fossiles Harz
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Bẹrn|stein 〈m. 1〉 fossiles Harz von ausgestorbenen Nadelholzbäumen, oft mit Einschlüssen versehen ● \Bernsteine sammeln [<mnddt. born-, barn-, bernsten; → brennen]
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Bẹrn|stein [mittelniederdt. bern[e]stein, eigtl. = Brennstein]; Syn.: Succinit, Electrum: gelbe oder rötliche bis braune, durchsichtige, glänzende Stücke aus fossilen Harzen, die Triboelektrizität zeigen u. haupts. Schmuckzwecken dienen.
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Bẹrn|stein, der <o. Pl.> [aus dem Niederd. < mniederd. bern(e)stein, zu: bernen (mit r-Umstellung) = brennen; also eigtl. = Brennstein; der Bernstein fiel durch seine Brennbarkeit auf]:
in klaren bis undurchsichtigen Stücken von hellgelber bis dunkelbrauner Farbe auftretendes, fest gewordenes, fossiles Harz, das als Schmuck[stein] verarbeitet wird.
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I Bernstein
[zu mittelniederdeutsch bernen »brennen«, wegen der Brennbarkeit] der, ohne Plural, hellgelbes bis orangerotes, bräunliches oder gelblich weißes, undurchsichtiges bis klares, fettglänzendes fossiles Harz. Der chemischen Struktur nach ist Bernstein ein Polyester aus Harzsäuren (v. a. Abietinsäure) u. a. Säuren (darunter Bernsteinsäure) mit Harzalkoholen (besonders Diabietinol, einem aus Abietinsäure entstandenen Alkohol); der chemischen Zusammensetzung nach besteht Bernstein aus 73,7-78,6 % Kohlenstoff, 9,5-10,5 % Wasserstoff, 10,5-16,2 % Sauerstoff und 0,1-0,4 % Schwefel. Bernstein ist amorph; Härte nach Mohs 2-2,5, Dichte 1,05-1,1 g/cm3. Beim Erhitzen schmilzt Bernstein unter gleichzeitiger Zersetzung zwischen 290 und 384 ºC; er verbrennt mit bläulicher Flamme unter aromatischem Geruch. Beim Reiben, z. B. an einem Wolltuch oder Fell, lädt er sich elektrisch negativ auf. Fossile Harze sind weltweit vom Devon bis ins Quartär verbreitet. Man unterscheidet Seebernstein oder maritimen Bernstein und Land- oder Erdbernstein.
Die wirtschaftlich wichtigste Bernsteinlagerstätte der Erde (rd. 750 t/Jahr) befindet sich an der Bernsteinküste im Gebiet Kaliningrad (Königsberg; Russland), wo die von 30-40 m mächtigen neogenen Tonschichten bedeckte blaue Erde, obereozäne bis unteroligozäne, marine, graugrüne, 0,5-17,5 m mächtige tonige Glaukonitsande, 1-2 kg Bernstein pro Kubikmeter Sand enthalten. Von 1975-93 lag Deutschlands ergiebigste Bernsteinlagerstätte bei Bitterfeld im Tagebau Goitsche (rd. 50 t/Jahr). Der baltische Bernstein (Succinit) stammt v. a. von Kiefern (Pinus succinifera) und Zedern; das Herkunftsgebiet lag in Skandinavien und in Osteuropa. Das von den Bäumen subtropischer oder tropischer Wälder (oder Savannen) herabgetropfte oder -geflossene Harz verhärtete, wurde im Boden angereichert und durch Flüsse dem Meer zugeführt, v. a. aber später durch das vordringende Meer sowie die quartäre Inlandvereisung mehrfach aufgearbeitet und in der blauen Erde abgelagert. Eine weitere Umlagerung und Verbreitung bewirkte das nordische Inlandeis im Pleistozän. Dieser Transport vollzog sich bis nach England, den Niederlanden, Westfalen, Brandenburg und von Sachsen-Anhalt bis in die Ukraine und nach Sibirien. Während früher nur der vom Meer an der Ost- und Nordseeküste (Jütland) angespülte Bernstein gesammelt oder aus dem Wasser geschöpft wurde (»Seebernstein«), wird er an der Bernsteinküste (Palmnicken) seit dem 18. Jahrhundert systematisch abgebaut; zunächst im Tiefbau (Stollen), seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute im Tagebau (»Baggerstein«). Nach einer Nassaufbereitung wird er zu Schmuck verarbeitet, kleine Stücke werden zu Pressbernstein gepresst. Abfälle dienen u. a. der Herstellung von Bernsteinlacken und -Ölen.
Bernstein enthält oft Einschlüsse (Inklusen) von Tieren (v. a. Insekten und Spinnentiere) und Pflanzenteilen. Fossilreiche konzentrisch-schalige, geschichtete Bernsteine werden Schlaubensteine genannt. Der älteste fossilienhaltige Bernstein stammt aus der Unterkreide des Libanon und aus dem Oberkeuper der Alpen. Neben den Inklusen des baltischen Bernsteins findet man die sensationellsten und schönsten Inklusen im dominikanischen Bernstein der Karibik. Dieses Harz wird tonnenweise gefördert und zu Schmuck verarbeitet. Es weist die größten, schönsten und systematisch reichhaltigsten Fossilfunde auf und zeigt ein weites Farbenspektrum (inklusive Großstücke in intensiv Blau und intensiv Grün). Besondere Bedeutung haben die Inklusen für die Paläoökologie (fossile Umwelt) und Evolution. Harz liefernde Bäume waren neben Kiefern, Araukarien und Zedern auch Leguminosen, Balsambaum-, Styrax- und Hamamelisgewächse. Die weniger als 1 Mio. Jahre alten subfossilen bis rezenten, v. a. aus Afrika und Südamerika stammenden Harze (Kopale) werden nicht zum Bernstein gerechnet. Bernstein gibt es u. a. auch in Sizilien, Sibirien, Birma, Borneo, Japan, Kanada, den USA und Mexiko.
Kulturgeschichtliches:
Früher wurde Bernstein als Lackrohstoff, Arzneimittel, Rohstoff für Lupen und Brillengläser, schließlich als elektrischer Isolator verwendet; mit Zigarettenspitzen aus Bernstein glaubte man die gesundheitsschädigenden Wirkungen des Rauchens ausgleichen zu können. V. a. aber dient Bernstein schon seit alters als Schmuckstein.
Bernsteinartefakte (Amulette, Votivanhänger, Perlen für kulturelle Zwecke) kommen in altsteinzeitlichen Fundstätten vor. Zu den ältesten Kunstwerken aus Bernstein gehören eine Pferdekopfskulptur aus dem Magdalénien der Höhle von Isturits (Département Pyrénées-Atlantiques, Frankreich) sowie eine Pferdefigur der spätpaläolitischen Fundstelle in Meiersdorf (bei Hamburg). In der Trichterbecherkultur ist Bernstein besonders häufig. Aus der Mittel- und Jungsteinzeit sind zahlreiche aus Dänemark (Woldenberg), Schweden und aus dem Kurischen Haff (Schwarzort) stammende Bernsteinskulpturen, -Schmuckstücke und -Zierwaffen bekannt, denen in erster Linie eine Unheil abwehrende Funktion zukam; in diesem Sinn wurden sie als Grabbeigaben verwendet. Aus Hockergräbern Polens und Jütlands ist baltisches Bernstein aus der Bronzezeit bekannt. Über Bernsteinstraßen wurde er in den Mittelmeerraum exportiert. Im 7. und 6. Jahrhundert bestanden in Etrurien Zentren der Bernsteinschnitzerei. Später vertrieben die Phönizier, die v. a. Ketten und Armbänder aus Bernstein fertigten, Bernsteinarbeiten in großem Maßstab rund um das Mittelmeer und an der Atlantikküste. Auch in der frühen Eisenzeit war Bernstein sehr beliebt, wie Funde in Südosteuropa, Italien (Aquileja) und aus dem Bereich der Hallstattkultur belegen. In der späten Eisenzeit kam er jedoch aus der Mode.
In der römischen Kaiserzeit spielte Bernstein als Material für die Herstellung von Anhängern, Halsketten, Einlagen in Gewandschließen, Grabbeigabeobjekten und in Gladiatorennetzen eine ebenso große Rolle wie Edelsteine. Durch die Expedition eines römischen Großkaufmanns in der Regierungszeit Neros wurden das Samland als Herkunftsgebiet des Bernsteins und mehrere Handelsrouten dorthin erkundet.
Im Mittelalter, in dem Bernstein besonders für die Herstellung von Rosenkränzen und zur Dekoration von Devotionalien verwendet wurde, entwickelte sich ein landesherrliches Eigentumsrecht am Bernstein (Bernsteinregal), das die Grundlage für die Schaffung einer Monopolstellung des betreffenden Landesherrn im Bernsteinhandel bildete. Dieses Bernsteinregal ging von den Herzögen von Pommerellen auf den Deutschen Orden um 1342 und von diesem 1525 auf die Herzöge von Preußen über.
Im 16. Jahrhundert wurden Pokale, Porträtmedaillen, Schalen, Tischaltäre und Kirchenleuchter aus Bernstein hergestellt, auch Einlagen in Spielbrettern. Seit etwa 1650 wurde die Technik der Bernsteininkrustation (Belegen eines Holzkerns mit Bernsteinplatten) entwickelt, ein Verfahren, das z. B. bei der Herstellung des Bernsteinzimmers angewendet wurde. Zu Mittelpunkten der künstlerischen Bearbeitung des Bernsteins entwickelten sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts Königsberg (Pr) und Danzig. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fand die Bernsteinkunst wenig Interesse. Etwa nach 1920 erlangte sie besonders durch die qualitätvollen Arbeiten der Staatlichen Bernsteinmanufaktur Königsberg (gegründet 1899) wieder mehr Aufmerksamkeit.
B. Das Gold der Ostsee, Beitrr. v. G. Reineking von Bock (1981);
R. Reinicke: B., Gold des Meeres (31995);
Bẹrnstein,
1) Aaron (Aron) David, Pseudonym A. Rebenstein, Schriftsteller und Publizist, * Danzig 6. 4. 1812, ✝ Lichterfelde (heute zu Berlin) 12. 2. 1884; war 1848/49 in Berlin Vorkämpfer einer demokratischen Entwicklung, gründete 1849 dort die »Urwählerzeitung« (neu gegründet 1853 mit F. Duncker als »Volks-Zeitung«). Seine Artikel erschienen später gesammelt als »Revolutions- und Reaktionsgeschichte Preußens und Deutschlands von den Märztagen bis zur neuesten Zeit« (1882, 3 Bände) und »Naturwissenschaftliche Volksbücher« (1867-69, 20 Bände, Supplementbände 1874, 1886; Neuausgabe 1899, 21 Bände). Seine Novellen »Vögele der Maggid« und »Mendel Gibbor« (zusammen 1860) gehören zu den ersten Schilderungen jüdischem Volkslebens in Deutschland Er war Mitgründer der extrem liberalen jüdischen Reformgemeinde in Berlin. Bernstein wirkte auch als Erfinder (u. a. automatische Eisenbahnschrankensicherung).
2) Eduard, Schriftsteller und Politiker, * Berlin 6. 1. 1850, ✝ ebenda 18. 12. 1932; schloss sich 1872 den Sozialdemokraten an, war 1875 führend an der Ausarbeitung des Gothaer Programms beteiligt. 1880-90 leitete er das illegale Parteiorgan »Der Sozialdemocrat«, zunächst (1880-88) von Zürich, danach von London aus, wo er enge Beziehungen zu F. Engels und K. Kautsky unterhielt. Mit seinem Buch »Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie« (1899) legte Bernstein die theoretischen Grundlagen seiner Kritik am Marxismus und begründete den Revisionismus. Er suchte die Kluft zwischen revolutionärer Theorie und reformistischer Praxis in der Sozialdemokratie zu überbrücken, als deren Nahziel er die Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse sah. 1901 nach Deutschland zurückgekehrt, war er 1902-06, 1912-18 und 1920-28 Mitglied des Reichstags. 1917-20 gehörte er der USPD an.
Schriften: Zur Geschichte und Theorie des Socialismus (1900; gesammelte Abhandlungen); Erinnerungen eines Sozialisten (1918).
Thomas Meyer: B.s konstruktiver Sozialismus (1977).
3) ['bəːnstaɪn], Leonard, amerikanischer Komponist, Dirigent und Pianist, * Lawrence (Massachusetts) 25. 8. 1918, ✝ New York 14. 10. 1990; studierte u. a. bei W. Piston, F. Reiner und war Assistent von S. A. Kussewizkij, 1945-48 Leiter des New York City Center Orchestra, 1958-69 des New York Philharmonic Orchestra. Bernstein bemühte sich um die Vermittlung von Musik an ein breites Publikum (u. a. durch kommentierte Musiksendungen im Fernsehen). Er machte sich international besonders als Mahler-Dirigent einen Namen und trat auch als Operndirigent und Liedbegleiter hervor. In seinen Kompositionen, die in ihrer rhythmischen Vitalität als typisch amerikanisch gelten, vereinigte er verschiedene Einflüsse, vom Neoklassizismus bis zum Jazz.
Werke: Bühnenwerke: Fancy free (1944, Ballett); Facsimile (1946, Ballett); Wonderful town (1953, Musical); Candide (1956, Musical; revidiert 1989); West side story (1957, Musical); Dybbuk (1974, Ballett); A quiet place (1983, Oper).
Orchesterwerke: Sinfonien Nummer 1 »Jeremiah« (1944), Nummer 2 »The age of anxiety« (1949), Nummer 3 »Kaddish« (1963); Chichester Psalms (1965, für Chor und Orchester); Divertimento (1980); Halil (1981, für Flöte, Streichorchester und Schlagzeug); Jubilee Games (1986, für Orchester und Bariton solo).
Schriften: The joy of music (1959; deutsch Freude an der Musik); L. Bernstein's young people's concerts (1962; deutsch Konzert für junge Leute); The infinite variety of music (1966; deutsch Von der unendlichen Vielfalt der Musik); The unanswered question (1976; deutsch Musik - die offene Frage); Findings (1982; deutsch Erkenntnisse).
J. Gottlieb: L. B. A complete catalogue of his works (New York 1978);
P. Gradenwitz: L. B. (Neuausg. Zürich 1995).
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Bẹrn|stein, der <o. Pl.> [aus dem Niederd. < mniederd. bern(e)stein, zu: bernen (mit r-Umstellung) = brennen; also eigtl. = Brennstein; der Bernstein fiel durch seine Brennbarkeit auf]: in klaren bis undurchsichtigen Stücken von hellgelber bis dunkelbrauner Farbe auftretendes, fest gewordenes, fossiles Harz, das als Schmuck[stein] verarbeitet wird.
Universal-Lexikon. 2012.