Akademik

Habsburger
I
Habsburger
 
Die Voraussetzungen für den Aufstieg des Hauses Österreich zu europäischer Großmachtstellung schuf Kaiser Friedrich III. durch die Eheverbindung seines Sohnes Maximilian mit Maria, der Erbin Herzog Karls des Kühnen von Burgund (1477). Damit machte er sich allerdings den französischen König zum Feind, der das Erbe seines burgundischen Verwandten ebenfalls beanspruchte. Der burgundische Länderkomplex war jedoch im 14. und 15. Jahrhundert über das eigentliche Herzogtum, die Bourgogne mit dem Zentrum Dijon, weit hinausgewachsen. Sein Schwerpunkt hatte sich nach Norden in die Niederlande (einschließlich des heutigen Belgien) verlagert. Maximilian gelang es, das Erbe im Kampf gegen Frankreich weitgehend zu behaupten. Auch die Wiedervereinigung der österreichischen Erblande 1490 trug zur Stärkung der habsburgischen Hausmacht bei.
 
Als entscheidender Schritt - was freilich von vornherein nicht abzusehen war - erwies sich die Heirat von Maximilians Sohn Philipp (»dem Schönen«) mit Johanna (»der Wahnsinnigen«), einer Tochter des spanischen Königspaars Ferdinand II. von Aragonien und Isabella von Kastilien (1496). Durch den frühen Tod des mit Philipps Schwester Margarete vermählten Infanten und weiterer Erbberechtigter blieb Johanna als einzige Erbin der spanischen Reiche übrig. Da sie nach dem Tod Philipps in Schwermut verfallen und daher nicht regierungsfähig war, fiel, als 1516 Ferdinand II. starb, ihrem in Burgund regierenden Sohn Karl (V.) Spanien mitsamt dem aragonesischen Nebenland Neapel-Sizilien und dem reichen überseeischen Besitz zu. Zugleich war Karl Anwärter auf die österreichischen Erblande sowie auf die Kaiserwürde seines Großvaters Maximilian I., der 1519 starb. Eine so gewaltige Machtkonzentration rief vor allem den Widerstand des französischen Königs Franz I. hervor, der sich mit päpstlicher Unterstützung, aber vergeblich, um die Kaiserkrone bewarb. Die Gegensätze führten schließlich zu einer Reihe von Kriegen (siehe auch Karl V.).
 
Eine weitere doppelte Heiratsverbindung band, wiederum nur durch dynastischen Zufall, die Interessen der Habsburger auf Dauer noch in einer anderen Richtung: Als 1526 der junge König von Ungarn und Böhmen, Ludwig II., bei Mohács im Kampf gegen die Türken fiel, wurde sein Schwager Ferdinand, der Bruder Karls V., zu seinem Nachfolger gewählt. Dadurch verstrickte sich dieser in Konflikte mit einem siebenbürgischen Rivalen, Johann Zápolya, und Österreich wurde für zwei Jahrhunderte zum Hauptträger des Abwehrkampfs gegen die Osmanen in Ungarn.
II
Habsburger,
 
europäische Dynastie, die sich nach der Habsburg im Aargau benannte. Sie geht wahrscheinlich auf Guntram den Reichen (✝ um 950) zurück und hatte Besitz im Elsass, am Oberrhein und zwischen Aare und Reuss. Seit 1135 sind die Habsburger als Landgrafen im Oberen Elsass, seit 1170 als Grafen im Zürichgau nachweisbar. Rudolf I. erlangte am 1. 10. 1273 das Königtum im Heiligen Römischen Reich (1273-91) und gewann die Herzogtümer Österreich und Steiermark (1282 Belehnung seiner Söhne Albrecht I. und Rudolf II.). Römische Könige waren auch sein Sohn Albrecht I. (1298-1308) und Herzog Friedrich (III.), der Schöne (1314-30, Gegenkönig zu Ludwig IV., dem Bayern). Während die Habsburger im 14. und 15. Jahrhundert fast alle althabsburgischen Besitzungen in der Schweiz verloren, erwarben sie 1335 Kärnten und Krain, 1363 Tirol, 1368 Freiburg und die Landgrafschaft Breisgau, 1382 Triest und 1500 Görz. Damit waren die Voraussetzungen für die Hausmacht der Habsburger geschaffen; seit dem 15. Jahrhundert wurde dafür die Bezeichnung Haus Österreich (Casa d'Austria) gültig. Seit 1359 (»Privilegium maius«) führten die Habsburger den Titel eines (Pfalz-)Erzherzogs.
 
Durch Teilung 1379 entstanden die albertinischen (Nieder- und Oberösterreich) und die leopoldinische Linie (Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol), die sich 1411 weiter verzweigte (Steirische [ab Friedrich III. Hauptlinie] und [ältere] Tiroler Linie). Seit Albrecht II. (1438/39) wieder Römische Könige, gewannen die Habsburger 1452 mit dem die Grundlagen für den späteren Aufstieg bereitenden Friedrich III. (1440-93; Devise: A. E. I. O. U.) die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches und blieben bis zu dessen Ende 1806 (mit Ausnahme des Wittelsbachers Karl VII. 1742-45) Träger des römischen Kaisertums. Mit Maximilian I. (1486/93-1519) kam der habsburgische Besitz 1493 wieder in eine Hand. Die besonders von ihm erfolgreich betriebene dynastische Heiratspolitik (für die Habsburger sprichwörtlich geworden: Bella gerant alii, tu, felix Austria nube!) brachte das burgundische Erbe (1477/82) sowie Spanien mit Neapel-Sizilien und den Kolonien in Amerika an die Habsburger (1506/16); es vollzog sich ihr Aufstieg zur europäischen Großdynastie. Unter Kaiser Karl V. (1519-54/56) erreichten die Habsburger weltpolitische Geltung. In den Verträgen von Worms (21. 4. 1521 und Brüssel (7. 2. 1522 überließ Karl V. die österreichische Erblande seinem Bruder Ferdinand (I.). Damit entstanden die spanische und deutsche (österreichische) Linie; nach dem Tod Karls V. (1556) kam es zur Trennung der spanischen und der deutschen Linie der Gesamtdynastie. Die spanische Linie bestimmte mit Karls Sohn Philipp II. den Höhepunkt der Macht des Gesamthauses; der deutschen Linie gelang erst nach 1683 (Schlacht am Kahlenberg vor Wien) die österreichische Großmachtbildung. Trotz der zahlreichen Verwandtenehen zwischen beiden Linien konnten die Habsburger nach dem Erlöschen der spanischen Linie (1700) nur die europäischen Nebenländer des spanischen Erbes gewinnen (Spanischer Erbfolgekrieg, 1701-13/14); sie wurde v. a. von den Bourbonen beerbt.
 
Der Stammvater der österreichischen Linie, Ferdinand I., gewann 1526/27 Böhmen und Ungarn (Begründer der habsburgischen Donaumonarchie). Durch die »Ferdinandeische Haus-(Hof-)Ordnung« von 1554 entstanden drei deutsche Linien: die österreichische erlosch 1619 mit Kaiser Matthias; es folgte mit Ferdinand II. (1619-37) die steirische Linie, die 1665 auch die (1626 von Erzherzog Leopold V. begründete jüngere) tirolische Linie beerbte (1619-1740 Träger des Kaisertums). Da Karl VI. keine männliche Nachkommen hatte, setzte er in der Pragmatischen Sanktion vom 19. 4. 1713 die Unteilbarkeit der habsburgischen Lande und die Erbfolge seiner Tochter Maria Theresia fest. Durch deren Ehe mit Herzog Franz Stephan von Lothringen (seit 1737 Großherzog von Toskana, seit 1745 Kaiser) entstand das im 19. und 20. Jahrhundert weit verzweigte Haus Habsburg-Lothringen (genealogisch Lothringer). Franz II. war der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches; bereits 1804 hatte er den Titel eines Kaisers von Österreich (Franz I.) angenommen. Von Habsburgern regiert wurden bis 1859 das Großherzogtum Toskana als Sekundogenitur und das Herzogtum Modena als Tertiogenitur (Haus Österreich-Este). Der Bruder des Kaisers Franz Joseph I., Maximilian, war 1864-67 Kaiser von Mexiko. Unter Franz Joseph I. (1848-1916) wurde das Kaisertum Österreich 1867 in die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn umgewandelt. Franz Josephs Großneffe, Karl I. (ab 1916), musste am 11. 11. 1918 auf den Thron verzichten. Die Republik Österreich hob durch das Gesetz vom 3. 4. 1919 (bei Übernahme seines Vermögens) die Herrscherrechte des Hauses Habsburg-Lothringen auf und verwies alle Habsburger, die nicht auf ihre Vorrechte verzichteten, des Landes; 1955 wurde das Habsburgergesetz Bestandteil des Österreichen Staatsvertrages und erhielt Verfassungsrang. In Ungarn wurden die Habsburger durch das Gesetz vom 6. 11. 1921 des Thrones für verlustig erklärt.
 
Literatur:
 
A. Lhotsky: Das Zeitalter des Hauses Österreich (Wien 1971);
 R. J. W. Evans: Das Werden der Habsburgermonarchie. 1550-1700 (a. d. Engl., Neuausg. Wien u. a. 1989);
 A. Wandruszka: Das Haus H. Die Gesch. einer europ. Dynastie (Wien 71989);
 
Die H., hg. v. B. Vacha (Graz 1992);
 Die H. Ein biograph. Lex., hg. v. B. Hamann (Neuausg. Wien 1993);
 R. A. Kann: Gesch. des Habsburgerreiches 1526-1918 (a. d. Amerikan., Neuausg. Wien u. a. 31993);
 K.-F. Krieger: Die H. im MA. Von Rudolf I. bis Friedrich III. (1994);
 J. Bérenger: Die Gesch. des Habsburgerreiches 1273 bis 1918 (a. d. Frz., 1995).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Spanien und die Reconquista: Eine Großmacht entsteht
 
Habsburgs Aufstieg (bis 1556): Du, glückliches Österreich, heirate
 
Heiliges Römisches Reich deutscher Nation (1495 bis 1618): Ohnmächtiger Riese
 

Universal-Lexikon. 2012.