Ćosić
['tɕɔːsitɕ],
1) Bora, serbischer Schriftsteller, * Zagreb 5. 4. 1932; nach Übersetzungen aus dem Russischen und Tätigkeit als Zeitschriftenredakteur schreibt Ćosić seit den 1950er-Jahren Romane, die mit grotesken und surrealen Mitteln die gesellschaftliche Wirklichkeit durchbrechen. In den 1960er-Jahren entstand neben Collagenbüchern mit Essays v. a. das Werk »Uloga moje porodice u svetskoj revoluciji« (1969, dt. »Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution«). Ironisch werden historische Ereignisse aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs bis zur Machtergreifung Titos mit dem Alltag einer Belgrader Familie verknüpft. Die scharfen Einsichten der Romane Ćosićs führten in den 1970er-Jahren zu einem mehrjährigen Publikationsverbot. 1992 verließ er Belgrad aus Protest gegen die nationalistische Politik der serbischen Regierung und lebt seit 1995 in Berlin, wo das Exilwerk »Carinska deklaracija« (2001, dt. »Die Zollerklärung«) und im gleichen Jahr ein erster Lyrikband entstanden.
2) Dobrica, serbischer Schriftsteller, * Velika Drenova 29. 12. 1921; Partisan im Zweiten Weltkrieg, danach politische und publizistische Tätigkeit; vollzog schon mit seinem ersten Roman die literaturhistorisch richtungweisende Abkehr vom dogmatischen sozialistischen Realismus. Hauptthema seiner Werke ist die serbische Geschichte, wobei er nationale, psychische und moralische Krisen aufzeigt und auch dunkle historische Ereignisse zu erforschen sucht. Als serbischer Nationalist mitbeteiligt an der Ausarbeitung des »Memorandums« (1986; Ausgangspunkt der »serbischen nationalen Erweckung«), war C. vom 5. 6. 1992 bis 1. 6. 1993 (Rücktritt) Präsident des neu gegründeten Jugoslawiens.
Universal-Lexikon. 2012.