Akademik

Lawrence
I
Lawrence
 
['lɔrəns], Stadt im Osten von Kansas, USA, am Kansas River, 71 700 Einwohner; Schulstadt mit University of Kansas (gegründet 1864) und Haskell-College (gegründet 1854), die älteste und größte Schule für Indianer in den USA; Mittelpunkt eines reichen Landwirtschaftsgebietes.
 
II
Lawrence
 
['lɔrəns],
 
 1) D. H. (David Herbert), englischer Schriftsteller, * Eastwood (County Nottinghamshire) 11. 9. 1885, ✝ Vence (Département Alpes-Maritimes) 2. 3. 1930; studierte in Nottingham (1906-08), war bis zur Erkrankung an Tuberkulose (1911) Lehrer in London. Seit 1912 lebte er mit der Frau seines ehemaligen Lehrers, Frieda Weekley, geborene von Richthofen (* 1879, ✝ 1956), zusammen (Heirat 1914). 1917 geriet er in Verdacht, deutscher Spion zu sein; nach Kriegsende verließ er England und lebte danach in Italien, den USA (New Mexico) und Südfrankreich; längere Reise u. a. nach Australien und Mexiko. - Seine häufig stark autobiographischen Romane, Erzählungen und Gedichte gestalten in einer bilderreichen und emphatischen Sprache den Gegensatz zwischen der als mechanisch-erstarrt erlebten Zivilisation der Moderne, in der Egoismus und Übergewicht des Rationalen der freien Entfaltung der Persönlichkeit entgegenstehen, und der Sehnsucht nach einem organisch-ganzheitlichen Sein, das eine frei gelebte Sexualität einschließt und zu vitaler Menschlichkeit und Kreativität zurückfinden lässt. - Die Romane »Sons and lovers« (1913; deutsch »Söhne und Liebhaber«), »The rainbow« (1915; deutsch »Der Regenbogen«) und »Women in love« (1920; deutsch »Liebende Frauen«) zeigen diese Bedrohung der menschlichen Lebenskraft durch die industrielle Gesellschaft. In »Kangaroo« (1923) und »The plumed serpent« (1926; deutsch »Die gefiederte Schlange«) kritisiert Lawrence Sozialismus und Demokratie; seine Vision einer aus Spiritualität gespeisten Gemeinschaftlichkeit bleibt jedoch vage. Der in mehreren Fassungen vorliegende Roman »Lady Chatterley's lover« (1928; deutsch »Lady Chatterley und ihr Liebhaber«, auch unter dem Titel »Lady Chatterley«) durfte wegen der freizügigen Darstellung sexueller Beziehungen erst 1960 ungekürzt in Großbritannien erscheinen; er gestaltet noch einmal Lawrence' Hauptanliegen, die Harmonie von Instinkt und Intellekt. Lawrence schrieb daneben lebensphilosophische Essays über die Rolle des Unbewussten, über Politik und Zivilisation (»Psychoanalysis and the unconscious«, 1921; »Phoenix«, herausgegeben 1936) sowie Literaturkritiken, Reisebücher und Dramen.
 
 
Ausgaben: The Phoenix edition, 26 Bände (1971-79); The Cambridge edition of the letters and works, herausgegeben von J. T. Boneton und anderen, auf mehrere Bände berechnet (1979 ff.).
 
Sämtliche Erzählungen und Kurzromane, 8 Bände (1975); Briefe (1979); Der Atem des Lebens. Späte und letzte Gedichte (1981).
 
Literatur:
 
D. H. L. A composite biography, hg. v. E. Nehls, 3 Bde. (Madison, Wis., 1957-59);
 R. Beck: D. H. L. (1978);
 
A D. H. L. handbook, hg. v. K. Sagar (Manchester 1982);
 J. Meyers: D. H. L.: A biography (London 1990);
 
The Cambridge biography D. H. L., 1885—1930, bearb. v. D. Ellis u. a., auf 3 Bde. ber. (Cambridge 1-21992 ff.);
 R. Aldington: D. H. L. (a. d. Engl., 26.-27. Tsd. 1995);
 U. Aschermann: D. H. L.: Rezeption im dt. Sprachraum (1995);
 A. Stützer: Darstellung u. Deutung der Moderne bei D. H. L. (1995).
 
 2) Ernest Orlando, amerikanischer Physiker, * Canton (S. D.) 8. 8. 1901, ✝ Palo Alto (Calif.) 27. 8. 1958; ab 1928 Professor in Berkeley (Calif.), seit 1936 Direktor des heutigen Lawrence Berkeley Laboratory. Bedeutende Arbeiten zur Kernphysik und über die Anwendung energiereicher Teilchenstrahlen in Biologie und Medizin. Lawrence erfand und entwickelte 1929/30 das Zyklotron, mit dessen Hilfe ihm insbesondere die Herstellung einer Vielzahl künstlicher Radionuklide gelang; er erhielt dafür 1939 den Nobelpreis für Physik. Lawrence war einer der führenden Wissenschaftler des amerikanischen Atomenergieprojekts.
 
 3) Sir (seit 1815) Thomas, englischer Maler, * Bristol 13. 4. 1769, ✝ London 7. 1. 1830; bedeutendster englischer Porträtist der Generation nach T. Gainsborough und J. Reynolds. Lawrence wurde 1792 Hofmaler, 1820 Präsident der Royal Academy. Im Auftrag des Prinzregenten (später Georg IV.) bereiste er Europa, um die Sieger der Napoleonischen Kriege zu porträtieren. Ihm saßen u. a. K. W. Fürst Metternich, G. L. Fürst Blücher, Papst Pius VII. und König Karl X. von Frankreich Modell. Seine Bildnisse zeichnen sich durch eine lockere Pinselführung und eine frische, dekorative Farbigkeit aus.
 
Weitere Werke: Königin Charlotte von England (1789; London, National Gallery); Elizabeth Farren (1790; New York, Metropolitan Museum); Der Schauspieler John Philip Kemble als Hamlet (um 1801; London, Tate Gallery); Prinzessin Lieven (zwischen 1812 und 1820; ebenda); Charles William Lambton (1824-25; London, Privatbesitz); Lady Peel (vor 1828; New York, Frick Collection).
 
Literatur:
 
K. Garlick: Sir T. L. (London 1954);
 M. Levey: Sir T. L., 1769-1830, Ausst.-Kat. (ebd. 1979).
 
 4) T. E. (Thomas Edward), genannt Lawrence von Arabi|en, englisch Lawrence of Arabia [-ɔf ə'reɪbɪə], englischer Archäologe, Schriftsteller und Diplomat, * Tremadoc (Wales) 15. 8. 1888, ✝ (an den Folgen eines Motorradunfalls) Bovington Camp (County Dorset) 19. 5. 1935. Nach Teilnahme an Ausgrabungen u. a. in Syrien (1911-14) organisierte Lawrence im Ersten Weltkrieg als britischer Agent den Aufstand der Araber gegen die Türken und wirkte dabei als Berater des Emirs Feisal, mit dem er 1918 in Damaskus einmarschierte. 1919 vertrat er auf der Friedenskonferenz von Versailles die Forderung der Araber nach Unabhängigkeit, hatte aber so wenig Erfolg wie als Beamter im britischen Kolonialamt (1921-22). Enttäuscht trat er 1922 als einfacher Soldat unter dem Namen J. H. Rọss, später T. E. Shaw in die Luftwaffe ein und war längere Zeit in Indien, bevor er 1935 den Abschied nahm. Aufgrund seiner Rolle im Wüstenkrieg genoss er schon zu Ende des Ersten Weltkriegs einen legendären Ruf, den die Darstellung seiner Erfahrungen in »Seven pillars of wisdom« (limitierte Auflage 1926, herausgegeben 1935, deutsch »Die sieben Säulen der Weisheit«; Grundlage für den Film »Lawrence von Arabien«, 1962) noch verstärkte. Er übersetzte Homers »Odyssee« in englische Prosa (1932 als T. E. Shaw, herausgegeben 1955); über den Dienst als Luftwaffenrekrut berichtete er in »The mint« (herausgegeben 1955; deutsch »Unter dem Prägestock«).
 
 
Ausgabe: The letters, herausgegeben von D. Garnett (1938; deutsch Selbstbildnis in Briefen).
 
Literatur:
 
K. Morsey: T. E. L. u. der arab. Aufstand 1916-1918 (1976);
 D. Stewart: L. von Arabien (a. d. Engl., Neuausg. 1982);
 S. Tabachnick u. C. Matheson: T. E. L. Wahrheit u. Legende (a. d. Engl., 1988).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Osmanisches Reich: Aufteilung als Höhepunkt des Kolonialismus
 

Universal-Lexikon. 2012.