Akademik

Widerspruch
Unvereinbarkeit; Gegenteiligkeit; Antinomie; Kontradiktion; Gegensätzlichkeit; Einspruch; Rekurs; Ablehnung; Zurückweisung; Reklamation; Widerrede; Gegenstimme; Einwand; Veto; Intervention (fachsprachlich); Einwendung; Dementi; Vorbehalt; Protest; Entgegnung; Paradox; Paradoxon

* * *

Wi|der|spruch ['vi:dɐʃprʊx], der; -[e]s, Widersprüche ['vi:dɐʃprʏçə]:
1. Äußerung, durch die man einer anderen Meinung o. Ä. entgegentritt:
es erhob sich allgemeiner Widerspruch; ihr Widerspruch war berechtigt; er duldet keinen Widerspruch.
Syn.: Widerrede.
2. das Sichausschließen; fehlende Übereinstimmung zweier oder mehrerer Aussagen, Erscheinungen o. Ä.:
zwischen seinem Reden und Handeln besteht ein heftiger Widerspruch.
Syn.: Diskrepanz, Gegensatz, Konflikt, Widerstreit, Zwiespalt.
3. das Widersprechen (d):
wir werden Widerspruch gegen dieses Gutachten einlegen.
Syn.: Einspruch.

* * *

Wi|der|spruch 〈m. 1u
1. Behauptung des Gegenteils, das Gegenteil aussagende Entgegnung, Einwand, Einspruch
2. mit einer anderen Tatsache unvereinbare Tatsache
● keinen \Widerspruch dulden; \Widerspruch gegen ein Rechtsurteil einlegen; (jeden) \Widerspruch zurückweisenempörter, entrüsteter, heftiger, schwacher \Widerspruch ● auf \Widerspruch stoßen; erhebt sich dagegen \Widerspruch?; in \Widerspruch zu etwas geraten; im \Widerspruch zu etwas stehen; seine Handlungsweise steht im \Widerspruch zu seinen Worten, Versprechungen; sich in Widersprüche verwickeln einander widersprechende Aussagen machen; diese Darstellung enthält einen \Widerspruch in sich selbst; ich bin kein ausgeklügelt Buch, ich bin ein Mensch mit seinem \Widerspruch (Ulrich von Hutten); etwas ohne \Widerspruch anhören, hinnehmen; jmdn. zum \Widerspruch reizen

* * *

Wi|der|spruch , der; -[e]s, …sprüche [spätmhd. widerspruch]:
1. <o. Pl.>
a) das Widersprechen (1); Widerrede (1):
euer W. war berechtigt;
es erhob sich allgemeiner W.;
dieser Vorschlag hat W. vonseiten der Opposition erfahren;
keinen, nicht den geringsten W. dulden, vertragen, aufkommen lassen;
jeden W. zurückweisen;
ihre Äußerungen stießen überall auf W.;
etw. reizt zum W.;
b) (bes. Rechtsspr.) das Widersprechen (1 b):
W. gegen die einstweilige Verfügung einlegen;
der Vorschlag wurde ohne W. angenommen.
2. das ↑ Sichwidersprechen (2), Sichausschließen; fehlende Übereinstimmung zweier od. mehrerer Aussagen, Erscheinungen o. Ä.:
das ist ein nicht zu übersehender W.;
worin liegt der W.?;
etw. ist ein W. in sich;
in W. zu jmdm., etw. geraten;
sich in Widersprüche verwickeln (widersprüchliche Aussagen machen);
seine Taten stehen mit seinen Reden in krassem W.
3. (Philos.) Gegensatz zwischen zwei Erscheinungen, Prozessen, Systemen o. Ä., die einander bedingen, sich zugleich aber ausschließen; widerstreitende Einheit der Gegensätze:
ein antagonistischer W.

* * *

Widerspruch,
 
1) Dialektik und Gesellschaftstheorie: In der Dialektik im Anschluss an G. W. F. Hegel ist Widerspruch eine grundlegende Kategorie jeglicher Entwicklung (z. B. Entwicklung der Gesellschaft oder von Naturvorgängen). Deren Grundschema besteht in These - Antithese (Widerspruch) - Synthese, wobei These und Antithese auf einer »höheren« Stufe aufgehoben werden in einer neuen Gestalt (Synthese). Insbesondere in der marxistischen und marxistisch orientierten philosophischen Literatur haben realer oder dialektischer Widerspruch als Kategorien zur Darstellung gesellschaftlicher Entwicklungen Bedeutung gewonnen. Realer Widerspruch meint dabei eine historisch erklärbare Sinnverkehrung bestehender Institutionen, dahingehend, dass die ethisch-politisch relevanten Ziele, für die eine Institution gegründet worden ist, durch diese Institution verhindert werden. Die Suche nach Widersprüchen stellt eine gesellschaftskritische Aufgabe dar. Sie wird durch Offenlegung gelöst, indem zugleich die ethisch-politischen Entwicklungsmöglichkeiten der Institutionen aufgezeigt werden. Die Herausarbeitung der Widersprüche, die den zwiespältigen Zügen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung innewohnen, setzte sich auch die kritische Theorie M. Horkheimers und T. W. Adornos zur Aufgabe, um auf Veränderungen zu einer vernünftigen gesellschaftlichen Organisation und die Aufhebung gesellschaftlichen Unrechts hinzuwirken. - Im Marxismus-Leninismus tritt der Widerspruch als Antagonismus zwischen den Interessen der Klassen zutage, der mit dem Sieg des Proletariats verschwinden soll.
 
 2) freiwillige Gerichtsbarkeit: Rechtsbehelf in Registersachen oder gegen die Richtigkeit des Grundbuchs. Die Löschung von Eintragungen ist durchzuführen, wenn eine Firma erloschen ist (§ 141 Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, FGG, § 31 Absatz 2 HGB) oder wenn die Eintragung im Handelsregister mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war (§ 142 FGG). Das Gericht hat den Betroffenen von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm eine Frist für einen Widerspruch zu setzen. Die Löschung darf erst erfolgen, wenn der Widerspruch rechtskräftig zurückgewiesen oder gar kein Widerspruch erhoben wurde (§§ 141, 142 FGG). Von Amts wegen wird nach § 53 Absatz 1 Grundbuchordnung (GBO) ein Widerspruch eingetragen, wenn das Grundbuchamt mit Vornahme der unrichtigen Eintragung gesetzlicher Vorschriften verletzt hat, nach § 18 GBO zum vorläufigen Schutz des Antragstellers in einem Grundbuchverfahren. Der Widerspruch ist grundbuchrechtliche Schutzvermerk, bei Grundbuchunrichtigkeit schließt der Widerspruch gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten aus (§ 892 BGB).
 
 3) Gesellschaftsrecht: Willenserklärung eines Gesellschafters, Aktionärs oder Genossen. Ein Aktionär, der einen Beschluss der Hauptversammlung, oder ein Genosse, der einen Beschluss der Generalversammlung seiner Genossenschaft durch Klage gegen die Gesellschaft beziehungsweise Genossenschaft anfechten will, muss schon in der Versammlung seinen Widerspruch zu Protokoll geben. Im Recht der GmbH ist der Widerspruch keine förmliche Voraussetzung der Anfechtungsklage; diese ist aber ausgeschlossen, wenn der Gesellschafter dem Beschluss zugestimmt hatte.
 
 4) Logik: Kontradiktion, lateinisch Contradịctio, jedes Aussageschema, das logisch falsch ist; Satz vom (verbotenen) Widerspruch: Principium Contradictionis.
 
 5) Verwaltungsrecht: frist- und formgebundener Rechtsbehelf gegen Verwaltungsakte (§§ 68 ff. Verwaltungsgerichtsordnung). Die Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (Verwaltungsgerichtsbarkeit) ist in der Regel erst nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (Vorverfahrens) zulässig. Das Widerspruchsverfahren gibt der Verwaltung Gelegenheit, ihre Entscheidung selbst noch einmal auf Rechtmäßigkeit und (bei Ermessensakten) auf Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Wenn die Ausgangsbehörde dem Widerspruch nicht abhilft, erlässt die Widerspruchsbehörde - in der Regel die nächsthöhere Behörde - den Widerspruchsbescheid.
 
 6) Zivilprozess: ein Rechtsbehelf besonders zur Anfechtung von Mahnbescheiden und Beschlüssen, durch die ein Arrest oder eine einstweilige Verfügung angeordnet wird (§§ 694, 924 ZPO). Nach Widerspruch wird die angefochtene Entscheidung in derselben Instanz überprüft.

* * *

Wi|der|spruch, der; -[e]s, ...sprüche [spätmhd. widerspruch]: 1. <o. Pl.> a) das Widersprechen (1 a); ↑Widerrede (1): sein W. war berechtigt; es erhob sich allgemeiner W.; dieser Vorschlag hat W. vonseiten der Opposition erfahren; keinen, nicht den geringsten W. dulden, vertragen, aufkommen lassen; jeden W. zurückweisen; ihre Äußerungen stießen überall auf W.; Ich möchte einmal erleben, dass er etwas ohne W. hinnimmt (Brot und Salz 340); etw. reizt zum W.; b) (bes. Rechtsspr.) das Widersprechen (1 b): W. gegen die einstweilige Verfügung einlegen; Gemeinderat beschließt W. gegen Entscheidung des Regierungspräsidiums (MM 10. 6. 75, 13); der Vorschlag wurde ohne W. angenommen. 2. das Sichwidersprechen (2), Sichausschließen; fehlende Übereinstimmung zweier od. mehrerer Aussagen, Erscheinungen o. Ä.: das ist ein nicht zu übersehender W.; worin liegt der W.?; etw. ist ein W. in sich; hier zeigt sich, welche Widersprüche ein Mensch in sich vereinigen kann; sein Lächeln steht im W. zu der Furcht in den Augen (Loest, Pistole 30); in W. zu jmdm., etw. geraten; sich in Widersprüche verwickeln (widersprüchliche Aussagen machen); ihre Taten stehen mit ihren Reden in krassem W. 3. (Philos.) Gegensatz zwischen zwei Erscheinungen, Prozessen, Systemen o. Ä., die einander bedingen, sich zugleich aber ausschließen; widerstreitende Einheit der Gegensätze: ein antagonistischer W.; der W. zwischen Natur und Gesellschaft, Wesen und Erscheinung, Form und Inhalt, Kapital und Arbeit.

Universal-Lexikon. 2012.