Akademik

Forschung
Wissenschaft

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For|schung ['fɔrʃʊŋ], die; -, -en:
a) das Arbeiten an wissenschaftlichen Erkenntnissen:
ihre Forschungen beschäftigten sie viele Jahre; Forschungen belegen diese Vermutung.
Syn.: Studium.
b) <ohne Plural> die forschende Wissenschaft:
in den letzten Jahren machte die Forschung große Fortschritte; er arbeitet in der Forschung; Forschung zum Thema Radioaktivität betreiben.

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Fọr|schung 〈f. 20das Forschen, das wissenschaftl. Ergründen, Untersuchen, Streben nach neuen Erkenntnissen, Methoden, Ursachen (Krebs\Forschung, Markt\Forschung)

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Fọr|schung , die; -, -en:
1. das Forschen (a), forschende Bemühung:
die F. nach den Ursachen blieb erfolglos.
2.
a) das Forschen (b), das Arbeiten an wissenschaftlichen Erkenntnissen; Untersuchung eines wissenschaftlichen Problems:
empirische -en anstellen;
diese Erkenntnisse sind Ergebnisse eingehender -en;
b) <o. Pl.> forschende Wissenschaft:
die neuere F. hat dies bestätigt;
in der F. tätig sein.

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Forschung,
 
die systematische Suche nach Neuem mit wissenschaftlichen Methoden. Im engeren Sinn versteht man unter Forschung die einzeln oder gemeinschaftlich betriebene planmäßige und zielgerichtete Suche nach neuen Erkenntnissen in einem bestimmten Wissensgebiet, einschließlich der Suche nach Möglichkeiten zu deren Prüfung. Im weiteren Sinn bezeichnet man mit Forschung die Gesamtheit der in allen Bereichen der Wissenschaft erfolgenden methodisch-systematischen und schöpferisch-geistigen Bemühungen (einschließlich der dabei verwendeten Methoden und Techniken), die das Gewinnen neuer, allgemein nachprüfbarer Erkenntnisse und das Ermitteln ihrer Gesetzmäßigkeiten ermöglichen, sowie das Netzwerk der beteiligten Personen und Institutionen. Gegenstand von Forschung ist auch die kritische Überprüfung herrschender Lehrmeinungen und die Lösung komplexer Probleme (z. B. beim Treibhauseffekt).
 
Forschung ist eine typische Erscheinungsform der Neuzeit. In der Antike und im MA verstand man unter wissenschaftlicher Tätigkeit vorwiegend die Überlieferung und Perfektionierung des alten vorhandenen Wissens. In der Neuzeit definiert Forschung ein völlig verändertes Verständnis von Wissenschaften, die nun ausdrücklich zur Produktion eines neuen, besseren Wissens dienen soll. Forschung hat zwei Voraussetzungen: Historische Voraussetzung ist das Zerbrechen der Einheit des Glaubens und des damit verbundenen allumfassenden religiösen Deutungsanspruchs von Welt; systematisch-logische Voraussetzung ist der Glaube an die Existenz von Wahrheit und an die Möglichkeit ihrer Erkenntnis. Die so entstehende Verschmelzung von Forschung mit der Idee des Fortschritts, zunächst im Bereich der Wissenschaft, später auch in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen, verdeutlicht die tragende Bedeutung von Forschung für das Selbstverständnis moderner Gesellschaften. Zweifel an deren unkritischen Fortschrittsgläubigkeit (Postmoderne) wirken in den letzten Jahren verstärkt als Zweifel an Legitimität und Nutzen von Forschung zurück.
 
 Historische Grundlagen
 
Die Grundlegung der modernen Wissenschaft und damit die Aufgabenbestimmung von Forschung ist wesentlich auf Roger Bacon zurückzuführen, der Mitte des 13. Jahrhunderts erstmals Erfahrung, Experiment und Mathematik als methodische Elemente der Forschung einführte. Etwa gleichzeitig spiegelte sich diese Haltung philosophisch als die Frage nach einer erkennbaren Wahrheit im Skeptizismus des ausgehenden Mittelalters (Duns Scotus, Wilhelm von Ockham). Mit der Renaissance begann die allgemeine Hinwendung zur Forschung als Handlungsprinzip von Wissenschaft. Francis Bacon entwarf Ende des 16. Jahrhunderts ein differenziertes Urteilsverfahren der Induktion und eine systemische Darstellung möglicher Urteilstäuschungen durch Trugbilder (die Idole). Induktives Denken, systemische Beobachtung und wiederholbares, personenunabhängiges Experiment mit quantifizierbaren Ergebnissen wurden zu anerkannten methodischen Kernelementen der Forschung, die den gesellschaftlichen Fortschritt zu einem technisch perfekten Zukunftsstaat (utopischer Roman »Nova Atlantis«) befördern sollte. Die zunehmende Mathematisierung und Formelhaftigkeit ermöglichte in den folgenden Jahrhunderten eine wesentliche Steigerung der Vorhersagbarkeit von Ereignissen aufgrund vorliegender Forschungsergebnisse. Forschung wurde im Zuge dieser Entwicklung auch zu einem Machtfaktor.
 
 Struktur und Organisation
 
Forschung wird unterteilt in reine oder Grundlagenforschung, die sich mit der Vervollkommnung der Erkenntnisgrundlagen und Erweiterung unseres Erkenntnisstandes unabhängig von Anwendungsbezügen befasst, und in angewandte Forschung, die anhand vorgegebener, meist technischer Probleme mit wissenschaftlichen Methoden ebenfalls zur Ausweitung des Erkenntnisstandes beiträgt. In hochtechnisierten Industriegesellschaften ist es mittlerweile zu einer engen Verbindung von Forschung und Entwicklung (FuE) gekommen. Entwicklung bezeichnet dabei die Verwertung und Anwendung besonders naturwissenschaftliche und ingenieurwissenschaftliche Forschungsergebnisse sowie technische und wirtschaftliche Erfahrungen, um zu neuen Substanzen, Materialien, Bauelementen, Geräten, Systemen u. a. zu gelangen (Neuentwicklung) oder um bereits vorhandene zu verbessern (Weiterentwicklung). Diese von Dritten initiierte Forschung bezeichnet man als Auftragsforschung. Nach Art der Finanzierung unterscheidet man zwischen überwiegend staatlich finanzierter und nichtstaatlich finanzierter Forschung. Wichtigster Bereich der nichtstaatlich finanzierten Forschung ist die Industrieforschung, deren Motivation in den Unternehmenszielen und der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit zu suchen ist. Die Anbindung der Industrieforschung an die Grundlagenforschung sichern auf institutioneller Ebene die Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen (AIF) sowie auf individueller Ebene die Mitgliedschaft in Fachgesellschaften (z. B. Gesellschaft Deutscher Chemiker e. V. [GDCh]). Zum Bereich überwiegend staatlich finanzierter Forschung gehören in Deutschland die Hochschulforschung, die Forschung an Bundes- und Landesforschungsanstalten, verschiedenen Bundesanstalten und -ämtern und zum Teil auch an wissenschaftlichen Museen und Bibliotheken; weiterhin gehören dazu die Forschung an staatlich geförderten Institutionen, v. a. an Einrichtungen in der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., den Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. und an den Akademien der Wissenschaften (Berlin, Göttingen, München, Leipzig, Heidelberg, Mainz und Düsseldorf). Von großer Bedeutung ist die Beteiligung des Bundes an der internationalen Großforschung im Rahmen von Forschungsorganisationen (z. B. CERN, EURATOM, ESO) und einzelnen Forschungsprojekten (z. B. das globale atmosphärische GARP). Auf europäischer Ebene tritt außerdem die EU als wichtiger Träger staatlich finanzierter Forschung auf, der ständig weiter an Bedeutung gewinnt.
 
Die zunehmend komplexeren Forschungsaufgaben und der zu ihrer Lösung exponentiell steigende Forschungsaufwand haben im Lauf der Zeit zu einer finanziell und inhaltlich bedingten Vernetzung von Forschung geführt. Während Forschung anfangs als Einzelforschung vielfach im Privatbereich der Forscher, die in zahlreichen Einzeldisziplinen über hohe wissenschaftliche Kompetenz verfügten (»Universalgelehrte«), organisiert war, entstanden im 17. und 18. Jahrhundert in ganz Europa wissenschaftliche Gesellschaften (Leopoldina 1652, Royal Society 1660) und Akademien (Florenz 1657, Paris 1666, Göttingen 1751), die einen Austausch der Erkenntnisse unter den ihnen angehörenden Wissenschaftlern ermöglichten. In Deutschland wurden im 19. Jahrhundert die Universitäten zu den wichtigsten Zentren der Forschung. Wilhelm von Humboldts Idee der Einheit von Forschung und Lehre (Studium als Teilhabe an Forschungsprojekten, Doktorexamen als normaler Studienabschluss) verhalf der an deutscher Universität betriebenen Forschung unter den damals herrschenden Bedingungen in vielen Bereichen zu einer weltweit führenden Stellung. Im 20. Jahrhundert wurden im naturwissenschaftlichen Bereich eine Reihe besonderer Forschungsinstitute gegründet, die seit 1911 in der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. (heute Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.) zusammengefasst wurden.
 
Heute existieren im technischen Bereich wichtige Großforschungsanstalten wie die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt e. V., die Forschungszentren Jülich und Karlsruhe sowie das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY). Im Hochschulbereich führte die Entwicklung einerseits zur Bildung von Forschungsschwerpunkten, andererseits zur Einrichtung von Graduiertenkollegs und Sonderforschungsbereichen der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
 
Im Ergebnis der deutschen Einheit wurde die weitgehend nach sowjetischem Vorbild strukturierte Forschungslandschaft der ehemaligen DDR in die Prinzipien und Strukturen des Forschungssystems der Bundesrepublik Deutschland eingeordnet. Vor 1989 wurde Forschung in der DDR vor allem in vier Sektoren (Akademie der Wissenschaften, Industrieforschung, betriebliche Forschung und Entwicklung in Kombinaten, Forschung in parteieigenen Großinstituten mit Zuständigkeit für besonders politiknahe gesellschaftswissenschaftliche Forschung und Lehre) betrieben. Die Federführung für diesen Prozess des Übergangs (»Abwicklung«) der ehemaligen DDR-Forschungsstruktur hin zur Ausrichtung auf die grundgesetzliche Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland wurde dem Wissenschaftsrat übertragen. Rechtsgrundlage bildete Art. 38 des Einigungsvertrages. Die Überführung der Forschungslandschaft war vor allem geprägt durch die Rückführung wissenschaftlichen Potenzials aus den Akademien in die Hochschulen. Daneben wurden im Gebiet der neuen Länder drei neue Großforschungseinrichtungen aufgebaut und bestehende erweitert sowie mehr als 30 neue, von Bund und Ländern gemeinsam finanzierte Forschungseinrichtungen gegründet. Darüber hinaus wurden zwei Max-Planck-Institute und acht eigenständige Fraunhofer-Einrichtungen errichtet.
 
Forschungsergebnisse werden veröffentlicht (insofern sie keinen Geheimhaltungsvorschriften unterliegen). Für ihre Bewertung ist die Beurteilung durch führende Fachvertreter vor oder nach der Veröffentlichung (»peer review«) ausschlaggebend. Zum Verhaltenskodex von Forschern gehört, bisherige Ergebnisse zu zitieren und Plagiate und Datenmanipulation zu ächten. Forschungsleistungen sind von zentraler Bedeutung für den Rekrutierungsmechanismus des wissenschaftlichen Nachwuchses; sie können mit wissenschaftlichen Preisen oder Berufungen belohnt werden.
 
 Forschungsmethoden
 
In den Erfahrungswissenschaftenen stellen Beobachtung, Experiment und Messung die grundlegenden Methoden der Forschung dar. Unter den Naturwissenschaftlern besteht ein weitgehender Konsens darüber, wie beim Forschen (wissenschaftlichem Arbeiten) methodisch vorzugehen ist: Die aus Beobachtungen, Experimenten und Messungen als den Quellen der wissenschaftlichen Erkenntnis gewonnenen empirischen Daten müssen reproduzierbar und allgemein nachprüfbar sein. Im nächsten Schritt wird dann versucht, induktiv verallgemeinernde Interpretationen abzuleiten, aus denen sich Prognosen für andere Einzelfälle ergeben. Verlaufen alle Überprüfungen erfolgreich, so kann man einen solchen Verallgemeinerungsversuch als eine wissenschaftliche fundierte Hypothese, im Falle einer umfassenderen Gültigkeit als Theorie bezeichnen.
 
Während sich das Ziel des Forschens in den Erfahrungswissenschaftenen als »Erklären«, in den Formalwissenschaften als »Beweisen« kennzeichnen lässt, wollen die Geisteswissenschaften »verstehen« (oder »begreifen«). Ihre Methode ist die Hermeneutik, wobei über die Tatsachen hinausgehend moralisch-wertende, ästhetische Momente sowie historische Interpretation eine Rolle spielen. Zwar kann diese Art zu forschen schon auf eine lange Tradition zurückverweisen, doch ist sie unter dem Eindruck der Erfolge naturwissenschaftlichen Methodik und des ihr entsprechenden besonders im 19. Jahrhundert geprägten Forschungsbegriffs immer wieder dem Verdacht der Unwissenschaftlichkeit (z. B. im logischen Empirismus) ausgesetzt gewesen. Kennzeichnend für die Geisteswissenschaften ist die Reflexion der eigenen Forschungsmethode als Grundlagendiskussion und damit auch die kritische Auseinandersetzung mit einem an den Naturwissenschaften orientierten Forschungsbegriff. Geisteswissenschaftliche Forschung erfolgt v. a. an den Hochschulen, jedoch auch an Akademien sowie einigen außeruniversitären Instituten.
 
 Forschungsförderung und Forschungssteuerung
 
Die staatliche Forschungsförderung oder Forschungspolitik schafft durch Information, Organisation und Planung die sachlichen und finanziellen Voraussetzungen für die Entwicklung und Verbesserung der Forschung und unterstützt finanziell die privatwirtschaftliche Forschung in Unternehmen und privaten Forschungsinstituten. Umstritten ist, auf welche Weise der Staat im Rahmen seiner Forschungs- und Technologiepolitik (Abkürzung FuT) die Forschung fördern soll. Bei der indirekten Förderung wird der Forschungsaufwand unabhängig davon subventioniert, auf welchem Gebiet geforscht wird. Die direkte Förderung dagegen bezieht sich auf konkrete Forschungsprojekte, deren Förderung beantragt werden muss. Dies begünstigt in der Regel Großunternehmen sowie die Tendenz, kostspielige Prestigeobjekte finanziell zu unterstützen. Angesichts der schwierigen finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte verschärft sich der Wettbewerb um öffentliche Fördermittel. In der Forschungs- und Technologiepolitik werden deshalb zunehmend Ziele und Maßnahmen im Dialog mit den wichtigsten gesellschaftlichen Gruppen (v. a. aus Wissenschaft und Wirtschaft) festgelegt.
 
Nach dem GG sind die Kompetenzen im Bereich der Wissenschaftspolitik zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Im Hinblick auf eine gemeinsame Forschungspolitik von Bund und Ländern wurden Verwaltungsabkommen geschlossen und gemeinsame Organe geschaffen. Forschung an Hochschulen wird überwiegend (90 %) und an wissenschaftlichen Akademien vollständig von den Ländern getragen. Nach der Kompetenzverteilung des GG ist der Bund u. a. für die Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Art. 74 Nummer 13 GG) wie für das Hochschulrahmengesetz zuständig, das auch Vorschriften über die Forschung und ihre Finanzierung durch Außenstehende (»Drittmittelforschung«) enthält. Ferner ist der Bund zuständig für die Ressortforschung und unterhält deshalb direkt eigene Forschungseinrichtungen in den Bereichen Gesundheit, Landwirtschaft, Umwelt, Verkehr und Verteidigung. Auf der Grundlage der Forschungsförderungsvereinbarung nach Art. 91b GG fördern Bund und Länder die Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V. als Selbstverwaltungsorgan der deutschen Forschung, die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V. und die Forschungseinrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. Das verantwortliche Steuerungsgremium für die gemeinsame Forschungsförderung sowie für gegenseitige Abstimmung und Koordination ist die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK). Forschungsförderung wird außerdem von privaten Stiftungen und vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e. V. betrieben. Der Gesamtetat der ihm angeschlossenen privaten Stiftungen ist zwar relativ klein, jedoch tragen die Stiftungen aufgrund ihrer Unabhängigkeit und Flexibilität entscheidend zum Erhalt des notwendigen individuellen und institutionellen Freiraums für Forschungen bei (z. B. Volkswagen-Stiftung).
 
Forschungssteuerung ist Gegenstand der Forschungs- und Wissenschaftspolitik. Der Steuerungsanspruch des Staates findet in Deutschland seine Begrenzung in den Bestimmungen des Art. 5 GG (Forschungsfreiheit). Dennoch besteht angesichts der hohen Kosten und der Knappheit der verfügbaren Mittel ein Anspruch des Staates auf politische Grundsatzentscheidungen und Schwerpunktsetzungen. Versuche, Forschung ausschließlich über die Vergabe von Fördermitteln zu steuern, haben sich im Kern bewährt, stoßen allerdings an deutlichen Grenzen: Eine Steuerung der Forschung hinsichtlich eines effizienten Mitteleinsatzes setzt Effizienzmaßstäbe für Forschung voraus, die sich allerdings nur im Nachhinein und für Teilbereiche von Forschung entwickeln lassen. Bewährt haben sich auch hier Bewertungen durch anerkannte Fachkollegen. Als weitere Kriterien werden häufig die Anzahl der vorgelegten Veröffentlichungen, die Häufigkeit, mit der diese Veröffentlichungen später zitiert werden, und die Höhe der eingeworbenen Forschungsmittel benutzt. Keines dieser Kriterien eignet sich als alleiniger Indikator für die Qualität von Forschung und die Effizienz eingesetzter Forschungsmittel. Die direkte Steuerung der Forschung über entsprechende Rechtsnormen ist problematisch, weil der Geltungsanspruch der Forschungsfreiheit durch die Rechtsordnung nicht a priori begrenzt und auch nicht ohne weiteres begrenzbar ist. Die Beschränkung der Forschungsfreiheit steht unter erheblichem Legitimationszwang, ist jedoch unter besonderen Umständen geboten. (Forschungsethik).
 
Die Bedeutung staatlicher Forschungspolitik wurde 1994 durch die Zusammenlegung zweier bis dahin getrennter Bundesministerien zu einem als »Zukunftsministerium« apostrophierten Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie unterstrichen. Hintergrund dieser Bemühungen um eine Steigerung der Forschungsleistung ist die Einschätzung, dass Forschung zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor angesichts einer immer stärker globalisierten Lebenswelt und ihrer Wirtschaftsbeziehungen wird. In diesem Zusammenhang ist es üblich geworden, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowohl nationalen als auch im internationalen Vergleich zu analysieren.
 
In Deutschland wurden (1993) 79,7 Mrd. DM für Forschung und Entwicklung ausgegeben (1980: 36,0 Mrd. DM im früheren Bundesgebiet); das entspricht rd. 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP; 1980: 2,4 %). Hinzu kommen 1,8 Mrd. DM aus dem Ausland. Im Vergleich der westlichen Industrieländer gaben 1994 neben Deutschland noch sieben Staaten mehr als 2 % ihres BIP für Forschung und Entwicklung aus: u. a. Japan (3,0 %), Schweden (2,9 %), die USA (2,8 %) und die Schweiz (2,7 %). Sehr unterschiedlich ist der Anteil des Staates an der Forschungsfinanzierung; er liegt z. B. in Italien bei 44,7 %, in Frankreich bei 44,3 %. Demgegenüber ist in Japan (71,1 %), der Schweiz (67,4 %) und Deutschland (60,8 %) der Anteil der Wirtschaft vergleichsweise hoch.
 
Immer größere Bedeutung gewinnt die Forschungsförderung auf EU-Ebene. Im Rahmen der Einheitlichen Europäischen Akte wurde 1987 die Förderung von »Forschung und technologische Entwicklung« als eigener Politikbereich in den EWG-Vertrag eingefügt. Ziele der europäischen Forschungsförderung sind v. a. die Stärkung der wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der Industrie der EU-Staaten und deren internationale Wettbewerbsfähigkeit. Damit besteht ein enger Zusammenhang mit der europäischen Industriepolitik. Schwerpunkt der EU-Aktivitäten sind Forschungsprogramme, durch die die nationale Forschungsförderung ergänzt und auch gebündelt wird (»gemeinschaftliche Rahmenprogramme«). Die Forschungsprogramme (z. B. in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik, neue Werkstoffe, Umwelt- und Biotechnologie) werden als Eigenforschung in der gemeinsamen Forschungsstelle der EU, als Vertragsforschung (Förderung von Vorhaben an Universitäten und in Unternehmen) und als konzertierte Aktion (Koordinierung von nationalen Forschungsprojekten, Beteiligung an Forschungsaktivitäten außerhalb der EU) umgesetzt.
 
 Bedeutung und Gefahren
 
Forschung und Entwicklung sind von wachsender zentraler Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft. Der Suche nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und deren wirtschaftliche Umsetzung wird ein entscheidender, wenn auch statistisch nur schwer erfassbarer Anteil am technischen und sozialen Fortschritt sowie an der Produktivität und dem Wachstum der Wirtschaft zugeschrieben. Lebensqualität und Wohlstand hängen eng mit der Gewinnung und Umsetzung von Forschungsergebnissen zusammen. Dennoch werden Forschung und Forschungsergebnisse heute nicht mehr uneingeschränkt positiv bewertet. Die in der Gesellschaft feststellbare Unsicherheit über die Rolle der Forschung, die nicht selten verstärkt wird durch das Unvermögen der Forschung, ihre Anliegen in der Öffentlichkeit verständlich zu machen, steht in engem Zusammenhang mit der Krise der Fortschrittsideologie: Waren Zweifel am unbeschränkten Fortschritt im geisteswissenschaftlichen Bereich bereits seit der Romantik im frühen 19. Jahrhundert geäußert worden, schien der Fortschritt im Bereich der Naturwissenschaft und Technik bis weit ins 20. Jahrhundert überwiegend positiv. Inzwischen ist auch in dieser Forschergruppe wie in der Bevölkerung insgesamt ein hohes Problembewusstsein für die Ambivalenz des Fortschritts zu verzeichnen. Der alte Glaube, Forschung diene stets dem Fortschritt zum Besseren, hat einer realistischeren Sichtweise Platz gemacht: Weil Forschung definitionsgemäß nach dem Neuen und daher Unbekannten sucht, ist sie aufgrund dieses Neuigkeitscharakters prinzipiell mit Risiko verknüpft. Weder kann der einzelne Forscher die mittelbaren Folgen seiner Forschungstätigkeit vollständig überblicken, noch können politisch Verantwortliche die gesellschaftliche Folgen eindeutig vorhersehen oder gar auf Dauer sozial beherrschen. Dennoch gibt es keine Alternative zur Forschung: Das Auffinden von Lösungen für gesellschaftliche Probleme ist nur mit Forschung möglich. Die Bekämpfung von Hunger, Armut, Krankheit und Unterdrückung sind Aufgaben der Forschung, deren Bewältigung zugleich mit den Risiken unerwarteter Nebenwirkungen (Umweltzerstörung, Bevölkerungsexplosion) behaftet ist.
 
 Forschungsethik und wirtschaftliche Interessen
 
Forschung vollzieht sich nicht in einer künstlich geschaffenen wertfreien Welt, sondern ist als Teil der sozialen Wirklichkeit den normativen Leitprinzipien moderner Gesellschaften (Verantwortung, Humanität) verpflichtet. Grundsätze einer allgemeinen Ethik gelten auch für die Forschung. Teils aus der Erfahrung, dass sich einzelne Forscher oder Gruppen von Forschern in der Vergangenheit wiederholt bewusst inhuman verhalten haben, teils aus der Erkenntnis, dass die Existenz bestimmter Forschungsergebnisse und ihrer technischen Anwendung einschließlich möglichen Missbrauchs und nicht bedachter Fernwirkungen prinzipiell nicht rückgängig zu machen ist, hat sich am Ende des 20. Jahrhunderts eine hohe Bereitschaft zur Begrenzung von Forschungsfreiheit herausgebildet, die insgesamt für die Entwicklung innovativer Technologien wenig zuträglich ist. Insbesondere im Forschungsfeld Gentechnik ist aufgrund dieser gesellschaftlichen Ressentiments ein enges rechtliches Regelwerk (Gentechnikgesetz) entstanden. In ethisch besonders sensiblen Bereichen (z. B. Embryonenforschung/Fortpflanzungsmedizin) werden Projekte durch Ethikkommissionen geprüft, denen nicht nur Fachwissenschaftler, sondern auch Vertreter anderer Berufe (z. B. Biologen, Juristen, Theologen, Philosophen) angehören. Die ethische Zulässigkeit bestimmter Forschungshandlungen muss dabei in der Regel im Wege der Güterabwägung von Chancen und Gefahren entschieden werden. Mitte der 1990er-Jahre wurde die Errichtung einer zentralen Ethikkommission beim Deutschen Bundestag in Erwägung gezogen. Die freiwillige Selbstkontrolle der Forschung durch Ethikkommissionen hat indessen nicht verhindern können, dass auch in diesem Bereich strenge gesetzliche Bestimmungen (Embryonenschutzgesetz) erlassen worden sind, welche die Forschungsfreiheit in erheblichem Maße einschränken. Eine ähnliche Einschränkung der Forschungsfreiheit durch starke gesetzliche Reglementierung beklagen Spitzenorganisationen der Forschung für Projekte, zu denen Tierversuche notwendig sind. Auch aufgrund von natur- und datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist uneingeschränkte Forschung nicht zulässig.
 
Gleichzeitig mit der Frage, ob bestimmte Forschungshandlungen ethisch zulässig sind, ergibt sich eine zweite ethische Grunddimension der Forschung aus den speziellen, sie verpflichtenden Kriterien. Dies betrifft v. a. das Gebot der Objektivität: Forscher müssen persönliche und gruppenbezogene Interessen hintansetzen und ihre Ergebnisse einer kritischen Überprüfung zugänglich machen. Dazu bedürfen sie neben einer adäquaten geistigen Haltung einer entsprechenden materiellen Unabhängigkeit. Der Transfer sensibler Technologien durch Abwanderung von Wissenschaftlern nach dem Zusammenbruch der UdSSR hat in den 90er-Jahren gezeigt, dass hier nicht nur in der privaten (Industrie-)Forschung erhebliche Risiken drohen.
 
Wegen unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen bestehen daher am Ende des 20. Jahrhunderts in den hochtechnisierten Industriestaaten höchst unterschiedliche Forschungsbedingungen, in deren Folge man die Wanderung von Wissenschaftlern und mittel- bis langfristig eine räumliche Verlagerung von Forschung und der wirtschaftlichen Ausbeute ihrer Ergebnisse annehmen kann. Mehrheitlich ist man heute indessen der Meinung, dass angesichts der gravierenden, teils qualitativen neuen Gefährdungspotenziale die Beweislast für die Unbedenklichkeit der Forschung bei den Forschern liege, welche die enthaltenen Risiken mit gleicher Sorgfalt wie den möglichen Nutzen prüfen müssten.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Ethik · Fortschritt · Hochschule · Innovation · Patent · Strukturpolitik · Technologiepolitik · Universität · Wettbewerbsfähigkeit · Wissenschaft · Wissenschaftstheorie
 
Literatur:
 
Bundesbericht F. (1965 ff.; erscheint etwa vierteljährlich);
 K.-L. Gutberlet: Alternative Strategien der F.-Förderung (1984);
 G. Turner: Freiheit der F., ihre Grenzen u. die Verantwortung des Wissenschaftlers (1986);
 K. F. Brockhoff: F. u. Entwicklung. Planung u. Kontrolle (41994);
 K. R. Popper: Die Logik der F. (101994);
 H. Jonas: Das Prinzip Verantwortung (121995);
 H. Klodt: Grundlagen der Forschungs- u. Technologiepolitik (Neuausg. 1995);
 U. Beck: Risikogesellschaft (121996);
 
Forschungsfreiheit. Ein Plädoyer für bessere Rahmenbedingungen der F. in Dtl., hg. v. der Dt. Forschungsgemeinschaft (1996).

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Fọr|schung, die; -, -en: 1. das Forschen (a), forschende Bemühung: die F. nach den Ursachen blieb erfolglos; Eine tiefe Ergriffenheit war stets die Frucht dieser inneren -en (Th. Mann, Krull 42). 2. a) das Forschen (b), das Arbeiten an wissenschaftlichen Erkenntnissen; Untersuchung eines wissenschaftlichen Problems: empirische -en anstellen; Die Zentralen versuchen ..., wissenschaftliche F. auf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege zu betreiben (Fraenkel, Staat 382); diese Erkenntnisse sind Ergebnisse eingehender -en; b) <o. Pl.> forschende Wissenschaft: die neuere F. hat dies bestätigt; in der F. tätig sein; ein Fach in F. und Lehre vertreten.

Universal-Lexikon. 2012.