Asyl|recht 〈[azy:l-] n. 11; unz.〉 Recht auf Verfolgungsfreiheit in einem Asyl ● \Asylrecht in Anspruch nehmen
* * *
Asyl|recht, das:
1. Recht aus politischen, religiösen od. anderen Gründen Verfolgter auf ↑ Asyl (2) im Zufluchtsstaat:
A. genießen.
2. Recht souveräner Staaten, aus politischen, religiösen od. anderen Gründen Verfolgten ↑ Asyl (2) zu gewähren.
* * *
Asylrecht,
das Recht eines aus politischen, rassischen, religiösen oder anderen Gründen Verfolgten, an einem vor Verfolgung sicheren Aufenthaltsort Zuflucht finden zu können.
Das Asylrecht ist eine der ältesten Institutionen der Menschheit. Ihr liegen rechtliche und religiöse Vorstellungen zugrunde: Der durch Verfolgung bedrohte Mensch tritt an gewissen Kultstätten (Ahnenplatz, Dingplatz, Hain, Tempel) oder bei Berührung bestimmter sakraler Gegenstände unter den Schutz der Gottheit. Verletzung des Asylrechts gilt als Frevel. Im Mittelmeerraum spielte der Tempelfriede eine große Rolle. Daneben wurde aber bereits in der Antike staatliche Asylgewährung, z. B. von den griechischen Stadtstaaten, praktiziert. Unterschieden werden können kirchliches und weltliches Asyl. In der christlichen Kirche entwickelte sich das Asylrecht aus dem Gedanken der Caritas und Misericordia; die Bischöfe intervenierten zugunsten der in die Kirche Geflüchteten bei weltlichen Instanzen. Das geltende katholische Kirchenrecht hält am kirchlichen Asyl nicht mehr fest. Neuerdings erlebt das »Kirchenasyl« eine Renaissance in Form einer Forderung nach einem »Härtefallprivileg« für Kirchen und humanitäre Organisationen. Die Gewährung von Sonderrechten für diese Organisationen ist allerdings aus rechtsstaatlichen Gründen nicht unproblematisch.
Das weltliche Asyl war seit dem Mittelalter häufig an Adelssitze und bürgerliche Stadthäuser gebunden. Als mit einer ständigen Gesandtschaft verbundenes Recht (»diplomatisches Asyl«) erfasste es auch die die Gesandtschaft umgebenden Stadtviertel (»Freistätte«). Seit der Aufklärung und der Französischen Revolution wurde das Asylrecht zunehmend eine Einrichtung, die politisch Verfolgten Schutz bot; so auch in den politisch-ideologischen Auseinandersetzungen im Europa des 19. Jahrhunderts. Durch das weltweite Entstehen diktatorischer und totalitärer Regime wurde das Asyl besonders im 20. Jahrhundert zu einer Notwendigkeit für viele Menschen.
Im Völkerrecht unterscheidet man zwischen territorialem und diplomatischem Asyl. Unter territorialem Asyl versteht man die Gewährung von Zuflucht auf dem (eigenen) Gebiet des Aufenthaltsstaates. Diplomatisches oder extraterritoriales Asyl liegt dann vor, wenn ein Staat seine Auslandsvertretungen (Botschaften, Konsulate) verfolgten Personen zu Asylzwecken öffnet.
Territoriales Asyl:
Nach allgemeinem Völkerrecht gibt es kein Recht eines aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen verfolgten Individuums auf Zuflucht in einem Staat seiner Wahl. Das Völkerrecht garantiert lediglich die Befugnis der Staaten, Verfolgten territoriales Asyl zu gewähren. Die Asylgewährung darf daher von anderen Staaten, insbesondere vom Heimatstaat des Flüchtlings, nicht als völkerrechtswidrige Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines fremden Staates angesehen werden.
Die völkerrechtlichen Grundlagen des modernen Asyls sind in dem Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) vom 28. 7. 1951 niedergelegt; die Genfer Flüchtlingskonvention enthält aber keinen individuellen Anspruch des Einzelnen auf Asylgewährung. Vielmehr haben sich die Vertragsstaaten lediglich verpflichtet, dem anerkannten politischen Flüchtling gewisse Rechte bezüglich der Erwerbstätigkeit und seiner sozialen Sicherheit zu gewähren. Die Konvention verbietet darüber hinaus, dass ein Flüchtling einem Verfolgerstaat überantwortet oder ausgeliefert wird. Der Geltungsbereich der Flüchtlingskonvention war ursprünglich hauptsächlich auf Flüchtlinge in Europa und auf Ereignisse, die vor dem 1. 1. 1951 eingetreten waren, beschränkt. Nach der Aufhebung dieser Beschränkungen in einem Protokoll von 1967 entwickelte sich die Genfer Konvention zur »Magna Charta« des internationalen Flüchtlingsrechts. Sie zählt heute mit über 140 Vertragsstaaten zu den weltweit geltenden Verträgen. Einigen ihrer Bestimmungen, insbesondere dem »Refoulement-Verbot« (Verbot, einen Flüchtling in ein Gebiet auszuweisen oder zurückzuweisen, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde), wird heute sogar gewohnheitsrechtliche Geltung beigelegt.
Ungeachtet ihrer universalen Geltung wirft die Konvention zahlreiche Auslegungsfragen im Hinblick auf den Flüchtlingsbegriff und die aus der Konvention abgeleiteten Schutzrechte auf. Als Flüchtling wird in Artikel 1 der Konvention eine Person definiert, die sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren ständigen Wohnsitz hat, und die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht vor Verfolgung nicht dorthin zurückkehren kann. Zahlreiche Vertragsstaaten legen diese Definition dahin aus, dass auch Opfer nichtstaatlicher Verfolgung in den Anwendungsbereich der Konvention fallen, wenn sie keinen ausreichenden Schutz durch ihren Heimatstaat in Anspruch nehmen können. Andere Vertragsstaaten, wie z. B. Deutschland, aber auch Frankreich, vertreten die Auffassung, dass als politische Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention nur diejenige angesehen werden kann, die von einem Staat ausgeht oder diesem zumindest zurechenbar ist (so, wenn ein Staat gegen private Verfolgung aus politischen oder ethnischen Gründen keinen ausreichenden Schutz für Minderheiten gewährt). Bedeutung hat die Streitfrage insbesondere für Flüchtlinge aus Staaten, in denen die staatliche Ordnung weitgehend zusammengebrochen ist und in denen sich noch keine neuen staatlichen Strukturen oder eine staatsähnliche Herrschaftsmacht etabliert haben.
Eine weitere Streitfrage betrifft die Anerkennung geschlechtsbezogener Verfolgung als Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Konvention. Da das Geschlecht als solches in der Genfer Konvention nicht erwähnt ist, kommt eine Anerkennung als Verfolgungsgrund nur über die Zugehörigkeit zu einer »sozialen Gruppe« in Frage. Es ist streitig, ob Frauen in diesem Sinne als eigene soziale Gruppe angesehen werden können. Ungeachtet dessen ist weithin anerkannt, dass bestimmte Formen geschlechtsbezogener Verfolgung eine Schutzbedürftigkeit begründen.
Umstritten ist ferner, wann ein Schutzanspruch nach der Genfer Konvention einsetzt. Unbestritten gilt das Refoulement-Verbot für Flüchtlinge, die das Territorium eines Vertragsstaates bereits erreicht haben. Nach einer Entscheidung des US Supreme Court besteht jedoch keine Verpflichtung, Flüchtlingen das Erreichen des eigenen Territoriums zu ermöglichen oder zu gestatten. Der Supreme Court hat daher die Klage von haitianischen Bootsflüchtlingen auf Gestattung der Einreise in die USA mangels Anwendbarkeit der Genfer Konvention zurückgewiesen.
In den letzten Jahren hat sich neben der individuellen Aufnahme von Flüchtlingen, die die Konventionskriterien erfüllen, ein System des temporären Schutzes entwickelt, nachdem zahlreiche Staaten mit einem plötzlichen Massenzustrom von Menschen konfrontiert wurden, der ihre regulären Asylsysteme überfordert hat. Ohne individuelle Überprüfung wurden nach den jeweiligen Regeln über temporären Schutz Personen aufgenommen, ohne dass im Einzelfall überprüft wurde, ob sie die Voraussetzungen für einen Konventionsflüchtlingsstatus erfüllen. Temporärer Schutz ist dadurch charakterisiert, dass keine Garantie auf dauerhaftes Asyl gegeben wird, sondern lediglich Schutz für die Dauer einer vorübergehenden Notsituation (Krieg, Bürgerkrieg) gewährt wird.
Nicht anwendbar ist die Genfer Konvention auf Binnenvertriebene, die auf dem Territorium ihres Herkunftslandes geblieben sind und damit dessen Gesetzen nach wie vor unterliegen. In einigen Konfliktgebieten unterstützt der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) einen Teil der weltweit geschätzten 20 - 25 Millionen Binnenvertriebenen.
Diplomatisches Asyl:
Im Gegensatz zum territorialen Asyl, das den Schutz auf dem Territorium des Zufluchtsstaates beinhaltet, wird unter diplomatischem Asyl die Zufluchtgewährung in Botschaften und Konsulaten verstanden. Völkergewohnheitsrechtlich und vertragsrechtlich lässt sich grundsätzlich keine allgemeine Befugnis von Staaten zur Gewährung diplomatischen Asyls nachweisen. Dennoch ist in den vergangenen Jahrzehnten in einer Vielzahl von Fällen Asyl gewährt worden, u. a. auch von den westlichen Botschaften in Ostblockstaaten während des Kalten Krieges. Heute wird überwiegend angenommen, dass zumindest im Falle unmittelbar drohender Menschenrechtsverletzung ein Staat zur Gewährung diplomatischen Asyls befugt ist. Auch im Falle einer völkerrechtswidrigen Nutzung von Botschaftsräumlichkeiten darf der Gaststaat die Immunität des Botschaftsgebäudes nicht antasten und ist deshalb daran gehindert, mit Gewaltmaßnahmen einen Flüchtling vom Botschaftsgelände zu entfernen.
Das Asylrecht in Deutschland
Grundlagen:
Das GG gewährt als eine der wenigen Verfassungen der Erde unter bestimmten Voraussetzungen jedem politisch Verfolgten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Asyl (Artikel 16 a GG) und zieht damit die historischen Lehren aus der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft (1933-45). Als politisch Verfolgter gilt jeder, der wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib oder Leben oder Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit ausgesetzt ist oder solche Verfolgungsmaßnahmen begründet befürchtet.
Das Asylrecht des GG ist anders als z. B. die französische Verfassung gegenüber der politischen Zielsetzung des Flüchtlings neutral. Auch der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung kämpfende Asylsuchende hat einen Asylanspruch, sofern er politische Verfolgung in seinem Heimatstaat zu gewärtigen hat. Der Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention schließt dagegen vom Schutz des Abkommens Personen aus, die Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder schwere nichtpolitische Verbrechen vor ihrer Aufnahme im Gastland begangen haben oder sich Handlungen zuschulden kommen ließen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.
Das Asylrecht schützt nicht vor den allgemeinen Nachteilen, die Bürger eines Staates aufgrund der in ihrem Heimatland herrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zu ertragen haben. Nicht ausreichend sind daher Krieg, Bürgerkrieg, Revolution, Hungersnöte, Naturkatastrophen oder wirtschaftliche Nöte, um einen Asyltatbestand zu begründen.
Verfahren und Inhalt:
Das Asylrecht garantiert dem politisch Verfolgten ein Recht auf Aufenthalt und Möglichkeiten seiner beruflichen und persönlichen Entfaltung. Schon vor seiner Anerkennung als politisch Verfolgter hat ein Asylbewerber grundsätzlich ein Bleiberecht für die Dauer des Asylverfahrens.
Dies war so lange unproblematisch, als jährlich nur eine begrenzte Zahl von Asylbewerbern (bis 1977 etwa 5 000-10 000) in die Bundesrepublik kam. Als 1981 mehr als 107 000 Asylbewerber gezählt wurden, reagierte der Gesetzgeber mit der Einführung des Visumzwangs, des vorläufigen Arbeitsverbots für Asylbewerber, der Regelunterbringung in Sammellagern und der Möglichkeit, Sozialhilfe in Form von Naturalleistungen zu gewähren. Zusätzlich wurde 1992 das Asylverfahrensgesetz mit einer Reihe von Einschränkungen beim gerichtlichen Rechtsschutz verabschiedet, um das bis dahin sehr lange Asylverfahren zu beschleunigen.
Angesichts weiter stark steigender Asylbewerberzahlen (1991: 256 112; 1992: 438 191) war allerdings bereits wenige Monate nach Verabschiedung des Asylverfahrensgesetzes von 1992 abzusehen, dass das Gesetz nicht mehr ausreichte, die grundsätzlichen Probleme der Kontrolle faktischer Zuwanderung über das Asylverfahren zu lösen. Der im Dezember 1992 zustande gekommene »Asylkompromiss« über eine Grundgesetzänderung (1. 7. 1993) besteht in der Beibehaltung des bisher in Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 GG geregelten individuellen Asylrechts (»politisch Verfolgte genießen Asylrecht«) in Artikel 16 a Absatz 1 GG (neu), das aber im Gegensatz zur bisherigen Regelung mit Einschränkungen in den nachfolgenden Absätzen 2 bis 5 versehen ist.
Drittstaatenregelung:
Nach Artikel 16 a Absatz 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem EU-Mitgliedsstaat oder aus einem anderen sicheren Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Für EU-Mitgliedsstaaten steht diese Sicherheit kraft der grundgesetzlichen Entscheidung fest, andere Staaten werden als sichere Drittstaaten durch den Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats gesetzlich bestimmt. Die Drittstaatenregelung hat die in sie gesetzten Erwartungen insoweit nicht ganz erfüllt, als die weitaus größte Zahl von Asylbewerbern, die nach Deutschland illegal einreisen, ihren Reiseweg verschleiern und daher mangels Nachweis nicht in sichere Drittstaaten zurückgeschickt werden können. Sie erhalten auf Grund von § 51 Ausländergesetz dennoch Abschiebungsschutz und Aufenthaltsrecht (»kleines Asyl«). Insgesamt hat die Drittstaatenregelung dennoch erheblich zu einer Reduzierung der Asylbewerberzahl beigetragen.
Das Asylrecht beinhaltet kein Recht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes, sondern bietet lediglich einen Schutz vor Zurückweisung in einen Verfolgerstaat. Als sichere Drittstaaten werden zurzeit (außer den EU-Mitgliedstaaten) angesehen: Norwegen, Polen, Schweiz und die Tschechische Republik. De facto bedeutet das, dass kein Asylbewerber, der aus einem Nachbarland Deutschlands einreist, sich auf das Asylrecht berufen kann. Die vom Gesetzgeber festgestellte Sicherheit im Drittstaat ermöglicht theoretisch eine sofortige Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, ohne dass auf die vorgebrachten Verfolgungsgründe inhaltlich eingegangen werden muss. Wegen der praktischen Schwierigkeiten der Anwendung der Drittstaatenregelung werden dennoch in Deutschland jährlich ca. 95 000 Asylgesuche (1999) registriert.
Sichere Herkunftsstaaten:
ArtikelArt. 16 a Absatz 3 GG sieht vor, dass durch Gesetz Staaten bestimmt werden können, bei denen gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung praktiziert werden (sicherer Herkunftsstaat). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, wird anhand eines umfangreichen Kriterienkatalogs geprüft. Kriterien sind dabei u. a. die Höhe der Anerkennungsquote in den vergangenen Jahren, die allgemeine politische Lage und Stabilität des Landes und die Achtung der Menschenrechte. Welche Staaten als sichere Herkunftsstaaten gelten, wird durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgelegt. Als sichere Herkunftsstaaten hat der Gesetzgeber bestimmt: Bulgarien, Ghana, Polen, Rumänien, Slowakische Republik, Tschechische Republik und Ungarn.
Umgesetzt wird Artikel 16 a Absatz 3 GG durch § 29 a Asylverfahrensgesetz. Danach wird der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet abgelehnt, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm in Abweichung von der allgemeinen Lage im Herkunftsland politische Verfolgung droht. Grundsätzlich ist also das abgekürzte Verfahren in Fällen offensichtlich unbegründeter Asylanträge anzuwenden, doch bleibt die Möglichkeit der Einzelfallprüfung bestehen, wenn der Tatsachenvortrag des Ausländers die Durchbrechung der Verfolgungssicherheit im konkreten Fall glaubhaft erscheinen lässt.
Flughafenregelung:
Die illegale Einreise auf dem Luftwege erwies sich 1991-93 in steigendem Maße als Einfallstor für illegale Einwanderung. Dieser Entwicklung wurde mit der Flughafenregelung Einhalt geboten. Nach § 18 a Asylverfahrensgesetz ist bei Ausländern aus einem sicheren Herkunftsstaat, die über einen Flughafen einreisen wollen und bei der Grenzbehörde um Asyl nachsuchen, das Asylverfahren vor der Entscheidung über die Einreise durchzuführen, soweit die Unterbringung auf dem Flughafengelände während des Verfahrens möglich ist.
Zur Durchsetzung des Verfahrens können Asylbewerber nach der Antragstellung bis zu 19 Tagen auf einen Aufenthalt auf dem Flughafengelände verwiesen werden. Lehnt die Außenstelle des Bundesamtes am Flughafen den Asylantrag als offensichtlich unbegründet ab, so ist dem Asylbewerber die Einreise zu verweigern. Der Asylbewerber kann in diesem Fall mit einem Antrag an das zuständige Verwaltungsgericht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes um Gewährung der Einreise nachsuchen. Bleibt dieser Antrag ohne Erfolg, so wird die Zurückweisung des Ausländers vollzogen.
Das Asylverfahren wird unmittelbar auf dem Flughafengelände, bei der Außenstelle des Bundesamtes, durchgeführt, die der Grenzkontrollstelle zugeordnet ist. Der Ausländer kann hier seinen Asylantrag stellen und wird unverzüglich nach Antragstellung durch das Bundesamt angehört. Das Bundesamt muss innerhalb von zwei Tagen über den Asylantrag entscheiden, anderenfalls wird dem Asylbewerber die Einreise gestattet. Vom Normalverfahren unterscheidet sich die Flughafenregelung lediglich insoweit, als das Verfahren bereits vor der Einreise auf dem Flughafengelände durchgeführt wird und besonderen Verfahrensgrundsätzen bezüglich der gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
Deutschland hat an der europäischen Harmonisierung des Asylrechts schon deshalb ein besonderes Interesse, weil es seit Mitte der 80er-Jahre einen hohen Anteil aller in der Europäischen Gemeinschaft um Asyl nachsuchenden Flüchtlinge aufnimmt. 1992 waren das 78,76 % aller in der EG um Asyl nachsuchenden Personen. Mittlerweile hat sich das Zahlenverhältnis nicht unerheblich dadurch verschoben, dass im vereinigten Königreich nahezu ebenso viele Asylbewerber registriert werden wie in Deutschland. Dennoch bleibt Deutschland mit an der Spitze aller EU-Staaten bei der Registrierung von Asylsuchenden. Ursächlich ist zum einen die geographische Lage Deutschland s nach dem Wegfall der Reisebeschränkungen in den früheren Ostblockstaaten, zum anderen die traditionell günstigen rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen für Asylsuchende.
Mit Artikel 16 a Absatz 5 ist nunmehr die Möglichkeit geschaffen worden, Asylbewerber, deren Asylgesuche bereits in einem anderen Unionsstaat anhängig beziehungsweise geprüft und negativ beschieden worden sind, an diesen Staat zurückzuweisen beziehungsweise abzuschieben. Umgekehrt ist Deutschland verpflichtet, Asylbewerber, die sich in einem anderen EU-Mitgliedsstaat aufhalten, zur Prüfung des Asylbegehrens zu übernehmen, wenn Deutschland nach den vertraglich vereinbarten Regeln hierfür ausschließlich zuständig ist. Die Zuständigkeit ergibt sich aus der Gewährung eines Einreise- beziehungsweise Aufenthaltsrechts oder aus der ersten illegalen Einreise über die Grenzen dieses Staates. Die Rechtsgrundlage für ein europäisches Zuständigkeitssystem ist für die Staaten der EU mit dem Abkommen von Dublin über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedsstaat der EG gestellten Asylantrags vom Juni 1990 geschaffen worden. Ähnliche Regeln sieht das Schengener Abkommen zwischen den Beneluxstaaten, Frankreich und Deutschland vom Juni 1990 vor, dem mittlerweile alle Unionsstaaten mit Ausnahme von Großbritannien und Irland beigetreten sind. Im Gegensatz zum Dubliner Abkommen enthält das Schengener Abkommen darüber hinausgehende Regeln, u. a. über grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit und über einheitliche Grenzkontrollen an den Außengrenzen der Gemeinschaft. Das Dubliner Abkommen legt Zuständigkeitsregeln fest und sichert dadurch zugleich, dass jeder Asylbewerber die Gelegenheit erhält, in einem der Vertragsstaaten nach den Regeln der Genfer Konvention einen Asylantrag zu stellen. Im Grundsatz beruht das Abkommen auf der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen. Ein Vertragsstaat ist allerdings nicht gehindert, trotz negativen Verfahrensausgangs in einem anderen Unionsstaat einen Asylbewerber aufzunehmen und ihn als Asylberechtigten anzuerkennen. Die Regeln des Schengener Abkommens sind mittlerweile aufgrund des Maastrichter Abkommens in das EU-Recht überführt worden.
Eine weitergehende materielle und verfahrensrechtliche Harmonisierung des Asylrechts ist von den Einwanderungsministern der EG bereits im Dezember 1991 beschlossen und durch den Maastrichter Vertrag auf eine vertragliche Grundlage gestellt worden. Auf ihrer Londoner Tagung vom Dezember 1992 haben sich die Einwanderungsminister auf eine Reihe von Entschließungen zur Frage des Asylrechts geeinigt, u. a. über die Behandlung offensichtlich unbegründeter Asylanträge, über ein einheitliches Konzept in Bezug auf Aufnahmedrittländer und über die Schaffung eines Informationszentrums für Asylfragen. Im Dezember 1994 hat der Rat Empfehlungen über einen Musterentwurf eines bilateralen Rückübernahmeabkommens zwischen einem Mitgliedstaat der EU und einem Drittstaat, im Frühjahr 1995 Entschließungen über Mindestgarantien für das Asylverfahren verabschiedet. Mit Drittstaaten sind Vereinbarungen über den Abschluss von Abkommen im Gange, die die Rückführung von aus diesen Staaten illegal eingereisten Asylsuchenden vorsehen und Rückübernahmepflichten definieren. Als Pilotabkommen kann das von den Staaten des Schengener Abkommens mit Polen geschlossene Abkommen betreffend die Rückübernahme von Personen mit unbefugtem Aufenthalt vom März 1991 angesehen werden. Deutschland hat darüber hinaus u. a. mit Polen und der Tschechischen Republik bilaterale Rückübernahmeabkommen geschlossen, die neben der Rückführung illegal eingereister Asylbewerber finanzielle und administrative Hilfe vorsehen. Der Amsterdamer Vertrag hat in Anknüpfung an den Maastrichter Vertrag wichtige Kompetenzen im Bereich des Asyl- und Einwanderungsrechts auf die EU übertragen. Die Asyl- und Einwanderungspolitik ist nunmehr als eine der »Politiken der Gemeinschaft« ausdrücklich im Vertrag niedergelegt. Regelungskompetenzen der Europäischen Gemeinschaft erstrecken sich auf die Bereiche Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr. Gestützt auf den Vertrag ist im Jahr 1998 ein Aktionsplan zur Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags verabschiedet worden. Der Aktionsplan sieht neben einer Umwandlung der bisher erlassenen Entschließungen und Empfehlungen in verbindliche Rechtsakte vor, dass innerhalb von zwei Jahren ein Bündel von Richtlinien und Verordnungen im Bereich des Asylrechts beschlossen werden soll. Im September 2000 hat die Kommission einen Richtlinienvorschlag über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vorgelegt, der in einigen Punkten nicht unerheblich von den deutschen Regelungen abweicht und daher auf deutscher Seite auf Kritik gestoßen ist. Insbesondere ist der vorgelegte Vorschlag mit der geltenden Drittstaatenregelung, die als wesentliches Element des Asylkompromisses bezeichnet werden kann, nicht vereinbar. Nach dem Kommissionsvorschlag soll in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine enge Bindung des Asylbewerbers zu einem sicheren Drittstaat besteht oder die Gelegenheit bestand, dort einen Asylantrag zu stellen. Auch die vorgesehenen Rechtsmittel gehen über die Rechtslage in Deutschland nicht unerheblich hinaus.
Darüber hinaus hat die Kommission seit Mai 1999 eine Reihe von Vorschlägen beim Rat und Parlament eingebracht, so den Vorschlag einer Richtlinie über Minimalstandards über die Aufnahme von Asylbewerbern (April 2001), sowie einen Vorschlag für eine Richtlinie über temporären Schutz im Falle eines Massenzustroms von Asylsuchenden und über Maßnahmen zum Lastenausgleich bei der Aufnahme von solchen Personen (Mai 2000). Im Dezember 2000 hat der Rat eine Verordnung über die Errichtung eines Datensystems erlassen, das den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zweck der effektiven Anwendung der Dubliner Konvention erlaubt (EURODAC-Verordnung). Im Bereich der illegalen Zuwanderung und der Bekämpfung von Menschenschmuggel und Menschenhandel hat der Rat Richtlinien über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (Juni 2001), die Harmonisierung der Geldbußen und Geldstrafen für Beförderungsunternehmen, die Drittstaatsangehörige ohne die für die Einreise erforderlichen Dokumente in die Mitgliedstaaten verbringen (September 2000), sowie die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Beihilfe zur illegalen Einreise und zum unerlaubten Aufenthalt (September 2000) erlassen. Die Kommission arbeitet derzeit an einer Mitteilung über die gemeinsame Bekämpfung von illegaler Einwanderung, in der sie einen umfassenden Aktionsplan zur Koordinierung und Verstärkung der Maßnahmen auf diesem Gebiet vorstellen wird. Auf diese Mitteilung wird eine weitere Mitteilung über die Rückführungspolitik der Gemeinschaft folgen. Am 12. 9. 2001 hat die Kommission ferner einen Richtlinienvorschlag über einen einheitlichen Flüchtlingsbegriff im Sinne der Genfer Konvention vorgelegt, wodurch der gemeinsame Standpunkt des Rates von 1996 abgelöst werden soll. Am 20. 7. 2001 hat der Rat Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten beschlossen. Die Richtlinie sieht vor, dass Flüchtlingen im Falle eines Massenzustroms ein Anspruch auf Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren ist. Sie wird daher von den Ländern unter Hinweis darauf kritisiert, dass der EU für eine solche Regelung die Kompetenz fehle. Nach der Richtlinie ist ferner vorgesehen, dass nach dem Prinzip der doppelten Freiwilligkeit jeder Mitgliedsstaat selbst darüber entscheidet, ob und wie viele Flüchtlinge er im Anschluss an einen Ratsbeschluss aufnimmt.
Entwicklung der Asylbewerbersituation
Seit In-Kraft-Treten der Neuregelung des Asylrechts sind die Asylbewerberzahlen in Deutschland erheblich zurückgegangen. Beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge haben im Jahre 2000 78 564 Ausländer Asylantrag gestellt. Damit wurde der geringste Stand seit 1987 erreicht. Hauptgrund hierfür ist, dass im Vergleich zum Jahr 1999 20 000 Personen weniger aus der Bundesrepublik Jugoslawien Asyl beantragten. Hauptherkunftsländer der Asylbewerber im Jahr 2000 waren der Irak, die Bundesrepublik Jugoslawien, die Türkei und Afghanistan. Für 2001 ist ein Anstieg bei den Asylbewerberzahlen zu verzeichnen. Die Zahl der Asylanträge im gesamten laufenden Jahr stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16,1 % an. Neuerdings spielen die Asylfolgeanträge im Rahmen der gesamten Asylproblematik eine immer größere Rolle. 1999 waren 31,2 % aller Asylanträge Folgeanträge. Diese Quote hat sich im Jahr 2000 auf 33,2 % erhöht. Personen aus der Bundesrepublik Jugoslawien und aus Afghanistan stellten im Jahr 2000 sogar mehr Asylfolge- als Erstanträge. Das Bundesamt hat im Jahr 2000 insgesamt über 105 502 Asylanträge entschieden. Als asylberechtigt wurden 328 000 Personen anerkannt. 8 318 Personen wurde Abschiebungsschutz nach § 51 Ausländergesetz zuerkannt. In 1 597 Fällen wurde Abschiebungsschutz nach § 53 Ausländergesetz (Abschiebungshindernisse) gewährt, in 61 840 Fällen wurde der Asylantrag als unbegründet oder offensichtlich unbegründet abgelehnt. In 30 619 Fällen war eine sonstige Verfahrensbeendigung zu verzeichnen.
Österreich
In Österreich besteht kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Asylrecht. Aufgrund des Asylgesetzes 1997 und der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, die in Österreich als unmittelbar anwendbares Recht gilt, wird einem Flüchtling Asyl gewährt, sofern er nicht bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Der Zugang zum Asylverfahren ist unterschiedlich geregelt, je nachdem, ob Asylbewerber über einen Flughafen oder über eine Landgrenze einreisen. Asylbewerbern, die an einer Landgrenze einen Asylantrag stellen, kann der Zugang zum Asylverfahren unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Asylantragstellung in einem sicheren Drittstaat verweigert werden. Bei Asylanträgen, die auf Flughäfen gestellt werden, kann der Asylantrag vor der Einreise als offensichtlich unbegründet oder unzulässig mit Zustimmung des UNHCR zurückgewiesen werden. Über einen Asylantrag entscheidet in erster Instanz das Bundesasylamt. Gegen dessen Entscheidung kann bei einer unabhängigen Überprüfungskommission Beschwerde eingelegt werden. Der Beschwerde kommt Suspensiveffekt zu. Gegen eine ablehnende Entscheidung der Beschwerdekammer kann ein Rechtsmittel zum Verwaltungsgericht eingelegt werden. Nach der österreichischen Rechtsprechung umfasst der Verfolgungsbegriff auch nichtstaatliche Verfolgung, wenn die staatlichen Behörden nicht bereit oder nicht willens sind, einem Flüchtling Schutz zu gewähren. Besondere Regelungen gelten für die Überprüfung von Asylanträgen weiblicher Asylbewerber. Obwohl Geschlecht als solches als Verfolgungsgrund nicht anerkannt ist, sind die Behörden und Gerichte angehalten, die besondere Situation von weiblichen Asylsuchenden in Betracht zu ziehen. Asylbewerber erhalten grundsätzlich ein Aufenthaltsrecht für die Dauer des Asylverfahrens. Sie können im Anschluss an die Stellung eines Asylantrags auf einem Flughafen oder an einer Grenze für bestimmte Zeit zum Aufenthalt in einem bestimmten Ort verpflichtet werden. Darüber hinaus besteht nach österreichischem Recht die Möglichkeit der zwangsweisen Unterbringung wegen illegaler Einreise oder illegalen Aufenthalts. Asylbewerber, die die Verfolgungskriterien nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht erfüllen, erhalten ein befristetes Aufenthaltsrecht, wenn sie im Falle ihrer zwangsweisen Rückkehr massiven Menschenrechtsverletzungen, Folter oder unmenschlicher Behandlung ausgesetzt wären.
Die Schweiz gewährt politisch verfolgten Ausländern aufgrund des revidierten Asylgesetzes von 1999 Schutz. Ein in der Bundesverfassung verankerter Anspruch auf Asyl besteht nicht. Im Jahr 2000 wurden die Arbeiten für eine Teilrevision des Asylgesetzes aufgenommen und im September 2001 abgeschlossen. Die Reform sieht ein neues Konzept der Wegweisung in einen Drittstaat im Flughafen- und Inlandverfahren vor. Während bisher Asylbewerber in der Regel nur bei einem längeren Voraufenthalt (20 Tage-Regel) weggewiesen werden konnten, sollen nunmehr durch verfahrensabschließende Bescheide Asylsuchende, die aus sicheren Drittstaaten eingereist sind, weggewiesen werden können, ohne Rücksicht auf Qualität und Dauer des Aufenthalts in dem sicheren Drittstaat. Die bloße Durchreise oder ein kurzer Zwischenaufenthalt reichen als Anknüpfungspunkte aus. Analog zum Konzept der sicheren Herkunftsstaaten im deutschen Recht erhält der Bundesrat die Kompetenz, Drittstaaten als sichere Herkunftsstaaten zu bezeichnen. Voraussetzung ist, dass dort nach den Feststellungen des Bundesrats das flüchtlingsrechtliche Non-Refoulement-Verbot effektiv eingehalten wird. Die Vermutung kann nur durch qualifizierte Beweise widerlegt werden. Daneben ist eine Wegweisung auch in andere Drittstaaten möglich, wenn Asylsuchende dort um Schutz nachsuchen können. Voraussetzung hierfür ist, dass die Rückkehr in den Drittstaat tatsächlich möglich ist. Bereits das Asylgesetz 1999 hatte die besondere Möglichkeit der vorläufigen Aufnahme eingeführt, sofern ein Asylsuchender die Voraussetzungen für die Gewährung von Asylrecht nicht erfüllt, aber dennoch nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgeführt werden kann. Künftig soll sechs Jahre nach Anordnung einer vorläufigen Aufnahme ein Anspruch auf Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung durch den Aufenthaltskanton bestehen. Voraussetzung ist, dass vorläufig Aufgenommene die Undurchführbarkeit des Vollzugs nicht selber zu verantworten haben und keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt. Asylbewerber haben grundsätzlich Zugang zur öffentlichen Fürsorge und Krankenversorgung. Für Asylbewerber, die aus Erwerbstätigkeit ein Einkommen beziehen, besteht jedoch ein System von Sicherheitsleistungen und Rückerstattungskosten. Die Reform 2001 sieht die Einführung einer Sonderabgabe vor. Abgabepflichtig sind Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung, die ein Erwerbseinkommen erzielen. Mit Ausnahme der Asylsuchenden, die sich bereits mit einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz befinden, haben alle Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller eine Empfangsstelle (Kollektivunterkunft) aufzusuchen, wo erste Abklärungen (z. B. Aufnahme der Personalien, Feststellung der Identität) getroffen werden. Dem Anerkennungsverfahren geht dann die persönliche Anhörung durch den Kanton, dem der Asylbewerber zugeteilt wird, voraus. Gegen die Entscheide des Bundesamtes kann Beschwerde an die Schweizer Asylrekurskommission geführt werden. Diese entscheidet letztinstanzlich.
Die französische Verfassung kennt kein subjektives Asylgrundrecht, wenngleich die Verfassung von 1958 den Schutz politisch Verfolgter als Programm vorschreibt. Gestützt auf diesen Verfassungsgrundsatz und die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 wurde durch zahlreiche Dekrete das Verfahren geregelt, nach dem politisch Verfolgten in Frankreich Asyl gewährt wird. Mit Gesetz vom 11. 5. 1998 ist das Ausländer- und Einreiserecht in wesentlichen Punkten neu gestaltet worden. Die französische Rechtsprechung hat allerdings die Verfassung im Sinne eines subjektiven Rechtsanspruchs auf Asyl interpretiert. Daraufhin wurde 1993 in die Verfassung die Regelung aufgenommen, dass Frankreich mit den europäischen Staaten, die durch gleiche Verpflichtungen an den Schutz der Menschen- und Grundrechte gebunden sind, Verträge schließen kann, die die beiderseitigen Kompetenzen für die Prüfung der ihnen vorgelegten Asylanträge regeln. Damit wurde die Regelung ermöglicht, dass einem Asylbewerber die Zulassung zum Asylverfahren verweigert werden kann, wenn nach den Vereinbarungen von Dublin ein anderer Vertragsstaat zuständig ist oder der Antragsteller in einem Drittstaat Aufnahme finden kann, in dem er hinreichend vor Verfolgung sicher ist. Im Zuge einer Revision des Asyl- und Ausländerrechts ist außerdem in die Verfassung die Institution des territorialen Asyls aufgenommen worden. Grundsätzlich geht die französische Rechtsprechung davon aus, dass nichtstaatliche Verfolgung für die Asylrechtsanerkennung nicht ausreichend ist, sofern die Verfolgung nicht bewusst unterstützt oder von den staatlichen Behörden geduldet wird. Der Office Français pour la Protection des Réfugiés et Apatrides (OFPRA) entscheidet über die Asylberechtigung. Gegen seine Entscheidung gibt es eine Beschwerde bei der Commission des Recours. Hiergegen kann der Conseil d'État wegen eines geltend gemachten Rechtsfehlers angerufen werden. Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung. Für anerkannte Flüchtlinge gibt es ein dem deutschen Recht vergleichbares Aufenthaltsrecht. Asylbewerber, die nicht in Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden, erhalten bescheidene finanzielle Leistungen. Für Asylbewerber, die an Flughäfen und Seehäfen um Asyl nachsuchen, kann die Unterbringung in besonderen Einrichtungen angeordnet werden. Nach einem Maximalaufenthalt von vier Tagen kann die zwangsweise Unterbringung gerichtlich angefochten werden. Insgesamt darf die Zeit der zwangsweisen Unterbringung bis zur Entscheidung über eine Einreise 20 Tage nicht überschreiten.
Die USA haben mit dem Flüchtlingsgesetz von 1980 (Refugee Act of 1980) die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme von Flüchtlingen geschaffen. Seitdem sind die regionalen und ideologischen Beschränkungen für die Aufnahme bestimmter Flüchtlingsgruppen, die aufgrund besonderer Programme vordem festgelegt worden waren, entfallen. Das Gesetz ermächtigt wie bisher den Präsidenten, besondere Aufnahmequoten für Flüchtlinge aus bestimmten Ländern oder Regionen festzulegen. Nutznießer dieser Regelung waren vor allem circa 300 000 Indochina-Flüchtlinge in den Jahren 1980-84. Daneben können aber Asylgesuche aufgrund behaupteter individueller politischer Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention ohne Rücksicht auf Quotenregelungen eingereicht werden. Darüber entscheiden die Einwanderungsbehörden mit der Möglichkeit gerichtlicher Überprüfung. Veranlasst durch stark steigende Asylbewerberzahlen zu Beginn der 90er-Jahre und einer immer größeren Zahl unentschiedener Asylverfahren (back log) wurde 1995 das Asylrecht grundlegend reformiert. Kernpunkte der Reform sind Maßnahmen zur Verhinderung missbräuchlicher Verhaltensweisen und zur Erledigung der hohen Zahl von anhängigen Asylverfahren. Die Zahl der für die Entscheidung von Asylgesuchen zuständigen Beamten und der Asylgerichte wurde annähernd verdoppelt. Als Resultat ging die Zahl der Asylsuchenden von ca. 150 000 im Jahr 1994 auf 35 000 im Jahr 1999 zurück. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Staaten haben die USA das Konzept der sicheren Drittstaaten und sicherer Herkunftsstaaten nicht übernommen. Grundsätzlich wird daher jeder Asylantrag, der an den Grenzen oder innerhalb des amerikanischen Staatsgebiets gestellt wird, geprüft. Allerdings stehen die Vereinigten Staaten auf dem Standpunkt, dass der Grundsatz des Non-Refoulement Maßnahmen zur Verhinderung des Erreichens amerikanischen Staatsgebiets nicht verbietet. Der US Supreme Court hat daher die Aktion amerikanischer Küstenwachboote gegen haitianische Bootsflüchtlinge als mit der Genfer Konvention vereinbar angesehen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Abschiebung · Ausbürgerung · Ausländer · ausländische Arbeitnehmer · Auslieferung · Ausweisung · Flüchtlinge · Fremdenfeindlichkeit · Genfer Vereinbarungen · Heimatlose · Heimatrecht · humanitäres Völkerrecht · Sichtvermerk
Ausländer in der Bundesrep. Dtl., begr. v. H. Minta u. a., fortgef. v. K. Meixner (1990 ff., Losebl.);
Österr. A. unter bes. Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verw.-Gerichtshofes, bearb. v. J. W. Steiner (Wien 1990, Erg.-Bd. 1992);
Hb. des Ausländer- u. A., hg. v. B. Huber (1994 ff., Losebl.);
G. Renner: Ausländerrecht in Dtl. (61998);
K. Hailbronner: Reform des A.(21998);
Dt. Ausländerrecht, mit Einf. v. H. Rittstieg (152001);
C. Schmid: Europ. A., (Wien 2001).
* * *
Universal-Lexikon. 2012.