1Pa|ra|gu|ay, der; -[s]:
rechter Nebenfluss des Paraná.
2Pa|ra|gu|ay; -s:
Staat in Südamerika.
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I Paraguay
Fläche: 406 752 km2
Einwohner: (2000) 5,6 Mio.
Hauptstadt: Asunción
Amtssprachen: Spanisch, Guaraní
Nationalfeiertage: 14. und 15. 5.
Zeitzone: 700 Asunción = 1200 MEZ
['paragvaɪ, paragu'aːi, spanisch para'ɣu̯ai̯], amtlich Repụ́blica del Paraguay, Staat im Süden Südamerikas, grenzt an Brasilien, Bolivien und Argentinien, 406 752 km2, (2000) 5,6 Mio. Einwohner. Hauptstadt ist Asunción, Amtssprachen Spanisch, Guaraní. Währungseinheit: 1 Guaraní (G̸, G) = 100 Céntimos (cts). Zeitzone: Atlantikzeit (700 Asunción = 1200 MEZ).
Staat und Recht:
Gemäß der am 22. 6. 1992 in Kraft getretenen Verfassung ist Paraguay eine präsidiale Republik. Das neue, erstmals demokratisch zustande gekommene Grundgesetz bekennt sich zu Volkssouveränität und Gewaltenteilung und gewährleistet einen Standard von Grund- und Menschenrechten einschließlich des Rechts der indianischen Bevölkerung, ihre ethnische Identität zu bewahren und zu entwickeln. Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Regierungschef ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präsident (keine Wiederwahl möglich). Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament (Congreso nacional), der aus dem Senat (45 Mitglieder) und dem Abgeordnetenhaus (80 Abgeordnete) besteht. Die Legislaturperiode beträgt fünf Jahre.
Parteien:
Einflussreichste Parteien sind die Asociación Nacional Republicana - Partido Colorado (ANR-Partido Colorado, gegründet 1870), der Partido Liberal Radical Auténtico (PLRA, gegründet 1870, zwischenzeitlich in Partido Liberal und Partido Liberal Radical aufgespalten) und der Partido Encuentro Nacional (PEN, gegründet 1989 als Asunción Encuentro Nacional, 1994 in eine Partei umgewandelt).
Größter Gewerkschaftsverband ist der Central Nacional de Trabajadores (CNT), dem 186 Einzelgewerkschaften mit rd. 38 000 Mitgliedern angehören.
Das Wappen (von 1842) besteht aus dem fünfzackigen, goldene Strahlen aussendenden Stern (Symbol der Freiheit), der von einem durch ein Band in den Nationalfarben zusammengehaltenen Kranz aus Oliven- und Palmenzweigen umgeben ist. Der Kranz wiederum ist kreisförmig mit dem amtlichen Landesnamen umschrieben, abgeschlossen wird das Wappen außen von einem Ring in den Nationalfarben.
Nationalfeiertage:
Nationalfeiertage sind der 14. und 15. Mai zum Gedenken an die Erlangung der Unabhängigkeit am 14. 5. 1811.
17 Departamentos mit direkt gewähltem Gouverneur sowie Hauptstadtbezirk; 212 Gemeinden. 1993 wurden die Gouverneure und die Parlamente der Departamentos erstmals direkt gewählt.
An der Spitze des Gerichtssystems steht der Oberste Gerichtshof, nachgeordnet sind Appellationsgerichtshöfe, Geschworenengerichte, Gerichte 1. Instanz sowie Schlichtungsgerichte, Amtsgerichte und Friedensrichter. Höchste Instanz der 1995 geschaffenen Wahlgerichtsbarkeit ist das Oberste Wahltribunal, dem entsprechende Wahlgerichte nachgeordnet sind.
Die Gesamtstärke der Wehrpflichtarmee (Dienstzeit 18 Monate, in der Marine zwei Jahre) beträgt rd. 20 000, die der paramilitärischen Polizeispezialtruppe für die innere Sicherheit etwa 8 000 Mann. Das Heer (rd. 15 000 Soldaten) gliedert sich hauptsächlich in sechs Infanterie- und vier Kavalleriedivisionen sowie verschiedener Sondereinheiten. Die Marine hat etwa 3 500, die Luftwaffe rd. 1 500 Mann.
Landesnatur und Bevölkerung:
Der Binnenstaat Paraguay besitzt überwiegend Flachlandcharakter. Der Fluss Paraguay teilt das Land in zwei Großeinheiten. Die größere Westregion umfasst die nach Osten schwach geneigte Aufschüttungsebene (450-100 m über dem Meeresspiegel) des Chaco boreal (Gran Chaco). Die Ostregion ist Teil des von paläozoischen und mesozoischen Gesteinen bedeckten präkambrischen Brasilianischen Schildes und besteht aus einem nach Osten bis 700 m über dem Meeresspiegel ansteigenden, teilweise plateauartigen Bergland. Die Flussaue wird durch ihre meist erhebliche Breite zu einem eigenen Naturraum.
Vorherrschend ist ein subtropisches Klima, wobei die nördlichen Teile Paraguays bereits den wechselfeuchten Tropen angehören. Die Sommer sind heiß, mit Temperaturmaxima bis zu 45 ºC, die Winter kühl (Temperaturminima bis —2 ºC). Die mittleren Jahresniederschlagsmengen, die im Nordosten noch 2 000 mm erreichen, nehmen nach Westen hin ab; bei Asunción betragen sie noch 1 300 mm, im Nordwesten des Landes nur 500 mm.
Im besser beregneten östlichem Paraguay sind subtropische Feuchtwälder, im Nordosten auch Feuchtsavannen verbreitet. Den Süden der Ostregion nehmen Grasfluren ein. Im Ostabschnitt des Gran Chaco finden sich Quebrachowälder. Nach Westen folgen Laub abwerfende Trockenwälder und Grasfluren, im Nordwesten Trockensavannen.
Über 90 % der Bevölkerung sind Mestizen, rd. 2 % Weiße und 1 % Asiaten. Reine Indianer (etwa 3 % der Bevölkerung) leben v. a. im Gran Chaco. 1782 machten Weiße und Mestizen zusammen erst 16 % der Einwohner aus. In den von den Jesuiten hinterlassenen Missionssiedlungen lebten damals noch etwa 100 000 Indianer. Nach einem Bevölkerungs-Stand von (1859) 1,4 Mio. verminderte sich durch den Krieg gegen Argentinien, Brasilien und Uruguay die Zahl auf (1870) 230 000. - Mennoniten, die in drei Gruppen (1927, 1930 und 1947) einwanderten, siedeln im Chaco und östlichem Paraguay. - Die größte indianische Volksgruppe Paraguays, die Guaraní (etwa 30 000, ohne die Mestizen), lebt fast ausschließlich im Ostteil des Landes. Ihre Sprache ist die vorherrschende allgemeine Umgangssprache, v. a. auf dem Land. Von Verfolgung bedroht sind oder waren die rd. 40 000 Chacoindianer (v. a. die Aché). Das Bevölkerungswachstum ist mit 2,8 % pro Jahr (um 1995) das höchste in Südamerika (Geburtenrate 34 ‰, Sterberate 6 ‰); 42 % der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre. Die Sozialstruktur ist durch extreme Ungleichheiten bestimmt; benachteiligt ist v. a. die ländliche Bevölkerung; drei Viertel der im Agrarsektor tätigen Familien leben in Armut. - Fast 98 % der Bevölkerung sind in der Ostregion ansässig. In den Städten wohnen (1995) 54 %. Größte Stadt ist Asunción mit 638 000 Einwohnern (Metropolitangebiet) vor Ciudad del Este (ehemals Presidente Stroessner) mit 134 000 Einwohnern.
Es besteht Religionsfreiheit. Staat und Kirche sind nach der Verfassung getrennt; ihre Inkraftsetzung (1992) hob den Status der katholischen Kirche als Staatskirche auf. Rd. 98 % der Bevölkerung sind Christen: Rd. 93 % gehören der katholischen Kirche an, rd. 5 % protestantischen Kirchen (v. a. Mennoniten, Baptisten, Pfingstler, Adventisten, Lutheraner) und der anglikanischen Kirche. Eine religiöse Minderheit bilden die Bahais. Außerdem gibt es Mormonen, Zeugen Jehovas und Anhänger des europäischen Spiritismus (Kardecismus). Traditionelle Religionen haben sich unter der indianischen Bevölkerung erhalten. - Die katholische Kirche umfasst ein Erzbistum (Asunción) mit zehn Bistümern und zwei Apostolische Vikariaten. Das anglikanische Bistum für Paraguay (Sitz: Asunción) ist Teil der »Anglikanischen Kirche der Südspitze Amerikas«.
Es besteht eine zweijährige Vorschul- und eine sechsjährige Schulpflicht, der aber zum Teil nicht nachgekommen (rd. 15 %) oder die abgebrochen wird (über 50 % ohne Abschluss). Das Colegio, die sechsjährige allgemein bildende Sekundarschule (in zwei dreijährige Abschnitte gegliedert), berechtigt zum Hochschulstudium und zur Lehrerausbildung. Daneben bestehen berufliche Sekundarschulen. Die Analphabetenquote beträgt 7,6 %. Paraguay hat zwei Universitäten in Asunción (staatlich, gegründet 1890; katholisch, gegründet 1960).
In Paraguay ist die Pressefreiheit gewährleistet. Auflagenstärkstes Blatt ist die Boulevardzeitung »ABC Color« (gegründet 1967; Auflage 75 000), weitere wichtige Tageszeitungen sind »El Diário Notícias« (1984; 55 000), »Última Hora« (1973; 45 000) und »Hoy« (1977; 40 000). Neben der staatlichen Rundfunkgesellschaft »Radio Nacional del Paraguay« (gegründet 1941) strahlen etwa 60 kommerzielle Stationen Hörfunkprogramme aus. Fernsehprogramme werden von zwei privaten Anstalten und zwei TV-Kabelnetzwerken mit jeweils mehreren Kanälen übertragen.
Wirtschaft und Verkehr:
Da Paraguay nur über wenige abbauwürdige Rohstoffe verfügt, ist die Landwirtschaft traditionell die ökonomische Grundlage des Landes. Mit einem Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1996) 1 690 US-$ zählt Paraguay zu den Entwicklungsländern mit mittlerem Einkommen. Seit den 60er-Jahren hat Paraguay eine starke protektonistische Wirtschaftspolitik (abgeschotteter Binnenmarkt, staatliche Subventionen namentlich der Industrie) betrieben. Dank hoher Agrar- und hydroelektrischer Exporte wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen 1965 und 1980 im Jahresdurchschnitt um 7 %. In den 80er-Jahren kam es zu einer vorübergehenden Stagnation und insgesamt deutlichem Rückgang der Wachstumsraten (1980-95: 3,3 %). Reformen im Hinblick auf Privatisierung und Rationalisierung des staatlichen Sektors sind zwar angekündigt, bislang aber nur zaghaft umgesetzt worden. Einen erneuten Aufschwung verspricht man sich vom gemeinsamen Markt des südlichen Südamerika (Mercosur). Gelungen ist eine weitere Reduzierung der Inflation, die in Paraguay nie das Ausmaß anderer lateinamerikanischen Staaten erreicht hatte, auf (1995) 10,7 %.
Im Agrarsektor arbeiten (1993) rd. 43 % der Erwerbstätigen; sie erwirtschaften (1995) 24 % des BIP. Die landwirtschaftliche Nutzfläche setzt sich zusammen aus (1994) 2,3 Mio. ha Ackerland und Dauerkulturen (5,6 % der Staatsfläche) und 21,7 Mio. ha Dauerwiesen und -weiden. Während die Grasfluren des Gran Chaco fast ausschließlich weidewirtschaftlich genutzt werden, ist Ostparaguay, neben seiner Bedeutung als Hauptfleischproduzent, auch das wichtigste Anbaugebiet des Landes (v. a. in den fruchtbaren Ebenen des La-Plata-Beckens). Sojabohnen, Baumwolle, Mais, Weizen und Maniok sind die Hauptanbauprodukte. Mit einer Erntemenge von (1994) 1,8 Mio. t liegt Paraguay unter den Sojabohnenproduzenten weltweit an siebter Stelle. Die Rinderhaltung (1993: 8,1 Mio. Rinder) konzentriert sich auf die Gewinnung von Fleisch und Häuten, weniger auf die Milchwirtschaft. Ein großes Problem ist die durch Großgrundbesitz (auch unter der Beteiligung von ausländischem Kapital) geprägte Besitzstruktur. Trotz mehrerer Agrarreformen entfallen nach wie vor 80 % der Agrarfläche auf nur 3 % der Betriebe. Nach dem Agrarzensus von 1991 sind 40 % der Betriebe kleiner als 5 ha.
Große Holzreserven finden sich im östlichen Landesteil. Forstwirtschaftlich genutzt wird rd. ein Drittel der gesamten Waldfläche von (1994) 12,85 Mio. ha (32 % der Gesamtfläche). Der Holzeinschlag beläuft sich auf (1994) 6,4 Mio. t (3,6 Mio. t Brennholz). Ein Großteil des unkontrolliert geschlagenen Edelholzes wird illegal nach Brasilien ausgeführt.
Bodenschätze sind bisher kaum entdeckt worden. Die Suche nach Erdöl und Erdgas im Gran Chaco blieb erfolglos. Demgegenüber trägt die Energiewirtschaft wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung bei, besonders durch die Stromexporte der Kraftwerke Itaipú und Yaciretá-Apipé am Paraná. Die installierte Leistung der Kraftwerke beträgt (1993) 8 500 MW; 1994 wurden 3,8 Mio. KWh erzeugt.
Im industriellen Sektor (einschließlich Bergbau, Energie- und Bauwirtschaft) erwirtschaften (1995) rd. 23 % der Erwerbstätigen 22 % des BIP. Mehr als zwei Drittel der Industrieproduktion stammen aus der Weiterverarbeitung land- und forstwirtschaftlicher Produkte: Fleischverarbeitung (Konserven, Fleischextrakt, Gefrierfleisch), Gewinnung pflanzlicher Öle, Baumwollentkörnung, Zuckerproduktion, Lederverarbeitung, Textilindustrie. Die Holzindustrie umfasst Sägewerke, Furnier- und Sperrholzfabriken. Bauwirtschaft und Zementindustrie profitieren besonders von den großen Wasserkraftprojekten. 70 % der Produktion konzentrieren sich auf die Hauptstadtregion.
Die Handelsbilanz Paraguays ist seit langem defizitär. 1994 standen Importen in Höhe von 2 140 Mio. US-$ Exporte in Höhe von 816 Mio. US-$ gegenüber. Darin ist der illegale, aber weitgehend tolerierte Warenaustausch, v. a. mit den Nachbarländern Argentinien und Brasilien, nicht enthalten; er wird auf bis zu 50 % des offiziellen Außenhandels geschätzt. Unter den Exportprodukten stehen Erzeugnisse des Agrar- und Forstsektors bei weitem an der Spitze (1994: Sojabohnen 27 %, Baumwolle 18 %, Holz und Holzprodukte 9 %, Leder 7 %, Fleisch 6 %). Haupthandelspartner ist Brasilien (37 % der Ex- und 26 % der Importe), daneben noch Argentinien, die USA und die Niederlande. Die Auslandsverschuldung ist im lateinamerikanischen Vergleich recht gering; 1994 belief sie sich auf 2,0 Mrd. US-$, was rd. 63 % der Exporterlöse entspricht.
Verkehr:
Die verkehrsmäßige Erschließung des Binnenlandes Paraguay ist noch ungenügend. Die staatliche Eisenbahnstrecke Asunción-Encarnación ist 441 km lang; die 1989 eröffnete Brücke über den Alto Paraná stellt die Verbindung zum argentinischen Netz her. Von den (1994) 59 276 km Straßen sind nur 2 722 km asphaltiert; der Panamerican Highway hat in Paraguay eine Länge von 705 km. Die Binnenschifffahrt auf dem Paraná und dem Paraguay dient v. a. dem Außenhandelsverkehr (größter Binnenhafen ist Asunción). Die nationale Luftverkehrsgesellschaft heißt Líneas Aéreas Paraguayas (LAPSA; 1994 privatisiert). Asunción besitzt einen internationalen Flughafen; Inlandflüge bieten Aerolíneas Paraguayas (ARPA) an.
Paraguay entstand in dem Gebiet östlich des Paraguay aus dem 1537 gegründeten Asunción, das bis 1617 - bis zur Errichtung der Binnenzollgrenze zwischen den zur Pazifikküste orientierten Innenprovinzen und dem Gebiet um Buenos Aires - der Schwerpunkt der spanischen Siedlungen im La-Plata-Gebiet war. Im Gebiet Paraguay bestanden seit 1609 von Jesuiten geführte Guaraní-Reduktionen (zumeist in der damals zu Paraguay gehörenden, heute argentinische Provinz Misiones). Die abgeschlossene Lage und die geringe europäische Einwanderung führten zu einer engen Bindung der Spanier an die einheimische Guaraní. Die aus der Verschmelzung entstandenen Mestizen drängten die Europäer und die Indianer allmählich in den Hintergrund. Für sie war neben dem Spanischen das Guaraní die Umgangssprache. In ihren Reduktionen betrieben die Jesuiten die friedliche Christianisierung der Guaraní. Hieraus entstand der »Jesuitenstaat« am Mittellauf des Paraná und des Uruguay, der aber weder ein geschlossenes Territorium noch souverän war. In den Reduktionen besaßen die Jesuiten jedoch eine umfangreiche Selbstverwaltung. Ihre Organisation beruhte auf der spanischen Kolonialgesetzgebung und passte sich den Sitten der Guaraní an. Für diese, die von staatlichen Tributleistungen befreit waren, galt eine allgemeine Arbeitspflicht. Zu wirtschaftlichen Wohlstand kamen die Reduktionen durch den Handel mit Matetee. Die Jesuiten, die Mitte des 18. Jahrhunderts dreißig Reduktionen mit etwa hunderttausend angesiedelten Guaraní betreuten, besaßen zeitweise eine eigene Miliz, mit der sie die Sklavenjagden der Bandeirantes von São Paulo abwehrten. Als 1767 die Jesuiten vertrieben wurden, zerstreuten sich die nie völlig sesshaft gewordenen Indianer; die unter Zivilverwaltung gestellten Reduktionen verfielen. Seit 1776 wurde Paraguay vom neu gegründeten Vizekönigreich Río de la Plata mit der Hauptstadt Buenos Aires abhängig. Nach der Mairevolution von 1810 in Buenos Aires erhob sich auch die Provinz Paraguay gegen die spanische Herrschaft und verteidigte zugleich erfolgreich ihre Unabhängigkeit von Argentinien. J. G. T. Rodríguez de Francia, der 1814-40 als Diktator regierte, wahrte durch strenge wirtschaftliche Autarkie und politische Isolierung die Selbstständigkeit des Binnenlandes Paraguay gegenüber den Ansprüchen Brasiliens und Argentiniens. Auf Francia folgte in gleicher Machtstellung sein Neffe C. A. López, der eine Politik der wirtschaftlichen und politischen Öffnung nach außen und der Modernisierung betrieb. Diese Modernisierung betraf besonders das Militärwesen, da die Ansprüche der expandierenden Nachbarstaaten Argentinien und Brasilien Paraguay bedrohten. Mit einem gut ausgebildeten Heer kämpfte Paraguay gegen den argentinischen Diktator J. M. de Rosas (1845-52) sowie gegen Brasilien (1855) und Uruguay (1858). Nach dem Tod von C. A. López (1862) wurde sein Sohn, F. S. López, Präsident. Er versuchte, einen Zugang zum Meer zu erlangen, doch endete der Krieg gegen Brasilien, Argentinien und Uruguay (Krieg der Tripelallianz 1865-70) für Paraguay mit einem Fiasko: Das Land verlor etwa 70% seiner Bevölkerung und etwa die Hälfte seines nutzbaren Territoriums. Von den wirtschafts- und bevölkerungspolitischen Folgen des Krieges erholte sich Paraguay erst wieder im 20. Jahrhundert. Eine Nationalversammlung beschloss 1870 eine liberale Verfassung, 1887 formierten sich die traditionellen Parteien der Liberalen und der konservativen Colorados. Die Colorados bestimmten bis 1904, die Liberalen bis 1934 die Politik. Aber immer wieder hemmten Unruhen und Staatsstreiche rivalisierender Offiziere und Parteien die politische und wirtschaftliche Entwicklung. Unter den Präsidenten E. Schaerer (1912-16) und E. Ayala (1924-28) festigte sich die innenpolitische Lage.
Nach dem verlustreichen Chacokrieg gegen Bolivien (1932-35) erhielt Paraguay den größten Teil des umstrittenen Chaco Boreal zugesprochen. Die innenpolitischen Verhältnisse waren vom Wechsel diktatorischer Regierungen geprägt: Unter der Regierung von Oberst R. Franco (1936-37) wurde mit einem Staatsaufbau nach faschistischen Vorbildern begonnen, unter der des Generals Higinio Morínigo (1940-48) eine autoritäre Verfassung geschaffen und den Achsenmächten 1942 der Krieg erklärt. Nachdem der seit 1949 amtierende Präsident Federico Chaves im Mai 1954 durch einen Militärputsch des Generals A. Stroessner gestürzt worden war, übte dieser 34 Jahre lang die Regierungsgewalt aus. Nach seiner formellen Wahl am 11. 7. 1954 übernahm er am 15. 8. 1954 offiziell das Amt des Präsidenten. Nach dem Sturz des argentinischen Präsidenten J. Perón (1955) lehnte sich Paraguay enger an Brasilien an. Stroessner, der trotz Bestehens einer demokratischen Verfassung mit diktatorischen Vollmachten regierte, wurde seit 1958 alle fünf Jahre wieder gewählt. An den Wahlen von 1963 nahmen zum ersten Mal Frauen teil. Bei den Wahlen von 1968 durfte auch die Opposition wieder eigene Kandidaten aufstellen. Trotz mehrerer, besonders von Exilparaguayern geförderter Umsturzversuche konnte Stroessner, gestützt auf die Militärs und den Partido Colorado, seine Macht behaupten. Er bemühte sich um Ausbau und Förderung von Landwirtschaft, Bildungswesen und Infrastruktur. Dabei gelang es ihm, die Währung relativ stabil zu halten. Nachdem 1967 eine neue Verfassung, die Stroessner die Wiederwahl von 1968 ermöglichte, in Kraft getreten war, kritisierte die bis dahin staatstreue katholische Kirche immer stärker die Unterdrückung der Menschenrechte und die wirtschaftliche Entwicklung. Während die innenpolitischen Lage gespannt blieb, versuchte die Regierung, ihre Industriepolitik außenpolitisch abzusichern (Vereinbarungen mit Bolivien über die Lieferung von Erdöl und Erdgas, Abkommen mit Argentinien und Brasilien über den Bau von Wasserkraftanlagen am Río Paraná). Auseinandersetzungen um die siebte Kandidatur Stroessners innerhalb der Colorados führten zur Spaltung der Partei. Stroessner wurde dennoch im Februar 1988 wieder gewählt, doch schon am 3. 2. 1989 in einem blutigen Militärputsch gestürzt, der General Andrés Rodríguez an die Macht brachte; durch Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Mai 1989 wurde er bestätigt. Nach Teilreformen (Zulassung von Oppositionsparteien bei den ersten freien Kommunalwahlen im Mai 1991, Pressefreiheit) wurde am 1. 12. 1991 eine verfassunggebende Nationalversammlung gewählt, die eine demokratische Verfassung erarbeitete (in Kraft getreten am 18. 6. 1992). Die ersten demokratischen Präsidentschaftswahlen (9. 5. 1993 gewann J. C. Wasmosy Monti (Partido Colorado). Seit 1994 kam es immer wieder zu sozialen Unruhen (Bauernproteste, Generalstreiks 1994 und 1995), doch konnte Wasmosy die Inflation erheblich vermindern und die wirtschaftlichen Investitionen steigern. Ein Putschversuch General C. Oviedos im April 1996 endete mit der Verurteilung des Generals zu zehn Jahren Haft. Die Wahlen 1998 gewann R. Cubas Grau (ANR); als er jedoch kurz nach Amtsantritt General Oviedo amnestierte, kam es zu einer verfassungsrechtlichen und politischen Krise: Das Parlament forderte die Wiederfestsetzung des Generals und leitete, als der Präsident dies verweigerte, ein Amtsenthebungsverfahren ein. Die Krise verschärfte sich mit dem Mord an Vizepräsidenten L. M. Argaña im März 1999. Cubas Grau trat zurück und ging nach Brasilien ins Exil, General Oviedo floh nach Argentinien. Begleitet waren diese Ereignisse von heftigen Unruhen, die erst ein Ende fanden, als das Parlament Senatspräsident L. González Macchi zum Präsidenten ernannte. Die Wahlen für das Amt des Vizepräsidenten gewann im August 2000 der Kandidat der oppositionellen Liberalen, J. C. Franco; González Macchi soll, obwohl nicht demokratisch legitimiert, bis 2003 im Amt bleiben. - Seit 1993 gehört Paraguay zu den Mercosur-Staaten.
M. Mörner: The political and economic activities of the Jesuits in the La Plata region (Stockholm 1953);
E. Cardozo: El P. colonial (Buenos Aires 1959);
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P., hg. v. T. Heydenreich u. a. (1984);
A. Brachetti: Die Missionsarbeit der kath. Kirche bei den Indianern in P. (1990);
M. Krischer: Die Kirche in P. Von der Kolonialzeit bis zum Ende des Stroessner-Staates (1991);
J. M. G. Kleinpenning: Rural P. 1870-1932 (Amsterdam 1992).
Paraguay
['paragvaɪ, paragu'aːi], spanisch Rị́o Paraguay [-para'ɣu̯ai̯], brasilianisch Rio Paraguay ['rriu-], größter (rechter) Nebenfluss des Paraná, entspringt im brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso in 300 m über dem Meeresspiegel, durchfließt das Pantanal, bildet dann die Grenze zwischen Brasilien und der Republik Paraguay, durchfließt die Republik Paraguay, ab Asunción Grenzfluss gegen Argentinien, mündet oberhalb von Corrientes, 2 500 km lang, Einzugsgebiet 1,15 Mio. km2. Der Lauf folgt einer Bruchlinie am Rand des Brasilianischen Schildes; größtenteils ein von Uferdämmen begleiteter, windungsreicher Tieflandfluss; schon 200 km nach der Quelle beträgt das Gefälle bis zur Mündung nur 118 m; in der Hochwasserzeit weite Überschwemmungen; größtenteils schiffbar.
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1Pa|ra|gu|ay, der; -[s]: rechter Nebenfluss des Paraná.
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2Pa|ra|gu|ay; -s: Staat in Südamerika.
Universal-Lexikon. 2012.