Sẹr|bi|en; -s:
Staat in Südosteuropa.
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Sẹrbi|en,
serbisch Sṛbija, amtlich serbisch Republika Sṛbija, Teilrepublik von Jugoslawien, 88 361 km2, (1995) 9,9 Mio. Einwohner, Hauptstadt ist Belgrad; ohne die Provinzen Kosovo und Wojwodina, deren Autonomiestatus 1990 aufgehoben worden ist, umfasst Serbien 55 968 km2 mit (1995) 5,8 Mio. Einwohner (Engeres Serbien).
Landesnatur:
Im Norden (im Wesentlichen in der Wojwodina) hat Serbien Anteil am Großen Ungarischen Tiefland (mit Batschka, Sirmien und westlichem Banat), das von dem isolierten Gebirgsstock Fruška gora überragt und von der Donau und ihrem Zufluss Theiß durchflossen wird. Südlich von Save und Donau schließt sich ein Hügel- und Gebirgsland mit der fruchtbaren Šumadija (südlich von Belgrad), dem erzreichen Kopaonikgebirge (bis 2 017 m über dem Meeresspiegel) und anderen Höhenzügen des Dinar. Gebirges, dem Serbischen Erzgebirge und den Ausläufern des Westlichen Balkan (bis 2 168 m über dem Meeresspiegel) an. Dieses Gebirgsland wird von der Südlichen Morava und (anschließend) der Großen Morava annähernd in Süd-Nordrichtung durchflossen. Das Tal bildet eine wichtige Verkehrsleitlinie (Teil der Morava-Vadar-Furche). Die höchsten Erhebungen liegen an der Grenze zu Albanien (Đaravica, 2 656 m über dem Meeresspiegel), Montenegro und zur Republik Makedonien. Den Südwesten Serbiens (das Kosovo) bestimmen die intramontanen Beckenlandschaften Amselfeld und Metohija. - Das Klima ist gemäßigt kontinental und trägt im Süden mediterrane Züge. Etwa ein Drittel des Landes ist bewaldet.
Nach der Volkszählung 1991 sind 66 % der Bewohner Serben, die v. a. der serbisch-orthodoxen Kirche angehören (im Engeren Serbien beträgt der Serbenanteil 88 %). 5 % der Bevölkerung bezeichnen sich als Jugoslawen. Größte Minderheiten sind mit 17 % die Albaner (im Kosovo) und mit 3,5 % die Ungarn (in der Wojwodina). Etwa 8,5 % der Bevölkerung gehören anderen Volksgruppen (u. a. Muslime, Montenegriner, Slowaken, Rumänen, Bulgaren) an. Als Folge des Krieges in Kroatien sowie in Bosnien und Herzegowina sind zahlreiche Kroaten und Muslime in benachbarte Staaten geflohen; 607 000 serbische Flüchtlinge kamen aus den umkämpften Gebieten nach Serbien.
Im ehemaligen Jugoslawien war Serbien mit etwa 36 % am gesamten Bruttoinlandsprodukt beteiligt. Hauptwirtschaftsbereiche sind Landwirtschaft und Industrie. Die wichtigsten Landwirtschaftsgebiete sind die Wojwodina und das Moravatal; angebaut werden Getreide (Weizen, Mais, Roggen), Zuckerrüben, Hanf, Sonnenblumen sowie im Süden Tabak; Obstbau ist weit verbreitet (besonders Pflaumen für die Slibowitzherstellung), im Moravatal und im Nordosten auch Weinbau. In den Ackerbaugebieten herrscht Schweine- und Rinderzucht, in den Gebirgen Schafhaltung vor. Serbien ist reich an Bodenschätzen. Es werden Kupfer-, Zink-, Antimon- und Eisenerze, besonders im Serbischen Erzgebirge und im Kopaonikgebirge, daneben Braunkohle und in geringem Maße Steinkohle und Erdöl gefördert (Eisenerzverhüttung in Smederovo, Buntmetallhütten in Bor und Trepča). Die verarbeitende Industrie umfasst Maschinen- und Fahrzeugbau, chemische und petrochemische, elektrotechnisch-elektronische, Leder- und Schuh- sowie Textil- und Nahrungsmittelindustrie; ihre wichtigsten Standorte sind Belgrad, Smederovo, Kragujevac, Kraljevo, Kruševac, Niš und Subotica. Die Energieerzeugung basiert auf dem Donaukraftwerk am Eisernen Tor und zahlreichen Braunkohlenkraftwerken.
Die ersten ethnisch fassbaren Bewohner waren illyrische, thrakische und keltische Stämme. Im 3. Jahrhundert v. Chr. begannen die Römer von der Küste her die Unterwerfung der späteren Provinz Dalmatia (Dalmatien) und Moesia superior (Mösien). Im 7. Jahrhundert n. Chr. wanderten aus dem Nordosten die südslawischen Serben ein, die vom 8. bis 12. Jahrhundert fast ununterbrochen unter bulgarischer oder byzantinischer Herrschaft, seit 1123 unter der der Nemanjiden standen. Großžupan Stephan Nemanja (1168-96) erreichte nach 1180 die Unabhängigkeit seines Fürstentums Raszien, das er mit Zeta (Montenegro) vereinigte. Sein Sohn Stephan Prvovenčani (1196 bis um 1228) erhielt 1217 von Papst Honorius III. die Königskrone; 1219 wurde ein von Konstantinopel unabhängiges Erzbistum geschaffen (Sava). Unter Stephan IV. Dušan (1331-55) erreichte dieses altserbische Reich (Hauptstadt: Skopje) seine größte Ausdehnung; er gewann Makedonien, Thessalien, Albanien sowie Epirus und nahm 1346 den Zarentitel an. Nach Stephans Tod (1355) verfiel dieses Reich rasch. Nach der serbischen Niederlage in der Schlacht auf dem Amselfeld unter Fürst Lazar I. Hrebeljanović (»Vidovdan« 1389) unterwarfen die Türken Serbien (seit 1459 osmanischer Paschalik), endgültig 1521 (Eroberung Belgrads). Die serbische Oberschicht wurde vernichtet beziehungsweise islamisiert. Der Unabhängigkeitswille lebte fort in den Uskoken, in den serbischen Bergstämmen Montenegros und in der serbisch-orthodoxen Kirche. Seit dem 17. Jahrhundert regte sich Widerstand in der Form des Räuberkriegertums der Heiducken. Ab 1690 wanderten viele Serben aufgrund osmanischer Repressalien nach Südungarn und (schon seit dem 16. Jahrhundert) in Gebiete der österreichischen Militärgrenze (spätere Krajina) aus; in die frei gewordenen serbischen Kerngebiete (Altserbien, Engeres Serbien) rückten Albaner nach (Ursprung des heutigen Kosovo-Problems). Nordserbien war 1718-39 unter österreichischer Herrschaft; danach wurde die Save-Donau-Linie zur Grenze zwischen Serbien und dem osmanischen Reich. In der zuvor entvölkerten Šumadija (Nordserbien; Paschalik Belgrad) siedelten sich bis um 1750 Serben aus dem Süden an.
Der Freiheitskampf gegen die Türken begann 1804-06 mit einem ersten Aufstand des Heiducken Karađorđe in Belgrad. Die durch den russisch-türkischen Frieden von Bukarest (1812) gewonnene Autonomie nahm der Sultan wieder zurück. Nach der zweiten Erhebung unter dem Bauernführer (Knez) Miloš Obrenović (1815) wurde Serbien 1817 tributpflichtiges Fürstentum mit eingeschränkter Selbstverwaltung und Religionsfreiheit (ab 1830 vollautonomes Erbfürstentum unter osmanischer Oberhoheit); Hauptort war 1818-39 Kragujevac. Beide Fürstenhäuser, Karađorđević und Obrenović, rivalisierten noch bis 1903 um die Herrschaft in Serbien (bei wechselnder Anlehnung an Russland oder Österreich).
Miloš, der 1817 von der Volksvertretung, der Skupschtina, zum erblichen Fürsten gewählt wurde, regierte trotz der Verfassung von 1835 autoritär und musste 1839 abdanken. Nach kurzer Regierung seiner Söhne Milan und Michael wählte die Skupschtina 1842 Karađorđes Sohn Alexander (Karađorđević) zum Fürsten. Unter ihm erhielt Serbien, das 1833 nach SW erweitert worden war, 1844 ein bürgerliches Gesetzbuch nach österreichischem Vorbild. Gleichzeitig entwarf Innenminister I. Garašanin mit der Denkschrift »Načertanje« (1844; erst 1906 in Serbien öffentlich gemacht) die Vision einer Vereinigung aller Südslawen innerhalb der Donaumonarchie in einem Reich unter serbischer Führung, die später zum »großserbischen Programm« erhoben und einer der Grundbausteine zur jugoslawischen Staatsidee des 20. Jahrhunderts wurde. 1858 setzte die Skupschtina Alexander ab und rief Miloš zurück. Ihm folgte sein Sohn Michael, der 1867 den Abzug der türkischen Garnisonen aus Serbien erreichte. Nach seiner Ermordung durch einen Anhänger der Karađorđević folgte 1868 sein Neffe Milan I. Obrenović.
Der Berliner Kongress (1878) sprach Serbien die volle Unabhängigkeit und eine Gebietserweiterung nach Süden (11 000 km2, die Gebiete von Pirot, Niš, Vranje) zu. Bosnien, die Herzegowina und Novi Pazar wurden jedoch von Österreich-Ungarn besetzt. 1882 wurde Serbien zum Königreich erhoben. Die Vereinigung der türkischen autonomen Provinz Ostrumelien mit Bulgarien veranlasste Milan 1885 zur Annexion Ostrumeliens und damit zum Angriff gegen Bulgarien (Serbisch-Bulgarischer Krieg). Nach dem bulgarischen Sieg bei Sliwniza nahe Sofia (17.-19. 11. 1885) verhinderte nur das Eingreifen Österreich-Ungarns im Frieden von Bukarest (3. 3. 1886 Gebietsverluste der unterlegenen Serben. 1889 dankte Milan zugunsten seines Sohnes Alexander (Alexander I. Obrenović) ab, der mit seiner Frau Draga durch eine Offiziersverschwörung (die spätere Schwarze Hand) ermordet wurde. Unter seinem Nachfolger Petar Karađorđević (König Peter I., 1903-18) kehrte N. Pašić zu einer gegen Österreich-Ungarn gerichteten Außenpolitik im Sinne der großserbischen Idee zurück (Omladina). Der österreichisch-serbische Gegensatz vertiefte sich durch die österreichisch-ungarische Annexion Bosniens und der Herzegowina (1908) sowie durch die serbischen Erfolge in den Balkankriegen (1912/13; Zugewinn Makedoniens als »Südserbien« und des Kosovo). Das »Attentat von Sarajevo« (28. 6.; Schwarze Hand) führte am 28. 7. 1914 zur Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien und damit zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Nach schweren Abwehrkämpfen wurde Serbien 1915-16 von den Mittelmächten besetzt. Am 1. 12. 1918 kam es zur Bildung eines Serbien (seit 1919/20 mit der Wojwodina), Montenegro und alle südslawischen Gebiete Österreich-Ungarns umfassenden Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen. Dieser Staat, der sich seit 1929 »Jugoslawien« nannte, blieb belastet durch die Hegemonie Serbiens sowie Spannungen v. a. zwischen Serben und Kroaten; die Verständigung (»sporazum«) vom 26. 8. 1939 kam zu spät. Nach der Zerschlagung und Aufteilung Jugoslawiens (April 1941) durch die Achsenmächte wurde Restserbien deutscher Militärverwaltung und einer Regierung unter General M. Nedić unterstellt (bis 1944; Judenverfolgung, Widerstand kommunistischer Partisanen und nationalistischer Četnici). Mit der Wiedererrichtung Jugoslawiens (1945) wurde Serbien 1946 (mit der Wojwodina und dem Kosovo) größte Teilrepublik, 1963 »Sozialistische Republik«. Mit den Unruhen im Kosovo 1981 begannen die Versuche nichtserbische Bevölkerungsgruppen, die serbische Vorherrschaft in Jugoslawien zu beenden. Gleichzeitig wuchs ein serbischer Nationalismus, an dessen Spitze sich KP-Chef S. Milošević (1986-89) stellte: u. a. Erneuerung der »Načertanje« durch ein »Memorandum« der serbischen Akademie der Wissenschaften und Künste (1986; D. Ćosić u. a.), 600-Jahr-Feier der Schlacht auf dem Amselfeld (Vidovdan 1989). Unter Präsident Milošević (1989-97) kam es zur Aufhebung der Autonomie im Kosovo und der Wojwodina (bis Juli 1990). Damit trug Serbien hohe Mitverantwortung am Aufbrechen der nationalen Gegensätze.
Serbien, das sowohl das Staatspräsidium als auch die jugoslawische Armee (JVA) dominierte, setzte den 1989/90 zunehmenden Bestrebungen von Kroatien und Slowenien nach nationaler Selbstständigkeit wachsenden - auch militärischen - Druck entgegen. In den v. a. von Serben bewohnten kroatischen Gebieten förderte Serbien 1990/91 Bestrebungen zum Anschluss an Serbien (Krajina). Bei den ersten freien Wahlen am 9. 12. 1990 siegte die Sozialistische Partei Serbiens (SPS; Juli 1990 aus dem Bund der Kommunisten Serbiens hervorgegangen); sie stellte seitdem den Präsidenten und die Regierung (bis 1997). Ab 1990 verstärkte das an der jugoslawischen Staatsidee festhaltende Serbien seine Politik der ethnischen »Entflechtung« und Homogenisierung: Zunächst auch mithilfe der JVA sowie unterstützt von Freiwilligenverbänden serbischer Nationalisten ([Neo-]Četnici) begann im Juli 1991 ein erster blutiger Krieg zum »Schutz der serbischen Siedlungsräume« in Kroatien, Anfang April 1992 ein zweiter in Bosnien und Herzegowina (beide endgültig 1995 beendet). Am 27. 4. 1992 proklamierte Serbien gemeinsam mit Montenegro eine neue Bundesrepublik Jugoslawien; ihre internationale Anerkennung erfolgte erst 1996. Unterdrückung der Opposition, v. a. der »Serbischen Erneuerungsbewegung« (SPO) unter Vuk Drašković, und der nationalen Minderheiten, v. a. der Kosovo-Albaner, kennzeichneten bis zu den von November 1996 bis Februar 1997 täglich stattfindenden Massenprotesten des schnell wieder zerfallenen Oppositionsbündnisses »Zajedno« (Gemeinsam) die innenpolitische Lage, die aber in ihrem Ergebnis letzlich für das Regime noch nicht ernsthaft gefährlich wurden. Allerdings mussten die Kommunalwahlergebnisse anerkannt werden; so amtierte in Belgrad seitdem ein von der Opposition gestellter Bürgermeister (zunächst Z. Djindjić, seit Frühsommer 1997 ein Vertreter der SPO. Nach den Parlamentswahlen vom September 1997, bei denen das von der SPS geführte Linksbündnis siegte, versuchte die SPS die Opposition, v. a. die SPO, zum Teil in die Regierung einzubinden und dadurch zu neutralisieren (u. a. Drašković, Februar 1998 bis Ende April 1999 stellvertretender MinisterpräsidentFebruar 1998). Bei den Präsidentenwahlen Ende 1997, bei denen die Opposition zum Boykott aufgerufen hatte, wurde nach mehreren Wahlgängen Milan Milutinović neuer serbischer Präsident (Kandidat der SPS gegen den oppositionellen Radikalen Vojislav Seselj).
Im März/April 1998 brachen die nationalen Gegensätze im Kosovo verschärft auf, was zu neuen Spannungen zwischen Serbien und Montenegro führte; im Mai/Juni 1998 eskalierten sie zu einer internationalen Krise (drohender NATO-Einsatz; Flucht der Zivilbevölkerung; Kämpfe zwischen serbischer Armee und der »Befreiungsarmee Kosovo«, Abkürzung UCK). Nach NATO-Militäraktion (24. 3.-10. 6. 1999) Abzug der serbischen Truppen aus der Provinz, die unter Übergangsverwaltung der UN (Unmik) kam, womit eine weitgehende Autonomie innerhalb Serbiens gewährt werden soll (Statusfrage weiter ungeklärt). Danach wurde den Serben die Bilanz der Milošević-Politik stärker bewusst: Zunehmende Spannungen mit Montenegro, außenpolitische Isolierung, Verlust angestammter serbischer Siedlungsräume, Ruin des Landes. Seit Juli 1999 suchte die - in sich zerstrittene - Opposition den innenpolitischen Druck auf das Regime zu erhöhen. Eine 1998 gebildete »Allianz für den Wandel« blieb allerdings ebenfalls lange bedeutungslos. Führend in der Opposition gegen das Milošević-Regime wurde - neben der Demokratischen Partei, DS, um Djindjić - wieder die SPO; zunehmend stärkeren Zulauf erhielt die Studenten- und Bürgerbewegung »Otpor!« (»Widerstand!«; hervorgegangen aus den Studentenprotesten von 1996-97). Ungeklärte Morde an Funktionären des Regimes (Winter/Frühjahr 2000) dienten zunächst noch der Verschärfung von Repressalien gegenüber der Opposition. In Südserbien (in Gebieten mit erheblicher albanischer Bevölkerung) stiegen ab Frühjahr 2000 erneut die nationalen Spannungen.
Zum Wandel kam es erst, als der Kandidat des Oppositionsbündnisses »Demokratische Opposition Serbiens« (DOS), V. Koštunica, am 24. 9. 2000 als Nachfolger von S. Milošević zum Präsidenten von Jugoslawien gewählt wurde. Obwohl Milošević zunächst versuchte, das Wahlergebnis zu manipulieren, konnte er nach zweiwöchigen Protestaktionen (u. a. Generalstreik) und einer »friedlichen Revolution« (5. 10.; Zentrum Belgrad) schließlich zur Anerkennung des Wahlergebnisses und zum Rücktritt gezwungen werden. In Serbien einigten sich die Demokratische Opposition Serbiens und die Sozialistische Partei Serbiens auf die Bildung einer Übergangsregierung unter Einschluss der Serbischen Erneuerungspartei; mit Milomir Minić stellte die Sozialistische Partei Serbiens noch einmal den Ministerpräsidenten Serbiens (ab 24. 10.). Die EU beschloss am 10. 10. 2000, die Sanktionen gegen Jugoslawien aufzuheben; Wiederaufbau und wirtschaftliche Entwicklung des Landes sollen finanziell gefördert werden. Bei den Parlamentsneuwahlen für Serbien am 23. 12. 2000 konnte das Parteienbündnis DOS erneut einen überzeugenden Wahlsieg erringen: 64 % der Stimmen und 176 der 250 Sitze im Parlament. Zweitstärkste politische Kraft und Fraktion im Parlament wurde die Sozialistische Partei Serbiens um Milošević (13,8 %; 37 Mandate); die Jugoslawische Linke und die Serbische Erneuerungspartei verloren jeglichen politischen Einfluss. Djindjić wurde am 25. 1. 2001 Ministerpräsident der ersten nichtkommunistischen Regierung Serbiens seit dem Zweiten Weltkrieg. Er steht vor der Aufgabe, die mit der »friedlichen Revolution« begonnene wirtschaftliche Reformierung und Demokratisierung des Landes erfolgreich umzusetzen und dabei die »großen historischen Probleme« zu lösen, die sich unter dem Milošević-Regime angestaut haben. In Südserbien, v. a. im Preševo-Tal, einem von der KFOR schwer kontrollierbaren Grenzgebiet zwischen dem Kosovo und Makedonien mit erheblicher albanischer Bevölkerung (etwa 75 000), verschärften sich durch wiederholte Angriffe albanischer Freischärler und Separatisten auf serbische Polizisten und Soldaten ab Frühjahr 2000 die ethnischen Spannungen. Sie weiteten sich im März 2001 durch Übergriffe auf Makedonien zu einem drohenden neuen Konfliktfall für die ganze Region aus. Den von den militanten Albanern Südserbiens gewünschten Sonderstatus (Autonomie) beziehungsweise Anschluss an Kosovo lehnte die Regierung um Djindjić bei weit gehender militärischer Zurückhaltung ab und blieb um eine politische Lösung bemüht. Das Gebiet war gemäß einem Abkommen vom Juni 1999 zwischen der KFOR und der damaligen Regierung Serbiens zur fünf Kilometer breiten entmilitarisierten Sicherheits- und Pufferzone erklärt worden, aber ab Ende 1999 zum Aufmarsch- und Rückzugsgebiet der albanischen Separatisten in beiden Ländern geworden. Zur Konfliktlösung wurde eine von internationalen Beobachtern überwachte völlige Entmilitarisierung in dem Gebiet gefordert. Mitte März 2001 schlossen die NATO (KFOR-Friedenstruppe) und Jugoslawien deshalb ein Stationierungsabkommen zum danach bis Ende Mai erfolgten stufenweisen Einrücken von jugoslawischen Truppen in die gesamte Pufferzone. Die so genannte »Befreiungsarmee von Preševo, Medvedja und Bujanovać« (UÇMB), die logistische Unterstützung aus dem Kosovo bezog, konnte nach heftigen Kämpfen Mitte Mai 2001 im Gegenzug für Verhandlungen zur Aufgabe ihrer terroristischen Aktivitäten bewegt werden; Ende Mai stimmte sie ihrer Selbstauflösung zu.
Festnahme und Auslieferung von S. Milošević an das Internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag durch den serbischen Ministerpräsidenten Djindjić 2001 (1. 4. beziehungsweise 28. 6.) wie allgemein dessen Kurs schneller Vergangenheitsbewältigung vertieften die Spannungen zum jugoslawischen Präsidenten Koštunica zum regelrechten Machtkampf; offensichtlich seit dem Auszug der DSS aus der serbischen Regierungskoalition (August 2201), nahm er - u. a. über ein umstrittenes Arbeitsgesetz - an Schärfe zu. Ende Januar 2002 wurden der Wojwodina vom serbischen Parlament wieder Autonomierechte zugestanden.
F. P. Kanitz: Das Königreich S. u. das Serbenvolk von der Römerzeit bis zur Gegenwart, 3 Bde. (1904-14);
C. Jireček: Staat u. Gesellschaft im mittelalterl. S., 4 Bde. (Wien 1912-19, Nachdr. Leipzig 1974, 1 Bd.);
M. Mladenović: L'état serbe au moyen âge (Paris 1931);
W. D. Behschnitt: Nationalismus bei Serben u. Kroaten. 1830-1914 (1980);
Istorija srpskog naroda, hg. v. S. Gavrilović u. a., 6 Bde. (Belgrad 1981-93);
M.-J. Calic: Sozialgesch. S.s 1815-1941. Der aufhaltsame Fortschritt während der Industrialisierung (1994);
Viktor Meier: Wie Jugoslawien verspielt wurde (21996);
M. Olschewski: Der serb. Mythos. Die verspätete Nation (1998);
S.s Weg in den Krieg, hg. v. T. Bremer u. a. (1998).
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Sẹr|bi|en; -s: Gliedstaat Jugoslawiens.
Universal-Lexikon. 2012.