Lebenslehre
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Bio|lo|gie [biolo'gi:], die; -:1. Wissenschaft von der belebten Natur, den Gesetzmäßigkeiten im Ablauf des Lebens von Pflanze, Tier und Mensch:
Biologie studieren, unterrichten.
Zus.: Meeresbiologie, Mikrobiologie.
2. biologische (1) Beschaffenheit (eines Lebewesens):
die Biologie der niederen Tiere, des Menschen.
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Bio|lo|gie 〈f. 19; unz.〉 Wissenschaft vom Leben u. von den Lebewesen [<grch. bios „Leben“ + logos „Rede, Kunde“]
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1. Wissenschaft von der belebten Natur u. den Gesetzmäßigkeiten im Ablauf des Lebens von Pflanze, Tier u. Mensch.
2. biologische Beschaffenheit im Ganzen:
die B. des menschlichen Körpers.
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Biologie
die, -, die Wissenschaft von den Lebewesen (Organismen). Sie untersucht Lebewesen zum einen als ganzheitliche Systeme (Individuen), zum anderen die Untersysteme (Subsysteme) aus denen Lebewesen aufgebaut sind (Moleküle, Zellen, Gewebe, Organe) und die Übersysteme (Supersysteme), die aus mehreren bis vielen Lebewesen bestehen (Sozialgruppen, Populationen, Arten, Ökosysteme, die Ökosphäre als Ganzes). Der Grad der Komplexität steigt vom Biomolekül zur Ökosphäre an. Deshalb kann man die Unter- und Übersysteme der Lebewesen in eine hierarchische Abfolge von einfacheren zu komplexeren Organisationsstufen ordnen. - Seit der erstmaligen Entstehung von Lebewesen werden deren sämtliche selbstorganisierten Untersysteme, vom einfachsten Enzym bis zum komplexesten Organ, gemäß des ihnen vererbten genetischen Programms gebildet. Dies ist das bedeutendste Kennzeichen der Lebewesen gegenüber unbelebten Gebilden wie Steinen, Kristallen. Die Untersysteme von Lebewesen sind für sich allein nicht über längere Zeit lebensfähig. Sie bedürfen zu ihrer Aufrechterhaltung bestimmter Wechselwirkungen mit anderen Untersystemen und eines bestimmten Milieus (Umgebungsfaktoren). Auf den Organisationsstufen der Moleküle, Zellen, Gewebe und Organe laufen Vorgänge ab, die zum »Lebendigsein« gehören, deren Gesamtheit »das Leben« (als Gegensatz zu Leblosigkeit) ausmacht. Moleküle sind aber zweifellos nicht lebendig. Die einfachste Einheit der man die Systemeigenschaft »Leben« (und damit die Bezeichnung »Lebewesen«) zuordnen kann, ist die Zelle (z. B. ein Bakterium, eine einzellige Alge). Deshalb ist der Forschungsgegenstand der Biologie das Lebewesen (mit Über- und Untersystemen), nicht etwa das »Leben«. Aussagen über das »Leben« betreffen eine Metaebene. - Lebewesen bilden Rückkoppelungsmechanismen, die die homöostatische Regulierung des Körpermilieus bewirken, sie bilden aufgrund des Zusammenwirkens von Mutation, Neukombination, Zufall, Umweltbedingungen und natürlicher Selektion angepasste Merkmale aus (sie sind adaptiert), sie sind reizbar, reaktionsfähig, sogar lernfähig. Diese spezifischen Qualitäten von Lebewesen gibt es nicht in der unbelebten Natur. Um diese lebenstypischen, emergenten Eigenschaften zu erforschen, genügen die Begriffe und Theorien von Physik und Chemie nicht. - Die zentrale Theorie innerhalb der Biologie ist die auf C. Darwin zurückgehende Theorie von der natürlichen Selektion. Darwin hat in seinem bahnbrechenden Werk »On the origin of species by means of natural selection« mehrere aufeinander bezogene Theorien veröffentlicht; verkürzt wird meist nur von der »Evolutionstheorie« gesprochen. Sie hat im Laufe der Zeit infolge des Wissenszuwachses zahlreiche Ergänzungen und Verfeinerungen erfahren, ihr Kern ist jedoch nach wie vor in Form der heutigen »Synthetischen Theorie der Evolution« gültig. Die Theorie liefert die Erklärungsgrundlage, mittels der spezifische Phänomene der Lebewesen wie Individualität, Konkurrenz, Anpassung, Zweckmässigkeit, Populationsschwankungen und Artbildung verständlich werden. Diese Eigenschaften ergeben sich nicht einfach aufgrund der materiellen Zusammensetzung von Lebewesen sondern aufgrund ihrer (zweckmässigen) Organisation, dem »Organizismus« (L. Bertalanffy, E. Mayr). - Die Biologie erforscht an den Lebewesen zunächst aus welchen materiellen Elementen sie bestehen und welche Strukturen daraus gebildet werden. Dies wird sowohl hinsichtlich der stammesgeschichtlichen Entwicklung (Phylogenese) als auch der individuellen Entwicklung (Ontogenese) untersucht. Andererseits werden die Funktionszusammenhänge aller erkannten Strukturen auf allen Organisationsstufen untersucht. Daraus leitet die Biologie allgemeine Aussagen über die spezifischen Vorgänge in Biosystemen und über die sich zwischen ihnen ergebenden Wechselwirkungen ab. Ein vollständiger physikalisch-chemischer Reduktionismus wird den Eigenschaften von Biosystemen aber nicht gerecht. Andererseits sind geistige Vorgänge wie Denken und Lernen, und geistige »Faktoren« wie Gedächtnis und Bewusstsein mit den Mitteln der Biologie nicht vollständig zu erklären.
Fachrichtungen der Biologie
Allgemeine Biologie: Sie behandelt die allen Lebewesen gemeinsamen, grundlegenden Merkmale. Gegenstand der Zellbiologie (Zytologie) sind die Untersuchung von Aufbau und Funktionsabläufen bei Bakterien-, Pflanzen- und Tierzellen (einschließlich menschlicher Zellen). In der Ultrastrukturforschung geht sie über in die Molekularbiologie, die alle in Lebewesen vorkommenden Moleküle untersucht und ihrerseits eine Unterdisziplin der Biochemie ist. Eine enge Beziehung zur Zellbiologie hat die Histologie (Gewebelehre). Sie erforscht die Eigenschaften von Verbänden gleichartig differenzierter Zellen. Die Genetik (Erbbiologie) erforscht, welche Strukturen an Vererbungsvorgängen beteiligt sind und welche Gesetzmäßigkeiten dabei auftreten. Die Physiologie untersucht Stoffwechselabläufe und deren biologische Funktionen. Man kann sie nach Organismengruppen untergliedern (Pflanzenphysiologie, Tierphysiologie, Humanphysiologie) und nach funktionellen Gesichtspunkten (Ernährungsphysiologie, Neurophysiologie, Sinnesphysiologie usw.). Die Biophysik erforscht physikalische und physikochemische Erscheinungen in Biosystemen. Sie ist eine junge Disziplin, die Erkenntnisse und Verfahren aus Physik und Chemie mitverwendet. Die Bionik ist ein anwendungsorientiertes Fachgebiet. Ein bekanntes Beispiel daraus ist der »Selbstreinigungseffekt« der Lotospflanze; es wird daran gearbeitet, für Geräteoberflächen eine ähnlich strukturierte Oberfläche wie die des Lotosblattes zu konstruieren. Die Biomechanik untersucht an Lebewesen die Anatomie (innerer Bau) und die Eidonomie (äußerer Bau, Gestalt), unter technischen Gesichtspunkten werden organismische Konstruktionen analysiert, z. B. die strömungsgünstige Körpergestalt und Körperoberfläche eines Haifisches. Die in der Homologieforschung, der Paläontologie sowie der Biogeographie gesammelten Daten werden u. a. von der Evolutionsforschung als Grundlagen verwendet. Sie nutzt daneben neueste Verfahren aus der Genetik (Sequenzstammbäume). - Spezielle Biologie: Sie erforscht Organismengruppen. Untersucht werden morphologische, biochemische, physiologische, genetische und ökologische Eigenschaften der jeweiligen Organismengruppe (Taxon). Es wird versucht, deren Stammesgeschichte und ihre Verwandtschaftsverhältnisse aufzuklären. Ursprünglich wurden nur Botanik und Zoologie unterschieden. Die Zoologie ist die wissenschaftliche Tierkunde. Einige ihrer Teilgebiete sind auf das Tierreich begrenzte Disziplinen der Allgemeinen Biologie, was auch der Name ausdrückt, z. B. Tierphysiologie. Auch in der Botanik, der Mykologie und der Bakteriologie werden die allgemeinen Fachgebiete taxonspezifisch bearbeitet. Andere Fachgebiete betreffen zoologische Besonderheiten: Die Ethologie (Verhaltensforschung) untersucht tierisches und menschliches Verhalten und dessen Grundlagen, die Entwicklungsbiologie erforscht die Mechanismen und Regeln der Individualentwicklung. Dazu gehören auch alle Fachgebiete, die ausdrücklich Teilgruppen des Tierreichs erforschen z. B. Arachnologie (Spinnenkunde), Entomologie (Insektenkunde), Ornithologie (Vogelkunde), Herpetologie (Reptilienkunde) usw. Man könnte die Erforschung jedes Stammes, jeder Klasse, Ordnung oder Familie des Tierreiches zu einer eigenen zoologischen Unterdisziplin erklären. (So wäre auch mit Pflanzen, Pilzen und Bakterien zu verfahren.) Weil viele Teilgebiete der Zoologie sehr eng miteinander verflochten sind, wurden mehrere neue Disziplinen begründet, die innerhalb der Zoologie übergreifende Fragen bearbeiten: z. B. die Ethoökologie, die Soziobiologie, die Populationsgenetik und die Funktionsmorphologie. In der (zoologischen) Systematik und Taxonomie werden die Ergebnisse aller zoologischen Teildisziplinen berücksichtigt. - Die Botanik ist die wissenschaftliche Pflanzenkunde. Sie hat ihre Wurzeln in der Heilpflanzenkunde und hat heute noch enge Verbindung zur Pharmazie. Auch die Botanik hat Teildisziplinen, die aus der Allgemeinen Biologie abgeleitet sind. Die Pflanzenphysiologie erforscht die Entwicklung, das Wachstum, den Stoffwechsel und die Bewegungen von Pflanzen sowie ihren Stoffaustausch mit der Umwelt. Entsprechend ist sie in weitere Fachrichtungen untergliedert: Entwicklungsphysiologie, Stoffwechselphysiologie, Reizphysiologie. Die Vegetationsgeographie untersucht die Verbreitung der Pflanzen auf der Erde und welche biotischen und abiotischen Faktoren (Klima, Boden) dafür ausschlaggebend sind. Die Geobotanik steht der Ökologie nahe. Sie untersucht Standort- und Konkurrenzfaktoren. Die Pflanzensoziologie erforscht, wie Pflanzengesellschaften zusammengesetzt sind, unter welchen ökologischen Bedingungen sie entstehen und wie sie sich zeitlich-räumlich entwickeln. Auch in der Botanik gibt es Disziplinen, die sich mit einzelnen Taxa befassen, z. B. Algologie (Algenkunde), Bryologie (Mooskunde), Lichenologie (Flechtenkunde). Die Mikrobiologie ist das Fach, welches alle mikroskopisch kleinen Organismen und die Viren erforscht. Es ist entsprechend in die Fachgebiete Virologie, Bakteriologie, Phycologie, Protozoologie und Mykologie unterteilt. Ein übergreifendes Fach - das einzige, das sich auf einen Lebensraum bezieht - ist die Meeresbiologie. Sie erforscht alle im Meer lebenden Organismen nach allen Fragestellungen der Allgemeinen und der Speziellen Biologie. Die Biologie hat enge Beziehungen zu Nachbarwissenschaften. Einige wissenschaftliche Disziplinen sind Synthesen der Biologie mit anderen Wissenschaften, z. B. Ökologie und Anthropologie, andere sind auf Nutzanwendungen hin orientiert, z. B Agrarwissenschaft, Forstwissenschaft, Fischereiwissenschaft, Tiermedizin, Limnologie, Hydrologie.
Geschichte der Biologie
In der griechischen Antike wurden zwei kontroverse Standpunkte zum Phänomen »Leben« vertreten: Der Philosoph Demokrit (* um 460, ✝ 375 v. Chr.) vertrat die Lehre des Monismus, wonach die Welt von einer einheitlichen, nämlich materiellen Grundbeschaffenheit sei. Er ging davon aus, dass Lebewesen rein stofflich zu erklären seien. Platon (* 427, ✝ 348 v. Chr.) dagegen vertrat die Position des Dualismus, wonach zwei wesensverschiedene Entitäten, bei ihm die Welt der Ideen und die Welt der Wirklichkeit, nebeneinander existierten. Er nahm an, dass Lebewesen sowohl aus Materie als auch aus einem immateriellen Geist bestünden. Aristoteles (* 384, ✝ 322 v. Chr.) deutete die Welt teleologisch: Er vermutete, dass eine lenkende Kraft, die er »Entelechie« nannte, die Ursache für die Entstehung der Lebewesen sei. In allen späteren idealistischen Deutungen, z. B. im Vitalismus, wurden diese Vorstellung und dieser Begriff beibehalten. Aristoteles nahm an, dass durch einen Vorgang, den er »Urzeugung« nannte, ständig neue Lebewesen hervorgebracht würden. Er vermutete, dass aus leblosem Schlamm Fische und Insekten entstehen konnten. Aristoteles ist der erste, von dem eine systematische Darstellung der Tierwelt bekannt ist. Er unterschied »blutbesitzende« und »blutlose« Tiere und beschrieb mehr als 400 Tierarten. Diese Arbeiten trugen ihm den Ruf ein, der Begründer der Zoologie zu sein. Sein bedeutendster Schüler war Theophrast (* 372, ✝ 287 v. Chr.), der u. a. über 500 Pflanzenarten beschrieb und deshalb als Begründer der Botanik gilt. Plinius der Ältere (* 23, ✝ 79 v. Chr.) hat das zeitgenössische Wissen über die »Naturgeschichte« in 37 Bänden zusammengefasst. Vom griechisch-römischen Arzt und Philosophen Galen (vermutlich * 129, ✝ 199 n. Chr.) ist bekannt, dass er Tiere sezierte und ihr Harnleitungssystem sowie das Herz untersuchte. Bis ins 17. Jahrhundert war er die Autorität, deren Lehren die Grundlage der ärztlichen Künste in der gesamten christlichen Welt waren. Heute noch wird ein Teilgebiet der Pharmazie ihm zu Ehren als »Galenik« bezeichnet (Lehre von den natürlichen Heilmitteln). Galen vertrat den Psychovitalismus, der Lebewesen als Entfaltung eines geistigen Prinzips betrachtete. Dieses Prinzip bezeichnete Galen mit den lateinischen und griechischen Begriffen für Geist: »spiritus« und »pneuma«. Die meisten Bücher antiker Autoren sind im Laufe des Mittelalters verlorengegangen. In arabischen Ländern blieben einige Werke erhalten, und Autoren wie Avicenna (* 980, ✝ 1037) und Averroes (* 1126, ✝ 1198) berufen sich darauf. Auch Albertus Magnus (* 1200, ✝ 1280) bezieht sich auf Arbeiten von Aristoteles. Bis zur Renaissance hatten Naturforscher sich überwiegend darauf beschränkt, Lebewesen zu beobachten und äußerlich zu vergleichen. Erst dann begann man, das Innere von Lebewesen zu erforschen. Leonardo da Vinci (* 1452, ✝ 1519) fand die Erklärung für das Zusammenwirken von Muskulatur und Skelett, indem er Leichen sezierte. Noch in der frühen Neuzeit hielten weltberühmte Forscher wie R. Descartes (* 1596, ✝ 1650) und I. Newton (* 1643, ✝ 1727) die von Aristoteles postulierte Urzeugung für möglich. Eine höchst bedeutsame Erkenntnis blieb seinerzeit unbeachtet: Der Franzose P. Belon (* 1517, ✝ 1564) hatte beim Vergleich der Skelette eines Vogels und eines Menschen festgestellt, dass diese einander »entsprechende« Teile aufwiesen (Schädel, Rippen, Becken, ein Oberarmknochen, zwei Unterarmknochen, mehrere Hand- und Fingerknochen usw.). Ihm war offenbar als erstem eine gewisse Ähnlichkeit im Bauplan von Mensch und Vogel aufgefallen. Solche Ähnlichkeiten oder Entsprechungen werden heute in der Biologie als »Homologien« bezeichnet und sind wichtige Kriterien zur Rekonstruktion von Stammbäumen und Verwandtschaftsbeziehungen. Erst 300Jahre später, zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden diese Zusammenhänge definiert. Zu den historisch bedeutenden Werken der Zoologie in der frühen Neuzeit gehört die von C. Gesner (* 1516, ✝ 1565) verfasste »Historia animalium«. Darin wurden u. a. die seit der Antike entdeckten Tierarten beschrieben. Der Engländer W. Harvey (* 1578, ✝ 1657) erkannte als erster den menschlichen Blutkreislauf und veröffentlichte seine Entdeckung im Jahr 1628. Zu jener Zeit war die Physik bereits die dominierende Wissenschaft und die Mechanik war ihr erfolgreichstes Teilgebiet. Harveys Entdeckung wurde als ein mechanisches System aus Pumpe und Röhren aufgefasst und man sah darin eine Bestätigung des Dogmas: Alles ist Mechanik. Aus damaliger Sicht erschien es als berechtigt, Lebenserscheinungen auf Physik zu reduzieren. Aristoteles Urzeugung wurde nach wie vor als Erklärung für die Herkunft der Lebewesen akzeptiert. Die Widerlegung dieser Idee hatte der Italiener F. Redi (* 1626, ✝ 1698) aber bereits 1650 geliefert. Er hatte gezeigt, daß die an faulem Fleisch auftretenden »Würmer« aus Fliegeneiern entstanden: Es waren Fliegenlarven. Daraufhin formulierte er 1668 den Widerspruch zu Aristoteles: »Omne vivum ex ovo« (»Alles Leben kommt aus dem Ei«), aber diese Erkenntnis wurde nicht angenommen. Die erste Beobachtung von Bakterien und Einzellern gelang im Jahr 1675 dem Niederländer A. van Leeuwenhoek (* 1632, ✝ 1723) mit einem von ihm selbst entworfenen Mikroskop. Der Engländer J. T. Needham (* 1713, ✝ 1781) hatte um 1750 festgestellt, dass Mikroben auch in Flüssigkeiten auftraten, die man gekocht hatte. Dies wurde als Beweis dafür angesehen, dass zumindest solche Kleinstlebewesen durch Urzeugung entstünden und dass Aristoteles im Prinzip Recht hatte. Ins Wanken kam die Urzeugungstheorie erst, nachdem der Italiener L. Spallanzani (* 1729, ✝ 1799) gezeigt hatte, dass in Gefäßen, die während des Kochens verschlossen gehalten wurden, keine Mikroben auftraten. Spallanzani hat damit beinahe die Arbeiten des Franzosen L. Pasteur (* 1822, ✝ 1895) vorweggenommen. Dieser widerlegte die Idee von der Urzeugung eindeutig und endgültig und hielt dagegen: »Omne vivum ex vivo« (»Alles Leben entsteht aus Leben«). Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts herrschte die Vorstellung, dass entweder in den Eizellen oder in den Spermazellen kleine Embryonen vorgebildet seien, die dann wuchsen. Man nannte dies die »Präformationstheorie«. Der Nachweis, dass dies nicht zutraf, gelang dem deutschen Forscher C. F. Wolff (* 1733, ✝ 1794). Er erkannte, dass sich die Embryonen aus zunächst undifferenzierten Zellen entwickeln. Für die Taxonomie waren die Arbeiten des schwedischen Naturforschers C. von Linné (* 1707, ✝ 1778) von besonderer Bedeutung. In seinem Buch »Systema naturae« (1735) beschrieb er alle damals bekannten Pflanzen- und Tierarten und führte das Prinzip der binären Nomenklatur ein: Jede Art erhält einen zweiteiligen Namen, dessen erster Teil der Name der Gattung (z. B. Canis) und dessen zweiter Teil ein artspezifischer Zusatz (z. B. lupus) ist. Der vollständige zweiteilige Name »Canis lupus« bezeichnet den Wolf. Dieses Prinzip der Namengebung gilt bis heute, und trotz mancher Umbennennungen tragen noch immer viele Arten den wissenschaftlichen Namen, den ihnen seinerzeit Linné gegeben hatte. Eine weitere bedeutende Neuerung war, dass Linné alle bekannten Arten in einem hierarchischen System anordnete, so dass erstmals ein System vorlag, welches (vermutete) verwandtschaftliche Verhältnisse zwischen den Arten aufzeigte. Für den Beginn der biochemischen Forschung war ein Versuch des deutschen Chemikers F. Wöhler (* 1800, ✝ 1882) von überragender Bedeutung: Es gelang ihm im Jahr 1828, ein organisches Molekül, den Harnstoff, aus einem anorganischen Ausgangsstoff, dem Ammoniumcyanat, zu synthetisieren. Damit war ihm der Beweis gelungen, dass eine chemische Verbindung, die typischerweise in einem Organismus gebildet wird, und die deshalb bisher als »lebenstypisch« galt, aus einer unbelebten Substanz erzeugt werden kann. Allen vitalistischen Theorien war damit endgültig die Grundlage entzogen. Ähnlich bedeutend war das von dem Amerikaner S. L. Miller im Jahr 1953 ausgeführte Experiment: Er simulierte die vermutete Zusammensetzung der Uratmosphäre der Erde, indem er Wasser, Methan, Wasserstoff und Ammoniak mischte und in dieses Gemisch simulierte Blitze (elektrische Funkenentladungen) einschlagen ließ. Die dabei entstandenen Gase wurden in einer wässrigen Phase abgefangen. Darin fand Miller nach mehreren Versuchszyklen einfache organische Verbindungen wie Ameisensäure, Essigsäure, Harnstoff sowie mehrere Aminosäuren wie Glycin, Alanin und Asparaginsäure. Miller hatte damit gezeigt, dass unter Bedingungen, wie sie auf der Urerde geherrscht hatten, Bausteine des Lebens entstanden sein konnten. Millers Experiment galt bis vor kurzer Zeit als Nachweis dafür, wie die Entstehung einfacher organischer Verbindungen auf der Erde abgelaufen sei. Seit 1998 muss auch eine Alternative ernst genommen werden: C. Huber und G. Wächtershauser veröffentlichten in jenem Jahr die Ergebnisse eines Experiments, wonach organische Substanzen auch an untermeerischen Vulkanen entstehen können, indem austretende Gase wie Schwefelwasserstoff und Kohlenmonoxid mit dort vorhandenen Mineralien, z. B. Eisensulfid, reagieren. Demnach erscheint es als möglich, dass die Bildung einfacher Bausteine für Lebewesen nicht vor mehreren Milliarden Jahren abgeschlossen wurde, sondern ein rezenter Vorgang ist. - Über Herkunft und Entfaltung der Lebewesen auf der Erde war seit dem 18. Jahrhundert immer wieder spekuliert worden. Zu jener Zeit galt der Franzose G. Baron de Cuvier (* 1769, ✝ 1832) als die Autorität unter den Naturforschern. Dass zahlreiche Arten ausgestorben waren, galt als gesichert, denn man hatte in aufeinanderfolgenden geologischen Schichten ganz unterschiedliche Fossilien gefunden. Cuvier erklärte dies damit, dass gewaltige Naturkatastrophen auf einen Schlag Tier- und Pflanzengruppen ausgelöscht hätten (Katastrophentheorie). Anschließend habe es eine Neuschöpfung gegeben. Den Gedanken, dass Arten sich wandeln, allmählich ineinander übergehen könnten, wies er zurück. J.-B. Lamarck (* 1744, ✝ 1829) war der erste, der eine Theorie veröffentlichte, wonach es eine stammesgeschichtliche Entwicklung gegeben habe. Erdgeschichtlich jüngere Arten sollten demnach von älteren Arten abstammen (Deszendenztheorie). Als Erklärung für die im Laufe der Abstammungsfolge veränderten Merkmale postulierte Lamarck, dass Arten erworbene Eigenschaften vererben könnten (Lamarckismus). Diese Erklärung ist falsch, und leider wird Lamarck meist nur in diesem Zusammenhang erwähnt. Sein großes Verdienst ist jedoch, dass er als erster eine Theorie vorlegte, die die Ähnlichkeiten zwischen verschieden alten Arten als Folge allmählicher Umwandlungen erklärte. Damit hatte er die Vorstellung von einer allmählichen Evolution der Lebewesen ausgedrückt. C. Darwin (* 1809, ✝ 1882) und A. R. Wallace (* 1823, ✝ 1913) entwickelten unabhängig voneinander jeweils eine Theorie zur natürlichen Selektion. Diese geistige Leistung stellte einen Wendepunkt in der Geschichte der Biologie dar. Darwin hatte seine Theorie bereits 1837 in Notizbüchern festgehalten. Im Jahr 1844 hatte er ein Manuskript darüber angefertigt, wagte jedoch nicht, diesen umwälzenden Gedanken zu veröffentlichen. Wallace hatte im Malaiischen Archipel geforscht und unabhängig von Darwin ebenfalls eine Theorie zur Veränderlichkeit und Entstehung der Arten aufgestellt. Sein Manuskript schickte er mit der Bitte um Begutachtung an Darwin, der damals in England schon ein bekannter Biologe war. Der Geologe C. Lyell und der Biologe T. H. Huxley drängten Darwin nun, seine eigene Theorie zu veröffentlichen. Am 1. 7. 1858 trugen dann beide, Darwin und Wallace, auf einer Sitzung der Royal Society in kurzen Referaten ihre Überlegungen vor. Wallace erkannte an, dass Darwin seine Theorie der natürlichen Selektion vor ihm entworfen hatte. Zu Ehren Darwins prägte Wallace für die neue Lehre den Begriff »Darwinismus«. Darwins epochales Werk »On the origin of species« wurde 1859 veröffentlicht. Darwin war sich über die weltanschauliche Bedeutung seiner Theorie im klaren und hatte seine Formulierungen sehr sorgsam gewählt. Neben der eigentlichen Selektionstheorie hatte er weitere Theorien, die zu ihrem Umfeld gehören, aufgestellt. Meist wird aber nur von der Selektionstheorie (Theorie von der natürlichen Auslese) gesprochen, die oft auch als »Evolutionstheorie« bezeichnet wird. Die neue Lehre, der Darwinismus, wurde vor allem in England und in Deutschland mit großer Zustimmung aufgenommen. In England waren T. H. Huxley (* 1825, ✝ 1895) und der Botaniker J. D. Hooker (* 1817, ✝ 1911) Verfechter des Darwinismus, in Deutschland waren es E. Haeckel (* 1834, ✝ 1919), F. Rolle (* 1827, ✝ 1887) und A. Weismann (* 1834, ✝ 1914). Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhundertsleiteten mehrere Entwicklungen die Ausweitung der Vererbungsforschung ein, die später zur Genetik weiterentwickelt wurde. Die 1865 von G. Mendel (* 1822, ✝ 1884) veröffentlichten Vererbungsregeln waren nicht weiter beachtet worden. Im Jahr 1900 formulierten C. Correns (* 1864, ✝ 1933), E. Tschermak (* 1871, ✝ 1962) und H. de Vries (* 1848, ✝ 1935) unabhängig voneinander diese Regeln wieder. In den Jahren 1884-88 hatten O. Hertwig (* 1849, ✝ 1922), E. Strasburger (* 1844, ✝ 1912), R. von Kölliker (* 1817, ✝ 1905) und Weismann den Zellkern als Träger der Erbsubstanz identifiziert. W. Sutton und T. Boveri (* 1862, ✝ 1915) stellten 1902 die Theorie auf, dass die Chromosomen (damals noch als Kernschleifen bezeichnet) die Träger der Erbanlagen seien. W. Bateson (* 1861, ✝ 1926) prägte im Jahr 1905 den Begriff »Genetik«. Der Streit darüber, welcher der in den Chromosomen enthaltenen Bestandteile - Proteine oder Desoxyribonucleinsäure (DNA) - die Erbinformation enthalte, wurde 1952 entschieden: A. D. Hershey (* 1908, ✝ 1997) und M. Chase wiesen nach, dass es die DNA ist. Die Aufklärung der DNA-Struktur war ein weiterer Meilenstein in der biologischen Forschung. 1953 entwarfen F. H. Crick und J. D. Watson nach langen Überlegungen, wie sie die inzwischen bekannten Bestandteile der DNA und die Bilder der Röntgenstrukturanalyse dieses Moleküls in Beziehung zu setzen hätten, das richtige Modell: die Doppelhelix. Im Jahr 1958 stellten sie das zentrale Dogma der Molekulargenetik auf: Genetische Information wird von der DNA zur RNA und von dort zum Protein übertragen. (Eine Einschränkung musste das zentrale Dogma der Molekulargenetik 1970 hinnehmen: H. M. Temin und D. Baltimore entdeckten die Retroviren, die mittels des Enzyms reverse Transkriptase aus einem RNA-Einzelstrang einen DNA-Doppelstrang synthetisieren können.) Das Zuordnungssystem zwischen den Basentripletts der m-RNA und den Aminosäuren wurde von H. G. Khorana, M. W. Nirenberg und S. Ochoa in den Jahren 1961-66 aufgeklärt. Es hat sich eingebürgert, dieses Zuordnungssystem den »genetischen Code« zu nennen. (Der Begriff »Code« ist aus der Linguistik entliehen und bezeichnet dort ein Zuordnungssystem zwischen zwei Gruppen künstlicher Zeichen.) Seit Darwins Zeit hat es einen enormen Zuwachs an Wissen in allen Teildisziplinen der Biologie und in angrenzenden Fachgebieten gegeben. Neue Erkenntnisse und Theorien aus Populationsgenetik, Ökologie, Biogeographie, Paläontologie und Phylogenetik wurden in die Evolutionslehre aufgenommen. E. Mayr, G. Simpson, B. Rensch und T. Dobzhansky haben - neben anderen - entscheidend dazu beigetragen. Sie entwickelten die Evolutionslehre weiter zur neuen »Synthetischen Evolutionstheorie«, veröffentlicht von Dobzhansky im Jahr 1937. Sie ist eine Weiterentwicklung des Darwinismus und beruht auf dessen grundsätzlichen Aussagen. Ein wichtiger Schritt der Erkenntnis über die Organisation der Eukaryotenzelle war die Endosymbiontenhypothese, veröffentlicht von L. Margulis 1971. Schon 1883 hatte A. F. W. Schimper beschrieben, dass Plastiden nur durch Teilung aus sich selbst hervorgehen. Die Endosymbiontenhypothese besagt, dass in organellenfreie Zellen, die aber schon die für Eukaryoten typischen Organisationsmerkmale aufwiesen (»Urkaryoten«), ursprünglich freilebende Einzeller als Symbionten aufgenommen wurden. Aus diesen sollen sich die heute als Plastiden und Mitochondrien bezeichneten Organellen entwickelt haben. Inzwischen liegen zahlreiche Daten vor, die die Endosymbiontenhypothese stützen. Weitere Meilensteine in der Entwicklung der Biologie waren die von Khorana durchgeführte erste Totalsynthese eines Gens (1970) und die Entdeckung der Restriktionsenzyme (um 1970). Dies markierte den Beginn der Gentechnologie (Gentechnik, molekulare Biotechnologie). Im Jahr 1973 zeigten Cohen und Boyer, dass DNA-Ketten, die aus Restriktionsfragmenten verschiedener Organismen zusammengesetzt worden waren, über Artengrenzen hinweg in fremde Genome eingebaut werden. Translation und Transkription dieser Ketten erfolgen in völlig normaler Weise. Dieses Verfahrensprinzip wird heute u. a. in der Pharmaindustrie angewendet. So wurde Bakterien das menschliche Insulin-Gen eingebaut, und man kann Insulin nun schneller, in größeren Mengen, reiner und billiger erzeugen als zuvor. Eine problematische Folge gentechnischer Manipulationen können unerwünschte Gentransfers sein. Ein Standardverfahren ist heute die DNA-Sequenzierung, die 1976 von M. Gilbert und F. Sanger entwickelt wurde. Ihre verfeinerten Versionen werden zur Sequenzierung ganzer Genome verwendet, so auch im »Human Genom Projekt«, mit dem das menschliche Genom vollständig erfasst werden soll. Das erste, im Jahr 2001 veröffentlichte Ergebnis dieses Projektes zeigte, dass das menschliche Genom etwa 30 000-40 000 Gene umfasst. Die Sequenzierungstechnik wird heute auch außerhalb der Biologie verwendet, z. B. in der Kriminalistik. Geringste Spuren von DNA-haltigem Körpermaterial (Blutfleck, Spermafleck, Haare mit Hautzellen usw.) genügen, um eine DNA-Sequenz zu erstellen, die mit der Sequenz eines Tatverdächtigen verglichen werden kann. - Von höchster Bedeutung war die Entwicklung der Polymerase-Kettenreaktion durch K. B. Mullis (1983), mittels der DNA-Stränge in-vitro vervielfältigt werden können. Die verfeinerten molekularbiologischen Methoden, insbesondere die Sequenzierungstechnik, haben seit den 1980er Jahren auch in den klassischen Gebieten Systematik und Taxonomie für zum Teil erhebliche Veränderungen des Kenntnisstands und der Theorien geführt. Anhand der Austauschhäufigkeiten von Nucleotiden und Aminosäuren haben Molekularbiologen und Taxonomen Sequenzstammbäume aufgestellt, die teilweise erheblich andere verwandtschaftliche Verhältnisse ausweisen als die mit der klassischen Methode (Paläontologie und Homologieforschung) aufgestellten Stammbäume. - In den letzten Jahren des ausgehenden 20. Jahrhunderts begann ein Wettlauf um die Klonierung von Lebewesen. 1997 wurde der Weltöffentlichkeit ein geklontes Schaf (»Dolly«) vorgestellt, 1998 kamen geklonte Kälber und geklonte Mäuse zur Welt. Im Frühjahr 2001 verkündete ein italienischer Arzt, er wolle demnächst einen Menschen klonen. Solche Aktivitäten und Ankündigungen haben eine breite öffentliche Diskussion ausgelöst. Die Befürworter des Klonens verweisen insbesondere auf die Aussicht, für geschädigte menschliche Organe Ersatzorgane anbieten zu können, gegen die es keine Abstoßungsreaktion geben würde. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff »therapeutisches Klonen« geprägt. - Die Diskussion über Verfahren wie Gentransfer, Klonen und vorgeburtliche (pränatale) Diagnostik betrifft vor allem ethische Argumente, sie ist Teil der Bioethik.
J. von Uexküll: Theoret. B. (1920, Neuausg. 1973);
R. Demoll: Der Wandel der biolog. Anschauungen in den letzten 100 Jahren (1932);
C. J. Singer: A history of biology (ebd. 31959);
A. Meyer-Abich: Geistesgeschichtl. Grundlagen der B. (1963);
C. S. Hammen: Quantitative B. (a. d. Engl., 1975);
F. M. Wuketits: Wissenschaftstheoret. Probleme der modernen B. (1978);
H. Mohr: Biolog. Erkenntnis. Ihre Entstehung u. Bedeutung (1981);
E. Mayr: Die Entwicklung der biolog. Gedankenwelt (a. d. Engl., 1984);
I. Jahn: Grundzüge der Biologiegesch. (Jena 1990);
B. Ein Lb., hg. v. G. Czihak u. a. (51993);
E Mayr: ... und Darwin hat doch Recht. (a. d. Engl., 21995);
E. Mayr: Das ist B. Die Wiss. des Lebens (a. d. Engl., 22000).
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Bio|lo|gie, die; - [↑-logie]: 1. Wissenschaft von der belebten Natur u. den Gesetzmäßigkeiten im Ablauf des Lebens von Pflanze, Tier u. Mensch: er studiert B.; er hat in B. (im Schulfach Biologie) eine Eins. 2. biologische Beschaffenheit im Ganzen: die B. des menschlichen Körpers; Nach Mitteilungen des Tiefbauamtes habe die B. der Kläranlage bisher keine negative Reaktion gezeigt (MM 16. 8. 84, 1).
Universal-Lexikon. 2012.