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Kriegsverbrechertribunal,
internationales Strafgericht zur Verfolgung von Verletzungen des humanitären Völkerrechts sowie von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, von Völkermord und Kriegsverbrechen.
Die Schaffung eines Internationalen Strafgerichts zur Verfolgung von Verletzungen des humanitären Völkerrechts im ehemaligen Jugoslawien mit Sitz in Den Haag (daher auch Haager Tribunal genannt) wurde vom UN-Sicherheitsrat mit dem Beschluss Nummer 808 vom 22. 2. 1993 eingeleitet; die Errichtung erfolgte mit der Verabschiedung des Statuts durch den Beschluss Nummer 827 des Sicherheitsrats vom 25. 5. 1993. Das Tribunal ist für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen zuständig, die nach dem 1. 1. 1991 im ehemaligen Jugoslawien verübt wurden. Anlass für die Errichtung des Gerichtes waren Gewalttaten in Bosnien und Herzegowina 1992, die von einer UN-Kommission als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet wurden.
Das Haager Tribunal besteht insgesamt aus etwa 1 200 Mitarbeitern aus 77 Ländern und unterhält Ermittlungsbüros in Belgrad und Sarajevo. Die insgesamt 14 Richter und der Chefankläger werden von der UN-Generalversammlung auf Vorschlag des UN-Sicherheitsrates für jeweils vier Jahre, der Präsident des Gerichts wird von den 14 Richtern auf zwei Jahre gewählt. In bestimmten Fällen kann das Gericht seit Juni 2001 bis zu 27 weitere, von der UN-Generalversammlung ernannte Richter (so genannt »Ad-Litem-Richter) zur zügigen Prozessabwicklung anfordern. Das Haager Tribunal nahm seine Arbeit am 17. 11. 1993 auf. Den Richtern wurde ein Jahr Zeit gegeben, um eine Verfahrensordnung mit der Bemessung von Strafmaßen zu erlassen. Auf der Grundlage des Sicherheitsratsbeschlusses 780 vom 6. 10. 1992 begann eine Untersuchungskommission jedoch schon vorher mit den Ermittlungen. Die ersten Verfahren wurden im Frühjahr 1995 eröffnet; das erste Urteil fällte das Tribunal am 29. 11. 1996. - Zu den Hauptbeschuldigten gehören u. a. der ehemalige bosnische Serbenführer Radovan Karadžić, dessen ehemaliger Armeekommandeur Ratko Mladić sowie der ehemalige jugoslawische Staatspräsident Slobodan Milošević, der am 28. 6. 2001 dem Haager Tribunal überstellt wurde und gegen den am 12. 2. 2002 die Hauptverhandlung begann.
Das Internationale Strafgericht zur Untersuchung von schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht und Völkermordhandlungen in Ruanda mit Sitz in Arusha (zunächst Den Haag) und einem Anklagebüro in Kigali wurde durch den UN-Sicherheitsrat mit der Resolution Nummer 955 vom 8. 11. 1994 geschaffen. Das Tribunal untersucht die Massenmorde von 1994 in Ruanda (daher auch Ruanda-Tribunal genannt), bei denen schätzungsweise eine Million Tutsi und Hutu getötet wurden; es besteht aus etwa 150 Mitarbeitern. Das Ruanda-Tribunal, das dem Haager-Tribunal unterstellt ist, nahm seine Arbeit am 27. 6. 1995 in Den Haag auf. Die ersten Verfahren begannen im Mai 1996.
Die Urteile sowohl des Haager Tribunals als auch des Ruanda-Tribunals, bei denen die Todesstrafe nicht verhängt werden darf, können vor einem Appellationsgericht in Den Haag, das aus fünf Richtern besteht, angefochten werden.
Unabhängig von diesen Kriegsverbrechertribunalen, die »Ad-hoc-Gerichtshöfe« sind, wurde 1998 das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs verabschiedet.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Kriegsverbrechen: Prozesse zur Durchsetzung des Rechts
Universal-Lexikon. 2012.