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Volksschule
Hauptschule; Grundschule

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Volks|schu|le ['fɔlksʃu:lə], die; -, -n (österr.):
Grundschule:
sie geht noch zur Volksschule.

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Vọlks|schu|le 〈f. 19
1. 〈früher〉 allgemeinbildende öffentl. Pflichtschule für Kinder vom 1.-8. bzw. (bei anschließendem Besuch des Gymnasiums od. der Realschule) 1.-4. Schuljahr (heute geteilt in Grundschule u. Hauptschule)
2. 〈österr.〉 Grundschule

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Vọlks|schu|le, die [urspr. = Schule für die Kinder der niederen Stände]:
1.
a) (Deutschland u. Schweiz früher) [Grund- u. Hauptschule umfassende] allgemeinbildende öffentliche Pflichtschule;
b) (österr.) Grundschule.
2. Gebäude der Volksschule (1).

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Volks|schule,
 
Schulart des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, getragen von der Idee einer allgemeinen muttersprachlichen Volksbildung, die auf W. Ratke und J. A. Comenius zurückgeht und dann in Aufklärung, Romantik (v. a. J. G. Herder) und vom Neuhumanismus aufgegriffen wurde. V. a. seit dem 16. Jahrhundert begannen die Gemeinden - neben auf die Lateinschulen vorbereitende Schulen - besondere Schulen für die Elementarbildung der unteren Bevölkerungsschichten einzurichten (Küsterschulen, in denen nicht nur katechetischer, sondern auch Lese-, Schreib- und Rechenunterricht erteilt wurde; Waisen- und Armenschulen; seit dem 18. Jahrhundert Industrieschulen); Unterrichtspflicht gab es in Preußen ab 1717. Der Begriff Volksschule wurde von F. E. von Rochow geprägt, der auf seinen Gütern für Kinder der niederen Stände Volksschulen einrichtete, in denen er Elementarunterricht erteilen ließ. Bald auf alle muttersprachliche Schulen übertragen, wurde die Idee der Volksschule Ende des 18. Jahrhunderts mit der Forderung nach einheitlicher Bildung für alle Stände und Schichten des Volkes und allgemeiner Schulpflicht verbunden; sie erfuhr aber in der Zeit der Restauration erhebliche Rückschläge (Regulative von 1854). In der Weimarer Republik wurde 1920 mit der Grundschule als den ersten vier Jahren der Volksschule das Konzept einer einheitlichen Grundbildung für alle Kinder durchgesetzt (Grundschulpflicht). In den weiteren Klassen der Volksschule verblieb dann der Großteil der Kinder, die nicht in eine Mittel- oder höhere Schule eingeschult wurden. Die Schulpflicht wurde bald über die ersten vier Grundschuljahre hinaus ausgedehnt, sodass die Volksschule zur obligatorischen allgemein bildenden Schule (mit bis zu acht Schuljahren) wurde. Mit dem Hamburger Abkommen 1964 wurde in der Bundesrepublik Deutschland die Volksschule als geschlossene Schulform aufgegeben; an ihre Stelle traten die Schularten Grund- und Hauptschule und - mit Einrichtung der Gesamtschule - auch entsprechende Kurskombinationen (Sekundarstufe I). In Bayern werden mit der Bezeichnung Volksschule auch heute noch Grund- und Hauptschule zusammengefasst. - In der DDR war bis 1958 die Grundschule der verbindliche Typ der allgemein bildenden Schule, seit 1959 ersetzt durch die allgemein bildende polytechnische Oberschule (POS).
 
In Österreich ist Volksschule heute die Bezeichnung der vierjährigen Primarschule, nur vereinzelt besteht in wenig gegliederten Landschulen noch eine Volksschul-Oberstufe (5.-8. Schulstufe), die sonst von der Hauptschule abgelöst ist.
 
In der Schweiz wird unter Volksschule in der Regel die obligatorische Schule verstanden, d. h. die Primarschule und die Sekundarstufe I.
 
Der Volksschulunterricht wurde im 19. Jahrhundert von dem Gedanken eines geistig-sittlichen »Volkstums« (F. L. Jahn) bestimmt, über das das einfache Volk als eigene Bildung verfüge. Dieses »Volksdenken« wurde als ein situationsgebundenes, anschaulich-handlungsbezogenes Denken beschrieben und die volkstümliche Bildung als von gemeinschaftsbestimmtem Leben und praktischen Bedürfnissen geprägt verstanden. C. W. Harnisch wollte diese Kultur durch eine angemessene »Volkserziehung« über einen entsprechend konkreten und reduzierten Unterricht fördern. Über die Notwendigkeit und Art der Lehrerbildung gab es langwierige Auseinandersetzungen (Lehrer). Auch im 20. Jahrhundert wurde die Idee der anschaulich-konkret ausgerichteten, handlungsorientierten volkstümlichen Bildung vertreten (R. Seyfert, E. Spranger), wobei auch auf die Heimatverbundenheit des Volkes hingewiesen wurde. Mit der Ersetzung der Bezeichnung Volksschule durch Grund- und Hauptschule sollte auch eine inhaltliche Neuorientierung zum Ausdruck gebracht werden, eine Abkehr von der Vorstellung volkstümlicher Bildung zugunsten der wissenschaftlichen Orientierung (und damit zu einer Vereinheitlichung der verschiedenen Schularten unter diesem Aspekt). Verschiedene Ansätze, das tradierte Konzept nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzugreifen, wurden als Versuch der Wiederherstellung der Trennung zwischen einer gebildeten Oberschicht und einer ungebildeten Unterschicht kritisiert. Die Diskussion um die volkstümliche Bildung und spätere Erfahrungen mit der »Verwissenschaftlichung« des Unterrichts machen die Gefahr jeder Trennung von anschaulicher, konkret-praktischer Bildung und wissenschaftlicher, abstrakt-theoretischer Bildung beziehungsweise der Fixierung auf nur einen dieser beiden Aspekte deutlich.
 
Literatur:
 
H. Glöckel: Volkstüml. Bildung? Versuch einer Klärung (1964);
 
Zur Gesch. der V., hg. v. T. Dietrich u. a., 2 Bde. (21972-74);
 C. Schadt-Krämer: Die pädagog. Bildung der V.-Lehrer im 19. Jh. (1990);
 F.-M. Kuhlemann: Modernisierung u. Disziplinierung. Sozialgesch. des preuß. V.-Wesens 1794-1872 (1992).

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Vọlks|schu|le, die [urspr. = Schule für die Kinder der niederen Stände]: 1. a) (Deutschland u. Schweiz früher) (Grund- u. Hauptschule umfassende) allgemein bildende öffentliche Pflichtschule; b) (österr.) Grundschule [u. Hauptschule]. 2. Gebäude der ↑Volksschule (1).

Universal-Lexikon. 2012.