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Schnabel
Schna|bel ['ʃna:bl̩], der; -s, Schnäbel ['ʃnɛ:bl̩]:
a) (aus Ober- und Unterkiefer) gebildeter vorspringender, spitzer, von einer Hornschicht überzogener Fortsatz am Kopf des Vogels, mit dem er die Nahrung aufnimmt:
ein langer, kurzer, krummer, kräftiger, gelber Schnabel; die jungen Vögel sperrten die Schnäbel auf; der Vogel pickte, hackte mit dem Schnabel ein Loch in die Rinde.
Zus.: Entenschnabel, Geierschnabel.
b) (ugs.) Mund:
mach, sperr mal deinen Schnabel auf!; halt den Schnabel! (sei still!).
Syn.: Klappe (salopp), Lippen <Plural>, Maul (derb), Schnauze.

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Schna|bel 〈m. 5u
1. 〈Zool.〉
1.1 der verlängerte u. mit einer Hornscheide überzogene Kiefer der Vögel
1.2 Stechrüssel der Schnabelkerfe
2. 〈fig.〉
2.1 schnabelartiger Vorsprung, Spitze, Ausguss an Kannen
2.2 〈Mus.〉 Mundstück an der Klarinette u. Schnabelflöte
2.3 〈umg.〉 Mund
aufmachen: mach doch den \Schnabel auf! 〈umg.〉 sprich doch endlich!, sprich deutlich!; den \Schnabel ganz weit aufreißen, aufsperren; halt den \Schnabel! 〈umg.〉 schweig!; (bei) ihr steht der \Schnabel nicht eine Minute still 〈umg.〉 sie spricht unaufhörlich; man sollte ihm den \Schnabel stopfen 〈umg.〉 dafür sorgen, dass er aufhört zu reden; der Vogel wetzt seinen \Schnabel; sie wetzt ihren \Schnabel gern an anderen Leuten 〈fig.; umg.〉 sie spricht boshaft über andere ● ein breiter, dicker, dünner, gekrümmter, kurzer, langer, spitzer \Schnabel ● der Vogel trug einen Wurm im \Schnabel; mit dem \Schnabel hacken, picken; sie spricht, wie ihr der \Schnabel gewachsen ist natürlich, ohne Scheu [<ahd. snabul; wohl zu schnappen]

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Schna|bel , der; -s, Schnäbel [mhd. snabel, ahd. snabul, wohl verw. mit schnappen]:
1. (bei verschiedenen Wirbeltieren, bes. den Vögeln) vorspringender, oft spitz auslaufender, von einer Hornschicht überzogener Fortsatz vorn am Kopf:
ein langer, kurzer, spitzer, krummer, breiter, kräftiger, gelber S.;
den S. aufsperren, wetzen;
der Storch klappert mit dem S.
2. (ugs.) 1Mund (1 a):
mach, sperr mal deinen S. auf!;
reden, sprechen, wie einem der S. gewachsen ist (ugs.; unbekümmert, frei heraus u. ohne Ziererei sprechen);
den S. halten (ugs.; 1Mund 1 a);
den S. [nicht] aufmachen/auftun (ugs.; 1Mund 1 a);
sich <Dativ> den S. verbrennen (ugs.; 1Mund 1 a);
jmdm. [mit etw.] den S. stopfen (ugs.; 1Mund 1 a);
seinen S. an jmdm. wetzen (ugs.; boshaft, abfällig über jmdn. reden; über jmdn. lästern).
3. kleine Röhre zum Ausgießen an einer Kanne, einem Krug.
4. (bei antiken u. mittelalterlichen Schiffen) verlängerter, spitz zulaufender Bug.
5. (Musik) schnabelförmiges Mundstück bei bestimmten Blasinstrumenten.

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I
Schnabel,
 
1) Musik: Mundstück von Klarinette, Saxophon und Blockflöte (Schnabelflöte).
 
 2) Zoologie: Rọstrum, Bezeichnung für mit Hornscheiden versehene Kiefer, v. a. bei Vögeln, aber auch bei Schildkröten, manchen Sauriern u. a. Die Schnabelbildung geht meistens, bei heutigen Vögeln immer mit vollständiger Rückbildung des Gebisses einher. Die Konstruktion des Vogelschnabels kann sehr vielfältig abgewandelt sein und dient den verschiedensten Aufgaben, bei Papageien als Kletterhaken sogar der Fortbewegung. Die meisten Sonderbildungen hängen mit verschiedenen Techniken der Nahrungsaufnahme zusammen, z. B. dichte Reihen von Hornlamellen als Seihapparat bei Enten und Flamingos, Tastkörperchen in den Schnabelspitzen der Schnepfen oder dünne, sondenförmige Schnäbel bei den Blüten besuchenden Kolibris. Durch besondere Färbungen und Bildungen können Schnäbel auch als Auslöser der innerartlichen Kommunikation dienen; dabei bleiben auch voluminöse Auftreibungen (etwa bei Tukanen und Nashornvögeln) durch die umfangreiche Luftfüllung des Knochens sehr leicht.
 
Vögel können grundsätzlich Unter- und Oberkiefer bewegen. Voraussetzungen für die Beweglichkeit des Oberkiefers sind die beweglichen Aufhängung des Quadratbeins am Hirnschädel und Biegezonen im Oberschnabel selbst. Als prokinetisch bezeichnet man einen Oberschnabel, der nur als Ganzes bewegt werden kann, die Drehachse liegt zwischen dem Schnabel und der Stirn (z. B. Papageien, Gänse, Singvögel), als hynchokinetisch einen Oberschnabel, der in sich biegsam ist, wobei die Biegezonen sehr verschieden angeordnet sein können; die Waldschnepfe z. B. vermag bei Bedarf nur die Schnabelspitze zu öffnen; hynchokinetische Schnäbel treten v. a. bei Regenpfeifervögeln und manchen Kranichvögeln auf.
 
An der Hornscheide (Rhamphotheca) des Oberschnabels, der die beiden Nasenlöcher trägt, unterscheidet man den mitunter von den Oberschnabelseiten (Paratona) durch je eine Furche abgesetzten Schnabelrücken (Culmen), den gekrümmten Vorderteil (Schnabelkuppel, Dertrum) und die oft (z. B. bei Greifvögeln) scharfe und jederseits mit einem oder zwei zahnartigen Vorsprüngen versehene oder auch (besonders bei Sägern) gezähnte Schnabelkante (Tomium). Am Oberschnabel schlüpfreifer Tiere kann noch eine Eischwiele ausgebildet sein. An der Hornscheide des Unterschnabels werden die Spitze als Dille (Myxa) und die Schnabelkante als Dillenkante (Gonys) bezeichnet. Bei vielen Vögeln (z. B. Papageien, Greifvögel, Tauben) ist v. a. die Oberschnabelwurzel von einer Wachshaut bedeckt. Die Substanz der Hornscheiden, die sich aus mehreren eng aneinander liegenden Platten zusammensetzen, wächst ständig nach, sodass die abgenutzten Stellen laufend ersetzt werden. Ein völliges (jährliches) Abwerfen der Hornscheiden kommt bei den Raufußhühnern vor. Gelegentlich (z. B. bei Papageientauchern) werden zur Paarungszeit auf dem Schnabel zusätzliche bunte Hornplatten ausgebildet, die in einer anschließenden Mauser wieder abgeworfen werden.
 
II
Schnabel,
 
1) Artur, österreichischer Pianist und Komponist, * Lipnik (Woiwodschaft Opole) 17. 4. 1882, ✝ Morschach (Kanton Schwyz) 15. 8. 1951; studierte u. a. bei T. Leschetizky und war 1925-33 Professor an der Berliner Musikhochschule; 1939 emigrierte er in die USA. Er wurde v. a. als Beethoven-, aber auch als Mozart-, Schubert- und Brahms-Interpret bekannt. Schnabel komponierte Orchester-, Kammermusik und Lieder und schrieb »Reflections on music« (1933) sowie »My life and music« (herausgegeben 1961).
 
 
 2) Ernst, Schriftsteller, * Zittau 26. 9. 1913, ✝ Berlin 25. 1. 1986; war 1931-45 bei der Handels- und Kriegsmarine; 1946-49 Chefdramaturg, 1951-55 Intendant des Nordwestdeutschen Rundfunks in Hamburg und Hannover, 1962-68 Redakteur bei Hörfunk und Fernsehen, danach freier Schriftsteller. Schnabel begann mit Romanen und Erzählungen aus dem Seemannsleben. In seinen späteren Werken suchte er traditionelle literarische Elemente mit modernen dichterischen Mitteln zu verbinden. Für den Funk fand er neue Ausdrucksmöglichkeiten, dem Feature gab er dichterischen Rang (»Anne Frank. Spur eines Kindes«, 1958). Bekannt wurde er v. a. durch die Neugestaltung antiker Stoffe, u. a. »Der sechste Gesang« (1956), in dem das aktuelle Heimkehrerthema am Beispiel des Odysseus dargestellt wird; auch Drehbuchautor, Librettist und Übersetzer amerikanischer Literatur (E. Hemingway).
 
 3) Franz, Historiker, * Mannheim 18. 12. 1887, ✝ München 25. 2. 1966; ab 1922 Professor in Karlsruhe (1936 aus politischen Gründen entlassen), 1947-62 in München; 1951-59 Präsident der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. In seiner wegweisenden Darstellung der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts bezog Schnabel unter besonderer Berücksichtigung der europäischen Perspektive über die engere politische Geschichte hinaus auch die Entwicklung von Naturwissenschaft und Technik und die Religionsgeschichte mit ein.
 
Werke: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert, 4 Bände (1929-37); Deutschlands geschichtlichen Quellen und Darstellung in der Neuzeit (1931).
 
Literatur:
 
F. H. Schubert: F. S. u. die Geschichtswiss. des 20. Jh., in: Histor. Ztschr., Bd. 205 (1967);
 K.-E. Lönne: F. S., in: Dt. Historiker, hg. v. H.-U. Wehler, Bd. 9 (1982);
 
F. S. - Zu Leben u. Werk. 1887-1966, hg. v. der Histor. Kommission bei der Bayer. Akad. der Wiss.en (1988).
 
 4) Johann Gottfried, Pseudonyme Gisạnder, Gysạnder, E. von H., Schriftsteller, * Sandersdorf (bei Bitterfeld) 7. 11. 1692, ✝ nach 1750; Feldscher unter Prinz Eugen im Spanischen Erbfolgekrieg; Reisebegleiter des Reichsgrafen zu Stolberg-Stolberg, an dessen Hof Chirurg und Beamter, 1731-41 auch Herausgeber der Zeitung »Stolbergische Sammlung neuer und merkwürdiger Weltgeschichte«; 1745 verließ er Stolberg; sein Roman »Der aus dem Monde gefallene. .. Prinz« erschien 1750, über sein weiteres Leben ist nichts bekannt. Schnabel ist Verfasser des viel gelesenen, zwischen Barock und Aufklärung stehenden Romans »Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. ..« (4 Bände, 1731-43, 1828 herausgegeben von L. Tieck unter dem Titel »Die Insel Felsenburg«, 6 Bände), dessen äußere Handlung im Dreißigjährigen Krieg angesiedelt ist; Motive des galanten und pikaresken Romans sowie der Robinsonade sind zu einer Staats- und Sozialutopie in pietistischem Geist verbunden.
 
 5) Julian, amerikanischer Maler, * New York 26. 10. 1951; gehört zu den erfolgreichsten Vertretern des New image painting (Neue Wilde). Er verarbeitet unterschiedlichste Einflüsse, Motive und Materialien zu großformatigen, collageähnlichen Gemälden; auch Skulpturen, Aquarelle und Zeichnungen; Regisseur des Films »Basquiat« ʏ1996).
 
 
J. S., hg. v. D. Eccher, Ausst.-Kat. Galleria d'Arte Moderna, Bologna (Turin 1996).
 
 6) Tilemann, Reformator, * Alsfeld um 1475, ✝ ebenda 27. 9. 1559; Studien- und Ordensgenosse M. Luthers; 1521 Austritt aus dem Augustinerorden, danach Prediger in Alsfeld, 1523 in Leisnig. Seit 1526 abermals in Alsfeld, trug er als Superintendent (1530-41) maßgeblich zur Reformation in Hessen bei.
 
 
F. Herrmann: D. T. S., der Reformator der Stadt Alsfeld (1905).

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Schna|bel, der; -s, Schnäbel [mhd. snabel, ahd. snabul, wohl verw. mit ↑schnappen]: 1. (bei verschiedenen Wirbeltieren, bes. den Vögeln) aus Ober- u. Unterkiefer gebildeter, vorspringender, oft spitz auslaufender, von einer Hornschicht überzogener Fortsatz vorn am Kopf: ein langer, kurzer, spitzer, krummer, gekrümmter, breiter, dicker, starker, kräftiger, gelber S.; den S. aufreißen, aufsperren, wetzen; dass eine Hochbrutente einem mit einem Küken im S. abfliegenden Kolkraben nachflog (Lorenz, Verhalten I, 200); der Vogel pickte, hackte mit dem S. ein Loch in die Rinde; der Storch klappert mit dem S. 2. (ugs.) 1Mund (1 a): mach, sperr mal deinen S. auf!; Seine Schwester Klara wurde achtzig Jahre alt ... Einen S. voll Nahrung am Tag und kalte Bäder, das war ihre ganze Lebenskunst (Fels, Kanakenfauna 50); *reden, sprechen, wie einem der S. gewachsen ist (ugs.; unbekümmert, frei heraus u. ohne Ziererei sprechen); den S. halten (ugs.; 1Mund 1 a); den S. [nicht] aufmachen/auftun (ugs.; 1Mund 1 a); sich <Dativ> den S. verbrennen (ugs.; 1Mund 1 a); jmdm. [mit etw.] den S. stopfen (ugs.; 1Mund 1 a); seinen S. an jmdm. wetzen (ugs.; boshaft, abfällig über jmdn. reden; über jmdn. lästern): sie braucht immer jemanden, an dem sie ihren S. wetzen kann. 3. nach außen verlängerte Ausbuchtung, kleine Röhre zum Ausgießen an einer Kanne, einem Krug: an der Kanne ist der S. abgebrochen. 4. (bei antiken u. mittelalterlichen Schiffen) verlängerter, spitz zulaufender Bug. 5. (Musik) schnabelförmiges Mundstück bei bestimmten Blasinstrumenten.

Universal-Lexikon. 2012.