Ko|lụm|bi|en; -s:
Staat in Südamerika.
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Kolụmbi|en,
Fläche: 1 141 748 km2
Einwohner: (2000) 42,3 Mio.
Hauptstadt: Bogotá (Santa Fe de Bogotá)
Amtssprache: Spanisch
Nationalfeiertag: 20. 7.
Zeitzone: 600 Bogotá = 1200 MEZ
amtlich spanisch Repụ́blica de Colọmbia, Staat im Nordwesten Südamerikas, grenzt im Westen an den Pazifischen Ozean, im Norden an Panama und das Karibische Meer, im Osten an Venezuela und Brasilien, im Süden an Peru und Ecuador, mit einer Fläche von 1 141 748 km2 etwa doppelt so groß wie Frankreich, (2000) 42,3 Mio. Einwohner; zu Kolumbien gehören auch die rd. 200 km vor der Küste Nicaraguas liegenden Inseln Isla de San Andrés, Isla de Providencia und Cayos de Albuquerque, die eine Verwaltungseinheit (Departamento) bilden, sowie die 2 km2 große unbewohnte Pazifikinsel Isla de Malpelo (bei 4º nördlicher Breite und 81º 30' w. L.). Hauptstadt ist Bogotá (amtlich Santa Fe de Bogotá), Amtssprache Spanisch. Währungseinheit: 1 Kolumbianischer Peso (kol$) = 100 Centavos (c, cvs). Zeitzone: Eastern Standard Time (600 Bogotá = 1200 MEZ).
Staat und Recht:
Nach der am 5. 7. 1991 in Kraft getretenen Verfassung ist Kolumbien eine präsidiale Republik. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist der auf vier Jahre direkt gewählte Präsident (Wiederwahl nicht möglich); seine Vollmachten wurden durch das neue Grundgesetz eingeschränkt. Er ernennt die Mitglieder seines Kabinetts und verfügt u. a. über ein befristetes Notstandsrecht. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus Senat (102 Mitglieder, davon zwei indianische Einheimische) und Repräsentantenhaus (161 Abgeordnete, davon fünf für ethnische Minderheiten und zwei für Auslandskolumbianer reserviert); Legislaturperiode jeweils vier Jahre. Mitglieder des Parlaments und der Regierung sowie deren nächste Angehörige dürfen kein weiteres öffentliches Amt bekleiden.
Parteien:
Einflussreichste Parteien sind der Partido Liberal (PL; gegründet 1815), der Partido Social Conservador (PSC; gegründet 1849) und die Alianza Democrática Movimiento 19 de Abril (ADM-19; frühere Guerillabewegung, 1989 als politische Partei konstituiert).
Größter Dachverband ist mit rd. 80 % aller Gewerkschaftsmitglieder die Central Unitaria de Trabajadores (CUT; gegründet 1986). Die Confederación de Trabajadores de Colombia (CTC; gegründet 1934) ist liberal, die Confederación General del Trabajo (CGT) christdemokratisch ausgerichtet.
Das Wappen ist - mit geringfügigen Veränderungen - das 1834 geschaffene Wappen von Neugranada. Es zeigt in dem auf kreuzweise angeordneten Staatsflaggen ruhenden, durch einen platinfarbenen Balken geteilten Schild im Schildhaupt einen Granatapfel zwischen zwei Füllhörnern (das eine mit Goldmünzen, das andere mit Früchten), im Balken eine phrygische Mütze auf Speerspitze (Symbol für den Freiheitskampf gegen die spanische Kolonialherrschaft) sowie im Schildfuß die Landenge von Panama und zwei Segelschiffe. Das Oberwappen bildet ein Andenkondor, der im Schnabel einen Lorbeerkranz und in den Fängen ein Spruchband mit der Devise »Libertad y Orden« (»Freiheit und Ordnung«) hält.
Nationalfeiertage:
Nationalfeiertag ist der 20. 7., der an die Verkündung der Unabhängigkeit 1810 erinnert.
Das Staatsgebiet ist seit dem 5. 7. 1991 in 32 Departamentos und den Hauptstadtdistrikt unterteilt; die zuvor neben den Departamentos bestehenden Intendencias und Comisarías (wenig besiedelte Gebiete) erhielten zu diesem Zeitpunkt den Provinzstatus; der ehemaliger Distrito Especial (Hauptstadt) wurde in Distrito Capital (D. C.) umbenannt, die Hauptstadt Bogotá in Santa Fe de Bogotá.
Die Rechtsordnung geht auf französische und spanische Vorbilder zurück (das Zivilrecht auf den Code Napoléon, das Handelsrecht auf die spanischen Kodifikationen). Zur Bekämpfung des Drogenhandels und der Guerillatätigkeit wurde seit Ende der 1980er-Jahre das Prozess- und Strafrecht mehrfach ergänzt und erweitert, so u. a. durch die Einführung von Strafverfolgern, die für die Öffentlichkeit anonym bleiben, sowie von Strafnachlässen für Informanten aus dem Drogenmilieu. - Oberstes Gericht ist der Oberste Gerichtshof in Bogotá, dessen 24 Richter aus dem Richterkollegium gewählt werden. Das Land ist in Justizdistrikte untergliedert, jeweils mit einem Obergericht; Untergerichte finden sich in den Provinzen und Gemeinden. Daneben existieren Militär- und Disziplinargerichte.
Die Gesamtstärke der Wehrpflichtarmee (Dienstzeit 12-24 Monate) beträgt rd. 140 000 Mann, die der paramilitärischen Kräfte (»Nationalpolizei«) etwa 65 000 Mann. Das Heer (114 000 Soldaten) ist im Wesentlichen in vier Infanteriedivisionen gegliedert; hinzu kommen selbstständige Verbände wie z. B. eine Brigade zur Guerillabekämpfung. Die Marine hat 18 000, die Luftwaffe 7 000 Mann. Die Ausrüstung umfasst etwa 50 leichte Panzer älteren Typs, rd. 50 vorwiegend leichte Kampfflugzeuge, fünf Fregatten, vier U-Boote sowie etwa 20 Kleine Kampfschiffe. - Etwa 8 % der Staatsausgaben werden für die Verteidigung verwendet. Zusätzlich erhält Kolumbien eine US-Militärhilfe von jährlich rd. 58 Mio. US-$ sowie Unterstützung bei der Bekämpfung des Drogenhandels.
Landesnatur und Bevölkerung:
Das »Rückgrat« der naturräumlichen Großgliederung bildet das Hochgebirgssystem der Anden, das sich im Nudo (Gebirgsknoten) de Pasto, knapp nördlich der Grenze zu Ecuador, in drei nach Norden verlaufende Kordillerenstränge auffächert: 1) Die Ostkordillere, v. a. aus gefalteten Kreideschichten aufgebaut, bis 5 493 m über dem Meeresspiegel (Nevado del Cocuy), mit vielen Hochbecken (u. a. Sabana de Bogotá), setzt sich nach Norden in der Cordillera de Perijá, zum Teil auf venezolanischem Gebiet, bis in die Península de Guajira fort. 2) Die Zentralkordillere, meist aus paläozoischen magmatischen und metamorphen Gesteinen bestehend, von jungen, zum Teil noch tätigen Vulkanen überragt, u. a. Nevado del Huila (5 500 m über dem Meeresspiegel), Nevado del Tolima (5 215 m über dem Meeresspiegel), Nevado del Ruiz (5 400 m über dem Meeresspiegel; letzter Ausbruch am 13. 11. 1985 mit der völligen Zerstörung u. a. der Stadt Armero; insgesamt über 23 000 Tote), taucht im Norden unter die Ablagerungen des Magdalena-Cauca-Mündungsbereichs unter. Ihre nördliche Fortsetzung ist der entlang einem Grabenbruch nach Norden verschobene, isoliert aus dem karibischen Küstentiefland bis auf 5 775 m über dem Meeresspiegel herausgehobene kristalline Horstblock der Sierra Nevada de Santa Marta. 3) Die Westkordillere, ein geschlossener Gebirgszug aus überwiegend metamorphen Gesteinen, 2 000-4 000 m über dem Meeresspiegel, nur im Süden mit dem Vulkan Cumbal 4 790 m über dem Meeresspiegel erreichend, löst sich im Norden in niedrigeres Hügelland auf. Als selbstständige Kette erstreckt sich im Nordwesten des pazifischen Küstentieflands die Küstenkordillere (Serranía de Baudó, bis 1 810 m über dem Meeresspiegel). Die Kordillerenzüge sind durch zum Teil tiefe Längstäler (Grabenbrüche) voneinander getrennt, in denen die Hauptströme (Río Magdalena, Río Cauca, Río Atrato) zum Karibischen Meer verlaufen. Die Flüsse zum Pazifik sind nur kurz, aber sehr wasserreich (z. B. Río Patía). Westlich der Anden erstreckt sich ein 30-100 km breiter Tieflandstreifen. Vor der Pazifikküste, besonders im Süden, liegt ein breiter Mangrovengürtel.
Den Osten und Südosten Kolumbiens nehmen v. a. aus tertiären und quartären Sedimenten aufgebaute Tiefländer ein (rd. 70 % der Landesfläche), mit Feuchtsavannen (Llanos) im Norden, tropischen Regenwald im S. Sie werden im Norden durch Nebenflüsse des Orinoco (Río Guaviare, Río Meta u. a.), im Süden durch Flüsse des Amazonassystems (u. a. Río Vaupés, Río Caquetá, Río Putumayo) entwässert.
Das Klima ist tropisch; wesentliche Temperaturunterschiede ergeben sich nur durch die Höhenstufung; in der Tierra caliente (bis 1 000 m über dem Meeresspiegel; rd. 83 % der Landesfläche; Tierra) betragen die Jahresmittel 23-30 ºC. Die Schneegrenze liegt bei 4 600-4 800 m über dem Meeresspiegel. Die Tierra templada zwischen 1 000 und 2 000 m über dem Meeresspiegel hat Temperaturen zwischen 17-25 ºC und ist das Hauptanbaugebiet für Kaffee. Der größte Teil der Bevölkerung lebt in der Tierra fría (bis 2 800 m über dem Meeresspiegel, 12-17 ºC). Das karibische Küstenland ist unter dem Einfluss des Nordostpassats im Winter trocken, die Península de Guajira im Nordosten semiarid; pazifische Küstenebene und Westabdachung der Westkordillere sind äußerst niederschlagsreich (6 000-8 000, zum Teil bis 10 000 mm im Jahr). Reiche Niederschläge fallen auch im amazonischen Tiefland (zum Teil bis 5 000 mm); die Längstäler von Río Magdalena und Río Cauca sowie die Hochbecken sind relativ trocken (500-1 500 mm).
Kolumbien hat überwiegend eine Mischlingsbevölkerung (über 50 % Mestizen, knapp 20 % Mulatten); rd. 20 % sind Weiße, 5 % Schwarze und weniger als 2 % Indianer (auf der Península de Guajira, in den östlichen Tiefländern, im pazifischen Küstentiefland und in der Westkordillere).
Die Bevölkerung (1918: 5,9 Mio., 1951: 11,6 Mio., 1985: 30,1 Mio.) wächst nicht mehr so rasch; Kolumbien hatte 1951-64 mit jährlich 3,2 % eine der höchsten Zuwachsraten auf der Erde; sie sank aber 1964-73 bereits auf 2,9 % ab und betrug 1973-85 2,3 %; für Mitte der 90er-Jahre wird die Wachstumsrate nur noch auf 1,8 % geschätzt (Geburtenrate 24‰, Sterberate 6‰). Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau ging von rd. 4 um 1980 auf heute 2,7 zurück. Rd. 1 Mio. Kolumbianer arbeiten (meist illegal) in Venezuela.
Die Bevölkerungsverteilung ist sehr ungleich; rd. 75 % der Einwohner leben im andinen Bereich, 23 % in und um Bogotá (Hauptstadtdistrikt und Departamento Cundinamarca). Relativ dicht besiedelt ist auch das karibische Tiefland, nur gering dagegen das feuchtheiße pazifische Küstengebiet. Im östlichen und südöstlichen Tiefland lebten auf (1993) 57,6 % der Fläche nur 4,4 % der Bevölkerung.
Die Verstädterung nimmt weiter rasch zu: 1938 lebten 13 %, 1973 46 %, 1985 55 %, und 1994 72 % der Bevölkerung in Städten mit über 20 000 Einwohnern, rd. 30 % allein in den vier Millionenstädten Bogotá, Cali, Medellín und Barranquilla. Da für die Zuwanderer in den Städten wie für die dort nachwachsende junge Bevölkerung nicht genügend Arbeitsplätze vorhanden sind, die Zahl der Unterbeschäftigten und der zum Teil nur temporär im informellen Sektor Tätigen hoch ist, wachsen die inner- und randstädtischen Elendsviertel, die oft über 50 % der Stadtbevölkerung beherbergen. Die Sozialstruktur Kolumbiens ist durch eine winzige Oberschicht, eine verhältnismäßig kleine Mittelschicht (freiberuflicher Akademiker, Teile der öffentlichen Angestellten, Arbeiter in modernen Industriebetrieben) und eine breite Unterschicht (u. a. Landarbeiter, Minifundistas, Beschäftigte im informellen Sektor) gekennzeichnet. Gemessen an der Säuglingssterblichkeit (37‰) und Lebenserwartung (69 Jahre) weist Kolumbien im lateinamerikanischen Durchschnitt einen mittleren Entwicklungsstand auf.
Die Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert. Sie hob die seit der Verfassung von 1886 bestehende privilegierte Stellung der katholischen Kirche als Staatskirche auf und stellt alle Religionsgemeinschaften rechtlich gleich. Traditionell nimmt jedoch die katholische Kirche als Glaubensgemeinschaft, der rd. 93,1 % der Bevölkerung angehören, nach wie vor eine besondere Stellung ein. Es bestehen 12 Erzbistümer mit 40 Suffraganbistümern. Die dünn besiedelten Gebiete im Osten und Südosten des Landes gelten noch als Missionsgebiete und werden durch Apostolische Vikare und Präfekten verwaltet. Über 3 % der Bevölkerung gehören verschiedenen protestantischen Kirchen und Gemeinschaften an (Adventisten, Baptisten, Lutheraner, Pfingstkirchen u. a.). Die anglikanische Diözese Bogotá ist Teil der Protestant Episcopal Church. Die Zeugen Jehovas und Mormonen haben je etwa 45 000 Mitglieder. Zahlenmäßig kleine nichtchristliche religiöse Minderheiten bilden die Juden, Muslime (Einwanderer von der Levante) und Bahai. Unter den Indianern haben sich die traditionellen Religionen und Glaubensvorstellungen erhalten.
Allgemeine Schulpflicht besteht vom 7. bis 11. Lebensjahr (erfasst werden rd. 90 % der Kinder); auf den Besuch der (unentgeltlichen) Primarschule baut die allgemein bildende sechsjährige Sekundarstufe auf; sie bietet nach vier Jahren einen mittleren Abschluss, mit dem der Übertritt in verschiedene berufliche Schulen möglich ist.Die Analphabetenquote beträgt 9,1 %. Auf Hochschulebene tragen 24 staatliche und 19 private Einrichtungen die Bezeichnung Universidad; die größten sind die Universidad Nacional de Colombia (v. a. in Bogotá) und die Universidad de Antioquia (in Medellín), in beiden Städten gibt es auch eine päpstliche Universität.
In der Hauptstadt erscheinen mit Auflagen von jeweils mehr als 250 000 Exemplaren die Tageszeitungen »El Espectador« mit dem Abendblatt »El Vespertino« und »El Tiempo«; verbreitet sind ferner »El Nuevo Siglo«, das Wirtschaftsblatt »La República« sowie das Abendblatt »El Espacio«. Weitere Tageszeitungen erscheinen in den Großstädten. - Nachrichtenagenturen: »Ciep-El País« (Bogotá) und »Colprensa« (Bogotá). - Rundfunk: Die staatliche Rundfunk-Verwaltung »Instituto Nacional de Radio y Televisión« (INRAVISION, gegründet 1954), eine Behörde des Kommunikationsministeriums, vergibt Betriebslizenzen an private Hörfunk- und Fernsehgesellschaften und verteilt die Sendezeit privater Anbieter in den drei von ihr betriebenen Fernsehprogrammen. INRAVISION verfügt über die Rundfunkanstalt »Radiodifusora Nacional« und die Rundfunkgruppe »Radio Cadena Nacional« mit 64 Rundfunkbetrieben, mit landesweiten und örtlichen Hörfunkprogrammen. Daneben arbeiten rd. 500 private Hörfunkbetriebe.
Wirtschaft und Verkehr:
Mit einem Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1994) 1 620 US-$ zählt Kolumbien innerhalb Lateinamerikas zu den Ländern mittleren ökonomischen Entwicklungsniveaus. Seit Beginn der Industrialisierung Mitte der 20er-Jahre hat sich die Wirtschaftsstruktur Kolumbiens erheblich verändert. Die Bedeutung der Landwirtschaft ist stetig gesunken, während Industrie und insbesondere der Dienstleistungssektor ihren Anteil sowohl am Bruttoinlandsprodukt (BIP) als auch an den Beschäftigten deutlich steigern konnten. Allerdings verlief der Industrialisierungsprozess nicht dynamisch genug, um den Arbeitsplatzverlust in der Landwirtschaft zu kompensieren, sodass heute etwa die Hälfte der Beschäftigten im Dienstleistungssektor tätig ist, der (1994) mit 52 % zum BIP beitrug. Im Gegensatz zu den meisten anderen lateinamerikanischen Staaten zeichnet sich Kolumbien durch ein kontinuierliches wirtschaftliches Wachstum ohne gravierende Einbrüche aus. Zwischen 1965 und 1980 nahm das BIP durchschnittlich um 5,8 % pro Jahr zu, zwischen 1980 und 1995 um 3,9 % (1995: 5,3 %). Auch Inflationsrate (1985-95: 24,7 % pro Jahr), Auslandsverschuldung (1995: 22,5 Mrd. US-$) und (offizielle) Arbeitslosenquote (1991-95: 7-9 %) sind moderat. Die Gründe für diese makroökonomischen Erfolge sind vielschichtig: Neben der günstigen Ausstattung Kolumbiens mit Rohstoffen hat die kontinuierlich verfolgte konservativ-liberale Wirtschaftspolitik mit der Fähigkeit zu vorsichtigen, schrittweisen Reformen (Erleichterung von Auslandsinvestitionen, Privatisierung, Förderung der Exportwirtschaft, Freigabe der Wechselkurse, Abbau von Handelshemmnissen, Freihandelsabkommen [seit 1994] mit Mexiko und Venezuela) daran einen wesentlichen Anteil; im Gegensatz zu fast allen anderen lateinamerikanischen Staaten hat es in Kolumbien nie abrupte Kurswechsel oder sozialistische Experimente gegeben. Über den Einfluss der in Kolumbien besonders verbreiteten Parallelwirtschaft gehen die Meinungen auseinander. Zur illegalen Wirtschaft zählt v. a. der Schmuggel von landwirtschaftlichen Erzeugnissen (z. B. Kaffee, Fleisch, Zucker) und Industriewaren (z. B. Textilien, Zement) nach Venezuela und Ecuador sowie die Produktion und der Handel mit Marihuana und Kokain (v. a. aus peruanischem und bolivianischem Rohmaterial). Allein im Drogenhandel der Kokainkartelle von Medellín und Cali werden nach Schätzungen jährlich 4-5 Mrd. US-$ Gewinn erzielt, von denen etwa die Hälfte ins Land zurückfließt und investiert wird. Man nimmt an, dass der Anteil des Drogenhandels in den 80er-Jahren zwischen 2 und 10 % des BIP schwankte. Den durch das Einschleusen von »Narkodollars« ausgelösten positiven wirtschaftlichen Effekten stehen gravierende negative gegenüber (Unsicherheit und Gewalt, Korruption, wenig Investitionen im produktiven Bereich).
Waren in den 50er-Jahren noch mehr als 50 % der Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig, so belief sich der Anteil Mitte der 80er-Jahre auf gut 30 % und 1992 nur noch auf 26 %. Der Beitrag der Landwirtschaft zum BIP sank von rd. 50 % in den 40er-Jahren und rd. 30 % in den 60er-Jahren auf (1994) 20 %. Die landwirtschaftliche Nutzfläche, die rd. (1992) 44 % der Landesfläche einnimmt, setzt sich zusammen aus 3,9 Mio. ha Ackerland, 1,5 Mio. ha Dauerkulturen, 40,6 Mio. ha Wiesen und Weiden. Kaffee, das wichtigste Marktprodukt, wird - überwiegend in 600-1 600 m über dem Meeresspiegel - von etwa 220 000 Betrieben angebaut, nur zum kleinen Teil von Großbetrieben. Rund 85 % der Kaffee-Ernte (1980: 724 000 t, 1994: 690 000 t) werden exportiert. Kolumbien erzeugt rd. 15 % der Weltproduktion und steht damit hinter Brasilien an 2. Stelle; zudem werden in Kolumbien die wertvollen milden Sorten erzeugt. Durch Diversifizierung des Anbaus versucht die Regierung seit Jahren, die Abhängigkeit vom Kaffee-Export zu mildern. Der wertmäßige Anteil des Kaffees am Gesamtexport fiel unter Schwankungen (abhängig von den Weltmarktpreisen) von (um 1950) 80-90 %, (1965) 64 %, (1985) 51 % auf (1994) 25 %.
Im Unterschied zum Kaffee kommen die übrigen Erzeugnisse für Inlandsmarkt und Export im Wesentlichen von Mittel- und Großbetrieben, während die Kleinbauern v. a. Subsistenzwirtschaft betreiben und auch die örtlichen Märkte beliefern, v. a. mit Weizen, Sorghumhirse, Reis und Kartoffeln. Exportiert werden Baumwolle, Zucker, Bananen, Tabak, Reis, auch Erdbeeren, Weintrauben, Spargel, seit 1974 Schnittblumen, außerdem Fleisch, Rinder, Häute und Leder. Die inländische Versorgung mit Nahrungsmitteln muss allerdings durch Importe ergänzt werden. Große Bedeutung hat der illegale Anbau der Drogenpflanze Hanf (für Marihuana) und des Kokastrauches.
Viehzucht (Rinder-, Schweine- und Schafhaltung) wird v. a. im Osten und Norden betrieben mit einen Anteil von rd. 30 % am Wert der gesamten Agrarproduktion.
Seit Jahren wird in Kolumbien eine Landreform gefordert, da 68 % des Ackerlandes auf 4 % der Betriebe entfallen, während sich 4 % der Fläche 60 % der Betriebe teilen. Die Hälfte der Landbevölkerung besitzt überhaupt kein Land. Das Agrarreformgesetz von 1961, durch das Großbetriebe zum Teil verkleinert, Kleinbetriebe aufgestockt und Pachtbetriebe allmählich in Eigentum überführt werden sollten, gilt trotz der Ankündigung von Präsidenten Samper Pizano, innerhalb von 16 Jahren 4,5 Mio. ha Land aufzukaufen und an landlose Bauern zu vergeben, als gescheitert. Die Diskrepanz zwischen den mit traditionellen Methoden wirtschaftenden kleinen (Subsistenz-) Betrieben und den marktorientierten, technisierten Mittel- und Großbetrieben nimmt ständig zu.
Die Forstwirtschaft spielt eine nur geringe Rolle, obwohl (1992) rd. 47 % des Landes bewaldet sind (48,9 Mio. ha). Gewonnen werden auch Wildkautschuk, Harze, Gerbstoffe und Balsame.
Die Fischerei ist trotz des Fischreichtums der Binnengewässer, besonders des Río Magdalena, sowie der pazifischen und karibischen Küstengewässer nur wenig entwickelt (Fangmenge 1990: 101 119 t Fisch, davon 37 % Süßwasserfisch).
Kolumbien verfügt über eine Vielzahl von Bodenschätzen, die bisher aber nur zum Teil genutzt werden. Mit geschätzten Reserven von 18 Mrd. t besitzt Kolumbien die größten Steinkohlevorkommen Lateinamerikas. Die Fördermenge betrug (1993) 21,0 Mio. t, davon entfielen rd. 40 % auf die seit 1982 erschlossenen Vorkommen auf der Halbinsel La Guajira (Cerrejón-Projekt einschließlich Tiefwasserhafen). Kohle wird überwiegend exportiert, v. a. nach Europa. Aufgrund neu entdeckter Vorkommen (Felder Cusiana und Cupiagua östlich von Bogotá) konnte die Erdölförderung in den vergangenen Jahren erheblich gesteigert werden (1994: 22,7 Mio. t). Die bedeutendsten Erdgaslagerstätten liegen im Departamento La Guajira. Mit dem Bau von Erdgasleitungen, die die großen Städte mit den wichtigsten Feldern verbinden, wurde begonnen. Weiterhin wichtig sind die Vorkommen an Edelmetallen (Gold, Silber, Platin), Kalkstein und die Salzgewinnung (Steinsalz und Meersalz). Kolumbien liefert 90 % aller Smaragde der Erde (v. a. in Muzo gewonnen). Abgebaut werden außerdem Eisen- und Nickelerze, auch Kupfer-, Blei- und Quecksilbererz.
Kolumbien ist Selbstversorger mit Kohle, Erdöl und Erdgas und besitzt ein noch weitgehend ungenutztes Potenzial an Wasserkraft. Die Elektrizitätserzeugung konnte von (1980) 19,4 Mio. kWh auf (1991) 35,3 Mio. kWh gesteigert werden, davon entfallen rd. 80 % auf Wasserkraftwerke. Es bestehen weit reichende Ausbaupläne, v. a. unter Nutzung der Kohle- und Erdgasvorkommen; der Anteil der Wasserkraft soll auf rd. 70 % reduziert werden.
Die Industrie (Anteil am BIP 1994: 28 %) ist v. a. seit den 1930er-Jahren zur Deckung des Inlandsbedarfs an Konsumgütern entstanden (Unternehmer und Kapital einheimisch). Seit Mitte der 1950er-Jahre drang ausländisches, v. a. US-amerikanisches Kapital ein, konzentriert auf bestimmte Branchen (Papier-, Gummi-, chemische, petrochemische, elektrotechnische Industrie). Da die neuen Betriebe einen hohen Technisierungsgrad aufweisen, leisten sie nur einen bescheidenen Beitrag zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. Die Mehrzahl der rd. 7 000 Industriebetriebe ist recht klein: 1988 hatten 84 % weniger als 100 und nur 2,5 % über 500 Beschäftigte; in den Großbetrieben arbeiten allerdings 30 % aller Industriebeschäftigten. Rd. 75 % der Industriebetriebe befinden sich in Bogotá, Medellín, Cali und Barranquilla. Die wichtigsten Industriezweige sind die Textil-, Bekleidungs-, Schuh- sowie Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie mit (1990) zusammen knapp 50 % der Industriebeschäftigten. Daneben sind die chemische, die Metall- und Papierindustrie von Bedeutung.
Die Hauptanziehungspunkte sind die karibische Küste einschließlich der Isla de San Andrés im Karibischen Meer, die präkolumbischen Stätten im Hochland (v. a. San Augustín), das aus dem 16. Jahrhundert stammende, von einer Stadtmauer umgebene Cartagena sowie die Hauptstadt Bogotá. Die Zahl ausländischer Besucher ist von (1970) 162 000 auf (1980) 1,23 Mio. stark angestiegen, aufgrund der Rezession in den meisten südamerikanischen Staaten und zunehmender Unsicherheit im Land bis 1990 wieder auf 813 000 gefallen. Die meisten Besucher kommen aus den Nachbarstaaten Venezuela und Ecuador (rd. 60 %) sowie den USA.
Nach Jahren des Außenhandelsüberschusses (1986-92) ist die Bilanz seitdem trotz Diversifizierung und Steigerung der Exporte negativ (1995: Einfuhrwert 13,0 Mrd. US-$, Ausfuhrwert 10,7 Mrd. US-$). Neben Kaffee (25 %) sind (1994) Rohöl und Erdölerzeugnisse (14 %), Kohle, Gold, Bananen und Schnittblumen die wichtigsten legalen Exportgüter. Die USA (mit rd. 35 % des Außenhandelsvolumens), Venezuela und Deutschland sind die Haupthandelspartner. Wichtig für die Devisenbilanz sind die Geldüberweisungen der in Venezuela tätigen Kolumbianer.
Verkehr:
Da die drei Gebirgsketten der Anden den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes erschweren, kommt dem Luftverkehr v. a. für die Personenbeförderung (1991: rd. 5,6 Mio. Fluggäste im Inlands- und 1,3 Mio. im Auslandsverkehr) eine große Bedeutung zu. Die Eisenbahn (Streckenlänge 1991: 3 400 km) befindet sich seit 1962 in Staatsbesitz. Aufgrund des schlechten Zustandes von Gleisanlagen und rollendem Material wird die Transportkapazität nur unzureichend genutzt, und die Beförderungsleistung ist stark rückläufig, sodass der Transport von Gütern und Personen weitgehend über das ausbaubedürftige Straßennetz abgewickelt wird. Die wichtigsten Straßen (Straßennetz rd. 130 000 km) verlaufen durch das Tal des Río Cauca und des Río Magdalena. Größere Schwierigkeiten bot die Anlage der Querverbindungen über die Kordilleren. Der Bau der Carretera Panamericana (Panamerican Highway), die von der Grenze zu Panama nach Quito (Ecuador) führt, ist noch nicht abgeschlossen. Gut ausgebaute Straßen verbinden Cali mit dem Haupthafen Buenaventura und Bogotá mit der bedeutenden Industriestadt Medellín. Über den Pazifikhafen Buenaventura laufen rd. 50 % der Ein- und Ausfuhren. Er wird ebenso wie die wichtigen Karibikhäfen Santa Marta, Barranquilla und Cartagena ausgebaut. Wachsende Bedeutung hat der 1986 fertig gestellte Hafen Puerto Bolívar auf der Halbinsel La Guajira (Kohlenexporte). Binnenschifffahrt wird auf dem Río Magdalena von Puerto Barrio bis Barranquilla (1 500 km) betrieben. Schifffahrtsmöglichkeiten bestehen auch im Orinoco- (2 560 km) und Amazonassystem (3 560 km).
Die 1919 gegründete nationale Fluggesellschaft AVIANCA (Aerovías Nacionales de Colombia) ist die zweitälteste der Erde. Auslandsdienste versieht außerdem die SAM (Sociedad Aeronáutica de Medellín Consolidada). Internationale Flughäfen besitzen u. a. Bogotá, Medellín, Cali, Barranquilla, Cartagena und die Isla de San Andrés.
Die Nordküste Kolumbiens wurde 1499 durch A. de Hojeda und A. Vespucci entdeckt. 1536-39 unterwarf G. Jiménez de Quesada die kleinen, hoch entwickelten Staaten der Muisca im Hochland von Bogotá. Quesada nannte das Land nach seiner Heimat Nueva Granada (Neugranada). Es wurde 1547 zum Generalkapitanat und 1739 zum Vizekönigreich erhoben, dem auch Quito (Ecuador) und zeitweise Venezuela angegliedert waren. Bogotá bildete eines der kulturellen Zentren des kolonialen Amerika. Wichtigstes Exportprodukt der Kolonialzeit war Gold.
Die Erhebung der »Comuneros« (Aufstand der Bevölkerung Neugranadas, hervorgerufen durch neue Finanz- und Steuermaßnahmen der spanischen Krone, 1780/81) und die Besetzung Spaniens durch napoleonischen Truppen beschleunigten das Unabhängigkeitsstreben Kolumbiens. Nach Bildung einer revolutionären Junta brach 1810 in Bogotá der Unabhängigkeitskampf aus. Die spanische Herrschaft wurde durch General P. Morillo 1816 wiederhergestellt, bis S. Bolívars Sieg in Boyacá (7. 8. 1819 die Kolonialmacht endgültig bezwang. Bolívar proklamierte am 17. 12. 1819 die Vereinigung Neugranadas und Venezuelas zur Republik Großkolumbien (1821 Verabschiedung einer zentralstaatlichen Verfassung), an deren Spitze er als Präsident mit diktatorischer Gewalt stand. Vergeblich versuchte er, Großkolumbien, dem sich im November 1821 Panama und im Mai 1822 Ecuador angeschlossen hatten, durch die Angliederung Perus und Boliviens zu einem südamerikanischen Bundesstaat zu erweitern. Partikularistisch motivierte Opposition gegen Bolívars Politik und außenpolitischen Verstrickungen (Krieg gegen Peru 1828/29) führten 1829/30 zum Zerfall Großkolumbiens in Kolumbien (unter dem Namen Neugranada), Ecuador und Venezuela.
Unter der Präsidentschaft von General F. Santander (1833-37) gelang es, die weitere Zersplitterung des Staates zu verhindern. Nach seinem Tod begann eine längere Phase der Instabilität. Liberale und Konservative - seit 1815 beziehungsweise 1849 in Parteien organisiert - standen sich bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts immer wieder in politischen Machtkämpfen und blutigen Bürgerkriegen gegenüber. Beide Lager trennte die Frage des Staatsaufbaus (Föderalismus oder zentralistischer Einheitsstaat) sowie die Frage nach der Stellung der Kirche. Während die Konservativen den Einfluss der Kirche erhalten wollten, verfochten die Liberalen einen laizistischen Staat. Mitbestimmend für den Streit der Parteigänger war v. a. der kulturelle und wirtschaftliche Gegensatz zwischen der altspanischen Kreolenaristokratie (mit Latifundien) auf dem Hochland im Innern und der Mischlingsbevölkerung, die eine exportorientierte Wirtschaft betrieb, in den Tiefländern und Küstenstädten. Nach den konservativen Generälen P. A. Herrán (1841-45) und T. C. de Mosquera (1845-49) gelangten die Liberalen an die Regierung. Auch dieser Machtwechsel war von Bandenkämpfen begleitet. Die Verfassung vom 15. 6. 1858 verwandelte die bisherige Republik Neugranada in die Granadinische Konföderation, einen losen Bund von neun Staaten. Am 20. 9. 1861 erhielt dieser Bund den Namen Vereinigte Staaten von Kolumbien. Die liberale Verfassung vom 8. 5. 1863 beschränkte die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Jahre; die Einzelstaaten erlangten weitgehende Selbstständigkeit; die Einziehung der Kirchengüter wurde verfügt. Nach langen Bürgerkriegen übernahmen 1876 die Konservativen die Macht. Die Verfassung vom 6. 8. 1886 stellte den Einheitsstaat wieder her und verlängerte die Amtszeit des Präsidenten auf sechs Jahre. Unter den konservativen Regierungen modernisierte Kolumbien seine Wirtschaft: Es exportiert seit 1850 Tabak, seit etwa 1900 Kaffee, Bananen und Erdöl (seit 1905). Das Eisenbahnnetz wurde ausgebaut. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs hielten die innenpolitischen Spannungen an: 1899-1901 kam es zum Bürgerkrieg (»Krieg der 1 000 Tage«). Durch diplomatischen Druck erreichten die USA 1903 die Loslösung der Provinz Panama von Kolumbien.
Die Weltwirtschaftskrise verhalf den Liberalen 1930 zur Rückkehr an die Regierung. Der v. a. von dem neu entstandenen städtischen Mittelstand, der Arbeiterschaft und den Bauern erhobenen Forderung nach Sozialreformen kam der liberale Präsident A. López Pumarejo (1934-38, 1942-45) u. a. durch eine Verfassungsreform und eine Landreform mit teilweiser Enteignung des Großgrundbesitzes entgegen. Die Spaltung der Liberalen hatte 1946 die Wahl des konservativen Präsidenten M. Ospina Pérez zur Folge. Die Zuspitzung der sozialen Konflikte führte zur Ermordung des populären linksliberalen Politikers J. E. Gaitán (9. 4. 1948 und löste damit blutige Unruhen (»Bogotazo«) aus. Der Bürgerkrieg (»La Violencia«) zwischen den Anhängern der Liberalen und der Konservativen forderte zwischen 1948 und 1958 über 200 000 Menschenleben. 1953 wurde der konservative Präsident L. Gómez Castro (1949-53), der ein totalitäres Regierungssystem anstrebte, von General G. Rojas Pinilla (1953 zum Präsidenten gewählt) gestürzt. 1957 einigten sich Liberale und Konservative auf die Bildung einer Nationalen Front (»Frente de Transformación Nacional«) und vereinbarten, bis 1974 abwechselnd den Präsidentschaftskandidaten zu stellen und die Regierung paritätisch zu besetzen; die Amtszeit des Präsidenten wurde auf vier Jahre festgelegt. 1974 folgten zwei aus freien Wahlen hervorgegangene liberale Präsident, A. López Michelsen (1974-78) und J. C. Turbay Ayala (1978-82); die Ämter der Exekutive blieben weiterhin paritätisch besetzt. Das öffentliche Klima war bestimmt von Gewalt der Guerilla und der Militärs.
Unter dem Konservativen B. Betancur Cuartas (1982-86), der um einen Dialog mit der Guerilla bemüht war, entspannte sich die Lage vorübergehend, bis nach der Besetzung des Obersten Gerichtshofs durch die Stadtguerilla »Movimiento 19 de Abril« (M-19) im November 1985 die Kämpfe zwischen Guerilla und rechtsgerichteten Todesschwadronen (zu denen auch Militärs gehören) wieder eskalierten. Zu den Opfern der rechtsextremistischen Gruppen zählen v. a. linke Oppositionelle, Kleinbauern und Indios, die sich gegen die Großgrundbesitzer zur Wehr setzen.
Zur Instabilität des Staates trägt seit Jahrzehnten die von hier aus operierende Drogenmafia bei. Kokainanbau und -schmuggel (v. a. in die USA) sind wichtige Wirtschaftsfaktoren, deren korrupte Strukturen in den Staatsapparat hineinreichen. Präsident V. Barco (PL; 1986-90) versuchte, diesen Einfluss zurückzudrängen, indem er den Ausnahmezustand verhängte, amerikanische Militärhilfe annahm und mit der Auslieferung der Mitglieder des Drogenkartells an die USA drohte. Als Nachfolger Barcos wurde 1990 C. Gaviría Trujillo (PL) gewählt, gleichzeitig bestimmte die Bevölkerung die Zusammensetzung einer verfassunggebenden Versammlung, die eine neue Verfassung erarbeitete, welche am 5. 7. 1991 in Kraft trat. In vorgezogenen Neuwahlen (Oktober 1991) behauptete sich der PL mit absoluter Mehrheit in beiden Kammern. An den Wahlen nahm auch die neu gegründete Alianza Democrática Movimiento 19 de Abril (ADM-19) teil, die aus der Guerillaorganisation M-19 hervorgegangen ist. In der neuen Verfassung ist festgeschrieben, dass kolumbianische Staatsbürger nicht an andere Staaten ausgeliefert werden dürfen. Nach Erfüllung dieser Bedingung des Drogenkartells wurden einige der Führer festgenommen, ohne dass die Organisationen zunächst an Macht einbüßten. Ihre Anschläge und die der Guerilla setzten sich auch in der Amtszeit Gavirías fort. Friedensgespräche mit den marxistisch-maoistischen Gruppen FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) und ELN (Ejército de Liberación Nacional) wurden immer wieder abgebrochen. Die Wahlen 1994 gewann wiederum der PL mit der Mehrheit im Parlament und dem Sieg seines Kandidaten E. Samper Pizano. Sein Programm - Kampf gegen die im öffentlichen Leben allgegenwärtige Gewalt - wurde blockiert, als Mitte 1995 bekannt wurde, dass er seinen Wahlkampf auch aus Gewinnen des Drogengeschäfts finanziert habe. Obwohl sich das Parlament im Juni 1996 gegen eine Anklageerhebung aussprach und Samper zum Teil spektakuläre Erfolge gegen die Rauschgiftkartelle gelangen, belastete der Korruptionsvorwurf das politische Klima bis zum Ende seiner Amtszeit. Die Wahlen 1998 gewann A. Pastrana Arango für die konservative Partei PSC. Er verstärkte die Bemühungen um die Befriedung des Landes, doch dauern die Auseinandersetzungen zwischen Armee, paramilitärischen Organisationen und Guerilla, die Geiselnahmen und Entführungen fort. Die FARC als größte Guerilla-Organisation mit etwa 16 000 Kämpfern kontrolliert eine Zone von 42 000 km2, nachdem der Präsident Ende 1998 die Regierungstruppen aus dem Gebiet zurückgezogen hatte, um Verhandlungen zu ermöglichen. Nach dem von der Regierung Anfang 2000 entworfenen und von den USA finanziell unterstützten »Plan Colombia« werden die kolumbianischen Streitkräfte aufgerüstet, damit sie den Koka-Anbau (durch den die Guerilla zum Teil finanziert wird) intensiv bekämpfen können, gleichzeitig sollen u. a. Justizsystem und Infrastruktur verbessert werden. Der »Plan Colombia« stößt v. a. auf die Kritik der Nachbarstaaten, die eine Ausweitung der Kämpfe über die Grenzen befürchten. Am 21. 1. 2002 einigten sich schließlich Regierung und FARC auf ein Waffenstillstandsabkommen, das ursprünglich bis zum 7. 4. 2002 unterzeichnet werden sollte. Nach zahlreichen Attentaten und Anschlägen der FARC und schließlich der Entführung eines Passagierflugzeuges durch mutmaßliche FARC-Rebellen erklärte jedoch Präsident Pastrana Arango am 20. 2. 2002 den Friedensprozess für gescheitert. Zugleich wurde die im Süden des Landes den FARC überlassene neutrale Zone von Regierungstruppen militärisch besetzt. Da Pastrana Arango nicht mehr kandidieren konnte, wurde im Mai 2002 Alvaro Uribe Vélez (PL), der jedoch als unabhängiger Kandidat antrat, zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Unter internationaler Vermittlung (auch durch die UN) will er den seit Jahrzehnten andauernden Bürgerkrieg versuchen zu beenden, der bislang schätzungsweise 200 000 Menschenleben forderte.
J. M. Restrepo: Historia de la Nueva Granada, 2 Bde. (Neuausg. Bogotá 1952-63);
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Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
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Ko|lụm|bi|en; -s: Staat in Südamerika.
Universal-Lexikon. 2012.