Für Parmenides war die Welt die Gesamtheit aller Dinge, während Heraklit sie als Inbegriff der Ereignisse dachte. Damit war bereits die fundamentale Frage der Realität der Zeit ins Auge gefasst. Zenon von Elea, ein Schüler des Parmenides, bemühte sich, mit scharfsinnig erdachten Gedankenexperimenten zu beweisen, dass die Annahme der Wirklichkeit der Zeit zu Paradoxien im Unendlichen führt. Diese idealistische Deutung der Zeit entwickelte eine lange Tradition. Mit anderen Argumenten wurde in der Neuzeit die Unrealität der Zeit von dem Philosophen J. M. Ellis McTaggart (* 1866, ✝ 1925) und dem Mathematiker K. Gödel verteidigt. McTaggart fasste die Zeit als rein anthropomorphes Element im Weltgeschehen auf, Gödel stützte sich auf relativistische Gründe, um ihre Idealität zu zeigen. Doch auch die realistische Deutung der Zeit hat ihre Verteidiger, sie wird meist mit Hinweis auf die kosmischen Zyklen gestützt. In der Antike wies Platon im »Timaios« darauf hin, dass der Ursprung der Zeit mit der Struktur der Welt im Großen zusammenhängt. Der Demiurg, der Erbauer der Welt, wollte ein bewegliches Abbild der Unvergänglichkeit schaffen. Dieses Abbild ist der Himmel selbst, und mit ihm entsteht die Zeit. Die Unvergänglichkeit und die zyklische Ordnung des Himmels sind ordnendes Maß für die (vergänglichen) Dinge.
Aristoteles kritisierte jedoch die Gleichsetzung der Zeit mit dem kosmischen Umschwung und wies darauf hin, dass es eine Vielzahl von Himmelsbewegungen gibt, die zudem mit verschiedenen Geschwindigkeiten ablaufen, was der Eindeutigkeit der Zeit widerspricht (»Physica« IV 218 b). Dennoch verteidigte er die Abhängigkeit von Zeit und Bewegung; getrennt von den Prozessen der Welt kann Zeit nicht verstanden werden, sie ist der numerische Aspekt der Naturvorgänge hinsichtlich ihrer Ordnung nach »früher« und »später«. Somit darf man Aristoteles als Vorläufer einer relationalen Zeitauffassung ansehen. Er kritisierte auch Platons Schöpfungsidee, mit der die Welt eine zeitlich asymmetrische Existenzweise erhalte; sie wäre zwar entstanden, hätte dann aber ewigen Bestand. Nach Aristoteles hat das Universum keinen Anfang und kein Ende in der Zeit. In diesem Punkt stimmten auch die Atomisten zu, z. B. Lukrez: Kein Ding kann aus dem Nichts entstehen oder ins Nichts verschwinden, schon gar kein Universum und auch nicht mit göttlicher Hilfe. Damit ist das »genetische Prinzip« formuliert, das den Gesetzeszusammenhang aller Ereignisse der Welt ausdrückt und die Grundlage aller kausalen Erklärungen darstellt. In christlicher Tradition ging Augustinus von dem durch göttlichen Schöpfungsakt hervorgebrachten Anfang der Welt aus, betonte jedoch, dass Gott die Welt nicht in, sondern mit der Zeit erschaffen hat (»Confessiones«, 11. Buch). Thomas von Aquino unterschied die »creatio originans«, die auf einen Anfangspunkt der Welt in der endlichen Vergangenheit hinweist, von der »creatio continuans«, die Gottes permanente Tätigkeit in der Welt ausdrückt und die nach Thomas selbst dann vonnöten wäre, wenn sich das Universum als unendlich alt erweisen sollte.
Das Zeitbewusstsein als durchgängige Form aller Erlebnisse im Bewusstseinsstrom ist von verschiedenen philosophischen Standpunkten aus betrachtet worden. So ist bei Augustinus die Zeit als »innere Gegenwart« aller Erfahrungen an die menschliche Seele gebunden; erinnernd und erwartend ist die Seele in der Gegenwart bei Vergangenem oder Zukünftigem. Der Zeitmessung nach »früher« und »später« liegt die vergleichende Tätigkeit der Seele zugrunde. E. Husserl beschrieb die Erlebniszeit unter methodischem Absehen von der objektiven, messbaren Zeit im Zusammenhang der Phänomenologie. Im Jetzt widerfahre dem Erlebnis die absolute Subjektivität; ihm öffne sich der transzendentale Horizont der Welt, in dem für das innere Zeitbewusstsein der Raum einer »objektiven Zeit« vorgegeben sei. Auf dieser Grundlage suchte M. Heidegger Zeit als ursprünglichen Horizont allen Seinsverständnisses und (später) allen Sichmitteilens des Seins zu deuten. H. Bergson erklärte die Erlebniszeit (»temps inventeur«, »durée réelle«) als ursprünglich und schöpferisch, die objektive Zeit hingegen (»temps longueur«) als Verstandeskonstruktion unter dem Gesichtspunkt des Raumes. Bergsons Gedanken befruchteten die Diskussion auf vielen Gebieten, so auch auf dem der Literatur (M. Proust, T. Mann, Virginia Woolf).
Zeit in der klassischen Mechanik
In der Neuzeit entspann sich die Debatte v. a. um den ontologischen Status, das heißt die Existenzweise der Zeit. Nach I. Newton ist die Zeit eine starre universelle Größe, die unabhängig von allem physikalischen Geschehen existiert: »Die absolute, wahre und mathematische Zeit fließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand. Sie wird mit dem Namen: Dauer belegt.« Damit spielt Zeit eine passiv-absolute Rolle, sie wird nicht durch die Materie und deren Bewegung beeinflusst. Zusammen mit dem absoluten Raum stellt sie in der klassischen Mechanik als absolute Raum-Zeit die statische kosmische Arena für den Ablauf der Naturprozesse dar. An dem Absolutheitscharakter der Zeit übte dann G. W. Leibniz Kritik, da ein solcher Zeitbegriff gegen den Satz vom zureichenden Grund und gegen das Prinzip von der Identität des Ununterscheidbaren verstößt. Leibniz argumentierte dafür, nur die Ordnung der Ereignisse als real zu betrachten. Der Unterschied zwischen der absoluten und der relationalen Zeitauffassung lässt sich auf die einfache Form bringen: Nach Newton hat das Universum eine Uhr, nach Leibniz ist es eine.
Auf der Basis der klassischen Physik versuchte I. Kant die grundlegende Frage zu beantworten, warum uns überhaupt alles Reale in Raum und Zeit erscheint. Seine Antwort darauf war, dass Zeit ebenso wie Raum apriorische Anschauungsformen darstellen, die Erfahrungserkenntnis erst möglich machen: »Die Zeit ist nicht etwas Objektives und Reales, weder eine Substanz noch ein Akzidens, noch eine Relation, sondern eine subjektive, durch die Natur des Geistes notwendige Bedingung, beliebige Sinnendinge nach einem bestimmten Gesetze miteinander zusammenzuordnen, und eine reine Anschauung.« Nach heutiger Auffassung hat Kant damit nur die Bedingung der Möglichkeit empirischer Erkenntnis getroffen, die Reichweite der theoretischen Erkenntnis jedoch unterschätzt.
Die absolute Zeit der klassischen Mechanik wurde bereits aus begrifflichen Gründen von Philosophen wie G. Berkeley und E. Mach kritisiert: Sie ist empirisch unfassbar, denn wir arbeiten immer nur mit relativen Zeiten, z. B. mit einer Uhr, einem beobachtbaren periodischen Vorgang, der als Zeitmessgerät eingesetzt werden kann. Nach Mach sollten alle absoluten Begriffe, weil metaphysisch und unkontrollierbar, aus der Physik verschwinden. Die Eliminierung der absoluten Zeit wurde dann in der speziellen Relativitätstheorie (1905) von A. Einstein realisiert.
Zeit in der Relativitätstheorie
Die spezielle Relativitätstheorie besagt, dass die Zeitkoordinate beim Übergang von einem Inertialsystem zu einem anderen transformiert wird. An die Stelle einer in allen Systemen gleichen (absoluten) Zeit treten jeweils unterschiedliche spezielle Systemzeiten: Jedes physikalische System, das sich relativ zu einem anderen bewegt, hat seine eigene Zeit. Der Gang der Uhren in verschiedenen Bezugssystemen wird durch die Lorentz-Transformation umgerechnet. Es lässt sich somit immer exakt angeben, wie schnell ein Prozess in einem bewegten Nachbarsystem abläuft. Diese Relativität der Zeit ist eine objektive Eigenschaft, sie drückt zwar die Systemabhängigkeit der Zeit aus, hat aber nichts mit der Subjektivität eines Beobachters zu tun. Aus der Systemabhängigkeit der Zeit folgt die Relativität der Gleichzeitigkeit: Sind zwei Ereignisse an unterschiedlichen Orten für einen ruhenden Beobachter gleichzeitig, dann sieht der zu ihm bewegte Beobachter sie zu verschiedenen Zeitpunkten. Wie die Dauer eines Vorgangs vom Bewegungszustand des Systems abhängt (Zeitdilatation), konnte in Präzisionsexperimenten mit Elementarteilchen sehr genau geprüft werden.
Der Gang einer Uhr hängt nach der allgemeinen Relativitätstheorie (1915) auch vom Gravitationsfeld ab, in dem sie sich befindet: In der Nachbarschaft großer Körper (z. B. auf der Oberfläche der Erde) läuft die Uhr langsamer als im interstellaren Raum extrem geringer Dichte. Eine Uhr auf einem Berg geht schneller als eine vorher synchronisierte Vergleichsuhr im Tal (Beispiel: Auf der Spitze des Montblanc in 4 807 m über dem Meeresspiegel geht eine Uhr in 50 Jahren um 0,7 ms relativ zu einer in Chamonix-Mont-Blanc ruhenden Uhr vor). Diese Relativität der Zeit wird am deutlichsten in der Nähe von hohen Massekonzentrationen wie Neutronensternen; am Rande eines Schwarzen Lochs steht aufgrund des dortigen extremen Gravitationsfelds für den statischen Außenraumbeobachter die Zeit still.
Die Struktur der Zeit ist eng verbunden mit dem Wirkzusammenhang der Welt. In der speziellen Relativitätstheorie weicht die Kausalstruktur der Ereignisse nur insofern von der klassischen Form ab, als wegen der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit nur diejenigen Ereignisse, die innerhalb des Lichtkegels oder auf diesem liegen, durch eine kausale Kurve, eine »zeitartige« Weltlinie, verbunden werden können. Die zeitliche Abfolge der Ereignisse bleibt jedoch in allen Inertialsystemen gleich. So kommt es in der Raum-Zeit der speziellen Relativitätstheorie niemals zu einer Umkehrung von Ursache und Wirkung. Es lassen sich auch keine Kausalketten konstruieren, die Ereignisse in der Vergangenheit erreichen. In der allgemeinen Relativitätstheorie gibt es hingegen einige spezielle Lösungen (Gödel 1949, Roy Kerr 1963), in denen geschlossene kausale Wege existieren, die in die Vergangenheit des Beobachters führen. Solche Weltlinien werden gelegentlich als »Zeitreisen« angesprochen. Es kann jedoch keine wirkliche Reise durch die Raum-Zeit beziehungsweise in der Zeit geben. Geschlossene zeitartige Weltlinien bedeuten keine Vorwärts- oder Rückwärtsbewegungen in der Zeit. Einige Autoren haben vermutet, dass der Begriff der Reise in die Vergangenheit oder Zukunft innere Widersprüche enthält. Dies muss aber nicht sein, wenn man bei den neu hinzutretenden Ereignisketten darauf achtet, dass diese mit den vorhandenen Ereignissen in kausalem Einklang stehen.
Anfang und Ende der Zeit
In den kosmologischen Modellen der allgemeinen Relativitätstheorie (A. A. Friedmann 1922, 1924) ist aufgrund der Homogenität und Isotropie der Materieverteilung eine Raum-Zeit ausgezeichnet, in der eine vom Raum unabhängige eindeutige Zeitkoordinate definiert ist. Diese kosmische Zeit ist jene Zeit, die von einem im expandierenden Raum ruhenden Beobachter auf seiner Uhr abgelesen wird. Diesen komobilen (mitbewegten) Beobachter kann man sich im Zentrum einer Galaxie befindlich vorstellen. In Bezug auf diese Eigenzeit des mit der kosmischen Materie mitschwimmenden Beobachters weisen alle einfachen Friedmann-Modelle einen absoluten Nullpunkt der Zeit auf. Verfolgt man die Weltlinien der Galaxien gedanklich in der Zeit zurück, dann schneiden sich diese Linien in einem Punkt in der endlichen Vergangenheit. Dieser Punkt, die so genannte Anfangssingularität, ist aufgrund eines strengen mathematischen Theorems, das Roger Penrose und S. Hawking 1970 bewiesen haben, in den einfachen relativistischen, kosmologischen Modellen unvermeidbar; diese Singularität repräsentiert kein Ereignis, das zur Welt gehört, sondern stellt einen Rand der Raum-Zeit dar, über den hinaus das Schicksal der Materie nicht verfolgt werden kann. Die Singularität lässt sich nicht durch kausale Prozesse ergänzen. Sie drückt somit eine Unvollständigkeit von Einsteins Gravitationstheorie aus. Der Zustand der kosmischen Materie ist für den Anfang der Zeit nicht definiert, weil für ihn alle physikalischen Parameter gegen unendlich gehen.
Man versucht heute, im Rahmen von Ansätzen zu einer Theorie der Quantengravitation vollständige, das heißt auch singularitätsfreie Theorien zu finden, in denen keine Ränder der Raum-Zeit existieren, wo die Gesetze der Physik ihre Gültigkeit verlieren. Der bekannteste Vorschlag für ein quantenkosmologisches Modell ohne Singularitäten und damit auch ohne einen absoluten Nullpunkt der Zeit wurde 1982 von Hawking und James B. Hartle (* 1939) vorgelegt. Sie schlagen vor, eine kompakte Raum-Zeit mit imaginärer Zeitkoordinate zu verwenden (das heißt, die Zeitkoordinate t wird nach -iτ transformiert; i =, imaginäre Einheit). In einer solchen, nun mehr euklidischen Raum-Zeit erhält die Zeit den Charakter einer Raumkoordinate. Damit werden die Fragen nach dem Anfang der Zeit und dem Ursprung des Universums unstellbar, sie sind in dieser quantenkosmologischen Theorie gar nicht definiert. Während es in der klassischen Gravitationstheorie mit reeller Zeit nur die beiden Alternativen des singulären Anfangs oder der ewigen Vergangenheit des Universums gibt, existiert in der Quantengravitation die dritte Möglichkeit einer geschlossenen zeitlosen Welt ohne Grenze und Rand. »Anstatt davon zu reden, dass das Universum entstanden ist und vielleicht auch vergehen wird, sollte man nur sagen: Das Universum ist« (Hawking).
In den modernen Stringtheorien sind Raum und Zeit abgeleitete Größen; es lassen sich also durchaus physikalische Systeme ohne Raum und Zeit denken, und auch der Vorgang der Entstehung von Raum und Zeit kann Gegenstand theoretischer Überlegungen werden. Aufgrund erster Ansätze von Theorien der Quantengravitation ist anzunehmen, dass bei extrem heißen, das heißt bei kosmologisch frühen Materiezuständen der Begriff der Zeit immer weniger gut anwendbar ist. Es ist möglich, dass der Zeitbegriff als gute Näherung nur für die Beschreibung eines relativ kalten Universums geeignet ist.
Zeitpfeile
Eine der zentralen Eigenschaften der Zeit ist, dass sie - anders als der Raum - eine ausgezeichnete Richtung besitzt. Wir erinnern uns nur an vergangene Ereignisse, die Entwicklung der Lebewesen weist ontogenetisch und phylogenetisch eine typische Einsinnigkeit auf, zerstörte Strukturen regenerieren sich nicht spontan, die Expansion des Raums trennt die Galaxien. Diese Anisotropie der Zeit, metaphorisch auch »Zeitpfeil« genannt, lässt sich durch die Naturgesetze derzeit nicht erklären.
Die Zeitrichtung kommt in den Grundgleichungen der Mechanik, Elektrodynamik, Quantenmechanik und Relativitätstheorie nicht vor, da alle symmetrisch bezüglich Zeitspiegelungen sind; das heißt, wenn man die Zeitkoordinate t durch —t ersetzt, erhält man wieder einen physikalisch erlaubten Vorgang, aber keine Rückwärtsbewegung in der Zeit. Die Möglichkeit einer gesetzesartigen Auszeichnung der Zeitrichtung ergibt sich aus dem Zerfall bestimmter Elementarteilchen, der neutralen Kaonen (K0, K̄0) und neuerdings auch der neutralen B-Mesonen (B0, B̄0). Der K0-Zerfall verletzt eine bestimmte innere Symmetrie von Elementarteilchen, die CP-Symmetrie; da andererseits das CPT-Theorem, das die CP-Symmetrie mit der zeitlichen Symmetrie (T-Symmetrie) verknüpft, ein gültiger Satz der Quantenfeldtheorie ist, muss eine Verletzung der zeitlichen Symmetrie der dynamischen Gesetze angenommen werden. Es ist aber nicht bekannt, wie diese mikroskopische Zeitasymmetrie die globale Einsinnigkeit der Zeit erzeugen und damit die in allen makroskopischen Prozessen vorhandene Zeitrichtung erklären könnte.
Im zweiten Hauptsatz der Thermodynamik glaubte man zunächst eine Begründung der Orientiertheit der Zeit gefunden zu haben, da das Entropiewachstum in einem abgeschlossenen System nicht invariant unter Zeitumkehr, das heißt nicht symmetrisch in der Zeit ist. Die Entropie ist eine Zustandsgröße eines thermodynamischen Systems, die mit dem Anteil der nicht in Arbeit umwandelbaren Energie zusammenhängt. Irreversible makroskopische Prozesse führen in geschlossenen Systemen stets zu einer Zunahme der Entropie, sodass dadurch eine Richtung von Naturprozessen festgelegt wird. Nachdem die Thermodynamik jedoch (durch L. Boltzmann und J. W. Gibbs) in Begriffen der statistischen Mechanik formuliert worden war, wobei der Entropiesatz mit dem Begriff der Wahrscheinlichkeit verbunden wurde, zeigte sich, dass in der Langzeitentwicklung eines vollkommen isolierten Systems mit einer großen, aber endlichen Zahl von Freiheitsgraden der Zeitpfeil wieder verschwindet: Auch wenn man noch so viele mikroskopische, reversible Prozesse aufeinander häuft, wie z. B. die Stöße der Moleküle eines Gases in einem Behälter, erhält man wegen der endlichen Zustandsabfolge, die immer wiederkehrt (poincarésche Wiederkehrzeit), auf lange Sicht kein eindeutig irreversibel gerichtetes Verhalten des Gases. Eine mögliche Erklärung der Irreversibilität und damit der Zeitrichtung könnte darin bestehen, dass die Messung makroskopischer Eigenschaften eines Systems immer zugleich eine Reduktion auf »wesentliche« Parameter, wie Energie, Druck, Temperatur, erfordert. In der Quantentheorie wird dieses Argument zusätzlich durch die so genannte Reduktion der Wellenfunktion infolge der Messung (mikroskopischer) Eigenschaften an einem Quantensystem verstärkt.
Nach anderen Ursprüngen der Zeitrichtung suchte man v. a. in der kosmischen Dynamik, nämlich in der Expansion des Universums. In der kosmologischen Erklärung des Zeitpfeils geht man davon aus, dass unsere engere Umgebung, also unser Sonnensystem, gegenüber dem Weltraum nicht abgeschlossen ist. Da der Raum sich ausdehnt, fungiert er als eine unerschöpfliche Senke für Strahlung; die Offenheit gegenüber dem Raum bewirkt, dass das Sonnensystem viel mehr Strahlungsenergie aussendet, als es von außen erhält. Das permanente »Versickern« von Strahlungsenergie in den expandierenden Raum ruft dann alle einsinnig gerichteten terrestrischen Prozesse hervor. Nach dieser kosmologischen Theorie der Zeitrichtung ist die Expansion des Universums die grundlegende Ursache für den strukturellen Unterschied von Vergangenheit und Zukunft. Die Unverfügbarkeit der vergangenen Ereignisse und die Offenheit der zukünftigen Geschehnisse gründet in der von der Gravitation dominierten Dynamik des Universums. Die Gegenwart, in der Sicht des Alltags der wichtigste der drei Zeitmodi, besitzt aus physikalischer Sicht keine besondere Bedeutung, sie drückt nur die Gleichzeitigkeit der subjektiven Wahrnehmung mit einem bestimmten Ereignis aus. Die Zeitasymmetrie spielt auch eine entscheidende Rolle in der neueren thermodynamischen Theorie offener Systeme (I. Prigogine u. a.). Diese Thermodynamik des Ungleichgewichts beschreibt das Entstehen von komplexer Ordnung aus Schwankung. Unter Ungleichgewichtsbedingungen wird eine Schwankung nicht wieder weggedämpft, sondern kann durch Energieaustausch mit der Umgebung verstärkt werden. Im Komplexitätswachstum manifestiert sich daher ebenfalls der Pfeil der Zeit.
Zeit in den Religionen
In den Religionen sind Bild und Begriff der Zeit stark vom religiösen Erleben des Menschen geprägt. Wie der kultischen Zwecken vorbehaltene heilige Raum aus dem Profanbereich ausgesondert ist, so ist auch die heilige Zeit nur als Abschnitt, als Einbruch heiliger Wirklichkeit im Kontinuum des Alltäglichen erlebbar. An die Wiederkehr und doch immer neue Gegenwart des Heiligen zu verschiedenen Zeitpunkten erinnert das kultische Fest, das zugleich die Rückkehr zur ursprünglich heiligen Urzeit ermöglicht. Besonders mit den Neujahrsriten, aber auch den Mond-, Sonnen-, Regen- und Jahreszeitenfesten verbindet sich häufig die symbolische Wiederholung eines mythischen Geschehens, die Erneuerung bringt. Der Kalender hat somit ursprünglich einen sakralen Bezug. Auch die Zeit überhaupt kann Träger des Heiligen sein (u. a. der iranische Gott Zurvan, der griechische Gott Kronos).
Buddhismus und Hinduismus rechnen in großen Zyklen des Entstehens und Vergehens. In der chinesischen Kultur herrscht ein organischer Naturalismus vor; die Zeit gilt vornehmlich als eine objektive Realität. Kennzeichnend ist v. a. die taoistische Vorstellung zyklischen Wechsels, von dem die Entwicklung lebendiger Organismen, aber auch die gesamte Natur bestimmt ist (»Wiederkehr ist die charakteristische Bewegung des Dao«, der ewigen Ordnung der Natur). Jedes hat seine Zeit, Aufstieg und Niedergang, denen der Weise in seinem Handeln Folge leistet. Der klassische Konfuzianismus hebt die angemessenen Zeiten für das Handeln des Weisen in der Gesellschaft hervor; nicht vorgegebene Verhaltensregeln, sondern ein den jeweiligen Umständen entsprechendes »zeitgemäßes Mittleres« sind zu befolgen.
Der Islam enthält die Prädestinationsvorstellung, der zufolge Allah in einem separaten Schöpfungsakt jeden Moment des Weltprozesses nach seinem eigenen unvorhersehbaren Willen gestaltet.
In der jüdisch-christlichen Tradition gilt die Zeit als lineare Erstreckung einer auf den Menschen und seine Geschichte zentrierten, einmaligen Entwicklung: vom zeitlichen Anfang der Schöpfung bis zum Weltende (Eschatologie). Für das Alte Testament ist diese lineare Zeitstrecke nicht vom jeweiligen Geschehen abstrahiert, sondern als »gefüllte Zeit«, das heißt Zeitpunkt, Zeitabschnitt (Prediger 3; Psalmen 104, 27 u. a.) und Folge von Zeitabschnitten (so in der Geschichtsschreibung) zu verstehen. Das Neue Testament wird von diesem alttestamentlich-jüdischen Selbstverständnis bestimmt. Es unterscheidet den »chronos« als Zeitraum vom Kairos, dem Zeitpunkt der einmaligen Entscheidung, und dem »aion« (Äon) als der fernen, grenzenlosen Zeit, der Ewigkeit. Der Blick richtet sich in die Vergangenheit zur Schöpfung und in die Zukunft zum Anbruch des Reiches Gottes, des mit Jesus Christus angebrochenen neuen Äons. In Jesus Christus »ist die Zeit erfüllt« (Markus 1, 15; Epheser 1, 10). Das Wort »zeitlich« bedeutet hier oft das Weltliche, Diesseitige, im Gegensatz zum Ewigen, Jenseitigen. Mit seiner Erlösung durch das Heilswerk Jesu Christi ist dem Menschen die Möglichkeit gegeben, in einer von ihm zu fällenden Entscheidung »in der Zeit« das ewige Leben, das heißt das Sein bei Gott in der Ewigkeit, zu gewinnen. Damit wird kein theoretischer Zeitbegriff entfaltet. Das christliche Zeitverständnis wird vielmehr dadurch bestimmt, dass ein geschichtliches Ereignis, das Auftreten Jesu, als Gottes Heilsoffenbarung in der »Fülle der Zeit« (Galater 4, 4) geglaubt wird. Die Form, in der dieses Ereignis auf die Weltzeit bezogen wird (die jeweilige Verkündigung von Jesus Christus), und die Kirche sind selbst geschichtlich. Die Welt bleibt durch ihre Verkündigung ständig mit ihrem Erlöser konfrontiert. Insofern kann man von einer Heilsgeschichte sprechen.
Schwankungen in der Zeiterfahrung (Dehnung, Raffung, Modifizierung durch bestimmte Gefühlslagen wie Sorge, Freude, Trauer) finden sich bereits im normalen Alltagsbewusstsein; je nach Rahmenbedingungen, individuellen Voraussetzungen und Situationen werden Zeitverläufe als lang- oder kurzweilig empfunden, intensiv oder oberflächlich wahrgenommen. Im Besonderen werden Zeitsinn und Zeiterleben des Menschen in der experimentellen Psychologie untersucht. Danach hängt die Einschätzung der Länge eines Zeitraums wesentlich von Erwartungen, Aufmerksamkeit und Motivation ab und wird durch weitere Faktoren wie Umwelt- und Situationseinflüsse, Alter, Krankheit, psychische Dispositionen wie Depression oder Psychosen verändert. Auch in der Biologie spielt die Beobachtung zeitlicher Strukturen (Biorhythmen) in einzelnen Lebensprozessen (besonders die Wechselbeziehung zwischen endogenen und externen Faktoren) eine wichtige Rolle.
Bereits die Differenzierung von vermeintlich objektiver Zeit und subjektiver Zeiterfahrung spiegelt möglicherweise eine mit der Conditio humana gegebene Begrenztheit in der Anschauung der Welt und in der Selbstauslegung menschlichen Bewusstseins wider, die zugleich auf eine spezifische Chance verweist: die Selbstsetzung des Menschen als bewegliche und reflexionsfähige Instanz gegenüber einem dafür notwendig als feststehend angenommenen Horizont. So betrachtet stellt die Vorstellung der Zeit als einer Dimension menschlicher Erfahrung gerade in ihrer Wechselhaftigkeit zwischen erfahrener Schwankung und angenommener Stetigkeit eine Bedingung der Selbsterfahrung und Selbstverortung des Menschen dar, die zugleich den unsicheren und deshalb stets von neuem methodisch und reflexiv zu bearbeitenden Untergrund der eigenen Anschauungsmöglichkeiten immer wieder ins Bewusstsein bringt. Die vorhandenen Vorstellungen von der Zeit und ihre Ordnungsmöglichkeiten lassen sich nach religiösen und kulturellen Mustern, nach ästhetischen, sozialstrukturellen und ökonomischen Gesichtspunkten sowie nach subjektiven Erfahrungen unterscheiden. Geprägt und verändert werden die Vorstellungen von der Zeit auch durch den jeweiligen technischen Entwicklungsstand. So orientiert sich die Messung der physikalischen Zeit mithilfe der Uhr an der Vorstellung der periodischen Wiederkehr eines bestimmten Vorgangs; modellhaft kann hierzu die Periodizität der Bewegung der Gestirne als Grundlage für die Definition von Zeitintervallen mithilfe von Zeitskalen herangezogen werden. Um ein solches Modell entwickeln zu können, sind zwei Bedingungen notwendig: das Vorhandensein periodischer Prozesse in unserem näheren Kosmos und zugleich die im menschlichen Bewusstsein gegebene Möglichkeit des Herausgenommenseins aus diesen Prozessen, das Beobachtung, Strukturierung und Messung erlaubt. Tatsächlich lassen sich im Blick auf die unterschiedlichsten Wissensformen und Darstellungsrepertoires - etwa Mythen, Religionen, Wissenschaften, Künste, Alltagserfahrungen, Träume und Bewusstseinszustände verschiedenster Art - Formen und Erfahrungen der Zeit anführen, die in ihrer Vielfalt und teilweisen Kompatibilität alle auf die grundlegend subjektiv-objektive Konstruktion menschlicher Zeiterfahrung verweisen.
In den älteren kulturgeschichtlichen Entwicklungen lagen die verschiedenen Zeiterfahrungen (zirkuläre und lineare Zeit, heilsgeschichtliche und Traumzeit, individuelle und gruppenspezifische Zeiterfahrungen, Jahreszeiten und Arbeitsrhythmen, biologische Zeitstrukturen sowie ästhetisch gestaltete Zeit, z. B. in Form von Rhythmen, Gesängen, Tänzen und mythologischen Erzählungen, aber auch erzählte oder dramatisch gestaltete Zeit in der Literatur) und nicht zuletzt die Vorstellungen unmittelbarer Zeitbrüche (Katastrophen, schicksalhafte Augenblicke, epochale Wendungen) vielfach nebeneinander oder überlagerten sich. Demgegenüber begriff die Epoche der Aufklärung lineare Zeit und geschichtlichen Fortschritt als universale Bewegungs- und Verständigungskategorien der menschlichen Entwicklung, und auch die Vorstellung der Zeit differenzierte sich in eine naturwissenschaftlich-objektive Zeit, eine subjektiv-ästhetische Zeit und einen wissenschaftlich-reflexiven Zeitgebrauch, der sich z. B. daran ablesen lässt, dass sich im Laufe des 18. Jahrhunderts das Muster der »Verzeitlichung« (W. Lepenies) als zentrale Anordnungskategorie empirisch erfassbarer Daten und Fakten sowie als Grundlage der Modellbildung durchsetzte und damit den Siegeszug von Evolutionismus und Funktionalismus in der Wissenschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts vorbereitete. Damit verdrängten die wissenschaftlich legitimierten Zeitvorstellungen die übrigen in den Bereich des Unwissenschaftlichen beziehungsweise subjektiv Zufälligen oder ästhetisch Besonderen. Allerdings haben sich Philosophie, Literatur, Kunst und nicht zuletzt Alltagsbewusstsein und Volkskultur als Speicher und Reflexionsmedium der anderen Zeiterfahrungen erhalten; von L. Sterne über Goethe, L. N. Tolstoj bis hin zu M. Proust, Virginia Woolf, T. Mann, R. Musil und V. Nabokov stellen das Thema der Zeitgestaltung und die damit verbundene Bewusstseinsproblematik eine der grundlegenden Dimensionen der modernen Literatur dar, die unter der Perspektive der Postmoderne in der neueren ästhetischen Diskussion auch wieder den Anschluss an vormoderne Muster und Zeitvorstellungen sucht.
Soziale Zeit
Die Sozialwissenschaften untersuchen den Zeitgebrauch von Gesellschaften und die ihn bestimmenden kulturellen, gruppenspezifischen, historischen und individuellen Faktoren. Beachtung finden sozioökonomische Aspekte (z. B. gesellschaftliche Organisation von Zeit, wirtschaftliche Bedeutung und Bewertung von Zeit, das Verhältnis von Arbeits- und Freizeit, individuelle, gruppen- und schichtenspezifische Zeitbudgets, Lebensverlaufsforschung, »temporale Strukturen« im Alltagshandeln), im engeren Sinn auch volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Fragen (z. B. Konjunktur- und Produktionszyklen, Zeitaufwendung in Arbeitsabläufen und deren Minimierung) sowie gesellschaftsvergleichende Forschungen zum Zeitbewusstsein. Auf der mikrosoziologischen Ebene stehen die Bedeutung der Zeitdimension für die Strukturierung individueller Biographien und des darin angelegten sozialen Handelns sowie die damit verbundenen sozialen, politischen und ökonomischen Optionen im Vordergrund, wobei sich schichten- und lebenslagenbezogene Besonderheiten feststellen lassen, z. B. hinsichtlich der Verteilung von Arbeit und Freizeit im Leben von Frauen und Männern, bei jungen und alten Menschen, in Familienzusammenhängen oder bei allein Lebenden, bei Erwerbstätigkeit oder Arbeitslosigkeit.
Für den industriegesellschaftlichen Zusammenhang bildet dabei die Absetzung des modernen Zeitbewusstseins und einer entsprechenden Zeitökonomie von den Zeitstrukturen vorindustrieller Gesellschaften den maßgeblichen Bezugsrahmen. Zwar hatte die gesellschaftliche Organisation von Zeit schon in frühen Stammesgesellschaften (für Aussaat, Ernte, Feste u. a.) eine Bedeutung und die Notwendigkeit der Synchronisierung von Zeitabläufen bildete seit den frühen Hochkulturen eine der zentralen Grundlagen gesellschaftlicher Organisation (z. B. Kalenderfestlegungen in priesterherrschaftlich geführten Gesellschaften wie der altägyptischen). Ihre in gesellschaftlicher Hinsicht entscheidende Dimension erhält Zeit allerdings erst in dem Maße, in dem gesellschaftlich organisierte Arbeit und Arbeitsteilung die gesellschaftlichen Strukturen verändern. Solche Ordnungsmuster und Umbruchsprozesse finden sich bereits in der agrarisch strukturierten Gesellschaft Alteuropas (etwa Kalenderreformen, Synchronisierung von Zeit durch Turmuhren und Stundenschlag bereits in der spätmittelalterlichen Städtelandschaft). Ihre spezifische Dominanz gewann die Orientierung sozialer Zusammenhänge auf Zeit allerdings erst durch den die Neuzeit bestimmenden Umbruch zu kapitalistischen Wirtschaftsformen und einer entsprechenden Arbeitsmoral (»protestantische Ethik«, M. Weber), in deren Zentrum ein von Kosten-Nutzen-Erwägungen geprägter und durch Berufung auf Gottes Gebot gerechtfertigter »sparsamer«, »rechenhafter« Umgang mit Zeit steht. Vor diesem Hintergrund sind Individuen, Wirtschaftseinheiten und die moderne Industriegesellschaft als Ganzes dem ständigen Druck ausgesetzt, Zeit »sinnvoll«, das heißt wirtschaftlich zu nutzen und Zeitverbrauch u. a. durch Verbesserung von Organisation und Intensivierung der Arbeit weiter einzuschränken (Meliorismus). In der Konsequenz führte dies zu dem ungeheuren Produktionsschub der modernen Industrie, zugleich aber zu einer zunehmenden Belastung von Individuen (Stress) und Lebenszusammenhängen. Parallel zur Intensivierung der Arbeitszeit lässt sich freilich seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auch ein Prozess sich ausweitender Freizeit beobachten, ja diese kann als industriegesellschaftlich organisierte komplementäre Zeitform zur Arbeitszeit aufgefasst werden, deren Zunahme zugleich die allgemeine Durchsetzung industriegesellschaftlicher Zeitökonomie belegt.
Bewertung und Strukturierung der Zeit stehen bis heute im Bann des industriegesellschaftlichen Modells, auch da, wo dieses - etwa unter den Schlagworten »Ende der Arbeitsgesellschaft« oder »postindustrielle Gesellschaft« - selbst zur Disposition steht. Die gegenwärtige Situation ist zum einen davon gekennzeichnet, dass sich - sowohl innerhalb einzelner Gesellschaften nach sozialen Lagen als auch global in unterschiedlichen industriegesellschaftlichen Entwicklungsphasen - unterschiedliche Zeitstrukturen überlagern; zum anderen bedarf es gerade in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften neuer Wege und entsprechender Orientierungs- und Bewertungsmuster für gesellschaftlich vermittelte Zeiterfahrungen, wodurch unter Umständen auch vormoderne beziehungsweise von der Moderne ausgeschlossene Zeitformen und Zeitökonomien wieder attraktiv werden können. Neue Formen der Verbindung individueller und sozialer Zeitvorstellungen werden von »Zeitpionieren« erprobt (etwa durch Teilzeitmodelle im Wochen-, Monats- oder Jahresrhythmus, Altersteilzeit-, Vorruhestandsregelungen, »Sabbatjahr«); zugleich müssen neue Modelle sozialer Sicherheit gefunden werden. Auch diese Entwicklung beleuchtet die zentrale Bedeutung der Zeit als sozial und lebensgeschichtlich maßgebliche, gleichwohl durch Knappheit ebenso wie durch Sinnentleerung bedrohte Ressource und damit als unhintergehbaren Orientierungsrahmen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Arbeit · Chronologie · Evolution · Fortschritt · Freizeit · Geschichtsbewusstsein · Kalender · Kosmogonie · Kosmologie · Leistungsgesellschaft · Mobilität · Rationalisierung · Raum · Relativitätstheorie · sozialer Wandel · Tradition · Weltende · Zeitmessung
R. Schaeffler: Die Struktur der Geschichts-Z. (1963);
E. Staiger: Die Z. als Einbildungskraft des Dichters (Neuausg. 1976);
W. Lepenies: Das Ende der Naturgesch. Wandel kultureller Selbstverständlichkeiten in den Wiss.en des 18. u. 19. Jh. (1978);
P. Jaegle: Raum u. Z. Grundfragen naturwiss. u. philosoph. Erkenntnis (a. d. Frz., 1980);
W. Bergmann: Die Z.-Strukturen gesellschaftl. Systeme (1981);
Augenblick u. Z.-Punkt. Studien zur Z.-Struktur u. Z.-Metaphorik in Kunst u. Wiss., hg. v. C. W. Thomsen (1984);
H.-D. Zeh: Die Physik der Z.-Richtung (1984);
G. Schmied: Soziale Z. (1985);
R. Wendorff: Z. u. Kultur. Gesch. des Z.-Bewußtseins in Europa (31985);
H. Blumenberg: Lebens-Z. u. Welt-Z. (31986);
Z.-Begriffe. Ergebnisse des interdisziplinären Symposiums »Z.-Begriff der Naturwiss., Z.-Erfahrung u. Z.-Bewußtsein.. .«, hg. v. G. Heinemann (1986);
Z. im Wandel der Z., hg. v. P. C. Aichelburg (1988);
Im Netz der Z., hg. v. R. Wendorff (1989);
P. Mittelstaedt: Der Z.-Begriff in der Physik (31989, Nachdr. 1996);
F.-W. von Herrmann: Augustinus u. die phänomenolog. Frage nach der Z. (1992);
K. H. Manzke: Ewigkeit u. Zeitlichkeit. Aspekte für eine theolog. Deutung der Z. (1992);
I. Prigogine: Vom Sein zum Werden. Z. u. Komplexität in den Naturwiss.en (a. d. Engl., 61992);
Z.-Erfahrung u. Personalität, hg. vom Forum für Philosophie Bad Homburg (1992);
J. T. Fraser: Die Z. Auf den Spuren eines vertrauten u. doch fremden Phänomens (a. d. Amerikan., Neuausg. 31993);
H. Weyl: Raum, Z., Materie (81993);
M. Eliade: Kosmos u. Gesch. (a. d. Frz., Neuausg. 1994);
F. Cramer: Der Z.-Baum. Grundlegung einer allg. Z.-Theorie (Neuausg. 1996);
S. W. Hawking: Einsteins Traum. Expeditionen an die Grenzen der Raum-Z. (a. d. Engl., Neuausg. 1996);
S. W. Hawking: Eine kurze Gesch. der Z. (a. d. Engl., 421.-440. Tsd. 1997);
Hans Maier: Die christl. Z.-Rechnung (41997);
C. Stelzer-Orthofer: Armut u. Z. (1997);
Z.-Konzeption, Z.-Erfahrung, Z.-Messung. Stationen ihres Wandels vom MA. bis zur Moderne, hg. v. T. Ehlert (1997);
G. Dux: Die Z. in der Gesch. Ihre Entwicklungslogik vom Mythos zur Welt-Z. (Neuausg. 21998);
K. Kirchmann: Verdichtung, Weltverlust u. Z.-Druck. Grundzüge einer Theorie der Interdependenzen von Medien, Z. u. Geschwindigkeit im neuzeitl. Zivilisationsprozeß (1998);
Was treibt die Z.? Entwicklung u. Herrschaft der Z. in Wiss., Technik u. Religion, hg. v. K. Weis (1998).
Weitere Literatur: Raum, Relativitätstheorie.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Uhr: Die Rationalisierung der Zeit
Rotation der Erde und Zeit
Zeitbewusstsein und Zeiterleben
Zeit und Ewigkeit im antiken Weltbild
Zeit: Die naturwissenschaftlich-philosophische Sichtweise
Zeit und Bewusstsein
Zeiterleben im interkulturellen Vergleich
Zeit,
In der Psychologie steht das Zeiterleben im Vordergrund: als Erinnerung (Vergangenheit), momentanes Denken und Handeln (Gegenwart) oder als Planung und Erwartung (Zukunft). Die Zeit wird nicht als kontinuierlich empfunden. Die kleinste wahrnehmbare Zeiteinheit ist das psychische Moment. Bei der Zeitschätzung kommt es wesentlich auf das jeweilige Aktivierungsniveau des Organismus an. Eine Niveauerhöhung führt zur Unterschätzung der objektiven (chronometrischen) Zeit, geringe Motivation für aktuelles Geschehen (Langeweile) oder hohe Motivation für eine zukünftige Tätigkeit bei augenblicklicher Untätigkeit (Warten) zur Überschätzung.
Zeittäuschungen entstehen besonders beim Vergleich von rhythmisierten (»betonten«) und unrhythmisierten (»unbetonten«) Zeitstrecken, wobei Letztere kürzer erscheinen.
Massive Beeinträchtigungen des Zeiterlebens treten häufiger im Zusammenhang mit Psychosen oder physiologischen und psychischen Ausnahmesituationen (z. B. unter Drogeneinfluss) auf.
* * *
Zeit, die; -, -en [mhd., ahd. zīt, eigtl. = Abgeteiltes, Abschnitt]: 1. <o. Pl.> Ablauf, Nacheinander, Aufeinanderfolge der Augenblicke, Stunden, Tage, Wochen, Jahre: die Z. vergeht [schnell, wie im Fluge], verstreicht, verrinnt, scheint stillzustehen; Das Paradies ist nicht Raum und ist nicht Z. (Thielicke, Ich glaube 187); die Z. anhalten, zurückdrehen wollen; im Laufe der Z. (mit der Zeit); ich war kein moderner Mensch noch auch ein altmodischer, ich war aus der Z. herausgefallen (Hesse, Steppenwolf 185); Spr die Z. heilt [alle] Wunden; kommt Z., kommt Rat (mit der Zeit findet sich eine Lösung, ein Ausweg); Ü die Z. arbeitet für jmdn. (die Entwicklung nimmt mit der Zeit für jmdn. ohne sein Zutun eine günstige Richtung, dient seinen Zwecken); Wir sind am Ende veraltet und von der Z. überholt worden (Strittmatter, Wundertäter 303); *mit der Z. (im Laufe der Zeit, nach u. nach, allmählich): mit der Z. wird er es schon lernen; Doch mit der Z. zogen viele Flüchtlinge weg in die Stadt (Wimschneider, Herbstmilch 108); für Z. und Ewigkeit (geh.; für immer). 2. a) Zeitpunkt; [eng] begrenzter Zeitraum (in Bezug auf seine Stelle im Zeitablauf): feste -en; die Z. der Ernte; die Z. für etw. ist gekommen, steht bevor; es ist jetzt nicht die Z., das zu erörtern; ihre Z. (geh. veraltend; die Zeit ihrer Niederkunft) ist gekommen; seine Z. war gekommen (geh. verhüll.; sein Tod stand bevor); seine Z. (die für jmdn., für sein Handeln, sein erfolgreiches Wirken günstigste Zeit) für gekommen halten; eine Z., Z. und Ort mit jmdm. vereinbaren; Jungsein hat seine Z., und Älterwerden hat seine Z. (Gregor-Dellin, Traumbuch 133); etw. auf unbestimmte Z. vertagen; außer der Z./außerhalb der üblichen Z.; seit der, dieser Z.; ich bin schon über die Z. (in Verzug, verspätet; Becker, Amanda 126); um diese Z.; vor der Z. (vor der festgelegten Zeit, verfrüht); er ruft immer zu den unmöglichsten -en an; zu jeder Z. (jederzeit, immer); Zur rechten Z. (rechtzeitig) erfuhr er, dass ihm die Gestapo auf der Spur war (Niekisch, Leben 358); zur selben/zur gleichen/zu gleicher Z. (gleichzeitig); zu gegebener (passender, dafür vorgesehener) Z.; nur zu bestimmten -en; zur Z. der Tat; zu der Z., als/(geh.:) da sie ihr Kind bekam; R alles zu seiner (zu passender) Z. (nach Pred. 3, 11); Spr wer nicht kommt zur rechten Z., der muss nehmen/essen/sehen, was übrig bleibt; *es ist, wird Z. (der Zeitpunkt ist gekommen, kommt, etw. zu tun): es ist Z., wird allmählich Z. [für mich]; Die Genossen meinen, für mich wird es Z. wegzukommen (Kühn, Zeit 84); Bei uns erzählen sie, der Krieg ist aus. Wird auch Z. (Bieler, Bonifaz 53); es ist hohe/[die] höchste/allerhöchste Z. (es ist dringend [notwendig], es eilt sehr): es ist [die] höchste Z. [damit anzufangen]; Außerdem musste er jetzt wirklich daran denken, sich davonzumachen. Es war allerhöchste Z. (Thieß, Legende 49); alle heiligen -en einmal (österr.; [bedauerlicherweise] sehr selten; eigtl. = nur zu den kirchlichen Feiertagen): Ehe du alle heiligen -en einmal zu mir kamst, musste ich dir lange Bittgesuche einreichen (Brod, Annerl 52); es ist an der Z. (es ist so weit, der Zeitpunkt ist gekommen): es ist an der Z., dass wir uns darüber einigen; Ich finde, dass es für die Regierung hoch an der Z. ist, sich zu einer entschlossenen Haltung aufzuraffen! (Musil, Mann 840); es an der Z. halten (den richtigen Zeitpunkt für gekommen halten): Carl Brenton hielt es an der Z., die allgemeine Besorgnis zu zerstreuen (Bredel, Väter 113); Herr Coax hielt es noch nicht an der Z., seine Karten aufzulegen (Brecht, Groschen 54); von Z. zu Z. (ab und zu, manchmal, gelegentlich): ich treffe ihn von Z. zu Z.; zur Zeit (1. zu einer Zeit: weil ... er annahm, dass ein vernünftiger Mensch nur ein einziges Abonnement zur Z. habe [Remarque, Obelisk 21]. 2. veraltend; frühzeitig genug, rechtzeitig: Ich sage es dir schon zur Z. [Remarque, Obelisk 208]; wir sind miteinander ins Theater gekommen und beinahe zur Z. [Frisch, Gantenbein 147]); zu guter Z. (veraltet; zeitig, frühzeitig): Wir kamen überein, dass ich ihn und die Seinen zu guter Z. mit meinem Wagen am Fuß der Seilbahn erwarten solle (Th. Mann, Krull 427); zu/(selten auch:) bei nachtschlafender Z. (ugs.; nachts, wenn man eigentlich schläft bzw. schlafen möchte, sollte): das Verlassen unserer Betten bei nachtschlafender Z. (Bergengruen, Rittmeisterin 278); b) Uhrzeit: die Z.: [Es wird] dreizehn Uhr; welche Z. ist es?; hast du [die] genaue Z.?; die Z. ansagen; ich habe mir die -en notiert; jmdn. nach der Z. fragen; jeden Tag um dieselbe Z.; zu welcher Z.?; c) [der jeweiligen Zonenzeit entsprechende] Einheitszeit, Normalzeit: in Saudi-Arabien gilt Moskauer Z.; die in New York gültige Z. heißt Eastern Standard Time; Um zehn Uhr zwanzig fernöstlicher Z. landeten wir (Habe, Namen 319). 3. a) Zeitraum (in seiner Ausdehnung, Erstreckung, in seinem Verlauf); Zeitabschnitt, Zeitspanne: die Z. des Studiums; die schönste Z. des Lebens/im Leben; es verging viel Z., bis sie wieder zurückkam; er hat -en, in denen er sehr reizbar ist; eine schöne Z. verbringen, verleben; der Vorfall liegt schon einige Z. zurück; sie sind schon längere Z. verheiratet; er hat die ganze Z. (ständig, ununterbrochen) telefoniert; das Auto steht die meiste Z. (während des größten Teils der Zeit) in der Garage; Aglaja wird die erste Z. (in der ersten Zeit) in ihrem Kinderwagen schlafen (Kinski, Erdbeermund 260); [eine] kurze Z. warten; sich erst eine Z. (eine Zeit lang) erholen; eine [kurze] Z. lang; eine Z. lang schweigen, krank sein; er hat eine Z. lang als Taxifahrer gearbeitet; für einige, längere Z. verreist sein; ich kenne ihn aus meiner Berliner Z. (aus der Zeit, als ich in Berlin lebte); jmdn. für die Z. (Boxen; bis er ausgezählt ist) auf die Bretter schicken; für alle Z./-en (für immer); in der vorlesungsfreien Z.; in kurzer Z. fertig sein; in der nächsten/in nächster/die nächste Z.; in absehbarer Z.; in der letzten/in letzter/die letzte Z.; er war, lag in der Z. (bes. Sport; hat das Zeitlimit nicht überschritten); nach kurzer Z.; seit, vor langer Z.; während dieser Z.; zu aller Z./allen -en (allezeit); *die längste Z. (ugs.; [lange genug u. daher] künftig nicht mehr): Wenn es nach Ihnen ginge, dann wäre ich die längste Z. Kommandant gewesen (Apitz, Wölfe 242); auf Z. (für eine befristete Zeit): ein Vertrag auf Z.; er ist Soldat, Beamter auf Z.; zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch Richterspruch, für immer oder auf Z. (Straßenverkehrsrecht 15); b) verfügbarer Teil des Nacheinanders, der Abfolge von Augenblicken, Stunden, Tagen usw.: uns bleibt noch Z., es ist noch Z. genug, das zu erledigen; dafür ist mir meine Z. zu schade; dass Z. zu kostbar ist, um sie dem Geldverdienen zu opfern (Bruyn, Zwischenbilanz 47); jmdm. wird die Z. lang; die Z. drängt (es ist Eile geboten); [keine, wenig, eine Stunde] Z. [für jmdn., für etw.] haben; Die Seeleute hatten viel freie Z. (Ott, Haie 166); sie gönnt sich kaum [die] Z. zum Essen; noch nicht die Z. [dazu] gefunden haben, etw. zu tun; seine Z. einteilen, nutzen, hinbringen, mit etw. verbringen; viel Z. [und Mühe] an etw. wenden, auf etw. verwenden; seine Z. vergeuden; Z. sparen; ein Z. sparendes Verfahren; eine Z. raubende Arbeit; etw. braucht, kostet, erfordert Z., dauert seine Z., nimmt Z. in Anspruch; es dauerte sein Zeitchen (ugs. scherzh.; seine Zeit), bis er zu einem einigermaßen reißfesten Gesprächsfaden fand (Freie Presse 22.6.89, 6); wir dürfen jetzt keine Z. verlieren (müssen uns beeilen); sie verloren keine Z. mit Höflichkeiten (hielten sich nicht mit Höflichkeiten auf); jmdm. die Z. stehlen (ugs.; jmdn. unnötig lange aufhalten); mit einer möglichst kurzen Z. (Fot.; Belichtungszeit) fotografieren; Spr spare in der Z., so hast du in der Not; Z. ist Geld (man soll die Zeit nicht ungenutzt lassen; Zeitverlust bedeutet materiellen Verlust; viell. nach der antiken Vorstellung, wonach Zeit ein kostbares Gut ist od LÜ von engl. „time is money“); *jmdm., sich die Z. [mit etw.] vertreiben (eine bestimmte Zeitspanne durch unterhaltsame, ablenkende o. ä. Beschäftigung überbrücken): Jeder vertreibt sich die Z., so gut er eben kann (Langgässer, Siegel 49); die Z. vertreiben (schweiz.; sich die Zeit vertreiben); die Z. totschlagen (ugs. abwertend; seine Zeit nutzlos verbringen); Z. gewinnen (es erreichen, dass sich das Eintreten bestimmter, bes. ungünstiger Umstände verzögert u. man Zeit für entsprechendes Handeln hat): etw. nur tun, um Z. zu gewinnen; wir müssen Z. gewinnen; Z. nehmen [müssen] (Boxen Jargon; sich anzählen lassen [müssen]): Breitbarth ... musste zweimal Z. nehmen (NNN 28.9.87, 3); jmdm. Z. lassen (jmdm. Gelegenheit lassen, etw. in Ruhe zu tun, zu erwägen); sich <Dativ> Z. lassen (etw. ohne Überstürzung tun); sich <Dativ> [für jmdn., etw.] Z. nehmen (sich ohne Übereilung, Überstürzung mit jmdm., etw. beschäftigen); etw. hat/mit etw. hat es [gute] Z. (etw. eilt nicht, verträgt Aufschub): er brauche mit Schuldenabzahlen gar nicht zu eilen, das habe gute Z. (R. Walser, Gehülfe 40); auf Z. spielen (1. Sport Jargon; das Spiel verzögern, um ein bestimmtes Ergebnis zu halten. 2. darauf setzen, dass man sein Ziel erreichen wird, indem man einfach Zeit verstreichen lässt: Die Russen spielen auf Z. [Dönhoff, Ära 214]); c) (Sport) für eine Leistung, bes. zum Zurücklegen einer Strecke benötigter Zeitraum: das war bisher meine beste Z.; eine gute Z. laufen, fahren; die Z. stoppen, nehmen; d) (Sport) Dauer eines Spiels, Wettkampfs: einen Vorsprung über die Z. bringen (bis zum Ende des Spiels, Wettkampfs halten); über die Z. kommen (Boxen; nicht vorzeitig, nicht durch K. o. besiegt werden). 4. Zeitraum, Zeitabschnitt des Lebens, der Geschichte, Naturgeschichte usw. (einschließlich der herrschenden Verhältnisse): eine vergangene, eine neue, die heutige, die wilhelminische, die Weimarer Z.; kommende, künftige -en; die Z. Goethes, des Barocks; Am westlichen Flussufer stehen Befestigungsanlagen aus der Z. Napoleons (a & r 2, 1997, 69); die Z., als es noch kein elektrisches Licht gab; Die Z. ist zu ernst geworden für dergleichen Scherze (St. Zweig, Fouché 167); das waren böse, finstere -en; das waren [noch] -en (das war eine schöne Zeit)!; die Z. war noch nicht reif dafür (die Entwicklung war noch nicht genug fortgeschritten); Die Z. war erfüllt (geh.; es war so weit; Feuchtwanger, Erfolg 661); sie hat schon bessere -en gesehen, gekannt (es ging ihr früher besser); dieser Schrank hat auch schon bessere -en gesehen, gekannt (scherzh.; war einmal in einem besseren Zustand); Die Verrückten haben ihre hohe Z. (2↑Hochzeit; Strauß, Niemand 206); sie ist ihrer Z. weit voraus; das größte Genie aller -en (das je gelebt hat); Das Eigenlob gilt dem Powerbook 3400, dem schnellsten Laptop aller -en (den es je gegeben hat; Woche 21. 3. 97, 14); das ist ein Zug der Z. (der gegenwärtigen Zeit); der Geist der Z. (Zeitgeist); aus vorgeschichtlicher Z. stammen; eine Sage aus alter Z.; Auch in unseren wehrpolitischen Vorstellungen sind wir 30 Jahre hinter der Z. zurück (Augstein, Spiegelungen 65); in jüngster Z.; in früheren -en; in der guten alten Z., da es das Kaisertum Österreich noch gab (Musil, Mann 32); das war in seinen besten -en (als es ihm noch sehr gut ging); in -en der Not; in der schlechten (durch Entbehrungen, Mangel geprägten) Z. nach dem Krieg; das war nach, vor meiner Z. (ugs.; damals war ich nicht mehr, noch nicht dabei, dort; damals hatte ich das Amt, die Position o. Ä. nicht mehr, noch nicht inne); seit ewigen -en (ugs. übertreibend; schon lange) nicht mehr; zu jener Z.; zu allen -en (immer); zu keiner Z. (niemals); zu seiner Z. (als er noch lebte); zur Zeit Goethes; R die -en ändern sich (die Verhältnisse ändern sich); andere -en, andere Sitten; *[ach] du liebe Z.! (Ausruf der Verwunderung, Bestürzung, des Bedauerns o. Ä.): Und wenn da ein paar raue Worte gefallen sind, du liebe Z., wenn Not am Mann ist, dann wählt man seine Worte doch nicht so fein (Hausmann, Abel 105); mit der Z. gehen (sich der Entwicklung, den jeweiligen Verhältnissen anpassen, fortschrittlich sein): „Man geht mit der Z.“, erklärte Frau Hohlfeld nicht ohne Stolz (Erich Kästner, Fabian 36); seit, vor undenklicher Z./undenklichen -en (seit, vor unvorstellbar langer Zeit); vor -en (dichter.; vor langer Zeit): Grabplatten ..., unter denen vor -en Kleriker, Gelehrte und fromme Wohltäter bestattet wurden (Fest, Im Gegenlicht 404); zu jmds. -en, zu -en einer Sache (in einer Zeit, als es eine bestimmte Person, Sache noch gab, etw. Bestimmtes noch üblich war): zu Cäsars -en, zu -en Cäsars; zu -en der Postkutsche; zu -en der Weimarer Republik (Fraenkel, Staat 256). 5. (Sprachw.) Zeitform, Tempus: die mit dem Perfektstamm gebildeten -en; in welcher Z. steht dieser Satz, das Prädikat?
Universal-Lexikon. 2012.