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Grabmal
Grabstätte; Grab; Grabkammer; Grabgewölbe; Gruft; Krypta; Grablege

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Grab|mal 〈n.12u od. 11großes, meist künstler. gestaltetes Erinnerungszeichen auf dem Grab

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Grab|mal, das <Pl. …mäler, geh.: -e>:
Bauwerk, Monument od. größerer Gedenkstein als Erinnerungs- u. Gedenkzeichen für einen Toten, für eine Tote (mit einer Grabstätte verbunden od. selbst als Grabstätte dienend):
das G. des Unbekannten Soldaten (Grab b).

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Grabmal
 
das, -s/...mäler, seltener -e, Grabdenkmal, Gedenk- und Erinnerungsmal an der Beisetzungsstelle eines Toten, ebenso der Grabbau selbst.
 
Vorgeschichte und Altertum:
 
Schon die Neandertaler bestatteten ihre Toten in einfachen Gruben oder Höhlen (Mittelpaläolithikum). Seit der jüngeren Altsteinzeit gibt es Anzeichen für oberirdische Kennzeichnung, z. B. durch Mammutknochen. Seit der Mittel- und Jungsteinzeit wurden sehr viele Grabformen ausgebildet, die v. a. auf unterschiedlichen Bestattungssitten zurückzuführen sind. Aus dieser Zeit sind Steinmale verschiedener Größe erhalten, die vorwiegend kulturellen Zwecken dienten, aber auch als Grabmal Verwendung fanden (Menhir). - Abgerundete Steinblöcke und -platten mit Gravierungen und Relieffiguren in Menschengestalt (Menhirfiguren) sind in gleich bleibender Form vom Endneolithikum bis in die frühe Eisenzeit als Grabmal errichtet worden; auch einige menschengestaltige Steinskulpturen der Hallstatt- und La-Tène-Kultur (Hirschlanden) können als Grabmal gedient haben. Die skythische Kurgane Südrusslands trugen als Bekrönung häufig eine Steinfigur in Form eines Kriegers mit Waffen und Schmuck (Grabmal- oder Grabwächter). Zu Grabmälern im weiteren Sinn gehören auch erweiterte Gräber: Sie waren mit Stein (Megalithgräber, Dolmen, Ganggrab) oder Holz (Holzkammergräberkultur) ausgekleidet, tief in die Erde oder in Fels verlegt (Schachtgräber), teils eingetieft, teils oberirdisch errichtet und häufig zu einem Hügel aufgeschüttet (Tumulusgrab).
 
In Ägypten bildete seit dem Beginn des Alten Reiches die Pyramide die Form des königlichen Grabmals. Erst im Neuen Reich wurde sie zugunsten versteckt angelegter Felsengräber aufgegeben (Tal der Könige und Tal der Königinnen). Als Form des Privatgrabes (für Priester, Beamte, Offiziere) erscheint im Alten Reich vornehmlich die Mastaba, im Mittleren und Neuen Reich das in den Berghang getriebene Felsengrab. In Mesopotamien und Syrien-Palästina verbreiteten sich neben schlichten Kisten- oder Topfgräbern seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. auch Höhlen- und Felskammergräber (Sippengräber; auch für Nachbelegungen), Schachtgräber und Grüfte, die aus Ziegeln gebaut und durch Überkrag (unechtes Gewölbe) eingewölbt waren (Gruft von Megiddo, 16. Jahrhundert v. Chr.). Im Mesopotamien der 3. Dynastie von Ur wurden die Grabstätten der Könige oberirdisch als Wohnhäuser angelegt, unter denen große Grüfte lagen. In der minoischen Kultur Kretas tritt seit dem Ende des 3. Jahrtausend v. Chr. das oberirdisch aus Steinen errichtete runde Tholosgrab in Erscheinung, als Sippengruft v. a. in der Messara, als Einzelgrabstätte z. B. in der Nekropole von Archanes. Daneben gab es Grabhäuser (aus Stein) mit einzelnen Grabkammern (Osteothek). Das um 1600 v. Chr. angelegte Tempelgrab bei Knossos, dessen eigentliche Grabkammer in Fels gehauen ist, besaß eine Vorhalle, einen Hof und einen zweistöckigen Kultbau. In Mykene wurden im frühen 2. Jahrtausend Schachtgräber angelegt (ursprünglich mit Steinmalen markiert), im 16.-13. Jahrhundert v. Chr. Kammergräber und Kuppelgräber mit unechtem Gewölbe, zu denen ein Gang (Dromos) führte (Schatzhaus des Atreus). Das Kuppelgrab mit Dromos fand weite Verbreitung, in Lydien ist es im 8./7. Jahrhundert v. Chr. nachzuweisen (Nekropole bei Sardes mit über 100 Tumuli), ebenso bei den Etruskern, bei den Thrakern und in Südrussland, Makedonien (Grab Philipps II. bei Vergina) und Thessalien. Der Hellenismus übernahm diese Grabform (Pergamon, Eretria). In Anatolien wurden seit der Mitte des 3. Jahrtausend Grabhäuser errichtet: Über den gemauerten Wänden lagen flache Balkendecken und darüber eine dicke Erdschicht. Charakteristisch ist die Scheintür (Türstein). Die Grabhäuser in Urartu und Gordion im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. besaßen meist zwei holzverschalte Räume und Flach- oder Satteldach; der Türstein wurde neben dem Tumulus aufgestellt. In Iran wurde durch die indogermanischen Einwanderer das Grabmal in Hausform mit Satteldach eingeführt. Das angebliche Grab Kyros' II., des Großen, in Pasargadai, auf einen Stufenbau gestellt, greift diese Tradition auf. In Lykien entstand wohl schon im 6. Jahrhundert v. Chr. das Pfeilergrab, bei dem das Totenhaus auf einen hohen Pfeiler (Sockel) gestellt war (Harpyienmonument von Xanthos). Dieser Grabhaustyp wurde mit einem Pyramidendach und griechisch-ionischen Säulen versehen: Nereidenmonument von Xanthos, Mausoleum von Halikarnassos, Mausoleum von Belevi (bei Ephesos), Therongrab bei Agrigent (2. Jahrhundert v. Chr.). Auch die lykischen Felsengräber erhielten an einer der Schmalseiten des Totenhauses eine aus dem Fels gemeißelte griechische Tempelfassade (Telmessos, an der Stelle des heutigen Fethiye; Myra, Limyra).
 
In Rom wurden seit der spätrepublikanischen Zeit etruskische und hellenistische Grabmalformen aufgegriffen und weiterentwickelt: Bänke, Säulen, pfeilerartige Grabmäler, Altäre, kleine Rundbauten, Tempelchen, Statuen, Reliefs. Von den großen, zylindrischen Rundbauten sind besonders hervorzuheben die Mausoleen der Kaiser Augustus und Hadrian (Engelsburg) sowie das Grabmal der Caecilia Metella an der Via Appia. Grab- und Kultkammern wurden reich ausgestattet. Spätwerke in der Entwicklung des Pfeilergrabes finden sich im gallisch-germanischen Gebiet (Igeler Säule).
 
In frühchristlicher Zeit war v. a. in Rom die Beisetzung in Katakomben gebräuchlich. Seit dem 3. Jahrhundert wurde daneben auch der Sarkophag üblich, den man in kleinen Grabbauten aufstellte. Die großen Grabmäler orientierten sich im 3. und 4. Jahrhundert v. a. am römischen Pantheon, so das Mausoleum Diokletians in Split oder das der Constantia (✝ 354), der Tochter Konstantins I., des Großen, in Rom. In der Nachfolge spätantiker römischer Mausoleen steht das Grabmal Theoderichs des Großen in Ravenna (Anfang des 6. Jahrhunderts).
 
Mittelalter und Neuzeit:
 
Im Mittelalter entwickelten sich neben einfachen Säulen und Stelen als Gedenksteinen folgende Formen: im Boden der Kirche eingelassen die Grabplatte aus Stein oder Bronze, später meist an die Kirchenwand gestellt; das Epitaph ohne Verbindung mit der Grabstätte als Erinnerungsmal in der Kirche; die Tumba, meist aus Stein oder Bronze, frei stehend über dem Bodengrab errichtet, bestehend aus einem Unterbau mit Grabplatte (im Spätmittelalter mit Baldachin: Baldachingrab); das Wandnischengrab, eine Tumba in architektonischem Rahmen in einer Wandvertiefung. - Ursprünglich war in der Kirche nur das Märtyrergrab (in der Krypta), später wurden Gräber hoher Geistlicher, Stifter und Fürsten (Grablege) im Chor angelegt. Künstlerisch bedeutend wurde das Grabmal seit dem 11. Jahrhundert, als man figürliche Darstellungen der Toten auf den Grabplatten anbrachte. Als frühestes Beispiel ist das Grabmal Rudolfs von Rheinfelden (Merseburg/Saale, Dom) erhalten. Die Darstellung des Toten, ursprünglich als Relief, nimmt im Laufe der Zeit an Plastizität zu (Doppelgrab Heinrichs des Löwen und seiner Gemahlin im Braunschweiger Dom, um 1230-40). Die ideale Gestaltung im jugendlichen Alter weicht erst im Spätmittelalter einer individuellen Charakterisierung (Grabmal des Fürstbischofs Rudolf von Scherenberg von T. Riemenschneider im Würzburger Dom, 1496-99). Die Entwicklung des Grabmals in Deutschland zeigen die Grabmäler im Mainzer Dom, in Frankreich seit dem 13. Jahrhundert die Königsgräber in Saint-Denis. Das Tumbengrab wird im 14. Jahrhundert zur Klagetumba: Klagegestalten in Relief oder als Vollplastiken (»pleurants«) umstehen die Tumbagewände oder tragen die Grabplatte mit der Liegefigur des Toten (Grabmal Philipps des Kühnen von C. Sluter, 1404-05; Dijon, Musée des Beaux-Arts). - Seit dem Spätmittelalter gibt es die doppelte Darstellung des Toten, v. a. in Frankreich, Deutschland und England: als Lebender in der Pracht seines Standes auf dem obersten Lager der Tumba, als Verwesender oder als Skelett darunter. - In Italien überwiegt das Wandnischengrab, das auch in der Renaissance beibehalten wird (Desiderio da Settignano, A. und B. Rossellino, Donatello). In den Scaligergräbern in Verona (14. Jahrhundert) wird das Grabmal mit dem Reiterdenkmal kombiniert. Häufig erscheint der Tote thronend oder halb aufgerichtet in triumphbogenartiger Architektur wie in der von Michelangelo gestalteten Grabkapelle der Medici in San Lorenzo in Florenz (1520 ff.). Sein Entwurf für das Grabmal Papst Julius' II. in San Pietro in Vincoli in Rom (1505 ff.) nahm monumentale Ausmaße an. Das größte Grabmal der deutschen Kunst entstand mit dem Maximiliansgrab in der Hofkirche in Innsbruck (1508 ff.). In den Grabmälern des Barock verband sich das Bedürfnis des Einzelnen nach Repräsentation mit der Vorliebe der Zeit zu allegorischen und szenischen Darstellungen (Grabmal Papst Urbans VIII. von G. L. Bernini in der Peterskirche in Rom, 1628-47). Ein herausragendes Beispiel der Rokokoplastik ist der Doppelsarkophag von Maria Theresia und Franz I. in der Kapuzinergruft, der Grablege der Habsburger in Wien. Grabmäler des Klassizismus stellten dem Toten häufig nach antikem Vorbild den Genius des Todes in Gestalt eines schönen nackten Jünglings zur Seite (Grabmal Papst Klemens' XIII. von A. Canova in der Peterskirche in Rom, 1784-92). Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurden Grabmäler in Kirchen seltener, die Beisetzungen auf Friedhöfen überwogen. Ab etwa 1820 wurde die Funktion des Grabmals auch von der freiplastischen Statue des Verstorbenen übernommen. Die Form der Grabmäler reichte von Grabsteinen und -kreuzen über Figurengruppen bis zu pompösen Grabbauten. Seit dem 18. und 19. Jahrhundert wurden wieder Mausoleen für Herrscher und Mitglieder des Großbürgertums gebaut (z. B. für Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Königin Luise, 1810, Berlin-Charlottenburg; Nekropole in Glasgow). Ein Zeugnis dieses Grabmaltyps ist im 20. Jahrhundert das Leninmausoleum in Moskau. Im 20. Jahrhundert wurden Grabmäler nicht nur als Gedenk- und Erinnerungsstätten, sondern auch in der Funktion von Mahnmalen aufgestellt (z. B. steinernes Tumulusgrab in Majdanek, 1969).
 
In China gab es seit der frühen Hanzeit um 200 n. Chr. Grabbauten aus einem Verband unterirdischer, in den Felsen geschnittener oder durch Ziegelmauern gestützter Grabkammern, deren Vorstufe das Nischengrab der späteren Zhouzeit des 4.-3. Jahrhunderts v. Chr. bildete. Die Verkleidungsplatten der Grabwände und der Opferhallen erhielten entweder eine Bemalung oder einen Schmuck aus eingeschnittenen Reliefs. Die Darstellungen zeigen Ausschnitte aus chinesischen Legenden, aus der Historie und aus dem Leben des Verstorbenen. Andere Grabkammern wurden mit einfachen Backsteinen ausgelegt, die noch in feuchtem Zustand mittels hölzerner Prägestempel verziert und zu Musterreihen oder Szenen zusammengesetzt werden konnten. Über den größeren Gräbern errichtete man seit Mitte des 1. Jahrtausend v. Chr. Tumuli, meist in Form eines Pyramidenstumpfs; seit dem späten 3. Jahrhundert v. Chr. wurden Nebengruben für die Mitbestattung von tönernen Armeen angelegt (u. a. am Hof des Kaisers Qin Shi Huangdi). Die Mausoleen der Angehörigen des Hofes zur Zeit der Tang-, Song-, Ming- und Qingdynastie waren angelegt nach dem Vorbild der kaiserlichen Paläste von Xi'an, Kaifeng, Nanking und Peking. Ihre Mauern umschlossen außer den Ehrenpforten sowie langen, von Steinskulpturen gesäumten Geisterstraßen weitläufige, aus kostbaren Hölzern erbaute Opferhallen (Halle des Kaisers Chengzu [oder Yongle] mit Sandelholzsäulen).
 
Die in Korea entstandenen Grabmäler im Königreich Koguryŏ v. a. in T'onggu und bei P'yŏngyang (4.-7. Jahrhundert) sind stark von China beeinflusst (Grabkammern unter Tumuli mit skulptierten Architekturteilen). Sie sind durch ihre gut erhaltene Wandmalerei einzigartig in der Kunst Ostasiens. Im Königreich Silla (Alt-Silla-Zeit, 57 v. Chr. bis 668 n. Chr.) entstanden gewaltige Tumuli in der Umgebung von Kyŏngju.
 
In Japan waren Hügelgräber aus der Konfukultur (3.-6. Jahrhundert n. Chr.) mit Grabfiguren aus Tonzylindern umgeben. Besonders bei den Kaisergräbern des frühen 5. Jahrhunderts bildete sich ein schlüssellochförmiger Grundriss der Grabanlagen heraus. Gedenksteine wurden erst in neuerer Zeit allgemein üblich.
 
Im Buddhismus entwickelte sich aus dem ursprünglichen Bestattungshügel der Stupa zum zentralen Kultsymbol. In Indonesien entstand aus der Verbindung von Stupa und Tempel der Candi. Im Hinduismus spielen die Grabmäler kaum eine Rolle, lediglich zur Heldenverehrung (Virakkal), zum Gedenken an Witwenverbrennungen (Satisteine) und für dynastische Zwecke (Chattri) wurden Steinmale oder Pavillons errichtet.
 
Im islamischen Bereich entstanden seit dem 9. Jahrhundert zunehmend Memorialbauten mit dem Grab des Kalifen oder Herrschers unter dem Bau; in der polygonalen Kubba as-Sulaibija in Samarra wurde wohl der 862 gestorbene Kalif Muntasir beigesetzt. In den folgenden Jahrhunderten dominierte der überkuppelte Zentralbau; ganze Nekropolen mit architektonisch aufwendigen Bauten legte man in verschiedenen islamischen Zentren (Kairo: Mameluckengräber; Samarkand: die Gräberstraße Schah-e Zinda mit Timuridengräbern) an. Über Ostpersien gelangte der asiatische Grabturm (Gumbad) als rundes oder polygonales Grabmal in den islamischen Raum und verbreitete sich v. a. in der Architektur der Seldschuken vom 11. bis 13. Jahrhundert (Türbe). Seit dem 12. Jahrhundert wurde das Grabmal gern mit anderen religiösen Einrichtungen (Medrese, Moschee, Maristan) verbunden, seit dem 15. Jahrhundert ist die Grabmoschee die Regel (Moschee).
 
Literatur:
 
E. Panofsky: Grabplastik (a. d. Engl., 1964);
 A. Hüppi: Kunst u. Kult der Grabstätten (1968);
 K. Bauch: Das mittelalterl. Grabbild (1976);
 J. S. Curl: A celebration of death. An introduction to some of the buildings, monuments, and settings of funerary architecture in Western European tradition (London 1980);
 
Die mittelalterl. Grabmäler in Rom u. Latium vom 13. bis zum 15. Jh., bearb. v. T. Buttersdorf u. a., 2 Bde. (Wien 1981-84).
 I. Herklotz: »Sepulcra« e »Monumenta« del Medioevo (Rom 1985);
 P. Pinnau: Gruft, Mausoleum, Grabkapelle. Studien zur Sepulkralarchitektur des 19. u. des 20. Jh. mit besonderem Hinweis auf Adolf von Hildebrand (1992).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Grabbilder des Alten Reiches: Verewigter Alltag
 
Grabkunst im antiken Griechenland
 
römische Grabkunst, Sarkophagreliefs und Mumienbildnisse: Selbstbewusstsein und Selbstdarstellung
 

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Grab|mal, das <Pl. ...mäler, geh.: -e>: Bauwerk, Monument od. größerer Gedenkstein als Erinnerungs- u. Gedenkzeichen für einen Toten, für eine Tote (mit einer Grabstätte verbunden od. selbst als Grabstätte dienend): *das G. des Unbekannten Soldaten (vgl. ↑Grab b).

Universal-Lexikon. 2012.