Penne (umgangssprachlich); Bildung; Ausbildung; Erziehung; Zucht; Belehrung; Anleitung; Unterricht; Lektion; Unterrichtung; Bildungsstätte; Bildungsinstitution; Bildungseinrichtung; Bildungsanstalt; Lehranstalt; Schulhaus; Schulgebäude; Delphinschule; Lager; Strömung
* * *
Schu|le ['ʃu:lə], die; -, -n:1. öffentliche oder private Einrichtung, in der Kindern und Jugendlichen durch planmäßigen Unterricht Wissen, Bildung vermittelt wird:
eine öffentliche, private, konfessionelle, weiterführende Schule; die Schule besuchen, wechseln; in die Schule/zur Schule gehen; aus der Schule kommen, entlassen werden; eine Schule für Lernbehinderte.
Zus.: Abendschule, Berufsschule, Gesamtschule, Grundschule, Handelsschule, Hauptschule, Hochschule, Musikschule, Privatschule, Realschule, Sportschule.
2. <ohne Plural> in der Schule (1) erteilter Unterricht:
die Schule beginnt um acht Uhr; heute haben wir keine Schule; morgen fällt die Schule aus.
3. Gebäude, in dem eine Schule (1) untergebracht ist:
eine neue Schule bauen.
4. <ohne Plural> Ausbildung, durch die jmds. Fähigkeiten auf einem bestimmten Gebiet zu voller Entfaltung gekommen sind:
sein Spiel verrät eine gute Schule; durch eine harte Schule gehen (eine harte Ausbildung erfahren); bei jmdm. in die Schule gehen (ausgebildet werden).
* * *
Schu|le 〈f. 19〉
1. Erziehung u. Ausbildung der Kinder u. Jugendlichen sowie die dazu nötigen Anlagen: Lehranstalt, Schulgebäude, Unterricht in Klassen, inzwischen auch auf die Spezialbildung (Dolmetscher\Schule, Ingenieur\Schule) u. Fortbildung von Erwachsenen ausgedehnt (Abend\Schule, Erwachsenen\Schule)
3. künstler. od. wissenschaftl. Richtung, die von einem Meister ausging
● die harte \Schule des Lebens 〈fig.〉; die \Schule Rembrandts, Dürers 〈fig.〉 ● ausfallen: morgen fällt die \Schule aus; die \Schule beginnt um 8 Uhr; die \Schule besuchen; das wird \Schule machen 〈fig.; umg.〉 nachgeahmt werden ● ein Kavalier der (guten) alten \Schule 〈fig.; umg.〉 von vollendeter Höflichkeit; eine harte \Schule durchmachen Lehrzeit; durch eine harte \Schule gehen im Leben viel Schweres erleiden, bittere Erfahrungen machen; hohe/Hohe \Schule 〈Reitsp.〉 bestimmte Art der Dressur des Reitpferdes; hohe/Hohe \Schule reiten; die hohe \Schule 〈fig.〉 der Weg zur Kunstfertigkeit, zur vollkommenen Beherrschung einer Kunst; höhere, mittlere \Schulen; öffentliche, private \Schulen ● an einer \Schule unterrichten; aus der \Schule plaudern 〈fig.; umg.〉 Geheimnisse ausplaudern; er ist bei den Klassikern in die \Schule gegangen 〈fig.〉 hat von ihnen gelernt; sie geht noch in die \Schule; von der \Schule abgehen; zur \Schule gehen [<mhd. schuole <ahd. scuola <lat. schola „Unterrichtsort; Anhängerschaft eines Lehrers, Amtsgehilfen“ <grch. schole „Einhalt, Ruhe; Muße; Lehranstalt; Vortrag“; zu idg. *segh- „(fest)halten“]
* * *
Schu|le , die; -, -n:
1. [mhd. schuol(e), ahd. scuola < lat. schola = Unterricht(sstätte); Muße, Ruhe < griech. schole̅̓, eigtl. = das Innehalten (bei der Arbeit)] Lehranstalt, in der Kindern u. Jugendlichen durch planmäßigen Unterricht Wissen u. Bildung vermittelt werden:
eine öffentliche, private, konfessionelle S.;
eine S. für Hochbegabte;
die S. besuchen, wechseln;
sie will später an die, zur S. gehen (ugs.; will Lehrerin werden);
an einer S. unterrichten;
er geht in, auf die höhere S.;
sie kommt dieses Jahr in die, zur S. (wird eingeschult);
noch in die, zur S. gehen (noch Schüler[in] sein);
wir sind zusammen in die, zur S. gegangen (ugs.; waren in derselben Klasse, Schule);
von der S. abgehen;
sie ist von der S. geflogen (ugs.; vom Schulbesuch ausgeschlossen worden);
Ü er ist in eine harte S. gegangen, hat eine harte S. durchgemacht (hat viel Schweres durchgemacht, bittere Erfahrungen im Leben gemacht);
☆ aus der S. plaudern (interne Angelegenheiten Außenstehenden mitteilen).
2. Schulgebäude:
eine große, moderne S.;
die S. betreten, verlassen.
3. <o. Pl.> in der Schule erteilter Unterricht:
die S. beginnt um 8 Uhr;
heute haben wir, ist keine S.;
morgen fällt die S. aus;
die S. schwänzen;
sie kommt in der S. gut, nicht mit;
komm nach der S. bitte gleich nach Hause.
4. <o. Pl.> Ausbildung, durch die jmds. Fähigkeiten auf einem bestimmten Gebiet zu voller Entfaltung kommen, gekommen sind; Schulung:
ihr Spiel verrät eine ausgezeichnete S.;
☆ [die] Hohe/hohe S. (1. Reiten; bestimmte Dressurübungen, deren Beherrschung vollendete Reitkunst ist. 2. vollkommene Beherrschung einer bestimmten künstlerischen, wissenschaftlichen od. sportlichen Disziplin: die Hohe/hohe S. der Architektur).
5. <o. Pl.> Gesamtheit der Lehrer- u. der Schülerschaft einer Schule:
die ganze S. war in der Aula versammelt.
6. bestimmte künstlerische od. wissenschaftliche Richtung, die von einem Meister, einer Kapazität ausgeht u. von ihren Schülern u. Schülerinnen vertreten wird:
die S. Dürers;
die florentinische S.;
die Mannheimer, die Frankfurter S.;
Ü er ist ein Pädagoge der alten S. (der früher herrschenden Richtung);
ein Diplomat alter S.;
☆ S. machen (viele Nachahmer[innen] finden: sein Beispiel sollte S. machen!)
7. Lehr- u. Übungsbuch für eine bestimmte [künstlerische] Disziplin:
S. des Klavier-, Flötenspiels.
9. [engl. school, aus dem Westgerm., vgl. asächs. scola = Schar, (abgesonderte) Gruppe, wohl verw. mit ↑ Scholle; als identisch mit Schule (1) empfunden] (Zool.) Schwarm (von Fischen):
eine S. Delfine, Wale.
* * *
Schule
[althochdeutsch scuola, von lateinisch schola »Unterricht(sstätte)«; »Muße«, »Ruhe«, von griechisch schole̅́, eigentlich »das Innehalten (bei der Arbeit)«], Bezeichnung für die institutionalisierten Formen des Unterrichts samt der Gebäude, in denen er stattfindet. Rechtlich versteht man unter Schule eine auf bestimmte Dauer berechnete, an fester Stätte unabhängig vom Wechsel der Lehrer und Schüler in überlieferten Formen organisierte Einrichtung der Erziehung und des Unterrichts. Durch planmäßige und methodische Unterweisung eines größeren Personenkreises in einer Mehrzahl allgemein bildender oder berufsbildender Fächer ist die Schule bestrebt, bestimmte Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen. Im weiteren Sinn bezeichnet der Begriff Schule auch die Anhängerschaft und Nachfolge eines Künstlers oder Gelehrten oder bestimmte Denk-, Forschungs- oder Stilrichtungen.
Entstehung und Geschichte
Im Zuge eines kulturellen und sozialen Wandels im Zusammenhang mit Wirtschaft und Verwaltung entstanden im 3. Jahrtausend v. Chr. in Mesopotamien Schulen, die »Haus der Täfelchen« genannt wurden und einen offenbar stark gewachsenen Bedarf der Gesellschaft an Schreibern befriedigen sollten. Spätestens in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends umfasste der Unterricht neben Schreiben, Lesen, Rechnen (Buchhaltung) auch die Gebiete Musik, Literatur und Grammatik, d. h., die Schule vermittelte nicht nur Kulturtechniken, sondern auch Wissen, Fähigkeiten und Bildung ihrer Zeit. Die Schulen waren in Tempeln oder Palästen untergebracht. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich in Ägypten, wo einzelne Schreiber zu hohen Ämtern aufstiegen und die Schreiber insgesamt einen angesehenen Beamtenstand darstellten.
Im antiken Griechenland fiel der Auf- und Ausbau der Schulen mit dem tief greifenden sozialen Wandel von einer feudal geprägten, regional orientierten Agrargesellschaft zu einer an überregionalen Handelsbeziehungen orientierten demokratischen Gesellschaft zusammen. Im Gegensatz zur traditionellen Herrschaftserziehung des Adels trat nun die allgemeine Erziehung zur politischen Tüchtigkeit in den Mittelpunkt. Sophisten wie Protagoras, Hippias von Elis und Isokrates entwickelten seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. einen bestimmte Fächer umfassenden Lehrplan (»enkyklios paideia«, Paideia), der Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik, darüber hinaus Grammatik, Rhetorik und Dialektik enthielt. Die Sophisten schufen ein Konzept verwendungsorientierten Allgemeinwissens, dessen Bildungsinhalte auch ihre philosophischen Kritiker (Platon) nicht infrage stellten. Ihr Lehrplan findet sich in leicht modifizierter Form in der römischen Tradition als Artes liberales und wurde im Mittelalter zum inhaltlichen und organisatorischen Kern europäischer Bildung, der sich bis in den Aufbau frühneuzeitlicher Universitäten wiederfinden lässt. Entsprechend der neuen wirtschaftlichen Bedeutung von Bildung zeigten die Städte im Hellenismus ein größeres öffentliches Interesse an der Existenz und Beaufsichtigung von Schulen. Rom übernahm weitgehend das hellenistische Schulwesen, begünstigte es v. a. durch Steuerpolitik und dehnte es auf das ganze Imperium aus. Der Niedergang der Stadtkultur und die Christianisierung des Abendlandes in der Spätantike trugen zum Verschwinden der antiken Schulen bei.
Im Mittelalter wurde unter Karl dem Großen die Bedeutung von Bildung für administrative Zwecke neu erkannt. In seinem Auftrag reorganisierte Alkuin das Bildungswesen, wobei er auf die Tradition der Artes liberales zurückgriff. Die nun entstehenden Kloster- und Domschulen dienten zunächst der Ausbildung des Klerikernachwuchses, öffneten sich jedoch auch weltlichen Kreisen. In enger Verknüpfung mit der Religion lag die Bildung in den Händen der Kirche. Die wachsenden Bildungsbedürfnisse von staatlicher Verwaltung und von Kaufleuten, die zunächst mit der zunehmenden Bedeutung der Schriftlichkeit für die Geldwirtschaft und den verstärkten internationalen Fernhandel zusammenhingen, führten seit dem 13. Jahrhundert zur Gründung von Stadtschulen. Renaissance und Humanismus einerseits, Reformation und Gegenreformation andererseits verstärkten - unterschiedlich motiviert - diesen Prozess durch die innere, insbesondere den Lehrplan betreffende Reform der bestehenden Schulen und die Neuerrichtung sowohl von Elementarschulen wie von (höheren) Lateinschulen. Erste kommunale und staatliche Schulordnungen entstanden, in denen Anstellung, Besoldung, Rechte und Pflichten des Personals, die Funktion der in kirchlichen Händen belassenen Schulaufsicht, die Klassenaufteilung, Unterrichtsinhalte, Lehrweisen usw. geregelt wurden. Besucht wurden diese Schulen überwiegend von Knaben. Mädchenbildung wurde vorwiegend im kirchlichen Kontext oder in reformatorisch geprägten Städten organisiert. Auffällig ist in dieser Zeit die Diskrepanz zwischen den zum Teil hoch entwickelten höheren Schulen und der Vernachlässigung der Elementarbildung. Sowohl durch die Aufklärung als auch durch die Anforderungen des wirtschaftlichen Wandels und die Erkenntnis der Abhängigkeit der Wohlfahrt des Landes vom Bildungsstand der Bevölkerung wurde das Interesse des Staates an allgemeiner Erziehung in Schulen geweckt. Die Nachfrage nach Unterricht in den Realien verstärkte sich, wobei den Pädagogen J. J. Hecker und A. H. Francke eine wegweisende Rolle zukam. Die Einführung einer allgemeinen Schulpflicht - in Preußen 1717 - konnte zunächst nur unzureichend durchgesetzt werden, weil die weit verbreitete Kinderarbeit bis weit ins 19. Jahrhundert einem regelmäßigen Schulbesuch entgegenstand.
Das 19. Jahrhundert ist die Epoche der Konsolidierung des staatlichen Schulsystems. Im Zuge der humboldtschen Reformen des Bildungswesens wurde das Gymnasium - zunächst in Preußen - als einheitlicher Typus höherer Schulen mit landesweit einheitlichen Lehrplänen, universitär ausgebildetem und staatlich examiniertem Lehrpersonal eingeführt. Seit 1835 ist die Abgangsprüfung des Gymnasiums zugleich Aufnahmeprüfung für die Universität. Im Bereich der Volksschule verlief die Entwicklung später und langsamer; Ansätze zur Professionalisierung der Lehrerschaft durch Seminarausbildung, Entstehung einer »Schulmännerpädagogik«, sowie von Fachliteratur u. a. steigerten die Leistungsfähigkeit von Lehrern und Schulen. Seit 1872 gab es zudem in Preußen die Mittelschule, die als Vorläufer der heutigen Realschule verschiedene existierende Richtungen einer stärker an Realien orientierten Schule in sich aufnahm. Damit war ein dreigliedriges Schulsystem mit geringer Durchlässigkeit zwischen den Schulformen entstanden. Trotz einer im internationalen Vergleich extrem hohen Leistungsfähigkeit des deutschen Schulsystems kam es zu massiver Schulkritik (F. Nietzsche, A. J. Langbehn, P. A. de Lagarde) und gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu pädagogischen Reformbestrebungen (Reformpädagogik), die sich gegen innere und äußere Erstarrungen des Schulbetriebs richtete und in teils irrationaler Weise für lebens-, schul- und unterrichtsreformerische Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes eintrat. Im 19. Jahrhundert finden sich außerdem die Anfänge eines qualifizierten Eliteschulwesens, in dem Menschen mit besonderen Lernvoraussetzungen gebildet wurden.
Zu den schulgeschichtlich bedeutenden Entwicklungen in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts zählen in Deutschland: 1) teilweise Umsetzung reformpädagogischer Ideen auf die Ausgestaltung des Unterrichts und die äußere Organisation der Schule unter Betonung erzieherischer Komponenten; 2) ausnahmslose Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht in einer acht Schuljahre umfassenden Volksschule, deren Klassen eins bis vier als Einheitsschule konzipiert waren, und das Konzept einer Fortbildungsschule für alle bis zum vollendeten 18. Lebensjahr; 3) Ausbau einer höheren, allerdings noch geschlechtsspezifisch orientierten Mädchenbildung; 4) Erweiterung der zum Abitur führenden Typen der höheren Schule durch die Deutsche Oberschule, in der Deutschkunde unterrichts- und erziehungsprägend sein sollte; 5) Zurückdrängen kirchlicher Einflüsse durch die Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht und Ansätze zur Überwindung der Bekenntnisschule (Konfessionsschule) als Regelschule; 6) Einführung der Berufsschule, womit das duale System (Ausbildung im Betrieb und begleitend in einer berufspädagogisch ausgerichteten Teilzeitschule) etabliert wurde.
Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur, die in der Schule ein Instrument zur weltanschaulichen Indoktrination sah, wurde in der Bundesrepublik Deutschland auf das Schulwesen der Weimarer Republik zurückgegriffen und damit auch deren schulpolitischen Kontroversen wieder belebt. Motiviert durch wirtschaftliche Entwicklungen und den politischen Wunsch nach umfassender Demokratisierung der Gesellschaft wurde unter dem Schlagwort der »Bildungskatastrophe« (G. Picht) in den 1960er-Jahren ein umfassender Modernitätsrückstand des Bildungswesens festgestellt, der Anlass für eine Bildungsreform war. Der Deutsche Bildungsrat, der das Bildungswesen den gewandelten »gesellschaftlichen Forderungen« anpassen wollte, empfahl in seinem »Strukturplan für das Bildungswesen« (1970) die Neuordnung des Bildungssystems in Anlehnung an internationale Standards: Statt bisher vertikal sollte die Schule horizontal in Stufen (Primarstufe, Sekundarstufe I und II) gegliedert werden, wobei neue integrative Schulformen (Gesamtschule) einen wesentlich größeren Teil der Kinder und Jugendlichen nach nur 12 Jahren zum Abitur führen sollten. Der 1973 erstmals aufgestellte Bildungsgesamtplan verdeutlichte die Kosten des Bildungssystems und seiner Expansion im gesamtstaatlichen Rahmen. Finanzierungsprobleme sowie fehlender Konsens bei der Konkretisierung einiger Konzepte verhinderten die Umsetzung des Plans. Wichtige Teilreformen wurden verwirklicht, die zum Teil bereits früher eingeleitet worden waren (Ersetzung der Volksschule durch Grund- und Hauptschule, Reform der gymnasialen Oberstufe, Einführung der Gesamtschule, doppelqualifizierende Bildungsgänge u. a.). Im Laufe der 70er- und 80er-Jahre wurden die Durchlässigkeit des dreigliedrigen Systems erhöht und die Möglichkeiten des so genannten zweiten Bildungsweges ausgebaut.
In der DDR folgte der 1946 durchgeführten »demokratischen Schulreform« nach 1949 der Aufbau eines »einheitlichen sozialistischen Bildungssystems«. Die Schule wurde in den Dienst der ideologischen und ökonomischen Umgestaltung der Gesellschaft sowie der Verwirklichung des sozialistischen Menschenbildes gestellt. Für alle Heranwachsenden war ab 1959 der Besuch der zehnklassigen allgemein bildenden polytechnischen Oberschule (POS) Pflicht, in der sie u. a. praktisch und theoretisch mit der technischen Produktion vertraut gemacht wurden; ab dem fünften Schuljahr wurde Russisch als erste Fremdsprache unterrichtet. In die erweiterte Oberschule (EOS), die in den Klassen elf und zwölf zur Hochschulreife führte, und auf die Spezialschule (besonders für Sport, Russisch, Mathematik, Musik) durften diejenigen wechseln, die sich durch besondere Leistungen und durch »politisch-moralische Reife« ausgezeichnet hatten. Die Möglichkeiten einer Teilnahme an diesen Bildungsgängen waren aufgrund der bedarfsorientierten Lenkung durch den Staat gering. Die große Mehrheit absolvierte eine in der Regel zweijährige Berufsausbildung in Betrieben und Betriebsberufsschulen.
Nach der deutschen Einheit stellte sich für die neuen Bundesländer in den 90er-Jahren das Problem eines organisatorischen und inhaltlichen Neuaufbaus. Es wurde ein gegliedertes Schulsystem mit einer vier-, in Brandenburg sechsjährigen Primarstufe eingeführt. In Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen folgt auf die Grundschule ein zweigliedriges System aus Gymnasium und einer den Haupt- und Realschulbildungsgang umfassenden neuen Schulform, die in Sachsen-Anhalt Sekundarschule, in Thüringen Regelschule und in Sachsen differenzierte Mittelschule heißt. Aus dem alten Fächerkanon sind Staatsbürgerkunde und Wehrunterricht weggefallen, Russisch hat seine vorrangige Bedeutung verloren. Neu eingeführt wurden u. a. Gesellschaftslehre/politische Bildung und Religionsunterricht mit dem Fach Philosophie/Ethik als Alternative. Die allgemeine Hochschulreife wird in der Regel nach dem 12. Schuljahr erworben. Die Betriebsberufsschulen wurden abgeschafft und das duale System der beruflichen Bildung eingeführt.
Schulsystem und Gliederungsprinzipien
Zu den Kennzeichen des Schulwesens moderner Gesellschaften gehören allgemeine Schulpflicht und staatliche Schulaufsicht. In Deutschland fallen Schulen in die alleinige Regelungskompetenz der Länder (Kulturhoheit), weshalb deren Schulsysteme zum Teil gravierende Unterschiede hinsichtlich der Dauer der Pflichtschulzeit (neun oder zehn Jahre), der Dauer einzelner Schulformen (Grundschule, Realschule, Gymnasium) und der Anzahl und Beschaffenheit der Schulformen der Sekundarstufe I (fünfte bis zehnte Klasse) aufweisen. Notwendige Abstimmungen unter den Ländern, die eine Gleichwertigkeit der Lebenschancen in allen Teilen des Bundesgebiets garantieren und räumliche Mobilität ermöglichen sollen, werden von der Kultusministerkonferenz ausgehandelt und in Länderabkommen festgelegt (Hamburger Abkommen). Man unterscheidet nach der Trägerschaft öffentlicher Schulen und Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulen). Nach ihrem Zweck unterscheidet man allgemein bildende und berufsbildende Schulen. Besteht eine gesetzlich vorgeschriebene Besuchspflicht, so handelt es sich um Pflichtschulen (z. B. Grund-, Hauptschule), andernfalls um Wahlschulen, die anstelle von Pflichtschulen und meist über die Pflichtschulzeit hinaus besucht werden (z. B. Gymnasium, Fachoberschule). Nach Abschlüssen und Zielsetzungen werden Schulen in Schularten und -formen eingeteilt; so gliedert sich das deutsche allgemein bildende Schulwesen in Grundschule (im Ausland oft Primarschule genannt), Hauptschule, Realschule und Gesamtschule sowie das Gymnasium. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind Haupt- und Realschule zur Mittel-, Sekundar- beziehungsweise Regelschule verschmolzen. Daneben wird das Schulwesen auch nach Schulstufen gegliedert. Für behinderte Kinder und Jugendliche steht ein differenziertes System von Sonderschulen zur Verfügung. Weiterhin wird zwischen Teil- und Vollzeitschulen unterschieden; Erstere werden nur an bestimmten Wochentagen besucht (z. B. Berufsschule), Letztere mindestens an fünf Wochentagen halb- oder ganztägig.
Die zum Unterricht an öffentlichen Schulen und Ersatzschulen befähigten und berechtigten Personen bezeichnet man als Lehrer. Sie werden in Deutschland schulform- oder schulstufenbezogen in zwei aufeinander folgenden Phasen, zunächst an wissenschaftlichen Hochschulen und später in staatlichen Seminaren, ausgebildet.
Nichtstaatliche Schulen
Neben der Kulturhoheit der Länder gehört der Verzicht auf ein staatliches Schulmonopol zu den Grundcharakteristika der deutschen Schullandschaft. Nichtstaatliche Schulen (Privatschulen) sind alle Schulen, die weder von Bundesländern, Gemeinden oder Gemeinverbänden unterhalten werden, noch nach Bundes- oder Landesrecht als öffentliche Schulen gelten. Die Existenz von Privatschulen ist nach Art. 7 grundgesetzlich geschützt. Privatschulen sind Ergänzungs- oder Ersatzschulen. Als Ersatzschulen werden Schulen bezeichnet, die anstelle der öffentlichen Schulen, als Ergänzungsschulen solche Schulen, die neben diesen oder zusätzlich besucht werden können. Ersatzschulen bedürfen der Genehmigung durch den Staat, der sie dann gegenüber den öffentlichen Schulen als gleichwertig betrachtet und ihre Abschlüsse anerkennt. Häufig stehen sie einer pädagogischen Reformidee (z. B. Landerziehungsheime), einer besonderen Überzeugung und dem zugehörigen Menschenbild (z. B. Waldorfschulen) oder einem kirchlichen Bekenntnis (evangelische oder katholische Privatschulen) nahe und weichen entsprechend in den Unterrichts- und Erziehungszielen, zum Teil auch in den Unterrichtsmethoden sowie im Lehrplan von den öffentlichen Schulen ab. Die weitaus meisten Privatschulen (etwa 75 %) befinden sich in kirchlicher Trägerschaft, eine weitere große Gruppe bilden die Waldorfschulen (10 %). Hinsichtlich der Schularten und -formen führen Sonderschulen vor Gymnasien, Grund- und Realschulen. Ein Großteil der Anhänger von Privatschulen sieht die Verwirklichung ihrer Ziele einer weitgehend individuellen Förderung und einer Erziehung zu einer bewussten, verantwortlich-menschlichen Haltung in den öffentlichen Schulen als erschwert oder auch als grundsätzlich nicht möglich an. Die Bedeutung der Privatschule in der Gesellschaft liegt oft in einem größeren erzieherischen Engagement, das sie in Schule und Gesellschaft tragen. Wenn Privatschulen als Ersatzschulen anerkannt sind, betrachtet der Staat sie als den öffentlichen Schulen gleichwertig und erkennt ihre Abschlüsse an. Ersatzschulen werden überwiegend staatlich finanziert.
Gesellschaftliche Funktionen und individuelle Bildung
Die sozialwissenschaftliche Forschung hebt v. a. vier Funktionen von Schulen hervor: 1) Qualifikationsfunktion: Durch Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnissen bereitet die Schule darauf vor, eine berufliche Ausbildung oder ein Studium aufzunehmen sowie am gesellschaftlichen Leben eigenverantwortlich und gestaltend teilzunehmen. 2) Selektionsfunktion: In Schulen findet mittels Prüfung und Zensurengebung eine Auslese nach Leistung statt, die über verschiedene Schulabschlüsse den Zugang zu unterschiedlichen Berufen ermöglicht und somit über den späteren Sozialstatus mitentscheidet. 3) Sozialisationsfunktion: In der Schule werden Verhaltens- und Einstellungserwartungen eingeübt und verinnerlicht, die dem Einzelnen Werte, geltende Normen, Rollenmuster, Lebensformen usw. vermitteln beziehungsweise ihn in die bestehende Kultur einbeziehen und so der Reproduktion und Stabilisierung des aufnehmenden soziokulturellen Systems dienen. 4) Legitimationsfunktion: Sie kann als Pendant zur Sozialisationsfunktion angesehen werden. Die Schule trägt zur Rechtfertigung und Bestärkung der jeweiligen Gesellschaftsordnung bei. So wird z. B. die Ungleichverteilung von Gütern generell anerkannt oder hingenommen, wenn im Verlaufe der Schulzeit die Koppelung von Positionen- und Karrierezuweisungen mit besseren oder schlechteren Leistungen als berechtigt »gelernt« wird.
Der Bildungsauftrag von Schulen lässt sich allerdings nicht auf diese vier Funktionen beschränken. Bildung ist auf das Verhältnis von Mensch und Welt bezogen und soll den Einzelnen befähigen, die berechtigten Ansprüche der Welt und seiner selbst in umfassender Weise zum Ausgleich zu bringen. Der hier verdeckte Konflikt zwischen verwendungsorientierter Wissensvermittlung und Bildung der Persönlichkeit markiert seit der Auseinandersetzung zwischen den Sophisten und Sokrates die Pole abendländischer Schulkonzeptionen. Moderne Schulgesetze bringen den Ausgleich von Individuum und Gesellschaft im Bildungsziel der »Selbstverwirklichung in sozialer Verantwortung« zum Ausdruck.
Aktuelle Tendenzen und Probleme im Schulsystem
Das Schulsystem steht unter einem starken Anpassungsdruck, der von langfristigen gesellschaftlichen Veränderungen, wirtschaftlichen Entwicklungen und einer veränderten Bedeutung der Schulbildung für den Einzelnen mitverursacht ist. Dazu gehören einerseits der Rückgang der Geburtenzahlen, der in den neuen Ländern besonders stark ausfällt, und andererseits ein verändertes Schulwahlverhalten.
Die Geburtenzahlen, die zu Beginn der 90er-Jahre in den alten Ländern als »Echoeffekt« auf die geburtenstarken Jahrgänge zunächst gestiegen waren, gingen zum Ende des Jahrzehnts wieder zurück. In den neuen Ländern kam es aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen zu einem starken Geburtenrückgang. Dies führt dort, insbesondere im ländlichen Raum, zu einer weiteren Konzentration der Schulstandorte, die das Gebot der Gleichwertigkeit der Lebenschancen hinsichtlich der Zumutbarkeit von Schulwegen und der Bereitstellung von Schulen aller Schulformen berührt.
Eine massive Bildungswerbung hat seit den 60er-Jahren zu einem verstärkten Trend zu längeren Bildungsgängen mit Abituroption geführt. Betrug der Anteil der Schulabgänger mit Abitur an der gleichaltrigen Bevölkerung 1960 lediglich 6,1 %, so wuchs er bis 1996 auf 28 % an. Zählt man die übrigen Formen der Hochschulreife hinzu, kommt man 1996 auf 36,5 %. Etwa gleich groß (38,9 %) ist der Anteil von Schulabgängern mit Realschulabschluss, und nur noch etwa 26,3% verlassen die Schule mit einem Hauptschulabschluss.
Die starke Veränderung in den Bildungserwartungen der Bevölkerung hängt mit den gewandelten Anforderungen des Arbeitsmarktes zusammen, wo der Schulabschluss angesichts eines Überangebotes an Bewerbern als Auswahlkriterium dient. Daraus folgt ein Verdrängungswettbewerb zwischen den Absolventen unterschiedlicher Bildungsgänge im Kampf um Ausbildungs- und Arbeitsstellen. Die Hauptschule, von Geburtenrückgang und verändertem Schulwahlverhalten besonders betroffen, ist trotz anerkannt guter pädagogischer Arbeit und Leistungsfähigkeit ihrer Schüler in diesem Wettbewerb zur »Rest-S.« geworden, weshalb in einigen Bundesländern versucht wurde, die Bildungsgänge der Haupt- und der Realschule unter dem organisatorischen Dach einer neuen Schulform (Gesamtschule) zu vereinigen.
Das Gymnasium hat im Laufe der letzten 40 Jahre seinen Anteil am gesamten Schüleraufkommen vervielfacht. Kritiker dieser Entwicklung fragen, ob angesichts dieser Steigerung der Absolventenzahlen das Bildungsniveau des Gymnasiums gehalten werden könne. Seit den 80er-Jahren mehren sich Klagen über einen angeblichen Rückgang der Studierfähigkeit unter Abiturienten. Nachdem diese Aussagen lange Zeit als politisch motivierte Kritik des bürgerlich-konservativen Lagers angesehen wurden, erregte Mitte der 90er-Jahre die TIMSS-Studie Aufsehen, die den Leistungsstand deutscher Schüler (auch in anderen Schulformen) im internationalen Vergleich als nur mittelmäßig nachwies.
Zu den wichtigsten Veränderungen der letzten Jahrzehnte gehört die gestiegene Bildungsbeteiligung von Mädchen und jungen Frauen an Bildungsgängen mit Abituroption. Betrug der Anteil der Frauen an den Abiturienten im früheren Bundesgebiet 1967 noch 36 %, so liegt er in Deutschland heute bei 55 %. Umgekehrt ist der Anteil von Mädchen an den Schulabgängern mit Hauptschulabschluss von 50 auf 43 % gesunken, während ihr Anteil an den Realschulabsolventen mit 52 % etwa gleich geblieben ist. Die Verschiebung vom Hauptschulabschluss zum Abitur fällt in den neuen Ländern noch stärker aus (33 beziehungsweise 60 %). Trotz dieser Erfolge wird die Koedukation, die die Chancengleichheit von Mädchen und Jungen im Bildungsbereich erreichen sollte, in letzter Zeit wieder infrage gestellt, da sie nach neueren Untersuchungen Mädchen eher benachteiligt. Von übergreifender Bedeutung sind zudem Bemühungen, behinderte und nichtbehinderte Kinder - so weit wie möglich und sinnvoll - in allgemein bildenden Schulen gemeinsam zu unterrichten, anstatt sie in Sonderschulen zu isolieren.
Der Anteil der Schüler, die das Schulsystem nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht ohne Abschluss verlassen, sank von 17 % im Jahre 1960 auf 10 % im Jahre 1980 und pendelte sich seit 1987 auf 8,5 % ein. In dieser gegenüber der frühen Nachkriegszeit drastisch reduzierten Quote kommt der gesteigerte Stellenwert der schulischen Ausbildung für die individuelle (berufliche) Lebensplanung zum Ausdruck. Allerdings wurde durch die hohe Absolventenzahl von Schülern mit höherer Schulbildung der bis etwa 1970 bestehende Zusammenhang zwischen Schulabschluss und berufliche Laufbahn dahingehend verändert, dass ein möglichst hoch qualifizierter Schulabschluss nur eine notwendige, nicht aber eine bereits hinreichende Bedingung für den Eintritt in berufliche Laufbahnen mit hohem Sozialprestige darstellt.
Seit den späten 80er-Jahren wurde verstärkt auf die Bedeutung schulischer Bildung für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschlands hingewiesen. Nachdem zuvor ausgedehnte Strukturdebatten (integratives oder gegliedertes Schulwesen) und anschließende Überlegungen zur »Humanisierung« der Schule (Befreiung von »Schulangst«) im Mittelpunkt standen, wurde nach der von organisatorischen Fragen überlagerten Phase der Einigung seit Mitte der 90er-Jahre erneut die Frage der ausreichenden Qualifikation vor dem Hintergrund einer umfassenden Globalisierung der Wirtschaft aufgeworfen. Wie die Leistungsfähigkeit des Schulsystems - die auch in anderen Ländern intensiv diskutiert wird - gesteigert werden kann, ist gegenwärtig umstritten. Folgende wichtige Tendenzen lassen sich gegenwärtig erkennen: 1) Maßnahmen, die auf eine didaktische Reform des Unterrichts zielen; dazu gehört die Einführung von die Selbstständigkeit von Schülern fördernden didaktischen Elementen (z.B. Wochenplan, Projektunterricht) und die fächerübergreifende Vernetzung von Wissensgebieten. 2) Initiativen, die auf eine inhaltliche Reform des Unterrichts zielen; diskutiert werden die »Öffnung von Schulen« und Konzepte eines »offenen Unterrichts«, ebenso traditionelle Themen (z. B. Stärkung der Fremdsprachenkompetenz durch »bilingualen Unterricht«, Reduktion der Stofffülle in den Lehrplänen). 3) Anstöße, die auf eine größere Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit von Schulen zielen; dazu gehören die Ausbildung von Schulprofilen und pädagogischen Programmen, die auf Entwicklung einer schulischen »corporate identity« zielen, teils mit weit reichenden Forderungen (Haushalts- und Personalhoheit vor Ort). 4) Maßnahmen, die sich auf eine verstärkte Qualitätskontrolle schulischer Arbeit richten. Dazu gehören neben zentralen Abschlussprüfungen die Einführung verbindlicher Lernziele auf jeder Klassenstufe, deren Erreichen wiederum in landesweiten Zentraltests überprüft werden soll; 5) Konzepte, die auf eine Veränderung der Schulaufsicht zielen. Dies ist motiviert durch die Einsicht, dass eine Qualitätsentwicklung von Unterricht weniger durch Dienstanweisung für das Lehrpersonal als durch Schulung und Unterstützung gewünschter pädagogischer Inititativen an Schulen zu erreichen ist. In diesem Zusammenhang wird zudem eine Veränderung der Lehrerbildung diskutiert. 6) Maßnahmen, die auf eine Verbesserung der schulischen Infrastruktur setzen. Dazu gehört die flächendeckende Ausrüstung von Schulen mit Personalcomputern und ihre Einbindung in bildungsorientierte Computernetzwerke (»Deutsches Schulnetz«). Darüber hinaus soll durch die Benutzung von Computern möglichst früh eine allgemeine informationstechnische Grundbildung erworben werden, die heute von manchen als »vierte Kulturtechnik« (neben Lesen, Schreiben und Rechnen) angesehen wird.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
berufliche Bildung · Bildung · Chancengleichheit · Erziehung · Gesamtschule · Grundschule · Gymnasium · Hauptschule · Kinderarbeit · Lehrer · Lernen · Pädagogik · polytechnische Bildung · Privatschule · Realschule · Sonderschulen · Sozialisation
C. Führ: Schulen u. Hochschulen in der Bundesrep. Dtl. (Neuausg. 1989);
Das Bildungswesen in der Bundesrep. Dtl., bearb. v. J. Baumert u. a. (Neuausg. 29.-31. Tsd. 1997).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
allgemeine Bildung: Pädagogen erneuern die Schule
* * *
Schu|le, die; -, -n [1: mhd. schuol(e), ahd. scuola < lat. schola = Unterricht(sstätte); Muße, Ruhe < griech. schole̅́, eigtl. = das Innehalten (bei der Arbeit); 9: engl. school, aus dem Westgerm., vgl. asächs. scola = Schar, (abgesonderte) Gruppe, wohl verw. mit ↑Scholle; als identisch mit ↑Schule (1) empfunden]: 1. Lehranstalt, in der Kindern u. Jugendlichen durch planmäßigen Unterricht Wissen u. Bildung vermittelt werden: eine öffentliche, private, konfessionelle, weiterführende S.; eine S. für Behinderte; die Bundeswehr sieht sich als S. der Nation (als Institution, die staatsbürgerliche Tugenden, demokratisches Denken u. Handeln vermittelt); die S. besuchen, wechseln; meine Tochter hatte sich damals entschieden, die S. zu verlassen, um Kindergärtnerin zu werden (v. d. Grün, Glatteis 20); Später sei der Junge nach England auf die S. geschickt worden (Grzimek, Serengeti 42); er will später an die, zur S. gehen (ugs.; will Lehrer werden); sie unterrichtet an einer S. für hörgeschädigte Kinder; er geht in, auf die höhere S.; sie kommt dieses Jahr in die, zur S. (wird eingeschult); noch in die, zur S. gehen (noch Schüler[in] sein); wir sind zusammen in die, zur S. gegangen (ugs.; waren in derselben Klasse, Schule); von der S. abgehen; jmdn. von der S. weisen; sie ist von der S. geflogen (ugs.; vom Schulbesuch ausgeschlossen worden); ich bin auch mal zur S. gegangen (als empörte od. ironische Erwiderung auf überflüssige Belehrungen); Ü ..., sodass die Gefängnisjahre für ihn einer S. der Läuterung gleichkamen (Nigg, Wiederkehr 45); Wir sollten bei Jesus selbst ein wenig in die S. gehen, um zu lernen, wie ... (Thielicke, Ich glaube 235); er ist in eine harte S. gegangen, hat eine harte S. durchgemacht (hat viel Schweres durchgemacht, bittere Erfahrungen im Leben gemacht); Barbara ist durch eine raue S. gegangen (Härtling, Hubert 266); *alle -n durch sein/durchgemacht haben (ugs. veraltend; 1. sehr viel Lebenserfahrung haben. 2. durch Erfahrung genau wissen, wie man mit Tricks o. Ä. sein Ziel erreichen kann; sich in allen Schlichen auskennen); aus der S. plaudern/(seltener:) schwatzen (interne Angelegenheiten Außenstehenden mitteilen; Schule wohl urspr. = eingeweihter Kreis einer wissenschaftlichen od. künstlerischen Schule; es war z. B. in der Antike den Studierenden einer griechischen Philosophenschule nicht gestattet, die Lehren des Meisters an Außenstehende weiterzugeben). 2. Schulgebäude: eine große, moderne S.; eine neue S. bauen; die S. betreten, verlassen; *hinter/neben die S. gehen (ugs.; die Schule schwänzen). 3. <o. Pl.> in der Schule erteilter Unterricht: die S. beginnt um 8 Uhr, ist um 1 Uhr aus; heute haben wir, ist keine S.; morgen fällt die S. aus; die S. versäumen, schwänzen; Seine Tochter habe über den Sport die S. vernachlässigt (Maegerlein, Triumph 13); Moritz hat trotz seiner schwachen Brust die S. glänzend absolviert (Th. Mann, Buddenbrooks 81); S. halten (veraltet; unterrichten); sie kommt in der S. gut, nicht mit; er ist in der S. nicht besonders gut; komm nach der S. bitte gleich nach Hause. 4. <o. Pl.> Ausbildung, durch die jmds. Fähigkeiten auf einem bestimmten Gebiet zu voller Entfaltung kommen, gekommen sind; Schulung: sein Spiel verrät eine ausgezeichnete S.; die Sängerin hat keine S.; gerade Torleute brauchen eine harte S. (Kicker 82, 1981, 31); ... gewinnt man eine gute S. in der Diskretion (Jünger, Capriccios 43); Der Hund hat mal S. gehabt (ist abgerichtet worden). Das ist kein x-beliebiger (Grass, Hundejahre 440); das war bestes Eishockey der sowjetischen S. (NNN 29. 2. 88, 3); was für Düfte waren das! Nicht nur Parfums der höchsten, allerhöchsten S. (Süskind, Parfum 116); Sie aber wollte meine Lehrmeisterin sein und mich in eine gründliche S. nehmen (gründlich schulen; Th. Mann, Krull 137); *[die] hohe S. (1. Reiten; bestimmte Dressurübungen, deren Beherrschung vollendete Reitkunst ist: hohe S. reiten; vier Meisterpferde für alle Gänge der hohen S. kamen herein [Dwinger, Erde 35]. 2. vollkommene Beherrschung einer bestimmten künstlerischen, wissenschaftlichen od. sportlichen Disziplin: Zur hohen S. des Bewerbungsgesprächs gehört schließlich die Fähigkeit, ... [Capital 2, 1980, 47]). 5. <o. Pl.> Lehrer- u. Schülerschaft einer Schule: die ganze S. war in der Aula versammelt, nahm an der Feier teil. 6. bestimmte künstlerische od. wissenschaftliche Richtung, die von einem Meister, einer Kapazität ausgeht u. von ihren Schülern u. Schülerinnen vertreten wird: die S. Dürers; die florentinische S.; die mechanisch orientierte S. des amerikanischen Behaviorismus (Lorenz, Verhalten I, 9); Die im 18. Jh. im Zusammenhang mit der Bühnenausstattung hoch entwickelte Prospektmalerei ... findet in Quaglio und seiner Münchner S. eine Nachfolge (Bild. Kunst III, 37); Obwohl also von Stifter an Temperament, Weltanschauung und sprachlichen Absichten grundverschieden, gehöre ich dennoch - und so sehr er selbst dagegen protestieren würde! - zu seiner S. (A. Schmidt, Platz 68); Ü er ist ein Pädagoge der alten S. (der früher herrschenden Richtung); ein Diplomat alter S.; *S. machen (viele Nachahmer finden): sein Beispiel sollte S. machen! 7. Lehr- u. Übungsbuch für eine bestimmte [künstlerische] Disziplin: S. des Klavier-, Flötenspiels. 8. kurz für ↑Baumschule; 9. (Zool.) Schwarm (von Fischen): eine S. Delphine, Wale; Da dicht vor der Südküste Floridas eine ganze S. Haie gesichtet wurden, ... (Welt 15. 2. 82, 16).
Universal-Lexikon. 2012.