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Ex|pe|ri|ment [ɛksperi'mɛnt], das; -[e]s, -e:a) wissenschaftlicher Versuch:
ein Experiment durchführen; das Experiment ist gelungen.
b) gewagter Versuch, mit einem Risiko verbundenes Unternehmen:
das ist ein Experiment; wir wollen keine Experimente machen (uns auf kein Risiko einlassen).
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Ex|pe|ri|mẹnt 〈n. 11〉
1. wissenschaftl. Versuch
2. 〈fig.〉 (gewagtes) Unternehmen
● \Experimente machen; chemisches, physikalisches, technisches \Experiment [<lat. experimentum „Probe, Versuch“]
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Ex|pe|ri|mẹnt [lat. experimentum = Beweis, Versuch, Probe], das; -s, -e: in der Forschung ein mit bestimmter Zielsetzung geplanter, in seinem Ablauf nicht immer vorhersehbarer Versuch, dessen Resultat zum Erkennen von Gesetzmäßigkeiten oder zum Formulieren, Beweisen oder Widerlegen einer Theorie dienen kann. In der Lehre dient das reproduzierbare E. der Demonstration von Gesetzmäßigkeiten.
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Ex|pe|ri|mẹnt , das; -[e]s, -e [lat. experimentum = Versuch, Probe; Erfahrung, zu: experiri = versuchen, erproben]:
1. wissenschaftlicher Versuch, durch den etw. entdeckt, bestätigt od. gezeigt werden soll:
ein chemisches, psychologisches E.;
das E. gelingt, missglückt;
ein E. durch-, vorführen;
-e an, mit Tieren;
-e [mit jmdm., etw.] anstellen;
etw. im E., in, an -en zeigen.
2. [gewagter] Versuch, Wagnis; gewagtes, unsicheres Unternehmen:
ein kühnes, gefährliches E.;
das politische E. der Demokratisierung;
wir wollen keine -e machen, [nur] keine -e! (wir wollen uns auf kein Risiko einlassen!).
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Experimẹnt
2) Naturwissenschaften: methodisch-planmäßige Herbeiführung von meist variablen Umständen zum Zwecke wissenschaftlicher Beobachtung; wichtigstes Hilfsmittel aller Erfahrungswissenschaften (v. a. Physik, Chemie und Psychologie), bei denen sich Experimentierbedingungen künstlich herbeiführen und reproduzieren lassen.
Das Experiment nimmt in der Neuzeit eine Schlüsselstellung in allen Erfahrungswissenschaften ein. Es unterscheidet die moderne Auffassung von der antiken: Während man in der Antike letztlich nur an den natürlichen Abläufen der Welt interessiert war und diese möglichst ungestört beobachten wollte, greift das moderne Experiment gezielt in die Natur ein. Es ist deshalb als »Frage an die Natur« (I. Kant) oder gar als »Verhör der Natur« (C. F. von Weizsäcker) bezeichnet worden. Bestimmte, der Beobachtung zugänglichen Größen - die verursachenden Variablen - in einer experimentell erzeugten Situation werden systematisch variiert, um die daraus entstehenden Wirkungen auf die abhängigen Variablen zu studieren. Alle anderen, meist als Parameter bezeichneten Faktoren, die das Ergebnis des Experiments beeinflussen könnten, sind konstant zu halten. Experimente sollten prinzipiell wiederholbar sein, was ihre intersubjektive Überprüfbarkeit sichert. Angesichts des ungeheuren apparativen Aufwandes bei vielen wissenschaftlichen Experimenten (z. B. in der Hochenergiephysik durch Beschleuniger) gilt diese Forderung heute nur noch mit Einschränkungen.
Neben Beobachtungs- und Entdeckungszwecken dient das Experiment auch zu Prüfzwecken: Eine Hypothese (im weiteren Sinn eine Theorie) wird experimentell überprüft, indem man untersucht, ob die aus der Hypothese folgenden Prognosen tatsächlich eintreten. Dann spricht man von Bestätigung oder Bewährung der Hypothese. Treffen die Prognosen auch nach einer Zufallsergebnisse (z. B. infolge von Beobachtungsfehlern) ausschließenden Wiederholung des Experiments nicht zu, so kann entweder die Hypothese verworfen oder aber durch Zusatzhypothesen (Exhaustion) ergänzt werden. (Experimentum Crucis, Gedankenexperiment)
Die klassische Auffassung des Experiments, die auf F. Bacon, G. Galilei und E. Torricelli zurückgeht, nimmt einen beliebig genau eliminierbaren Einfluss der Beobachtung auf das beobachtete Objekt an. Die Quantenmechanik hat gezeigt, dass diese Annahme im (sub-)atomaren Bereich wegen der gültigen Unschärferelationen nicht zu realisieren ist. - Heute ist ein grundsätzlich neues Verständnis des Experiments erforderlich, da sich die Beobachtungen in vielen Bereichen nur statistisch durchführen lassen und oft eine Wechselwirkung zwischen Beobachtetem und Beobachtendem stattfindet. So stellt z. B. in der Mikrophysik die Beobachtung in Form des Experiments häufig einen derart schweren Eingriff in das beobachtete System dar, dass ein wichtiges Charakteristikum des klassischen Experiments, nämlich die prinzipielle Wiederholbarkeit (am selben Objekt), aufgegeben werden musste.
Experimente mit Menschen betreffen v. a. Medizin (z. B. Arzneimittelprüfung), Psychologie (z. B. psychologische Diagnostik, Wahrnehmungspsychologie) und Soziologie. Sie werden unter ethischen Fragestellungen diskutiert, z. B. bezogen auf die Aufklärungspflicht gegenüber der Versuchsperson vor dem Experiment, wodurch das experimentelle Ergebnis entscheidend beeinflusst werden und von der Normalsituation abweichen kann, oder bezogen auf die Zulässigkeit bestimmter Experimente hinsichtlich ihrer eventuellen negativen Nebeneffekte. Die ethischen Probleme von Tierversuchen, aber auch von die Natur möglicherweise irreparabel verändernden oder schädigenden Experimente (z. B. Gentechnologie, Kernwaffentests) gewinnen seit einigen Jahren zunehmend an Interesse.
H. Dingler: Über die Gesch. u. das Wesen des E. (1952);
H. Schneider: Hypothese, E., Theorie (1978);
3) Psychologie: experimentelle Psychologie.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Naturwissenschaft und Technik: Ein neues Weltbild setzt sich durch
4) Sozialwissenschaften: In der empirischen Sozialforschung gilt das Experiment als die sicherste Methode zur Feststellung und Überprüfung von Kausalbeziehungen im soziokulturellen Bereich.
Gemäß der klassischen Versuchsanordnung werden zwei möglichst gleichartige Situationen konfrontiert: während die Vergleichssituation Kontrollzwecken dient, wird nur in die Experimentalsituation die vermutete Ursache als einwirkender Faktor eingeführt. Beim direkten Experiment oder projektierten Experiment werden solche Situationen bewusst arrangiert. Dies ist ein insbesondere in der sozialpsychologischen und soziologischen Kleingruppenforschung häufig angewandtes Verfahren: Es werden eine Experimental- und eine Vergleichs- oder Kontrollgruppe gebildet, die möglichst gleichartig zusammengesetzt sein sollen. Weil im soziokulturellen Bereich direkte Experimente schwer durchzuführen sind, werden beim Ex-post-facto-Experiment oder retrospektiven Experiment bereits vergangene Prozesse als geeignete Experimental- und Vergleichssituation ausgewählt und interpretiert. Das Feldexperiment findet unter normalen, alltäglichen und vertrauten Lebensverhältnissen in »natürlichen« Situationen statt. Das Laborexperiment (Laboratoriumsexperiment) erleichtert zwar die Herstellung kontrollierter Bedingungen, ist aber nur begrenzt anwendbar und mit dem Nachteil der »Künstlichkeit« behaftet.
E. Zimmermann: Das E. in den Sozialwiss.en (1972);
Beobachtung u. E. in der Sozialforsch., hg. v. R. König (81975).
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Ex|pe|ri|mẹnt, das; -[e]s, -e [lat. experimentum = Versuch, Probe; Erfahrung, zu: experiri = versuchen, erproben]: 1. wissenschaftlicher Versuch, durch den etw. entdeckt, bestätigt od. gezeigt werden soll: ein chemisches, psychologisches E.; das E. gelingt, missglückt; ein E. durch-, vorführen; -e an, mit Tieren; -e [mit jmdm., etw.] anstellen; etw. im E., in, an -en zeigen; die Opfer medizinischer -e im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück (Berger, Augenblick 18). 2. [gewagter] Versuch, Wagnis; gewagtes, unsicheres Unternehmen: ein kühnes, gefährliches E.; das politische E. der Demokratisierung, der freiheitlichen Demokratie; Auch ich warnte vor dem Volksentscheid und beschwor die Anwesenden, sich auf ein solches E. nicht einzulassen (Niekisch, Leben 115); wir wollen keine -e machen, [nur] keine -e! (wir wollen uns auf kein Risiko einlassen!).
Universal-Lexikon. 2012.