Akademik

Kommunismus
Marxismus-Leninismus; Bolschewismus; Stalinismus; Maoismus; Planwirtschaft; Sozialismus; Staatskapitalismus

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Kom|mu|nis|mus [kɔmu'nɪsmʊs], der; -:
gegen den Kapitalismus gerichtetes, zentral gelenktes System mit sozialistischen Zielen in Wirtschaft und Gesellschaft:
im Kommunismus leben; ein Anhänger, ein Gegner des Kommunismus sein.

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Kom|mu|nịs|mus 〈m.; -; unz.〉
1. Wirtschafts- u. Gesellschaftsordnung mit Gütergemeinschaft, sozialer Gleichstellung der Individuen u. deren Aufgehen in der Gemeinschaft
2. ökonom. u. polit. Lehre von einer solchen Gesellschaftsform
3. von den kommunist. Parteien vertretene polit. Bewegung, die diese Gesellschaftsform anstrebt
[zu lat. communis „gemeinsam“]

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Kom|mu|nịs|mus , der; - [(wohl über frz. communisme <) engl. communism, zu lat. communis = allen od. mehreren gemeinsam, allgemein]:
1. nach Karl Marx die auf den Sozialismus folgende Entwicklungsstufe, in der alle Produktionsmittel u. Erzeugnisse in das gemeinsame Eigentum der Staatsbürger übergehen u. alle Klassengegensätze überwunden sind.
2. politische Richtung, Bewegung, die sich gegen den Kapitalismus wendet u. eine zentral gelenkte Wirtschafts- u. Sozialordnung verficht:
der internationale K.;
unter dem, im K. leben.

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Kommunịsmus
 
[englisch-französisch, zu lateinisch communis »mehreren oder allen gemeinsam«, »allgemein«] der, -, politisch-ideologischer Begriff mit mehreren Bedeutungen: 1) die gedankliche Vorstellung einer vergangenen oder zukünftigen Gesellschaft, in der das Privateigentum an Produktionsmitteln in Gemeineigentum überführt und der Konsum auf der Grundlage gemeinschaftlicher Lebensführung und allgemeiner Gütergemeinschaft geregelt wird sowie materielle wie kulturelle Bedürfnisse gleichermaßen befriedigend gestillt werden; alle Mitglieder dieser Gesellschaft sollen durch soziale Gleichwertigkeit gekennzeichnet sein; 2) die Gesamtheit ökonomischer und politischer Lehren, die mit dem Ziel der Errichtung einer kommunistischen Gesellschaft auf der Grundlage der Theorien von K. Marx und F. Engels (Marxismus) von Lenin (Marxismus-Leninismus) und seinen Nachfolgern umgeformt und weiterentwickelt wurden; 3) Bezeichnung für politische Parteien (kommunistische Parteien), Bewegungen und Herrschaftssysteme (Selbstbezeichnung »real existierender Sozialismus«), die diese Lehren auf diktatorische Weise in die Praxis umsetzen. Häufig ist eine verbindliche Abgrenzung zwischen den Begriffen Kommunismus und Sozialismus nicht möglich.
 
 Vorläufer und Frühformen
 
Entwürfe für eine kommunistische Gesellschaft gibt es seit der Antike (Platons »Politeia«, Elemente der stoischen Philosophie, Ideen und Praxis urchristlicher Gemeinden). Christliche Vorstellungen, in denen das Reich Gottes auf Erden vorweggenommen wurde, prägten mittelalterliche Sekten (Katharer, Waldenser) sowie T. Müntzer und die Täufer. Am Anfang der Reihe der großen Utopisten des 16. und 17. Jahrhunderts steht T. More, der mit seinem Werk »De optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia« der gesamten Denkrichtung (Utopie) ihren Namen gab; weitere Vertreter sind T. Campanella (»Der Sonnenstaat«), F. Bacon (»Neu-Atlantis«). Zu Beginn der Französischen Revolution entwarf F. N. Babeuf das Prinzip der »radikalen Demokratie«, einer Volksdiktatur, die die ideale Gesellschaftsform erzwingen werde. Seine Gedanken wurden 1828 durch F. M. Buonarroti neu belebt und von L. A. Blanqui weiterentwickelt zu einem voluntaristischen Programm des bewaffneten Aufstands von Berufsrevolutionären, das für die spätere kommunistische Bewegung wichtig werden sollte. Im Gefolge der Französischen Revolution suchten C. H. de Saint-Simon, C. Fourier und R. Owen eine Gesellschaftsform zu entwerfen, die den neuen Anforderungen von Wirtschaft und Industrie angemessen sei und dabei soziale Harmonie schaffen könne. Um 1840 tauchte in Frankreich erstmals das Wort Kommunismus auf und fand sofort allgemeine Verbreitung. So trat Étienne Cabet (*1788, ✝ 1856) offensiv als Propagandist kommunistischer Ideen auf. Cabet, Fourier und Owen gründeten mehrere Mustersiedlungen in Nordamerika, scheiterten aber damit. Unmittelbare Vorläufer von Marx und Engels sind W. Weitling, der den ersten bedeutenden Versuch unternahm, eine (mit der christlichen Botschaft gleichgesetzte) geldlose, zentral geplante Gütergemeinschaft durch eine proletarische Revolution herbeizuführen, und M. Hess. Letzterer verband den französischen Kommunismus mit dem junghegelianischen Idealismus zu einer »Philosophie der Tat« und übte damit große Wirkung auf die radikale Intelligenz aus, nicht zuletzt auf Engels.
 
 Wissenschaftlicher Sozialismus
 
1847 wurde in Brüssel der »Bund der Kommunisten« gegründet, als dessen Mitglieder Marx und Engels das 1848 erschienene »Kommunistische Manifest« verfassten, eine erste zusammenfassende Darstellung ihrer Lehren. In der Arbeiterbewegung, die in verschiedenen west- und mitteleuropäischen Ländern im Zuge der industriellen Revolution ab 1850 entstand, wurde diese Lehre aufgegriffen. Marx und Engels formulierten die Lehre vom Klassenkampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie und vom notwendigen revolutionären Sieg des Proletariats, der durch die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln und die zeitweise, inhaltlich nicht näher bestimmte Diktatur des Proletariats die Aufhebung aller Klassen, d. h. nicht nur die Emanzipation des Proletariats, sondern die aller Menschen von sämtlichen ökonomischen sowie politischen, sozialen und religiösen Zwängen, bewirke.
 
Unter Kommunismus verstanden beide den noch recht langen, aber realen Weg, die »wirkliche Bewegung«, zur Überwindung der durch menschliche Ausbeutung und Selbstentfremdung gekennzeichneten bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft und zur allmählichen Herstellung einer die allseitige menschliche Selbstverwirklichung ermöglichenden Zukunftsgesellschaft. Engels' Voraussage, dass in ihr der Staat »absterben« werde, und beider Annahme einer als »Assoziation« beziehungsweise »Verein freier Menschen« organisierten kommunistischen Zukunftsgesellschaft, die auf einer zentralen und freiwilligen Planwirtschaft beruhe, blieben ebenso vage wie die von Marx vorgenommene Unterscheidung zwischen zwei Phasen der kommunistischen Gesellschaft: einer »niederen«, die noch nach dem Leistungs- und damit ungleichen Verteilungsprinzip, sowie einer »höheren«, die nach dem Bedürfnisprinzip gestaltet sei. Wichtig sind jedoch die politischen Spätfolgen: Unter Berufung auf Marx, der, entsprechend dem damaligen allgemeinen Sprachgebrauch, Sozialismus und Kommunismus teilweise synonym verwendete, wurde in der UdSSR und den nach ihrem Gesellschaftsmodell geformten Staaten die erste dieser beiden Phasen offiziell als die des Sozialismus, die zweite als die des Kommunismus bezeichnet. Mit Lenin wurde die Schaffung, d. h. Erziehung eines neuen Menschentyps zum wesentlichen Bestandteil kommunistischer Politik.
 
 Sozialdemokratie und Anarchismus bis zum Ersten Weltkrieg
 
Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen Gruppen und Parteien der Arbeiterbewegung in West- und Mitteleuropa - von denen sich keine »kommunistisch« nannte - sahen sich rasch drängenden Gegenwartsproblemen gegenüber, sodass seit Ende des 19. Jahrhunderts v. a. in der deutschen Sozialdemokratie eine reformistische Praxis innerhalb des gegebenen staatlichen Rahmens den Vorrang vor der näheren Erörterung beziehungsweise Forderung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung erhielt. Ihr Parteiführer A. Bebel beschäftigte sich allerdings mit der sozialistischen Zukunftsgesellschaft, die mittels planmäßiger Produktion und Verteilungsform dem Grundsatz »Jedem nach seinen Bedürfnissen« gerecht werden könne. Auf marxistischer Basis formulierte K. Kautsky im ersten Teil des Erfurter Programms der SPD (1891) die grundsätzliche Kritik an der damaligen Gesellschafts- und Staatsordnung, während E. Bernstein mit der Formulierung der tagespolitischen Forderungen im zweiten Teil des Programms die staatlichen Institutionen anerkannte. Bernstein war dann auch der Wortführer des Revisionismus, der aus der Kritik an den Lehren und Vorhersagen von Marx und Engels der Sozialdemokratie eine auf die Gegenwart bezogene Theorie zu geben suchte, die der bereits geübten reformistischen Praxis entsprach. Auf dem Dresdner Parteitag (1903) noch von der Mehrheit verworfen, wurde der Revisionismus mit dem Görlitzer Programm (1921) theoretische Grundlage der Mehrheitssozialdemokratie, nachdem in der Praxis der Marxismus bereits vielfach aufgegeben worden war. Am 31. 12. 1918/1. 1. 1919 wurde die Kommunistische Partei Deutschlands gegründet.
 
Die Anarchisten (Anarchismus) hingegen hielten an der Konzeption einer staatsfreien kommunistischen Zukunftsgesellschaft fest. M. A. Bakunin forderte die Bildung freier industrieller und landwirtschaftlicher Assoziationen auf der Grundlage vergesellschafteter Produktionsmittel. 1880 wurde der »kommunistische Anarchismus« proklamiert, dessen bedeutendster Theoretiker P. A. Fürst Kropotkin wurde.
 
Die vormarxistische revolutionäre Bewegung in Russland stand bis in die 1880er-Jahre hinein nahezu gänzlich im Zeichen einer Weiterentwicklung frühsozialistischer Ideen, v. a. der Konzeptionen Fouriers und P. J. Proudhons. A. I. Herzen propagierte eine Verbindung von westlichem Sozialismus und bäuerlicher russischer Dorfgemeinde (Mir, Obschtschina). Von N. G. Tschernyschewskij übernahm die Narodniki-Bewegung der 1870er-Jahre, die sich zu einer föderalistischen Internationale und zu »Anarchie und Kollektivismus« bekannte, die Vorstellung, dass einzig eine Revolution Russland den Kapitalismus ersparen und den direkten Übergang zum Sozialismus erreichen könne. Demgegenüber hielt G. W. Plechanow, Führer der sich seit den 1880er-Jahren formierenden russischen Marxisten, den Kapitalismus in Russland für so stark, dass die Hoffnung auf eine sozialistische Transformation der Dorfgemeinde illusionär sei.
 
 Marxismus-Leninismus
 
Weltgeschichtliche Bedeutung erlangte die Umformung der marxistischen Lehre durch Lenin zum Marxismus-Leninismus, dem zufolge der Kapitalismus in die Phase des Imperialismus eingetreten sei, in dem die Konkurrenz durch die Monopole und der bürgerliche Liberalismus durch Rassismus und Chauvinismus abgelöst worden seien. Ein Teil der Arbeiterbewegung (Arbeiteraristokratie) in den entwickelten kapitalistischen Ländern habe sich aufgrund dieses tradeunionistischen Bewusstseins dem Reformismus zugewandt, sodass sich die Chancen für den Ausbruch der Revolution an die Peripherie des kapitalistischen Weltsystems verschoben hätten, v. a. zu den Kolonialvölkern. Russland erscheint in dieser Analyse als die »Brücke« zwischen der »asiatisch-antiimperialistischen« und der »europäisch-proletarischen« Revolution. Damit rechtfertigte Lenin den Beginn der proletarischen Weltrevolution in dem relativ rückständigen Russland, zumal bald darauf die Revolution in den entwickelteren Staaten folgen werde.
 
Die zweite entscheidende Veränderung des Marxismus nahm Lenin bereits 1902 mit seiner voluntaristischen Parteitheorie vor: Eine als »Partei neuen Typs« organisierte kommunistische Avantgarde müsse Klassenbewusstsein in die Arbeiterklasse hineintragen und diese politisch führen. Diese Partei solle - unter den Bedingungen der Illegalität - eine hierarchisch gegliederte und militärisch disziplinierte »Kaderpartei« von Berufsrevolutionären sein. Sobald die äußeren Umstände es gestatteten, solle die Wahl der Führer von unten nach oben in der ganzen Partei demokratisch erfolgen. Die Minderheit habe sich der Mehrheit unterzuordnen. Die Beschlüsse der höheren Instanzen seien für die unteren verbindlich. Die Kombination dieser Prinzipien wurde als demokratischer Zentralismus bezeichnet. In der Praxis bildete sich jedoch ein »bürokratischer Zentralismus« heraus, nachdem andere Parteien und 1921 die Bildung von Fraktionen und Plattformen innerhalb der Partei verboten worden waren.
 
Seit Lenin, unter dessen Führung mit der Oktoberrevolution 1917 in Russland das erste kommunistische Herrschaftssystem errichtet wurde, wurden allen Spielarten des Kommunismus die folgenden Merkmale gemeinsam: 1) der Marxismus-Leninismus als verpflichtende Weltanschauung; 2) eine auf der Vergesellschaftung beziehungsweise Verstaatlichung aller Produktionsmittel fußende Wirtschafts- und Sozialordnung, die (in der Regel) zentral geplant und gelenkt wird; 3) ein Herrschaftssystem, das die leninistische Kaderpartei als bewusste Vorhut des Proletariats im revolutionären Zu- beziehungsweise Vorgriff errichtet und als höchster und entscheidender Machtträger, als Verkörperung der Diktatur des Proletariats zur Vollendung des Sozialismus und Kommunismus weiterentwickelt.
 
 »Sozialismus in einem Lande« (1917-45)
 
Bestimmend für die weitere Entwicklung des Kommunismus seit der Oktoberrevolution war, dass die UdSSR bis 1945 das einzige kommunistisch regierte Land der Erde blieb (wenn man von der 1921 gegründeten, völlig von Moskau abhängigen Mongolischen Volksrepublik absieht). Die in den übrigen Ländern meist durch Abspaltung von den Sozialisten entstandenen kommunistischen Parteien wurden 1919 in der Kommunistischen Internationale (Komintern) zusammengefasst; sie gelangten seit Mitte der 1920er-Jahre in völlige Abhängigkeit von der sowjetischen Partei und hatten in erster Linie den Interessen der sowjetischen Außenpolitik zu dienen. Für ihr eigenes Land verfolgten die sowjetischen Kommunisten eine Politik der raschen und umfassenden Industrialisierung, die mit Sozialismus als unmittelbarer Vorstufe des Kommunismus gleichgesetzt wurde. Lenin hatte 1920 die Parole ausgegeben: »Kommunismus = Sowjetmacht + Elektrifizierung des ganzen Landes«; Stalin verkündete 1925 den Aufbau des »Sozialismus in einem Lande«.
 
In drei großen Etappen - Kriegskommunismus (ab 1918), Neue Ökonomische Politik (ab 1921) und Revolution von oben (ab 1928/29) - vollzog sich ein gewaltiger Umwälzungsprozess der sowjetischen Gesellschaft. Es entstand eine neue, wiederum durch wirtschaftliche und soziale Ungleichheit gekennzeichnete Klassengesellschaft und ein riesiger bürokratischer Funktionärsapparat, der eine neue Zwangsverwaltung darstellte. Zugleich mündete die Einparteidiktatur Lenins in die terroristische Einmanndiktatur Stalins (Stalinismus). Der totalitäre Grundzug im sowjetischen System verfestigte sich. Die Kollektivierung der Landwirtschaft seit Ende der 1920er-Jahre wurde unter ungeheuren Opfern der Bevölkerung (Hungersnöte, Vernichtung der Kulaken) gewaltsam durchgesetzt. Nachdem es Stalin bereits 1924-29 gelungen war, alle Gegner und Konkurrenten wie L. D. Trotzkij aus dem politischen Leben auszuschalten, wurden viele von ihnen während der Großen Tschistka (1935-39) in Schauprozessen wegen »antisowjetisch-trotzkistischer« Tätigkeit verurteilt und hingerichtet.
 
 Entwicklung nach 1945
 
Als Ergebnis des Zweiten Weltkriegs gewann die UdSSR die von der Roten Armee besetzten Gebiete in Ost- und Mitteleuropa als Einflussbereich. Zusammen mit den USA ging sie als Weltmacht aus dem Krieg hervor. Zwar gestand die UdSSR den besetzten Ländern in Ost- und Mitteleuropa (Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Tschechoslowakei, Polen, sowjetisch besetzte Zone Deutschlands) zunächst jeweils einen eigenen, nationalen Weg zum Sozialismus auf der Basis von Volksfrontbündnissen der kommunistischen Parteien mit den anderen Parteien zu, doch spätestens 1948, seit dem Konflikt Stalins mit der jugoslawischen Partei unter J. Tito, die aus eigener Kraft - wenn auch nicht demokratisch legitimiert - die Macht übernommen hatte, war offensichlich, dass der Aufbau des Sozialismus in Ost- und Mitteleuropa nach sowjetischer Weisung erfolgen sollte. Vorausgegangen war in zahlreichen dieser Staaten die Zwangsvereinigung der sozialistischen mit der kommunistischen Partei. Auch die chinesische KP, die nach ihrem Sieg im Bürgerkrieg 1949 die Macht im Lande übernahm, erkannte (wie Nord-Korea) das sowjetische Modell zunächst als verbindlich an. Die Weltpolitik seit Ende der 1940er-Jahre wurde vom Ost-West-Konflikt bestimmt, die kommunistische Welt durch die UdSSR beherrscht.
 
Im Zusammenhang mit der Verurteilung der persönlichen Diktatur Stalins durch N. S. Chruschtschow auf dem XX. Parteitag der KPdSU (Februar 1956) wurde die Diskussion über die Anerkennung eigener nationaler Wege zum Sozialismus neu entfacht (u. a. Reformkommunismus) und bewirkte schwere Erschütterungen im europäischen Machtbereich der UdSSR (1956 Polnischer Oktober, Ungarischer Volksaufstand; 1968 Prager Frühling) und im internationalen Kommunismus insgesamt. Der Führungsanspruch der KPdSU im Weltkommunismus wurde zuerst 1956 von der KP Italiens unter P. Togliatti infrage gestellt. Die italienische KP, die gegen die militärische Beendigung des Prager Frühlings 1968 durch die Sowjetunion protestierte, war auch die treibende Kraft bei der Herausbildung des Eurokommunismus, der eine sozialistische Gesellschaftsordnung mit Grundrechten, Parteienpluralismus und dem Recht auf Opposition anstrebte. Seine beiden wichtigsten Träger waren die italienische und die spanische KP, während die französische KP das Konzept nur halbherzig mittrug. Die wichtigste Grundlage eines politischen Spielraums für einzelne kommunistische Parteien bildete der seit 1957/58 schwelende, seit Anfang der 60er-Jahre, besonders aber ab 1963/64 zum offenen Bruch führende sowjetisch-chinesische Konflikt. 1958/59 scheiterte der Versuch Mao Zedongs, mithilfe der Volkskommunen in einem »Großen Sprung nach vorn«, den Chruschtschow offen kritisierte, den Weg zum Kommunismus im Allgemeinen und den Vorsprung der UdSSR im Besonderen zu verkürzen. Umgekehrt charakterisierte die chinesische KP die sowjetische Form des Kommunismus seit Mitte der 1960er-Jahre als »Revisionismus« und »Großmachtimperialismus«. Während Chruschtschow auf dem XXI. Parteitag der KdSU 1961 die »Periode des entfalteten Aufbaus der kommunistischen Gesellschaft« verkündete (nach dem neuen Parteiprogramm sollte die Basis dafür bis 1980 erreicht sein), legten sich dessen Nachfolger nicht auf ein solches Ziel fest. Neue gesellschaftspolitische Devise war es nun, dass sich die Sowjetunion in der »Epoche des entwickelten Sozialismus« befinde. Dieser galt (nach der Theorie von der »entwickelten sozialistischen Gesellschaft«) als eine gesetzmäßige Etappe auf dem Weg zum Kommunismus. Die ideologisch-machtpolitische Rivalität zwischen der UdSSR und China wirkte sich auch in der Dritten Welt aus, wo sie in den zahlreichen nach der Entkolonialisierung unabhängig gewordenen Staaten im Wettbewerb mit den westlichen Industriestaaten standen. Die UdSSR stellte sich dabei unter L. I. Breschnew (1964-82) als Verbündete der nationalen Befreiungsbewegungen dar, die ihre Länder aus kolonialer und nachkolonialer Abhängigkeit lösen wollten, und suchte zugleich ihre politisch-militärische Position als Weltmacht zu stärken. In den 1970er/80er-Jahren war der Kommunismus sowjetischer Prägung auch in Staaten der Dritten Welt erfolgreich, insbesondere in Afrika (Angola, Äthiopien, Moçambique). Es gelang ihm aber nicht, die Menschen von der Idee des Kommunismus zu überzeugen. Das kommunistische China konnte demgegenüber auf seine den anderen Entwicklungsländern vergleichbare Lage verweisen. In der chinesischen KP selbst kam es immer wieder zu schweren Erschütterungen. Mao Zedong suchte Mitte der 1960er-Jahre mit der von ihm ausgelösten Kulturrevolution das erstarrte kommunistische System in Bewegung zu bringen und verlorene ideologische wie machtpolitische Positionen zurückzugewinnen. Der damals entmachtete Vertreter der »Pragmatisten« Deng Xiaoping, nach dem Tod Mao Zedongs (1976) 1977 rehabilitiert, stieg zum führenden Politiker Chinas auf. Dass sein Konzept der Liberalisierung und der Öffnung gegenüber dem Westen nur für den wirtschaftlichen Sektor (Förderung von privaten Kleinunternehmen, Stärkung der Marktkräfte) gilt, nicht jedoch für den politischen Bereich, wurde zuletzt bei der blutigen Niederschlagung der Massendemonstrationen im Juni 1989 deutlich.
 
Unter Breschnew stagnierte das politische, sozioökonomische und kulturelle Gefüge der UdSSR; es setzte geradezu ein Verfall ein. Zwar wurde außenpolitisch eine Politik der Entspannung eingeleitet, aber innenpolitisch kein »Tauwetter« geduldet, auch nicht im sowjetischen Machtbereich (Breschnew-Doktrin). Die Nichtgewährung demokratischer Grundrechte und der Versuch, den Einfluss der kommunistischen Parteien und ihrer Ideologie in allen Lebensbereichen (gewaltsam) durchzusetzen, hatten v. a. in den 70er- und 80er-Jahren zu einer fortschreitenden Abkehr vieler Menschen vom kommunistischen System und zu einem Rückzug in die Privatsphäre geführt. Andererseits waren trotz der auf dem Informationsmonopol des Staates beruhenden, zielgerichteten ideologischen Beeinflussung der Bevölkerung und des rücksichtslosen, teilweise brutalen Vorgehens der Geheimdienste in allen kommunistisch regierten Staaten Bürger- beziehungsweise Bürgerrechtsbewegungen entstanden, deren Kampf um Freiheit und Menschenrechte v. a. von der Gewerkschaftsbewegung (Polen) und kirchlichen Gruppen (DDR) getragen wurde, die sich aber auch eigenständig profilieren konnten (ČSSR, Ungarn). Zusätzlich motivierende Impulse erhielt diese Entwicklung seit Mitte der 70er-Jahre durch die Ergebnisse der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) sowie v. a. seit Mitte der 80er-Jahre durch die Reformbestrebungen innerhalb der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Schon lange vor der kommunistischen Agonie hatte der sowjetische Kommunismus damit seine Vorbildfunktion eingebüßt. Von einem »Weltkommunismus« konnte nicht (mehr) die Rede sein.
 
 Zusammenbruch
 
Der Amtsantritt M. S. Gorbatschows als Generalsekretär der KPdSU (1985) bedeutete für den Kommunismus einen Einschnitt. Der Versuch, den Kommunismus grundlegend zu reformieren und ein »neues politisches Denken« zu installieren, führte zu seinem faktischen Ende. Der Kommunismus war entkräftet und ließ sich nicht revitalisieren. Gorbatschow wollte mittels »Glasnost« und »Perestroika« die Gesellschaft, speziell die Wirtschaft, im Rahmen des Kommunismus leistungsfähiger gestalten. Doch der Reformprozess, der eine Eigendynamik entwickelte, verschärfte die Krise, zumal Gorbatschow die Nationalitätenkonflikte in der UdSSR unterschätzt hatte. Die Liberalisierung führte zu einem wachsenden Pluralismus. Faktisch wurde der Weg der anderen kommunistischen Länder nach mehr Eigenständigkeit und Freiheit anerkannt. Durch die Veränderungen in der Sowjetunion in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre war eine Entwicklung in Gang gesetzt worden, die im Herbst 1989 zum Ende der kommunistischen Staaten Osteuropas führte, zum Teil allmählich, zum Teil plötzlich. 200 Jahre nach der Französischen Revolution vollzog sich 1989 damit eine so nicht vorhergesehene Zeitenwende. Die Öffnung der Berliner Mauer (als Teil des »Eisernen Vorhangs«) am 9./10. 11. 1989 symbolisierte das Ende des Kommunismus. Auch wenn der Systemwechsel in den einzelnen Ländern unterschiedlich ausfiel - in einigen sozioökonomisch rückständigen Ländern wie Bulgarien und Rumänien kam es zunächst zu einem gleitenden Systemwandel -, wurde das Machtmonopol der jeweiligen kommunistischen Partei gebrochen.
 
Damit hatten die osteuropäischen Staaten binnen kurzem die Sowjetunion überholt. Für die einen war Gorbatschows »Dritter Weg« nicht entschieden genug, für die anderen war er zu weitgehend. Beim Putsch im August 1991 von führenden Kräften aus dem Geheimdienst, dem Militär und der kommunistischen Partei gegen Gorbatschow widersetzte sich der vom Volk gewählte russische Präsident B. N. Jelzin den Putschisten. Er untersagte die Aktivitäten der KPdSU. Was die Putschisten verhindern wollten, hatten sie beschleunigt - das Ende des Kommunismus. Kurz vor der Auflösung der Sowjetunion gab der innenpolitisch isolierte Gorbatschow am 25. 12. 1991 sein Amt als sowjetischer Staatspräsident auf. Der flächenmäßig größte kommunistische Staat war v. a. an seinen inneren Schwächen zugrunde gegangen.
 
Das »Ende der Illusion« (François Furet) über den Kommunismus bestimmte die revolutionären Umbrüche 1989/90: Keine Gruppierung strebte nach einem »wahren Kommunismus« wie 1968 die ČSSR. Selbst die ehemals kommunistischen Parteien haben sich vielfach umbenannt und verfolgen nun häufig einen sozialdemokratischen Kurs. Die kommunistische Partei in Russland ist nach beträchtlichen Wandlungen nach wie vor mächtig, unterlag aber bei der Präsidentschaftswahl 1996. Die Umgestaltung der ehemals kommunistischen Staaten wirft gravierende Probleme auf. In ihnen müssen mehrere Aufgaben gleichzeitig gelöst werden: die Etablierung einer demokratischen Verfassungsordnung, die Einführung eines marktwirtschaftlichen Gefüges, die Erneuerung hin zu »zivilgesellschaftlichen« Mustern der politischen Kultur und die Eindämmung der wieder auflebenden Nationalitätenkonflikte. Auch wenn in einigen Staaten aufgrund übersteigerter Erwartungen ehemals kommunistischer Parteien erneut in die Regierung gelangen (wie in Ungarn und Polen), wurde der inzwischen eingeführte politische Pluralismus ebenso wenig rückgängig gemacht wie die Marktwirtschaft.
 
Gorbatschow und Jelzin haben ungeachtet ihrer Konflikte Ende 1991 vom Kommunismus als einem totalitären System gesprochen. Der Kommunismus hat zwar in einigen unterentwickelten Ländern für eine wirtschaftliche Konsolidierung gesorgt und das Erziehungswesen ausgebaut (z. B. Alphabetisierung der Bevölkerung), allerdings um einen hohen Preis: Parteisäuberungen, Massenexekutionen von tatsächlichen und vermeintlichen Gegnern, Massendeportationen, Arbeitslager, Bürgerkriege und Hungersnöte (insgesamt werden die Opfer auf etwa 50 Mio. Menschen geschätzt). Entscheidend für das Scheitern war aber insbesondere, dass sich das ökonomische System der kommunistisch regierten Staaten Europas als nicht effizient erwiesen hatte. Durch eine streng zentralisierte staatliche Kommandowirtschaft und dogmatische Leitung aller gesellschaftlichen Prozesse wurden außerdem Initiativen jeder Art unterdrückt; zusätzlich hemmend wirkte sich die Erhebung des Kollektivismus zur quasi Staatsdoktrin aus (Vorrang des Kollektivs vor dem Einzelnen). Auch in der Nach-Stalinzeit hielt man an der Negierung des Pluralismus fest, an der Fixierung auf eine utopische Ideologie sowie an der Mobilisierung der Massen, die allerdings immer mehr den Glauben an die kommunistische Ideologie verloren hatten.
 
Immerhin hat der Kommunismus wenn auch wider Willen - zu Reformen in demokratischen Verfassungsstaaten beigetragen (z. B. im sozialen Sektor), die dort eine kommunistische Massenbasis verhindern sollten. Die noch bestehenden kommunistischen Staaten (China, Kuba, Nord-Korea, Vietnam, Laos) sind krisengeschüttelt, sodass nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Staats- und Gesellschaftssysteme sowohl die kommunistische Utopie einer gerechten Gesellschaft als auch der (Neo-)Marxismus (mit seinem Anspruch, dieser Utopie eine philosophisch-wissenschaftliche Grundlage zu geben) diskreditiert sind. Vorschnelle Folgerungen auf das »Ende der Geschichte« (Francis Fukuyama, 1990) erwiesen sich jedoch als nicht haltbar.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Antikommunismus · Arbeiterbewegung · Bürgerbewegung · Kalter Krieg · Kollektivismus · Neomarxismus · Ost-West-Konflikt · Russland · Sowjetunion · Totalitarismus · Trotzkismus
 
Literatur:
 
J. Stammhammer: Bibliogr. des Socialismus u. Communismus, 3 Bde. (1893-1909, Nachdr. 1963-64);
 G. Adler: Gesch. des Sozialismus u. des K. von Plato bis zur Gegenwart (1899, Nachdr. 1923);
 R. N. C. Hunt: Books on communism, a bibliography (London 1959);
 R. Löwenthal: Chruschtschow u. der Welt-K. (1963);
 O. K. Flechtheim: Bolschewismus: 1917-1967 (1967);
 B. Meissner: Die »Breshnew-Doktrin« (1969);
 
The dynamics of Soviet politics, hg. v. P. Cocks u. a. (Cambridge, Mass., 1976);
 W. Leonhard: Euro-K. (1978);
 W. Leonhard: Was ist K.? (Neuausg. 1978);
 W. Leonhard: Dämmerung im Kreml (1984);
 W. Hofmann: Ideengesch. der sozialen Bewegung des 19. u. 20. Jh. (61979);
 
Stalinismus, hg. v. G. Erler u. a. (1982);
 I. Fetscher: Der Marxismus (Neuausg. 31983);
 E. Nolte: Marxismus u. industrielle Revolution (1983);
 E. Nolte: Der europ. Bürgerkrieg 1917-1945 (41989);
 
Lex. des Sozialismus, hg. v. Thomas Meyer u. a. (1986);
 R. F. Staar: USSR foreign policies after détente (Neuausg. Stanford, Calif., 1987);
 K. Kellmann: Die kommunist. Parteien in Westeuropa (1988);
 Z. Brzezinski: Das gescheiterte Experiment (a. d. Engl., Wien 1989);
 G. Stern: The rise and decline of international communism (Aldershot 1990);
 T. Garton Ash: Ein Jahrhundert wird abgewählt (a. d. Engl., Neuausg. 21993);
 
Jb. für histor. K.-Forschung (1993 ff.);
 W. Lerner: A history of socialism and communism in modern times (Englewood Cliffs, N. J., 21993);
 M. Waller: The end of the communist power monopoly (Manchester 1993);
 G.-J. Glaeßner: K. - Totalitarismus - Demokratie (1995);
 E. Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreme (a. d. Engl., 1995);
 F. Furet: Das Ende der Illusion. Der K. im 20. Jh. (a. d. Frz., 1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Sozialismus: Sozialismus im 20. Jahrhundert
 

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Kom|mu|nịs|mus, der; - [(wohl über frz. communisme <) engl. communism, zu lat. communis, ↑kommun]: 1. nach Karl Marx die auf den Sozialismus folgende Entwicklungsstufe, in der alle Produktionsmittel u. Erzeugnisse in das gemeinsame Eigentum der Staatsbürger übergehen u. alle Klassengegensätze überwunden sind: In zwanzig Jahren, in der Zeit, in der wir zum K. übergehen, werden weit mehr Frauen noch als heute arbeiten (Wochenpost 27. 6. 64, 21). 2. politische Richtung, Bewegung, die sich gegen den Kapitalismus wendet u. eine zentral gelenkte Wirtschafts- u. Sozialordnung verficht: der internationale K.; unter dem K. leben; wie schwierig es für den K. (das kommunistische Lager) ist, mit den divergierenden nationalen Interessen der Mitgliedstaaten fertig zu werden (Dönhoff, Ära 198); im K. (kommunistisch regierten Staat) leben.

Universal-Lexikon. 2012.