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Riemenschneider
Riemenschneider,
 
Tilman, auch Dill Riemenschneider, Til Riemenschneider, Bildhauer und Bildschnitzer, * Heiligenstadt um 1460, ✝ Würzburg 7. 7. 1531; vor 1479 in Würzburg nachweisbar, 1520/21 Bürgermeister, verlor 1525 im Bauernkrieg wegen Parteinahme für die Bauern nach Folterung und Kerker Ämter und Ehren und Teile seines Vermögens. - Seine künstlerische Entwicklung wurde entscheidend durch oberrheinische Einflüsse geprägt (M. Schongauer, N. Gerhaert von Leyden), wohl auch durch Ulm (Michel Erhart, * um 1440, ✝ nach 1522) und die südniederländische Kunst. - Seine Schnitzkunst bezieht das Licht- und Schattenspiel in die Formgebung ein. Waren seine Werke zunächst noch farbig gefasst, so entschied er sich wohl seit dem Münnerstädter Altar (1490-92) für eine monochrome honigfarbene Fassung, die er durch einen ölhaltigen Leimüberzug erreichte. Die Bearbeitung des Steins glich Riemenschneider der des Holzes an. Durch ausgewogene Gestaltung der einzelnen Figuren wie der Komposition insgesamt suchte Riemenschneider die Unruhe des spätgotischen Stils zu überwinden (v. a. im Creglinger Altar). Zugleich tritt das Charakteristisch-Individuelle immer mehr hinter dem idealen Schönen einer nach innen gewendeten, lyrisch-melancholischen Auffassung zurück. Um 1510 erreichte die Kunst Riemenschneiders ihren Höhepunkt. Die Formenwelt der Renaissance berührte ihn nur äußerlich (Bibra-Grabmal). Zeitlebens blieb Riemenschneider der handwerkliche Meister, zu dem der Werkstattbetrieb ebenso gehörte wie die Übernahme fremder Vorlagen (Schongauer) oder die Wiederholung eigener Werke.
 
Werke: Wiblinger Altar (nachweisbar in Rothenburg ob der Tauber 1485-1513, farbige Fassung von M. Schwarz. Teile in Berlin, Skulpturensammlung; Berchtesgaden, Schloßmuseum; Harburg/Schwaben, Fürstlich Oettingen-Wallersteinsche Kunstsammlungen; Heroldsberg, Kreis Erlangen-Höchstadt, evangelische Pfarrkirche); Münnerstädter Altar (1490-92; Teile in Münnerstadt, katholische Stadtpfarrkirche; Berlin, Skulpturensammlung; München, Bayerisches Nationalmuseum); Adam und Eva, Steinfiguren (1491-93; ursprünglich Würzburg, Marienkapelle, heute Würzburg, Mainfränkisches Museum); Grabmal Rudolfs von Scherenberg, in Stein (1496-99; Würzburg, Dom); Grabmal für Kaiser Heinrich II. und seine Gemahlin Kunigunde (1499-1513; Bamberg, Dom); Heiligblutaltar mit Abendmahl (1501-05; Rothenburg ob der Tauber, Sankt Jakob); Schreinaltar mit Himmelfahrt Mariens (um 1502-05; Creglingen, Herrgottskirche); Kreuzaltar (gegen 1510; Rothenburg ob der Tauber-Detwang, Sankt Peter und Paul); Windsheimer Zwölfbotenaltar (1509; Heidelberg, Kurpfälzisches Museum); Grabmal des Lorenz von Bibra (um 1518-22; Würzburg, Dom); Steinrelief der Beweinung Christi (nach 1520, 1526 aufgestellt; Rimpar, ehemalige Zisterzienserinnenkirche); Maria im Rosenkranz (1521-24; Volkach, Wallfahrtskirche Sankt Maria im Weingarten).
 
Literatur:
 
J. Bier: Tilmann R., 4 Bde. (1925-78);
 J. Bier: Tilmann R. His life and work (Lexington, Ky., 1982);
 M. H. von Freeden: T. R. Leben u. Werk (51981);
 
T. R. Frühe Werke, bearb. v. B. Buczynski u. a., Ausst.-Kat. Mainfränkisches Museum Würzburg (21982);
 
T. R., bearb. v. L. Bruhns (95. Tsd. 1984);
 H. Muth u. T. Schneiders: T. R. u. seine Werke (19.-22. Tsd. 1984);
 
T. R., bearb. v. G. Sello u. a. (Neuausg. 1986);
 P.-W. Scheele u. T. Schneiders: T. R., Zeuge der Seligkeiten (51992);
 M. Baxandall: Die Kunst der Bildschnitzer. T. R., Veit Stoß u. ihre Zeitgenossen (a. d. Engl., 31996).
 

Universal-Lexikon. 2012.